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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des Ö, vertreten durch Dr. Erik Agstner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. November 1999, Zl. SD 535/99, betreffend Versagung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 30. November 1999 wurde dem Beschwerdeführer die Ausstellung des am 1. April 1999 beantragten Reisepasses gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, idF BGBl. Nr. 507/1995 (im Folgenden: PassG), versagt.
Der Beschwerdeführer sei erstmals mit Urteil des Amtsgerichtes Passau vom 9. August 1996 wegen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln zu einer bedingten Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten rechtskräftig verurteilt worden.
Mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 17. September 1996 sei er des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 Suchtgiftgesetz - SGG iVm §§ 12 und 15 StGB und der Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG, § 36 Abs. 1 Z. 1 Waffengesetz sowie § 83 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 Z. 1 StGB für schuldig erkannt und über ihn eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verhängt worden. Diesem Urteil sei zu Grunde gelegen, dass er Anfang März 1995 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei anderen Beteiligten 3 kg Cannabisharz und ca. 1.600 Stück Ecstasy-Tabletten von Holland über den Grenzübergang Suben nach Österreich geschmuggelt, in der Zeit zwischen Anfang März und Anfang April 1995 1 kg Marihuana mit dem Zug von Holland nach Österreich geschmuggelt und dieses Suchtgift in Österreich zum Teil verkauft und zum anderen Teil unentgeltlich an Süchtige weitergegeben habe. Weiters habe er im März oder April 1995 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem weiteren Täter eine dritte Person dazu zu bestimmen versucht, eine große Menge Cannabisharz und 1.000 Ecstasy-Tabletten nach Österreich einzuführen. Darüber hinaus habe er geringe Mengen Cannabiskraut und Cannabisharz in der ersten Jahreshälfte 1995 von Holland nach Österreich eingeführt. Auf den dieser Verurteilung zu Grunde liegenden weiteren Sachverhalt sei im gegebenen Fall nicht weiter einzugehen gewesen.
Schon das dieser Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten rechtfertige die in § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG umschriebene Annahme. Daran könne der Umstand nichts ändern, dass diese Straftaten vom Beschwerdeführer - wie er ausführe - im jugendlichen Alter begangen worden seien; dies umso weniger, als von der Suchtgiftkriminalität nicht nur eine besondere Gefährlichkeit ausgehe, sondern ihr auch eine überaus große Wiederholungsgefahr anhafte. Dies werde durch die bislang letzte Verurteilung des Beschwerdeführers geradezu bestätigt.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1. Juli 1999 sei der Beschwerdeführer des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 Suchtmittelgesetz - SMG sowie der Vergehen nach § 27 Abs. 1 leg. cit. und § 87 (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten richtig: § 287) Abs. 1 StGB (§§ 15, 269 Abs. 1 StGB) für schuldig erkannt und über ihn eine bedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten sowie eine Geldstrafe von S 75.000,-- rechtskräftig verhängt worden. Er habe nicht nur im Zeitraum von Sommer 1997 bis zum 14. Jänner 1999 wiederholt Suchtgift, und zwar Haschisch, Marihuana und Kokain, erworben und besessen, sondern in der Zeit von Mitte Juli 1998 bis Anfang Dezember 1998 auch ca. 70 g Kokain und eine nicht mehr feststellbare geringe Menge Haschisch und Marihuana an eine andere Person verkauft sowie von Anfang Jänner 1997 bis Anfang Jänner 1999 ca. 1 g Kokain unbekannten Personen kostenlos überlassen.
Angesichts dieser Verurteilungen sei davon auszugehen gewesen, dass der Beschwerdeführer offenbar nicht willens oder im Stande sei, die zum Schutz der Gesundheit anderer Personen aufgestellten Strafnormen zur Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität einzuhalten. Auch habe er bewiesen, dass er nicht davor zurückschrecke, Suchtgift über Staatsgrenzen hinweg zu verbringen. Da diese Tatsachen die in § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG normierte Annahme rechtfertigten, sei die Ausstellung des beantragten Reisepasses zwingend zu versagen gewesen, ohne dass der Behörde hiebei Ermessen zugekommen wäre.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung von deren Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 6. März 2000, B 101/00).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird vom Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG ist die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.
2. Die Beschwerde bringt vor, dass die erste (inländische) strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers vom 17. September 1996 zu keiner Passentziehung oder -versagung geführt habe und die seiner zweiten (inländischen) Verurteilung vom 1. Juli 1999 zu Grunde liegenden Straftaten keinen Auslandsbezug gehabt hätten, sodass der im angefochtenen Bescheid herangezogene Passversagungsgrund nicht vorliege. Der Beschwerdeführer sei dadurch in seinen Rechten verletzt, dass er mangels Ausstellung eines Reisepasses nicht in andere Staaten reisen dürfe.
3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer u.a. zwischen Anfang März und Anfang April 1995 mehrmals Suchtgifte (Cannabisharz, Ecstasy-Tabletten und Marihuana) in einer großen Menge von Holland nach Österreich geschmuggelt und hier Suchtgift verkauft und weitergegeben. Nachdem er am 17. September 1996 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten (rechtskräftig) verurteilt worden war, hat er im Zeitraum von Sommer 1997 bis 14. Jänner 1999 wiederholt Suchtgift erworben und besessen, in der Zeit von Mitte Juli 1998 bis Anfang Dezember 1998 ca. 70 g Kokain und eine geringe Menge Haschisch und Marihuana an eine andere Person verkauft und von Anfang Jänner 1997 bis Anfang Jänner 1999 ca. 1 g Kokain unbekannten Personen kostenlos überlassen. Durch dieses einschlägige - das heißt auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende (vgl. § 71 StGB) - strafbare Verhalten nach dem SMG hat der Beschwerdeführer deutlich werden lassen, dass die Verurteilung am 17. September 1996 keine Änderung seiner Einstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten herbeigeführt hat. In Anbetracht dessen ist der Beschwerdehinweis darauf, dass die der Verurteilung des Beschwerdeführers vom 1. Juli 1999 zu Grunde liegenden Straftaten keinen Auslandsbezug gehabt hätten, nicht zielführend und ist die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, dass für den Beschwerdeführer eine positive Verhaltensprognose nicht gestellt werden könne und die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG erfüllt seien, nicht zu beanstanden.
4. Schließlich ist auch das weitere Beschwerdevorbringen, es sei im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (am 7. Dezember 1999) das Inkrafttreten des § 35a Sicherheitspolizeigesetz - SPG am 1. Jänner 2000 vorhersehbar gewesen und die belangte Behörde hätte daher den Antrag des Beschwerdeführers "im Sinne der Berufung vom 2.6.1999 mit Wirksamkeit 1.1.2000 entsprechend modifiziert erledigen müssen", nicht zielführend.
Verfahrensgegenstand im Berufungsverfahren ist die Verwaltungssache, die zunächst der Behörde erster Instanz vorgelegen ist, und es darf die Berufungsbehörde sachlich nicht über mehr entscheiden, als Gegenstand der Entscheidung der unteren Instanz gewesen ist. Der Beschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Verfahren lediglich die Ausstellung eines Reisepasses, nicht jedoch (auch) eines anderen Ausweises beantragt, und es wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid auch nur über diesen Antrag entschieden. Selbst wenn der Beschwerdeführer (erstmals) im Berufungsverfahren im Hinblick auf das bevorstehende Inkrafttreten des § 35a Abs. 1 SPG mit 1. Jänner 2000 die Ausstellung eines Identitätsausweises beantragt hätte - nach dieser Gesetzesbestimmung handelt es sich bei der Ausstellung eines Identitätsausweises um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt -, wäre somit keine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über diesen Antrag vorgelegen (vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, zu § 66 AVG E 109, 122 zitierte hg. Judikatur).
5. Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. November 2003
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im BerufungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000180094.X00Im RIS seit
19.12.2003