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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Mag. Thomas Lechner, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelderstraße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. November 1999, Zl. 203.091/9-XII/37/99, betreffend §§ 7 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem zweiten, die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone feststellenden Spruchteil wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste Anfang 1998 in das Bundesgebiet ein und stellte am 4. März 1998 einen Asylantrag. Bei der Einvernahme durch das Bundesasylamt am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe in Kenema in einem Dorf namens "Bolonkono" gelebt. Mitte Dezember 1997 seien Rebellen des "Foday Sankoh" und Soldaten des "Major Koroma" zum Haus seiner Eltern in "Bolonkono" gekommen, um ihn - so wie alle jungen Leute - "in den Kampf" (gegen die ECOWAS-Truppen) "zu schicken". Der Beschwerdeführer und seine Eltern hätten sich geweigert, dass er mitgehe, weshalb seine Eltern erschossen worden seien. Aus Angst auch getötet zu werden, habe sich der Beschwerdeführer dann den Rebellen angeschlossen. Er sei mit allen anderen jungen Burschen aus dem Dorf in ein "Militärlager" in Freetown gebracht worden. Für den Fall der Flucht und einer Rückkehr in das Dorf sei gedroht worden, dass sie von den Rebellen dann noch einmal geholt würden. Der Beschwerdeführer habe sich vorerst geweigert, für die Rebellen zu kämpfen. Deshalb sei er (auf näher beschriebene Weise) gefoltert worden, bis er doch eingewilligt habe. Nach etwa einer Woche (zur Weihnachtszeit) sei ihm die Flucht aus dem Camp gelungen. Für den Fall der Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer, dass ihn die Rebellen töten, weil er "sagte, ich wolle kämpfen, das aber nicht getan habe". Die Rebellen würden "in mein Dorf kommen und mich töten - das haben sie schon immer so gemacht".
Mit Erledigung vom 21. April 1998 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Sierra Leone zulässig sei. Ausgehend von den hinsichtlich der Zwangsrekrutierung - nicht jedoch betreffend die behaupteten Folterungen - als glaubwürdig angesehenen Angaben des Beschwerdeführers vertrat das Bundesasylamt einerseits (rechtlich) die Auffassung, "dem Vorbringen mangelt es an Sachverhalten, welche geeignet sind, aus objektiver Sicht betrachtet eine Verfolgung im Konventionssinn geltend zu machen". Andererseits erachtete es die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Zwangsrekrutierung durch die Rebellen als "nicht mehr relevant", weil sich die Lage in Sierra Leone geändert habe. Es bezog sich dabei auf die - ohne Offenlegung der zugrunde liegenden Quellen getroffenen - Feststellungen, der Bürgerkrieg in Sierra Leone sei beendet, der gewählte Präsident Tejan Kabbah sei wieder im Amt und strebe eine Politik der Versöhnung an. Das Bundeasylamt folgerte daraus, die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgung durch einzelneRebellengruppierungen sei nicht mehr aktuell, zumal diese größtenteils entwaffnet seien und in Sierra Leone Frieden herrsche. Mit dieser Änderung der Verhältnisse im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurde auch der Zulässigkeitsausspruch nach § 8 AsylG begründet.
Mit dem - nach der Aktenlage unangefochten gebliebenen - Bescheid vom 27. November 1998 wies die belangte Behörde die vom Jugendwohlfahrtsträger als gesetzlicher Vertreter (nur gegen die Verweigerung des Abschiebungsschutzes) erhobene Berufung mangels wirksamer Zustellung der erstinstanzlichen Erledigung als unzulässig zurück.
In einer daraufhin vom Bundesasylamt am 20. Mai 1999 durchgeführten ergänzenden Einvernahme wurden dem Beschwerdeführer (u.a.) Fragen gestellt, die auf eine Überprüfung seiner Herkunft aus Sierra Leone zielten. Außerdem wurde er noch einmal zu seinen Fluchtgründen befragt, zu denen er einleitend angab, er habe sein Heimatland "wegen des Krieges" verlassen. Der Beschwerdeführer wiederholte im Übrigen (zusammenfassend) die Angaben zu der ihm widerfahrenen Zwangsrekrutierung, aus der er entkommen habe können. Zur Frage, was ihm bei einer Rückkehr nach Sierra Leone "passieren" werde, gab der Beschwerdeführer wörtlich an:
"Ich habe gehört, dass noch Krieg herrscht. Ich will nicht zurückkehren, vielleicht nehmen sie mich wieder fest, um zu kämpfen. Aber wenn der Krieg vorbei ist, dann ist das kein Problem, dann gehe ich wieder zurück."
Mit Bescheid vom 23. Juni 1999 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Sierra Leone zulässig sei. Dieser Bescheid wurde wörtlich gleichlautend begründet wie die Erledigung vom 21. April 1998, ohne auf den mittlerweile verstrichenen Zeitraum - durch Darstellung des weiteren Verfahrensganges und durch Einbeziehung der ergänzenden Vernehmung des Beschwerdeführers, die überhaupt nicht erwähnt wurden, sowie durch Ermittlungen und aktualisierte Feststellungen zur Entwicklung der Verhältnisse in Sierra Leone - Bedacht zu nehmen.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wendete sich der Beschwerdeführer mit näherer Begründung (vor allem) gegen die von der belangten Behörde angenommene Lageänderung in Sierra Leone und kritisierte, dass nicht angegeben worden sei, auf welche "Mitteilungen" diese Annahme gestützt werde. Es sei zwar am 24. Mai 1999 eine Waffenstillstandsvereinbarung in Kraft getreten, doch sei es auch danach noch zu Angriffen von Rebellengruppierungen gekommen. Trotz des Friedensvertrages vom 7. Juli 1999 würden internationale Beobachter wohlbegründete Bedenken hinsichtlich der Standhaftigkeit der nunmehr gegebenen Situation hegen. Die Berufung verwies dazu auf einen RUF-Rebellen-Überfall am 26. Juli 1999 in einer Stadt im District Kambia. Auch in der Vergangenheit seien Waffenstillstandsvereinbarungen gebrochen worden. Die Situation sei dann wieder durch massive Übergriffe der Rebellen und Zwangsrekrutierungen gekennzeichnet gewesen. Die Prognose, wonach nunmehr ein dauerhafter Friede herrsche und der Beschwerdeführer keiner Gefahr durch die Rebellen ausgesetzt wäre, sei daher nicht nachvollziehbar und durch keine objektiven Angaben gedeckt. Schließlich wendete sich der Beschwerdeführer in den weiteren Berufungsausführungen noch gegen die Beweiswürdigung der Erstbehörde in Bezug auf die als nicht glaubwürdig beurteilten Misshandlungen durch die Rebellen. Unter Bezugnahme darauf, dass er bei einer standhaften Weigerung, für die Rebellen zu kämpfen, getötet worden wäre, vertrat der Beschwerdeführer abschließend den Standpunkt, es liege eine Verfolgung seiner Person aus politischen Gründen vor.
Die belangte Behörde führte am 5. November 1999 eine mündliche Verhandlung durch. Seine Flucht aus Sierra Leone begründete der Beschwerdeführer (wieder) mit der im Dezember 1997 erfolgten Zwangsrekrutierung. Nach Erörterung von Unterlagen betreffend die Entwicklung der Lage in Sierra Leone gab der Beschwerdeführer auf die Frage, wovor er sich bei einer Rückkehr fürchte, an:
"Der Krieg ist noch nicht zu Ende. Es wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Frühere Waffenstillstände wurden schon öfter gebrochen. Ich würde nach Hause zurückkehren, wenn es allgemeine Wahlen gäbe, nur einen einzigen Anführer und nicht verschiedene Gruppen. Mein Dorf wird von den Rebellen kontrolliert. Friede herrscht nur in einigen Teilen von Freetown. Die Rebellen kontrollieren größere Teile des Landes. Nach freien allgemeinen Wahlen würde ich gerne nach Hause zurückkehren."
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. November 1999 die Berufung "gemäß § 7 AsylG" ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone zulässig sei.
Ausgehend von dem für glaubwürdig erachteten, "insbesondere" in der Berufungsverhandlung erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers stellte die belangte Behörde dazu Folgendes fest:
"Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Sierra Leone und der Sprache Mandingo mächtig. Er hat sein Heimatland aufgrund der Bürgerkriegsgeschehnisse und wegen der Tatsache, dass dieser von den Rebellen zwangsrekrutiert wurde, aber für diese nicht kämpfen habe wollen, verlassen. Konkreten staatlichen Verfolgungshandlungen war der Berufungswerber nicht ausgesetzt."
Rechtlich führte die belangte Behörde in diesem Zusammenhang u. a. aus, die geltend gemachte Bedrohung beruhe nicht auf einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe.
Weiters traf die belangte Behörde Feststellungen zur Entwicklung der Verhältnisse in Sierra Leone, wobei sie sich in Bezug auf den Zeitraum seit Abschluss des Friedensabkommens von Lome am 7. Juli 1999 im Wesentlichen auf einen Artikel der "TAZ" vom 31. Juli 1999, auf Artikel aus den "Sierra Leone News" vom
1. bis 5. Oktober 1999 und ein Telefax des Generalkonsulates von Sierra Leone in Wien vom 14. Oktober 1999 stützte. Aus diesen Feststellungen sei - so die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung - ersichtlich, dass der Staat massiv gegen die Rebellen vorgehe und es könne nicht davon gesprochen werden, dass der Staat nicht schutzfähig oder schutzwillig sei. Die politische Lage habe sich insbesondere im Hinblick auf den nunmehr abgeschlossenen Friedensvertrag geändert und von Zwangsrekrutierungen seitens der Rebellen sei nicht (mehr) auszugehen. Dabei bezog sich die belangte Behörde erkennbar vor allem auf die Lagebeurteilung in dem erwähnten Schreiben des Generalkonsulates vom 14. Oktober 1999, wonach derzeit eine Regierung aus Vertretern der ehemaligen Rebellen sowie der gewählten Regierung im Amt sei und im Land, abgesichert durch starke ECOMOG-Truppen sowie UNO-Beobachter, Frieden herrsche. Vereinzelt komme es zu Plünderungen von Hilfskonvois durch hungernde, noch nicht abgerüstete ehemalige Rebellen. Die Regierung übe im gesamten Land die Kontrolle aus, unterstützt von den ECOMOG-Truppen.
Schließlich begründete die belangte Behörde auch den Ausspruch nach § 8 AsylG mit der angenommenen Lageänderung in Sierra Leone.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
In der ersten Einvernahme vor dem Bundesasylamt hat der Beschwerdeführer - allerdings ohne nähere Konkretisierung - noch angedeutet, bei einer Rückkehr nach Sierra Leone Verfolgungsmaßnahmen durch die Rebellen als Sanktion wegen seiner Flucht aus deren Camp und wegen der Entziehung aus der Zwangsrekrutierung zu befürchten (vgl. zur möglichen Asylrelevanz wegen der Anknüpfung an die - deshalb zumindest unterstellte - oppositionelle politische Haltung etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2002, Zl. 99/20/0531). Im weiteren Verfahren kam der Beschwerdeführer - wie sich aus den zum Teil wörtlich zitierten Passagen aus seinem Vorbringen ergibt - darauf nicht mehr zurück. Die belangte Behörde durfte daher die Verfolgungsbehauptungen dahin verstehen, dass sie sich einerseits allgemein auf das Bürgerkriegsgeschehen (und auf damit im Zusammenhang stehende Übergriffe der Rebellen) sowie andererseits konkret auf die Furcht des Beschwerdeführers vor einer neuerlichen Zwangsrekrutierung beziehen. Auch die Beschwerde kritisiert das nicht.
Aber auch der diesbezüglichen rechtlichen Beurteilung durch die belangte Behörde tritt die Beschwerde argumentativ nicht entgegen. Sie bekämpft die den Asylteil betreffenden Rechtsausführungen im angefochtenen Bescheid lediglich unter dem Gesichtspunkt, dass eine nachhaltige Lageänderung und die deshalb unterstellte staatliche Schutzgewährung vor Zwangsrekrutierungen durch die Rebellen, von denen nach Meinung der belangten Behörde nicht mehr auszugehen wäre, zu Unrecht angenommen worden sei. Auf diese, nur die Hilfsbegründung für die Bestätigung der Asylantragsabweisung betreffenden Beschwerdeausführungen kommt es aber nicht an. Es ist nämlich die Beurteilung der belangten Behörde, dass den Verfolgungsbehauptungen im vorliegenden Fall - vor allem wegen des mangelnden Zusammenhanges mit einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe - keine Asylrelevanz zukommt, im Ergebnis nicht als rechtswidrig zu erkennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2002, Zl. 2000/20/0020; zum "Bürgerkrieg" siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2003, Zl. 2002/01/0203, und die Nachweise in dem Erkenntnis vom 21. März 2002, Zl. 99/20/0410). Soweit sich die Beschwerde gegen die den Asylantrag betreffende Entscheidung der belangten Behörde richtet, war ihr somit ein Erfolg zu versagen. Diese Überlegungen gelten sinngemäß auch für die Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des § 57 Abs. 2 FrG (iVm § 8 AsylG).
Zu prüfen bleibt somit, ob die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auch unter dem Gesichtspunkt des § 57 Abs. 1 FrG zu Recht Refoulement-Schutz verweigert hat. Die Beschwerde bekämpft (auch in diesem Zusammenhang) die Feststellungen zur Lageänderung in Sierra Leone und bemängelt, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit den diesbezüglichen "kritischen" Berichten auseinander zu setzen. Sie verweist auch auf die in der Berufungsverhandlung zu den erörterten Unterlagen im Einzelnen abgegebenen Stellungnahmen des Vertreters des Beschwerdeführers, mit denen (zusammengefasst) aus den Berichten erkennbare Zweifel an der Stabilität der Entwicklung nach dem erwähnten Friedensabkommen Anfang Juli 1999 aufgezeigt worden seien. Damit habe sich die belangte Behörde nicht auseinander gesetzt. Entgegen der Annahme der belangten Behörde hätten die Übergriffe der RUF-Rebellen nicht geendet.
Wie sich aus der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens ergibt, hat sich im vorliegenden Fall erstmals die belangte Behörde mit dem maßgeblichen Sachverhalt, soweit es die aktuellen Verhältnisse in Sierra Leone betrifft, auseinandergesetzt. Der Fall gleicht insoweit jenem, der dem (bereits zitierten) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 2002, Zl. 2000/20/0020, zugrunde lag. Auch im vorliegenden Fall ist daher anzumerken, dass die Abstandnahme von einer ernsthaften Prüfung des Sachverhaltes im erstinstanzlichen Verfahren nicht dem Gesetz entspricht.
Gegenstand des erwähnten Erkenntnisses Zl. 2000/20/0020 war ein ebenfalls einen Staatsangehörigen von Sierra Leone betreffender Bescheid der belangten Behörde vom 28. Oktober 1999, dessen Feststellungen zur mit ähnlichen Formulierungen angenommenen Lageänderung nach Abschluss des Friedensabkommens Anfang Juli 1999 - wie hier - im Wesentlichen auf den Artikel der "TAZ" vom 31. Juli 1999, auf Artikel der "Sierra Leone News" von Anfang Oktober 1999 (aus dem "Sierra Leone Web") und auf ein gleichartiges Schreiben des Generalkonsulates der Republik Sierra Leone gestützt wurden. Aus den in diesem Erkenntnis dargestellten Gründen, auf die auch insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hätte es aber auch im vorliegenden Fall einer präziseren und insbesondere in regionaler Hinsicht differenzierenden Lagebeurteilung im Hinblick auf die (notorisch zum Teil extrem grausamen) Übergriffe der Rebellen bedurft, weil die generalisierenden, auf ganz Sierra Leone bezogenen Feststellungen aus den herangezogenen Quellen nicht schlüssig abzuleiten sind. Hätte die belangte Behörde darüber hinaus noch andere im Oktober 1999 verfügbare - in dem genannten Erkenntnis im Einzelnen erwähnte - Berichte herangezogen, so hätte sie feststellen können, dass weite Teile des Landes weiterhin unter der Kontrolle der Rebellen standen und schwerste Menschenrechtsverletzungen zumindest in diesen Gebieten noch immer an der Tagesordnung waren (vgl. auch das Erkenntnis vom 21. November 2002, Zl. 2000/20/0072, das einen Bescheid der belangten Behörde vom 30. November 1999 betrifft, der zur angenommenen Änderung der Verhältnisse in Sierra Leone seit Mitte 1999 dieselben Ausführungen wie der gegenständliche Bescheid enthält).
Der angefochtene Bescheid war daher in seinem auf die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone bezogenen Spruchteil gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 26. November 2003
Schlagworte
freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000200182.X00Im RIS seit
08.01.2004