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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. Februar 2000, Zl. SD 58/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. Februar 2000 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen indischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer habe laut seinen Angaben seine Heimat Anfang November 1999 mit dem Flugzeug verlassen, wobei er nicht angeben könnte, in welches Land er geflogen wäre. Er wäre ca. einen Monat lang durch unbekannte Länder unterwegs gewesen, bis er am 18. Dezember 1999 nach Österreich gelangt wäre. Seinen Reisepass hätte er nach der Ausreise in Indien einem der Schlepper übergeben.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 1999 habe der Flughafen-Sozialdienst für den Beschwerdeführer einen Asylantrag eingebracht, der vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 25. Jänner 2000 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 - AsylG abgewiesen worden sei. Zudem sei festgestellt worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Am 7. Jänner 2000 sei der Beschwerdeführer in Wien im Zug einer Kontrolle wegen unerlaubten Aufenthalts und Mittellosigkeit in Schubhaft genommen worden. Seit seiner Einreise sei er in Wien unangemeldet wohnhaft gewesen. Zu seinen Unterhaltsmitteln befragt, habe er (laut erstinstanzlichem Bescheid, auf den im angefochtenen Bescheid verwiesen wird: bei seiner Vernehmung durch die Bundespolizeidirektion Wien am 12. Jänner 2000( angegeben, lediglich S 100,-- zu besitzen. Seinen Lebensunterhalt würde er dadurch bestreiten, dass er seine Landsleute, die als Zeitungskolporteure arbeiteten, verträte. Die Bundespolizeidirektion Wien (die Erstbehörde) sei daher (in ihrem Bescheid vom 12. Jänner 2000) zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt seien, zumal kein Zweifel daran bestehe, dass ein Betrag von S 100,-- keinesfalls hinreiche, um den Unterhalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auch nur für kurze Zeit zu finanzieren, und die Behauptung, den Landsleuten zu helfen und davon zu leben, keinen Nachweis für den Besitz der Unterhaltsmittel darstelle, weil es dem Fremden obliege, von sich aus (initiativ) den Nachweis für den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt zu erbringen. Auch mit dem Berufungsvorbringen, wonach er im Hinblick auf die Genfer Konvention mit "entsprechenden Stellen" bereits Kontakt aufgenommen hätte, stelle keinen derartigen Nachweis für den Besitz der erforderlichen Unterhaltsmittel dar. Mit dieser Behauptung werde nämlich weder nachgewiesen noch zumindest glaubhaft gemacht, dass er tatsächlich Zuwendungen in irgendeiner Form erhielte.
Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer weder über einen Einreise- noch über einen Aufenthaltstitel verfüge, unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt sei, sich in Österreich mangels der Zuerkennung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG nicht rechtmäßig aufhalte, hier unangemeldet wohnhaft gewesen sei und überdies nicht in der Lage sei, die Mittel für seinen Unterhalt nachzuweisen, bestehe kein Zweifel daran, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG gefährde.
Der Beschwerdeführer halte sich seit seiner Einreise vor noch nicht einmal ganz zwei Monaten unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und verfüge hier über keine familiären Bindungen, weshalb ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in sein Privatund/oder Familienleben nicht vorliege. Es sei daher weder zu überprüfen gewesen, ob die vorliegende Maßnahme zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen gewesen.
Die Bestimmungen des AsylG (§ 21) stünden der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen, weil der Beschwerdeführer die dort normierten Voraussetzungen nicht erfülle. In diesem Zusammenhang werde bemerkt, dass ein Asylwerber während eines anhängigen Asylverfahrens gemäß § 21 Abs. 2 leg. cit. in den Herkunftsstaat weder zurückgewiesen, zurückgeschoben, noch abgeschoben werden dürfe.
Da keine weiteren, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.
Angesichts der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers und der damit verbundenen Gefahr, dass er durch strafbares Verhalten seinen Unterhalt zu finanzieren trachte, könne ein Wegfall des für die Erlassung dieser Maßnahme maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.
Gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Nach ständiger hg. Rechtsprechung hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2003/18/0011, mwN).
2.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass der Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung am 12. Jänner 2000 vor der Erstbehörde angegeben habe, lediglich S 100,-- zu besitzen. Dieser hat in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zur Frage ausreichender Unterhaltsmittel im Wesentlichen nur vorgebracht, dass er auf die Genfer Konvention verweise, mit den "entsprechenden Stellen" bereits Kontakt aufgenommen habe und sofort in der Lage sei, für sein Einkommen zu sorgen. Im Hinblick darauf begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer entgegen seiner Verpflichtung zum initiativen Nachweis des Besitzes der Mittel zu seinem Unterhalt solche Mittel "weder nachgewiesen noch zumindest glaubhaft gemacht" habe und dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.
2.2. In Anbetracht der aus der Mittellosigkeit resultierenden Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (vgl. das vorzitierte Erkenntnis) begegnet auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken. Im Hinblick auf diese mit der Mittellosigkeit verbundene Gefahr kann es dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer - wie die Beschwerde vorbringt - in Wien polizeilich gemeldet ist.
3. Ferner zeigt die Beschwerde mit ihrem Hinweis auf § 21 AsylG keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. findet auf Asylwerber - soweit im Folgenden nicht anderes festgelegt wird - das FrG insgesamt Anwendung, die §§ 33 Abs. 2, 36 Abs. 2 Z. 7, 55 und 61 bis 63 FrG jedoch nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, sofern sie
1. den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt
eingebracht haben;
2. den Antrag anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihnen
sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt haben.
Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid ist der Beschwerdeführer am 18. Dezember 1999 unter Umgehung der Grenzkontrolle (ohne einen Reisepass) in das Bundesgebiet eingereist und wurde ihm keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG zuerkannt sowie der vom Flughafen-Sozialdienst für ihn mit Schreiben vom 22. Dezember 1999 gestellte Asylantrag mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25. Jänner 2000 abgewiesen.
Die weiteren Anordnungen des § 21 leg. cit., nämlich Abs. 2, nach dessen erstem Halbsatz ein Asylwerber nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf, und Abs. 3, enthalten keine Regelung, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber unzulässig wäre.
Von daher ist der lapidare Beschwerdehinweis auf die Geltung des § 21 leg. cit. nicht zielführend.
4. Ferner begegnet auch die - von der Beschwerde unbekämpfte -
Ansicht der belangten Behörde, dass § 37 Abs. 1 und 2 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer, der sich unbestrittenermaßen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides erst rund zwei Monate im Bundesgebiet aufgehalten hat und hier keine familiären Bindungen aufweist, nicht entgegenstehe, keinen Bedenken.
5. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. November 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000180068.X00Im RIS seit
25.12.2003