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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §24;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der H KG in K, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Grazbachgasse 39/III, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 10. November 1999, Zl. RV 24/1-8/98, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Gesellschaftsvertrag vom 21. März 1984 gründeten Hubert K als Komplementär (Einlage S 450.000) und seine Ehefrau Martha K als Kommanditistin (Einlage S 50.000) die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft (im Folgenden: Beschwerdeführerin). Mit Notariatsakt vom 4. Juni 1984 trat die Kommanditistin ihren Anteil von 10 % an ihren Ehemann ab. Dieser schied am selben Tag als Komplementär aus der Gesellschaft aus und trat als Kommanditist mit einer Haftungseinlage in der Höhe von S 500.000 in die Gesellschaft ein. Als Komplementärin trat die - am Gewinn und Verlust nicht beteiligte - K GmbH ein (Beteiligungsverhältnis: Martha K 75 %, Hubert K 25 %). Mit Vertrag vom 12. Februar 1991 schied der alleinige Kommanditist Hubert K gegen ein Abschichtungsentgelt von rund S 85 Mio aus der KG aus. Bei einer die Jahre 1990 bis 1992 umfassenden Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, auf Grund der Beteiligung von Martha K vom 30. März bis 1. Juni 1984 in Höhe von 10 % sei die Anwendung des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 nur für 90 % des Veräußerungsgewinnes möglich. 10 % seien mit dem Normalsteuersatz zu besteuern.
Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen und erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens einen neuen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 1991.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und brachte vor, Hubert K habe sein Einzelunternehmen mit allen Aktiven und Passiven (Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. April 1984 rund S 1,9 Mio) in die KG eingebracht (wirtschaftlicher Gewinn vor Ertragssteuern: rund S 1,6 Mio). Sinn und Zweck der Beteiligung von Martha K sei nur gewesen, die Beschwerdeführerin als K KG - und nicht K GmbH & Co KG - zu gründen. Lediglich für den kurzen Zeitraum im Zusammenhang mit der Eintragung der Beschwerdeführerin in das Firmenbuch sei es notwendig gewesen, dass sich Martha K formal als Kommanditistin beteiligt habe. Damals sei es nämlich noch möglich gewesen, den Firmennamen K KG zu behalten, auch wenn in der Folge eine GmbH als Komplementärin eingetreten sei. Das von Hubert K 1979 gegründete und 1984 eingebrachte Einzelunternehmen sei bis "1991 ausschließlich ihm zugerechnet" worden. Dies habe auch die stillen Reserven, den Firmenwert etc. betroffen. Auch die K GmbH sei als reine Arbeitsgesellschafterin am Vermögen der Gesellschaft nie beteiligt gewesen. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei Hubert K immer alleiniger Vermögens- bzw. Betriebsinhaber gewesen.
Martha K sei am Ergebnis 1984/1985 nicht beteiligt gewesen. Ihr Abtretungspreis habe S 50.000 betragen, weil allfällige Wertsteigerungen nicht berücksichtigt worden seien. Selbst bei einer Beteiligung der Martha K am Unternehmen wäre ihr Anteil im Verhältnis zum Verkehrswert des Unternehmens des Hubert K maximal 1 % gewesen, weil das in die KG eingebrachte Unternehmen einen weitaus höheren Wert als S 500.000 dargestellt habe.
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und stellte fest, im gesamten Aktenmaterial befinde sich kein Hinweis, dass bei der Gründung der Beschwerdeführerin oder bei der Anteilsabtretung Unentgeltlichkeit vereinbart gewesen wäre. Wenn nun behauptet werde, unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise wäre Hubert K immer allein Vermögens- bzw. Betriebsinhaber gewesen, müsse dem entgegen gehalten werden, dass dies auf Grund des Vertrages nicht nachvollzogen werden könne. Es wäre der Beschwerdeführerin offen gestanden, eine etwaige unentgeltliche Zuwendung (Schenkung) unter Tragung der steuerlichen Konsequenzen aufzuzeigen oder ein Treuhandverhältnis offen zu legen. Insbesondere bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen müssten Vertragsinhalte, die neben den schriftlichen Verträgen bestünden, rechtzeitig offen gelegt werden. Das - Jahre später aufgestellte - Vorbringen, Martha K wäre wirtschaftlich an der KG nicht beteiligt gewesen, könne daher abgabenrechtlich nicht anerkannt werden.
In ihrem Vorlageantrag führte die Beschwerdeführerin aus, dass bei einer Hochrechnung des Ertragswertes des Einzelunternehmens die Einlage der Martha K weniger als 1 % des Einbringungswertes darstellen würde. Es wurde daher beantragt, mindestens 99 % des Veräußerungsgewinnes mit dem halben Steuersatz zu versteuern und nicht nur 90 %.
In der mündlichen Verhandlung gab der Beisitzer der Notariatskammer, Dr. P, bekannt, dass er Hubert K früher rechtlich vertreten habe, sich aber nicht befangen fühle. Seitens der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, Martha K sei kein Gewinn zugewiesen worden, obwohl dies für die Familie K insgesamt steuerlich günstiger gewesen wäre. Auch dass der Verkauf im Februar 1991 und nicht im April 1991, in welchem die Siebenjahresfrist auch für die KG abgelaufen wäre, durchgeführt worden sei, spreche dafür, dass Martha K nie beteiligt gewesen sei. Man hätte sonst ohne weiteres mit dem Verkauf noch zwei Monate warten können. Außerdem seien die Beteiligungsverhältnisse gemessen am gemeinen Wert des Unternehmens des Hubert K und der Einlage von Martha K nicht wie vom Finanzamt angenommen 90 zu 10, sondern 99,5 zu 0,5, wenn nicht sogar 99,75 zu 0,25.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. In der Begründung wurde angeführt, laut Punkt I des Gesellschaftsvertrages vom 21. März 1984 habe Hubert K sein Einzelunternehmen in die KG eingebracht. Dieses sei laut Punkt II des Vertrages unter der Firma "K KG" im bisherigen Umfange fortbetrieben worden. In Punkt IV des Vertrages sei unter anderem festgelegt worden, dass der persönlich haftende Komplementär seine Kapitaleinlage beliebig erhöhen oder vermindern könne. Die Kommanditeinlage sei unbeweglich und werde auf ein festes Kapitalkonto gebucht. Der Kommanditist sei am Betriebsvermögen einschließlich der stillen Reserven und am Firmenwert beteiligt. Laut Punkt IX des Vertrages seien beide Gesellschafter am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nach der Höhe ihrer Kapitalkonten beteiligt.
Die Frist von sieben Jahren gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 sei nur hinsichtlich der 90 %-Beteiligung abgelaufen. Sämtliche Versuche, das Ausmaß der Beteiligung auf maximal 1 % zu reduzieren, etwa "im Verhältnis des Verkehrswertes des Unternehmens des Hubert K zur Beteiligung von Martha K" (laut Berufung) bzw. bei "Hochrechnung des Ertragswertes des Unternehmens im Verhältnis zum Einbringungswert" laut Vorlageantrag könnten nicht überzeugen, weil die Kommanditistin laut Punkt IV des Gesellschaftsvertrages am Betriebsvermögen einschließlich der stillen Reserven und am Firmenwert der KG, ebenso am Gewinn und Verlust nach der Höhe der Kapitalkonten (Punkt IX des Vertrages) beteiligt gewesen sei. Dass sie wegen ihres vorzeitigen Ausscheidens am Ergebnis des Wirtschaftsjahres 1984/1985 "eigentlich" nicht partizipiert habe, ändere nichts am Ausmaß ihrer Beteiligung von 10 %. Aus dem Vertragsinhalt ergebe sich weiters kein Anhaltspunkt dafür, dass die Kommanditistin im Falle ihres Ausscheidens etwa nur ihre Einlage ersetzt bekommen würde. Es lasse sich aus dem Vertrag nicht ableiten, dass bei der Gründung der KG oder bei der Anteilsabtretung Unentgeltlichkeit vereinbart worden wäre. Dies sei nicht einmal behauptet worden. Es habe daher dem Begehren, 100 % des Veräußerungsgewinnes (Berufung) bzw. 99 % (Vorlageantrag) mit dem halben Steuersatz zu besteuern, nicht Rechnung getragen werden können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 37 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 in der Stammfassung ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Außerordentliche Einkünfte gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 EStG sind unter anderem Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24 EStG, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.
Die Beschwerdeführerin hat bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht, das von Hubert K eingebrachte Einzelunternehmen habe tatsächlich einen weitaus höheren Wert als seine Einlage in Höhe von S 450.000 besessen (Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. April 1984 S 1,926.000). Im Hinblick auf dieses Vorbringen wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht Feststellungen über den Wert des - 10 % des Unternehmens repräsentierenden - Geschäftsanteiles der Martha K zu treffen. Insbesondere im Falle eines gravierenden Auseinanderklaffens von Kaufpreis für den Gesellschaftsanteil bei der Abtretung an Hubert K (S 50.000) und dem Verkehrswert des Gesellschaftsanteiles könnte der Vorgang ein unentgeltliches Rechtsgeschäft darstellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 2003, 2001/13/0211). Dies hätte zur Folge, dass die Frist von sieben Jahren des § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 nicht erst mit Abtretung des Gesellschaftsanteiles von Martha K an Hubert K zu laufen begann. Die belangte Behörde hat in Verkennung der Rechtslage Feststellungen darüber unterlassen, ob die Abtretung des Kommanditanteiles an Hubert K im Juni 1984 entgeltlich erfolgt ist.
Für den Fall, dass im fortgesetzten Verfahren die oben genannte Abtretung des Kommanditanteiles an Hubert K als unentgeltlich zu beurteilen wäre, wird die belangte Behörde auch Feststellungen dahingehend zu treffen haben, ob die Einräumung des Kommanditanteiles an Martha K anlässlich der Gründung der K KG (im Hinblick auf das Verhältnis des Wertes des von Hubert K eingebrachten Betriebes zur Kommanditeinlage der Martha K) einen entgeltlichen Vorgang darstellte. Die Einbringung eines Betriebes in eine Personengesellschaft als solche stellte keine Betriebsveräußerung dar, wenn zulässigerweise die Buchwerte fortgeführt wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1998, 94/14/0081).
Vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens im Verwaltungsverfahren hätte die belangte Behörde auch Feststellungen darüber treffen müssen, ob die Martha K allenfalls treuhändisch den Kommanditanteil gehalten hat; diesfalls wäre ebenfalls die Frist des § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 gewahrt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. November 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1999150266.X00Im RIS seit
22.01.2004