TE Vwgh Erkenntnis 2003/11/27 2002/06/0090

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Veröffentlicht am 27.11.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
96/01 Bundesstraßengesetz;
96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus;

Norm

AVG §63 Abs1;
BStG 1971 §20 Abs1 idF 2002/I/050;
BStG 1971 §32 litb idF 2002/I/050;
Bundesstraßen-ÜbertragungsG 2002 §1;
Bundesstraßen-ÜbertragungsG 2002 §4;
Novellen BGBl2002/I/050 Art5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der B-GesmbH in V, vertreten durch Dr. Gerhard Haslbauer, Rechtsanwalt in 4663 Laakirchen, Gmundner Straße 23, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 22. April 2002, Zl. 326600/11-III/6c/02, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Straßenbauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich - Landesstraßenverwaltung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag des Landes Oberösterreich auf Aufwandersatz wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Bundesstraßenbehörde erster Instanz vom 8. Februar 2002 wurden u.

a. auch Teile des der Beschwerdeführerin gehörenden Grundstücks Nr. 266/1 KG Winkl für die Umlegung bzw. den Umbau der ehemaligen

B 145, Salzkammergutstraße, Baulos "Umfahrung Traunkirchen" dauernd und lastenfrei zugunsten der Republik Österreich - Bundesstraßenverwaltung enteignet.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der beschwerdeführenden Partei wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 22. April 2002 gemäß Art. 5 § 1 des Bundesstraßen-Übertragungsgesetzes vom 29. März 2002, BGBl. I Nr. 50/2002, in Verbindung mit § 1 und § 66 Abs. 4 AVG wegen Unzuständigkeit des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie zurückgewiesen.

Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass mit der angeführten Bestimmung des Bundesstraßen-Übertragungsgesetzes der verfahrensgegenständliche Straßenzug der B 145 als Bundesstraße aufgelassen worden sei. Daher sei die Zuständigkeit des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie während des Berufungsverfahrens über die ausgesprochene Enteignung weggefallen, weil die Behörde die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltende Rechtslage zu berücksichtigen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die beschwerdeführende Partei bekämpft den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten ihres Verfahrens vor, erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass Gegenstand des angefochtenen Bescheides lediglich die Zurückweisung der gegen den Enteignungsbescheid erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Partei durch die belangte Behörde war. Daher kann nur die Frage Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein, ob diese Zurückweisung zu Recht erfolgte und die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt wurde oder nicht. Auf die sowohl in der Beschwerde als auch in den Gegenschriften aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen der Enteignung war sohin im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen.

Die §§ 1 und 4 des in Artikel 5 des Bundesstraßen-Übertragungsgesetzes, BGBl. I Nr. 50/2002, enthaltenen - und gemäß seinem § 17 am 1. April 2002 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über die Auflassung von Bundesstraßen lauten:

     "§ 1. Als Bundesstraßen aufgelassen werden

     a)        die im Verzeichnis 3, Bundesstraßen B, des

Bundesstraßengesetzes 1971 enthaltenen Straßenzüge,

     b)        die Bundesersatzstraßen gemäß § 33 Abs. 5 des

Bundesstraßengesetzes 1971 und

     c)        alle Straßenteile, bei denen die Voraussetzungen

gemäß § 4 Abs. 2 des Bundesstraßengesetzes 1971 für eine Auflassung als Bundesstraße durch Verordnung vorliegen, aber eine solche Auflassung durch Verordnung noch nicht erfolgt ist.

...

§ 4. (1) Das bücherliche und außerbücherliche Eigentum sowie dingliche Rechte des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) an den aufgelassenen Bundesstraßen gemäß § 1 samt ihren Bestandteilen (§ 3 des Bundesstraßengesetzes 1971) gehen entschädigungslos von Gesetzes wegen auf die Bundesländer über, in deren Gebiet die Bundesstraßen oder Bundesstraßenteile liegen. Zu den Bestandteilen zählen auch die am 31. Dezember 2001 der Erhaltung und Beaufsichtigung der Bundesstraßen dienenden bebauten und unbebauten Grundstücke, die nicht im Zuge einer Bundesstraße liegen. § 1 Abs. 3 zweiter Satz des Bundesstraßengesetzes 1971 ist nicht anzuwenden.

(2) Das bücherliche und außerbücherliche Eigentum und dingliche Rechte des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) an Grundstücken, die für nunmehr gemäß § 1 aufgelassene Bundesstraßen erworben wurden, gehen entschädigungslos von Gesetzes wegen auf die Bundesländer über, sofern die Bestimmung des Verlaufes dieser Bundesstraßen durch Verordnung erfolgt ist, diese Bundesstraßen aber noch nicht hergestellt oder umgestaltet wurden. Der Bund kann die entschädigungslose Übertragung dieser Grundstücke an die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft verlangen, wenn sie nicht bis 31. Dezember 2008 für die Herstellung oder Umgestaltung der Straßen verwendet wurden. Wird glaubhaft gemacht, dass die Herstellung oder Umgestaltung der Straßen unmittelbar bevorsteht oder in absehbarer Zeit erfolgen wird, hat der Bund unter Setzung einer angemessenen Ausführungsfrist von der Geltendmachung des Übertragungsanspruches vorübergehend abzusehen."

Die §§ 20 Abs. 1 und § 32 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, i.d.F. BGBl. I Nr. 50/2002, lauten:

"§ 20. Enteignungsverfahren

(1) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung entscheidet der Landeshauptmann als Bundesstraßenbehörde (§ 32) unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, in der geltenden Fassung, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist. Kommen hiebei Eisenbahngrundstücke in Betracht, so ist im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als Eisenbahnbehörde vorzugehen."

     "§ 32. Behörden

     Behörden im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

     a)        der Landeshauptmann in erster Instanz für alle

Angelegenheiten, die nicht dem Bundesminister für Verkehr,

Innovation und Technologie vorbehalten sind,

     b)        der Bundesminister für Verkehr, Innovation und

Technologie zur Erlassung von Verordnungen und Bescheiden, die ihm nach diesem Bundesgesetz vorbehalten sind, sowie zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes."

Die "B 145 Salzkammergutstraße (B 145)" ist im Verzeichnis 3 der Anlage 3 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, i.d.F. BGBl. I Nr. 142/2000, unter "Bundesstraßen B" angeführt.

Im vorliegenden Fall wurde der erstinstanzliche Enteignungsbescheid vom Landeshauptmann von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung erlassen.

Nach dem klaren Wortlaut des § 32 lit. b letzter Fall des Bundesstraßengesetzes 1971 ist zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes auf Grund des angeführten Gesetzes der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie berufen. Daran hat sich auch durch das Bundesstraßen-Übertragungsgesetz nichts geändert. Für die Beurteilung des Instanzenzuges ist vielmehr entscheidend, in welchem Behördenbereich der mit Berufung bekämpfte Bescheid tatsächlich erlassen worden ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. September 2002, Zl. 2002/06/0066, und die dort zitierte Judikatur).

Diese Rechtslage hat die belangte Behörde verkannt, weshalb sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete. Er war aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. November 2003

Schlagworte

Instanzenzug Zuständigkeit Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002060090.X00

Im RIS seit

30.01.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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