TE Vwgh Erkenntnis 2003/12/4 2003/16/0145

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Veröffentlicht am 04.12.2003
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §21 Abs1;
BAO §23 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des Kurt K in L, vertreten durch Summer - Schertler - Stieger, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 14. August 2003, GZ RV/0034-F/02, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Abtretungsvertrag vom 30. Dezember 1994 trat Gabriele K. ihrem Ehegatten, dem Beschwerdeführer, ihren Geschäftsanteil an der Kurt K GmbH im Nominale von S 375.000,-- um den Abtretungspreis von S 375.000,-- ab.

Nach Erlassung eines vorläufigen Bescheides über die Vorschreibung einer Rechtsgebühr nach § 33 TP 21 GebG übermittelte der steuerliche Vertreter dem Finanzamt Feldkirch einen Berechnungsbogen über den gemeinen Wert der Geschäftsanteile der Kurt K GmbH zum 1. Jänner 1995. Der Wert wurde darin mit S 823,-- je S 100,-- Nominale ermittelt. In einer Erläuterung wurde darauf verwiesen, es sei bei der Ermittlung des Ertragswertes von der üblichen Heranziehung der letzten drei Jahresergebnisse abgewichen worden, weil diese nicht zu einer "realistischen" Bewertung geführt hätten. Wegen des Wegfalles von Kunden mit Jahresaufträgen müsse mit wesentlich schlechteren Jahresergebnissen als noch 1992 gerechnet werden.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 1997 schrieb das Finanzamt Feldkirch sodann für die Abtretung des Geschäftsanteils Schenkungssteuer von einer Bemessungsgrundlage von S 2,711.250,-- vor.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, unmittelbar nach der Gesellschaftsgründung habe Gabriele K dem Beschwerdeführer am 17. Dezember 1991 das Angebot gemacht, wonach er über jederzeitiges Verlangen die Abtretung des Geschäftsanteils um den Abtretungspreis von S 375.000,-- verlangen könne. Von diesem Recht habe der Beschwerdeführer am 30. Dezember 1991 (gemeint: 1994) Gebrauch gemacht. Es fehle also am 30. Dezember 1994 jeglicher Bereicherungswille der Gabriele K.

Auch am 17. Dezember 1991 sei keine Schenkung vorgelegen, weil der an diesem Tag vereinbarte Abtretungspreis genau jenem Kapital entsprochen habe, welches Gabriele K. bei der Gesellschaftsgründung habe aufbringen müssen. Der Berufung angeschlossen war das in Form eines Notariatsaktes vom 17. Dezember 1991 abgegebene Anbot auf Abtretung eines Geschäftsanteils im Nominalbetrag von S 375.000,-- um den Übernahmspreis von S 375.000,--. Im § 10 des Notariatsaktes ist dazu ausgeführt:

Der Abtretungspreis entspricht dem Nominale des abgetretenen Geschäftsanteils. Die Anbotstellerin ist sich darüber im Klaren, dass bei entsprechender positiver Geschäftsentwicklung der vereinbarte Abtretungspreis im Missverhältnis zum wahren Wert der Beteiligung steht, sohin diese Abtretung jedenfalls in privatrechtlicher Hinsicht Schenkungscharakter aufweist.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen.

In dem gegen die Berufungsvorentscheidung erhobenen Vorlageantrag wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe als Einzelunternehmer ein Bauunternehmen geführt. Das Unternehmen habe schon vor der Eheschließung mit Gabriele K bestanden. Auch nach der Eheschließung sei das Unternehmen allein auf Rechnung des Beschwerdeführers geführt worden. Im Jahre 1991 habe der Beschwerdeführer sein bisher erarbeitetes Vermögen gegen einen Gläubigerzugriff absichern wollen. Da es damals nicht möglich gewesen sei, eine Ein-Personen-GmbH zu gründen, sei Gabriele K als Gründungshelferin aufgetreten. Gabriele K habe deswegen 75 % der Anteile übernommen, weil der Beschwerdeführer auch noch die Lohnsteuervorteile eines Dienstnehmers lukrieren habe wollen. Zur Absicherung des Beschwerdeführers habe Gabriele K diesem ein unwiderrufliches Anbot auf Abtretung der Geschäftsanteile einräumen müssen. Das Anbot sei am selben Tag wie die Gründung der Gesellschaft erfolgt. Damit sei Gabriele K nie wirtschaftliche Eigentümerin ihres Geschäftsanteils geworden. Ein Schenkungswille habe nicht bestanden, weil das Unternehmen vom Beschwerdeführer aufgebaut worden sei und ihm gehört habe. Der Umstand, dass in § 10 des Anbots ausgeführt ist, dass die Abtretung bei positiver Entwicklung und folglichem Missverhältnis zwischen Abtretungspreis und Wert der Beteiligung Schenkungscharakter habe, habe keine Auswirkung auf die Beurteilung der Abtretung. Nach einem Steuerberaterwechsel sei klar geworden, dass der Beschwerdeführer faktischer Alleineigentümer der GmbH gewesen sei. Die Gesellschaft habe hierauf die Option zu Gunsten des Beschwerdeführers offen gelegt und die bisher ersparten Steuern (Lohn- und Gewerbesteuer) nachträglich abgeführt. Hierauf sei der Geschäftsanteil von Gabriele K an den Beschwerdeführer abgetreten worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, dass dem Beschwerdeführer ein wirtschaftliches Eigentum am Geschäftsanteil der Gabriele K nicht zugestanden sei. Da das Einzelunternehmen an die GmbH verkauft worden sei und die GmbH somit keine stillen Reserven des Einzelunternehmens übernommen habe, habe keine moralische Verpflichtung der Gabriele K bestanden, ihren Anteil an den Beschwerdeführer um den Nominalwert zu übertragen. Dem Vorbringen, Gabriele K habe nur als Gründungshelfer fungiert, hielt die belangte Behörde entgegen, dass ein Gründungshelfer typischer Weise nur über einen Zwerganteil verfüge, während Gabriele K eine Anteil von 75 % gehabt habe. Sie habe diesen Anteil über Jahre gehalten, das Stimmrecht weisungsfrei ausgeübt und sei überdies Geschäftsführerin der GmbH gewesen. Eine Einsichtnahme in den Veranlagungsakt der GmbH habe ergeben, dass von 1992 bis 1994 keine Gewinne ausgeschüttet worden seien. Eine faktische Einflussnahme sei "in Bezug auf die hohen Verrechnungsforderungen" möglich, habe aber mit der Gesellschafterstellung nichts zu tun. Weiters spreche die Bestimmung im § 9 des Anbots, wonach die Rechtsnachfolger nach dem Beschwerdeführer keinerlei Rechte aus dem Anbot erlangten, gegen das Vorliegen von wirtschaftlichem Eigentum des Beschwerdeführers. Gabriele K habe bei Einräumung des Anbots zumindest in Kauf genommen, dass der Beschwerdeführer bereichert werde.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer durch die Vorschreibung von Schenkungssteuer in seinen Rechten verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte Schenkungssteuer betreffenden Akten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 ErbStG gilt als Schenkung jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind gemäß § 23 Abs 1 ErbStG für die Erhebung von Abgaben ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenerhebung maßgebend und zwar unabhängig davon, ob der in Frage stehende Steuertatbestand dem Prinzip der wirtschaftlichen oder dem der rechtlichen Anknüpfung folgt (vgl das hg Erkenntnis vom 20. Februar 1992, Zl 90/16/0156). Bei nahen Angehörigen muss besonders vorsichtig geprüft werden, ob die formelle rechtliche Gestaltung eines Rechtsgeschäftes seiner wirtschaftlichen Bedeutung entspricht (vgl das hg Erkenntnis vom 8. November 1977, Zl 1168/77).

Im Vorlageantrag wurde vom Beschwerdeführer als Motivation für das vorliegende Vereinbarungsgeflecht - nicht in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten enthaltener Gesellschaftsvertrag zwischen den beiden Ehegatten, Geschäftsführerbestellung, unwiderrufliches Anbot der Abtretung des Geschäftsanteils der Mehrheitsgesellschafterin, Annahmeerklärung - außer mit dem seinerzeitigen Erfordernis einer Mehrheit von Gesellschaftern insbesondere damit begründet, dass damit "Lohnsteuervorteile lukriert" werden sollten. Dass einzelne Bestimmungen des Abtretungsanbotes mit dieser Motivation nicht in Einklang stehen, ist dabei unerheblich. Durch das bezeichnete Vertragsgeflecht wurde die Begründung einer Ein-Personen-GmbH verdeckt. Nach dem Vorlageantrag war davon auszugehen, dass mit der Abtretung des Geschäftsanteils das verdeckte Rechtsgeschäft offen gelegt wurde. Mit diesem Vorbringen im Vorlageantrag hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt. Sie hat insbesondere auch den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt nicht festgestellt. Sie hat damit auch Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, wobei darauf zu verweisen ist, dass die belangte Behörde die die GmbH betreffenden Steuerakten dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgelegt hat.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 3 VwGG abzusehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003. Im danach pauschalierten Schriftsatzaufwand ist dabei die Umsatzsteuer bereits enthalten. Wien, am 4. Dezember 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003160145.X00

Im RIS seit

20.01.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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