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L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
BAO §114;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der K Gastronomiebetrieb GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Andreas Doschek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 22, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 24. Juni 2003, ABK- 275/02, betreffend Getränkesteuer 1996 bis 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin vorgenommenen abgabenbehördlichen Prüfung wurde am 19. Februar 2002 festgestellt, dass die Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer für die Jahre 1996 bis 1999 um Bedienungsgeld in Höhe von 10,5 % vermindert worden war. Nach der über die Prüfung aufgenommenen Niederschrift seien die Dienstnehmer nach dem Alternativlohnsystem entlohnt worden. Ein Bedienungsentgelt sei nicht ausgezahlt worden. Die auf alkoholische Getränke entfallende Getränkesteuer für die Monate Jänner bis März 2000 war nach den Prüfungsfeststellungen nicht entrichtet worden.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 3. April 2002 wurde der Beschwerdeführerin entsprechend den Prüfungsfeststellungen Getränkesteuer vorgeschrieben. In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde insbesondere die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkesteuer geltend gemacht. Weiters wurde vorgebracht, das Bedienungsgeld sei nicht abgezogen worden, obwohl die Beschwerdeführerin Bedienungsgeld in Form von festen Löhnen, die über dem Bedienungsgeld gelegen seien, gezahlt habe.
In einer die Berufung ergänzenden Eingabe vom 6. Mai 2002 wurde vorgebracht, als Rechtsbehelf (iS des EuGH-Urteils vom 9. März 2000, C-437/97) sei jedes prozessuale Mittel zur Verwirklichung eines Rechts anzusehen. Die Unterlassung der Zahlung der Steuer stelle einen Rechtsbehelf dar. Die Getränkesteuer für Februar und März 2000 sei erst am 15. März und 15. April 2000 fällig gewesen und damit gemeinschaftsrechtswidrig gewesen. Zum Abzug von Bedienungsgeld wurde ausgeführt, es sei im Unternehmen nach dem Alternativlohnsystem abgerechnet worden. Im Zuge von bisherigen Prüfungen sei diese Vorgangsweise immer akzeptiert worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insofern stattgegeben, als die Getränkesteuervorschreibung für die Monate Februar und März 2000 aufgehoben wurde. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass die Getränkesteuer regelmäßig abgeführt worden sei; es habe sich lediglich anlässlich der Revision vom 19. Februar 2002 herausgestellt, dass die Steuer falsch berechnet worden sei. Da die Beschwerdeführerin somit vor dem 9. März 2000 keinen tauglichen Schritt zur Durchsetzung ihrer Rechte getan habe, habe sie keinen Rechtsbehelf erhoben. Hinsichtlich der Höhe der Bemessungsgrundlage wurde unter anderem ausgeführt, eine dem Gesetz widersprechende Verwaltungsübung stelle keine verbindliche Rechtsquelle dar.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Ähnlich wie im Verwaltungsverfahren wird auch in der Beschwerde vorgebracht, durch Verweigerung der Selbstbemessungserklärung sei "eindeutig die Nichtakzeptanz der EUwidrigen Steuer zum Ausdruck gebracht" worden. Sinngemäß meint die Beschwerdeführerin damit offensichtlich, die Unterlassung der Erfüllung der ihr auferlegten Verpflichtungen sei als Rechtsbehelf iS des Spruchteils 3. des EuGH-Urteils vom 9. März 2000, C-437/97, anzusehen. Die Verweigerung der Selbstbemessung samt Nichtzahlung sei ein stärkerer Rechtsbehelf als die Nullerklärung.
Dieses Vorbringen ist ohne jegliche Relevanz, ist doch im Verkehr der Partei mit der Behörde zur Geltendmachung von materiellen oder prozessualen Rechten oder zur Erfüllung entsprechender Verpflichtungen die Artikulierung einer Parteierklärung in welcher Form auch immer erforderlich. Es ist ausgeschlossen, ein bloßes Untätigbleiben einer Partei als Prozesserklärung zu deuten.
Im Übrigen ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof in keiner Weise mit dem im Beschwerdefall vorliegenden Sachverhalt in Einklang zu bringen, da die Beschwerdeführerin ihren Verpflichtungen zur Entrichtung von Getränkesteuer - wenn auch nicht in voller Höhe - regelmäßig nachgekommen ist und die entsprechenden Erklärungen abgegeben hat. Damit steht aber - worauf die belangte Behörde auch im angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen hat - fest, dass die Beschwerdeführerin keinen Rechtsbehelf im Sinne des Spruchteils 3 des EuGH-Urteils vom 9. März 2000 erhoben hat und sich damit auf die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkesteuer nicht berufen kann.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin steht auch die Frage, ob ein Steuerpflichtiger "redlich" gehandelt hat, mit der Frage, ob ein Rechtsbehelf gegen die Inanspruchnahme zur Getränkesteuer eingelegt worden ist, in keinem erkennbaren Zusammenhang.
Weiters macht die Beschwerdeführerin geltend, dass bei den Getränkesteuerprüfungen 1993 und 1994 die Abzugsfähigkeit des Bedienungsentgelts trotz Alternativlohnsystems anerkannt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe darauf vertrauen können, dass der Abzug des Bedienungsentgelts trotz des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1996, Zl 94/16/0243, auch in den weiteren Jahren zulässig sei. Abgesehen davon, dass bereits im hg Erkenntnis vom 29. Jänner 1996, Zl 94/16/0108, ausgesprochen worden ist, Voraussetzung für die Nichteinrechnung des Bedienungsgeldes in die Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer sei, dass dieses Bedienungsgeld von vornherein für das Bedienungspersonal bestimmt ist, übersieht die Beschwerdeführerin, dass eine bei der abgabenbehördlichen Prüfung für Vorjahre vorgenommene verfehlte Beurteilung kein schutzwürdiges Vertrauen schafft, die Behörde werde diese Beurteilung auch in den Folgejahren beibehalten, auch wenn sie sich als unrichtig herausgestellt hat (vgl zB. das hg Erkenntnis vom 26. Juli 2000, Zl 97/14/0040). Ein Verstoß der Abgabenbehörde gegen den Grundsatz von Treu und Glauben setzt voraus, dass ein (unrechtes) Verhalten der Behörde, auf das der Abgabepflichtige vertraut hat, eindeutig und unzweifelhaft zum Ausdruck gekommen ist, und dass der Abgabepflichtige seine Dispositionen danach eingerichtet und er nur als Folge hievon einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten hat (vgl neuerlich das hg Erkenntnis vom 26. Juli 2000, Zl 97/14/0040). Ein solches Verhalten der Abgabenbehörde hat die Beschwerdeführerin aber nicht dargetan.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte dabei aus den Gründen des § 39 Abs 1 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGH iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 4. Dezember 2003
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003160114.X00Im RIS seit
20.01.2004Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013