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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des RK, vertreten durch Mag. Werner Suppan, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Huttengasse 71-75, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Oktober 2002, Zl. 119.388/5-III/11/02, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß den §§ 19 Abs. 3, 12 Abs. 1 und 10 Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ab.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Der Beschwerdeführer habe am 19. April 2002 beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt. Er habe diesen Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass er beabsichtige, im Bundesgebiet einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Über Aufforderung habe er schriftlich mitgeteilt, dass er kein gültiges arbeitsmarktrechtliches Dokument, keinen Mietvertrag und auch keine gültige Krankenversicherung vorlegen könnte. Da er mangels arbeitsmarktrechtlichen Dokuments in Österreich keiner legalen unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne, verfüge er weder über ausreichende Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes noch über eine für Inländer ortsübliche Unterkunft und einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz. Somit könne nicht davon ausgegangen werden, dass in seinem Fall "die gesetzlichen Erfordernisse" vorlägen. In Anbetracht "des Umstandes" habe eine Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen zu erfolgen. Durch den Aufenthalt seiner Ehefrau sowie seiner Kinder im Bundesgebiet bestünden familiäre Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich. Mangels Möglichkeit des Zugangs zu einer legalen Beschäftigung habe die Behörde jedoch von einer "positiven Finalisierung" Abstand nehmen müssen. Die Bekämpfung der illegalen Arbeit von Fremden sei nicht nur im Interesse der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, sondern im weiteren Sinn der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung relevant. Es sei daher den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers Priorität einzuräumen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß dem in den Verwaltungsakten befindlichen Antrag vom 15. April 2002, eingereicht am 19. April 2002, begehrte der Beschwerdeführers ausdrücklich die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck unselbständige Erwerbstätigkeit.
Gemäß § 19 Abs. 3 FrG darf dem Fremden, der eine unselbständige Erwerbstätigkeit in Österreich auszuüben beabsichtigt, eine Erstniederlassungsbewilligung nur erteilt werden, wenn für ihn eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder wenn er über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügt.
Die Beschwerde stützt sich im Wesentlichen auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer zwischen 1971 und 1997, sohin über 26 Jahre, in Österreich niedergelassen gewesen sei und gearbeitet habe. Sowohl seine geschiedene Frau als auch seine drei Kinder lebten derzeit in Österreich und es sei ihnen bereits die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden. Der Beschwerdeführer habe seinerzeit auch über einen gültigen Befreiungsschein verfügt und hätte diesen nur wegen eines über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes nicht mehr verlängern lassen können. Dieses Aufenthaltsverbot sei mittlerweile mit Bescheid vom 5. Oktober 2001 aufgehoben worden. Diese Anknüpfungspunkte an Österreich seien so schwerwiegend, dass die belangte Behörde bei der Abweisung des gegenständlichen Antrages von dem ihr gemäß § 8 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht habe. Dem Beschwerdeführer sei nicht eine Erstniederlassungsbewilligung, sondern eine weitere Niederlassungsbewilligung auszustellen.
Zunächst sei bemerkt, dass auf den Beschwerdeführer nicht die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige (§ 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 3 FrG) anzuwenden sind. In diesen Kreis fallen zwar auch Verwandte in aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt gewährt wird. Die Kinder des Beschwerdeführers besitzen zwar die österreichische Staatsangehörigkeit; der Beschwerdeführer behauptet aber nicht, dass ihm von diesen Kindern im Sinn des § 47 Abs. 3 Z. 3 FrG Unterhalt gewährt wird. Der Verweis auf den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch reicht nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht aus. Seinen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung hat der Beschwerdeführer überdies ausdrücklich damit begründet, er würde "mit eigenem Geld" sein Leben bestreiten.
Im hg. Erkenntnis vom 10. September 1999, Zl. 98/19/0291, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass der Antrag eines Fremden auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, nachdem er in Befolgung eines Aufenthaltsverbotes Österreich verlassen hatte, als Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu sehen sei. Es würden zwar Fremde im entgegengesetzten Fall einer rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Niederlassung im Inland trotz eines Aufenthaltsverbotes insofern besser gestellt, als die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zulässig sei; diese Regelung liege aber im Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers, weil bei typisierender Betrachtungsweise nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Durchsetzung rechtskräftiger Aufenthaltsverbote ohne zwingenden Grund unterbleibe.
Der vorliegende Antrag des Beschwerdeführers ist daher zutreffend auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gerichtet. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er die eingangs genannte Voraussetzung des § 19 Abs. 3 FrG (für eine Erstniederlassungsbewilligung) nicht erfüllt. Wegen dieses zwingenden Versagungsgrundes wies die belangte Behörde zu Recht den Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung ab.
Der Antrag zielt - wie dargelegt - nicht auf die Ermöglichung einer Familiengemeinschaft ab. Eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Interessen des Fremden ist diesfalls bei Anwendung des genannten Versagungsgrundes nicht geboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1999, Zl. 98/19/0246) und es steht Art. 8 EMRK - auch unter Bedachtnahme auf die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 8. Oktober 2003, G 119, 120/03 - einer Versagung der begehrten Niederlassungsbewilligung nicht entgegen.
Dadurch, dass die belangte Behörde eine - nicht gebotene - Ermessensentscheidung gegen den Beschwerdeführer traf und überdies eine Interessenabwägung im Ergebnis zu seinen Lasten vornahm, wurde der Beschwerdeführer nicht in subjektiven Rechten verletzt.
Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit somit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 11. Dezember 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002210212.X00Im RIS seit
20.01.2004