TE Vwgh Erkenntnis 2003/12/15 2003/03/0169

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Veröffentlicht am 15.12.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Marktgemeinde S, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 24. April 2003, Zl. 11-JB-83/1-2003, betreffend die Anordnung der öffentlichen Versteigerung eines Gemeindejagdgebietes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 4. Juli 2001 wurde der Beschluss des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 17. Mai 2001, wonach das Gemeindejagdgebiet "S" für die Jagdpachtperiode vom 1. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2010 an die Jagdgemeinschaft S wertgesichert verpachtet wurde, gemäß § 33 Abs. 5 des Kärntner Jagdgesetzes 2000, LGBl. Nr. 21, genehmigt.

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 6. Juni 2002 wurde der gegen diesen Bescheid von mehreren Grundeigentümern erhobenen Berufung Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid behoben.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spital an der Drau vom 24. September 2002 wurde dem Jagdpachtvertrag vom 19. September 2002, abgeschlossen zwischen der Beschwerdeführerin als Verpächterin und der Jagdgemeinschaft S als Pächterin, die Genehmigung - unter Bezugnahme auf § 33 Abs. 6 des Kärntner Jagdgesetzes 2000 - versagt.

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 23. Oktober 2002 wurde den gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen der Beschwerdeführerin und der Jagdgemeinschaft S Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und ausgesprochen, dass der Jagdpachtvertrag vom 19. September 2002, betreffend das Gemeindejagdgebiet "S", abgeschlossen zwischen der Beschwerdeführerin als Verpächterin und der Jagdgemeinschaft S als Pächterin, gemäß § 16 Abs. 3 Kärntner Jagdgesetz 2000 genehmigt werde.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 20. September 2002 wurde gemäß § 33 Abs. 6 Kärntner Jagdgesetz 2000 die öffentliche Versteigerung des Gemeindejagdgebietes "S" angeordnet.

In der Begründung des Bescheides führte die Erstbehörde aus, dass der Gemeinderat der Beschwerdeführerin am 17. Mai 2001 nach vorheriger Befassung des Jagdverwaltungsbeirates beschlossen habe, dass die Gemeindejagd "S" für die Jagdpachtperiode vom 1. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2010 freihändig an die Jagdgemeinschaft S wertgesichert zu verpachten sei. Ein zweiter Pachtwerber sei nicht zum Zug gekommen. Die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau habe mit Bescheid vom 4. Juli 2001 diesen Gemeinderatsbeschluss genehmigt. Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau sei Berufung erhoben worden. Mit Bescheid vom 6. Juni 2002 habe der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten entschieden, dass der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben werde. Der Unabhängige Verwaltungssenat habe sich in der Begründung seines Bescheides mit dem Berufungsvorbringen, insbesondere der gesetzwidrigen Zusammensetzung des Jagdverwaltungsbeirates auseinandergesetzt. So sei auch ausdrücklich darauf Bezug genommen worden, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. März 2002, Zl. 2001/03/0406, einen gesetzwidrigen Bescheid der Landesregierung betreffend die Wahl des Jagdverwaltungsbeirates aufgehoben habe. In der Begründung des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates sei ausgeführt worden, dass die Wahl der weiteren Mitglieder des Jagdverwaltungsbeirates nicht gesetzeskonform erfolgt sei und dass daher der Gemeinderatsbeschluss der Gemeinde S über die freihändige Verpachtung and die angeführte Jagdgesellschaft zu Unrecht erfolgt sei. Aus diesem Grund sei der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben gewesen.

Mit Schreiben vom 1. Juli 2002 habe die Marktgemeinde S der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau mitgeteilt, dass sie ihren Antrag auf freihändige Vergabe zurückziehe, da sie davon ausgehe, dass im Hinblick auf die oben zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes die Wahl des Jagdverwaltungsbeirates aufgehoben werde und dass in der Folge die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau die; freihändige Vergabe der Verpachtung des Gemeindejagdgebietes "S" nicht genehmigen werde.

Gemäß § 33 Abs. 6 des Kärntner Jagdgesetzes 2000 habe die Bezirksverwaltungsbehörde die öffentliche Versteigerung anzuordnen, wenn die freihändige Verpachtung von der Bezirksverwaltungsbehörde aus Gründen nicht genehmigt werde, die ihre Ursache nicht in einer unterschiedlichen Beurteilung der Voraussetzungen nach § 18 Abs. 1 a Kärntner Jagdgesetz 2000 hätten und/oder die nicht ausschließlich in Verfahrensmängeln liegen würden. Liege die Zustimmung des Jagdverwaltungsbeirates zu einer freihändigen Vergabe nicht vor - weil der Jagdverwaltungsbeirat nicht korrekt zusammengesetzt gewesen sei - so würde es sich um keinen Verfahrensmangel, sondern um einen inhaltlichen Mangel handeln. Die Versteigerung durch die Bezirksverwaltungsbehörde sei auch dann anzuordnen, wenn einer freihändigen Verpachtung erst im Instanzenzug die Genehmigung versagt werde. Da somit der freihändigen Verpachtung durch die Beschwerdeführerin die Genehmigung nicht erteilt worden sei, habe die Bezirksverwaltungsbehörde spruchgemäß die Versteigerung anzuordnen, da überdies die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit mehr habe, einen Antrag auf Genehmigung der freihändigen Verpachtung an einen bestimmten Pachtwerber zurückzuziehen, wenn über diesen Antrag bereits rechtskräftig entschieden worden sei.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 24. April 2003 wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. In der Begründung führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Erstbehörde habe mit Scheiben vom 31. Juli 2002 "die Anfrage gestellt", ob die Beschwerdeführerin berechtigt gewesen sei, das gegenständliche Gemeindejagdgebiet nach der neuerlichen Wahl des Jagdverwaltungsbeirates freihändig zu verpachten, oder ob von der Bezirksverwaltungsbehörde die öffentliche Versteigerung anzuordnen sei. Die "Abteilung 2V-Verfassungsdienst" habe mit Schreiben vom 6. September 2002 zu dieser Anfrage Stellung bezogen und die "im Erledigungsentwurf der Berufungsbehörde festgehaltene Rechtsauffassung für gesetzwidrig erachtet". In Beachtung der Bestimmung des § 33 Abs. 6 des Kärntner Jagdgesetzes 2000 habe die Erstbehörde zu Recht die öffentliche Versteigerung der Gemeindejagd angeordnet. Liege nämlich die Zustimmung des Jagdverwaltungsbeirates zur freihändigen Vergabe nicht vor, so handle es sich um einen inhaltlichen Mangel. Die Versteigerung sei auch dann durch die Bezirksverwaltungsbehörde anzuordnen, wenn einer freihändigen Verpachtung erst im Instanzenzug die Genehmigung versagt wurde. In der gebotenen Zusammenschmu von Spruch und Begründung des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 6. Juni 2002 sei dieser Bescheid dahin zu interpretieren, dass die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides als "Erteilung der Nichtgenehmigung zu lesen" sei; der Unabhängige Verwaltungssenat sei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Genehmigung nicht hätte erteilt werden dürfen. Da somit der freihändigen Verpachtung durch die Beschwerdeführerin die Genehmigung durch rechtskräftigen Bescheid nicht erteilt worden sei, habe die Erstbehörde gemäß § 33 Abs. 6 Kärntner Jagdgesetz 2000 die Versteigerung anzuordnen. Der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 23. Oktober 2002 werde von der Berufungsbehörde "als gesetzwidrig erachtet, zumal er nicht den Umstand betrachte, dass gegenständlich ... die öffentliche Versteigerung der gegenständlichen Gemeindejagd anzuordnen" sei. Die Genehmigung eines Jagdpachtvertrages gemäß § 16 Abs. 3 Kärntner Jagdgesetz 2000 "vor rechtskräftiger Verwertung der gegenständlichen Gemeindejagd" sei gesetzwidrig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes geltend gemacht und seine kostenpflichtige Aufhebung beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei wendet gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ein, dass die belangte Behörde auf Grund des maßgeblichen und eindeutigen Spruchs des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 6. Juni 2002 diesen Bescheid nicht in einer weiter gehenden Weise dahin hätte interpretieren dürfen, dass damit die Versagung der Genehmigung ausgesprochen worden sei. Ihm sei die Bedeutung beizumessen, dass der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und die Sachentscheidung der Erstbehörde überlassen worden sei, was der Berufungsbehörde gemäß § 66 AVG nicht verwehrt gewesen sei. Ferner sei auf den rechtskräftigen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 23. Oktober 2002 zu verweisen, wonach die freihändige Verpachtung genehmigt worden sei, sodass die Anordnung der Versteigerung nicht zulässig gewesen sei.

Damit ist die beschwerdeführende Partei im Ergebnis im Recht:

Die belangte Behörde gründet ihre Entscheidung insbesondere auf § 33 Abs. 6 Kärntner Jagdgesetz 2000, LGBl. Nr. 21/2000 (K-JG). Diese Bestimmung lautet wie folgt:

"(6) Wird die freihändige Verpachtung von der Bezirksverwaltungsbehörde aus Gründen nicht genehmigt, die ihre Ursache nicht in einer unterschiedlichen Beurteilung der Voraussetzungen nach § 18 Abs. 1 a haben, oder die nicht ausschließlich in Verfahrensmängeln liegen, so ist die öffentliche Versteigerung anzuordnen."

Der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung, es sei eine rechtswirksame "Nichtgenehmigung" der freihändigen Verpachtung vorgelegen, sodass die Voraussetzungen des § 33 Abs. 6 K-JG erfüllt seien, kann nicht gefolgt werden:

Gegenstand der Rechtskraft eines Bescheides ist nur der im Bescheid enthaltene Abspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, und zwar auf Grund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen maßgebenden Sachverhalt zum Ausdruck kommt, und der Rechtslage, auf die sich die Behörde gestützt hat (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, auf S. 620 f zu § 68 Abs. 1 AVG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Maßgeblich ist hierbei der Spruch des Bescheides, die Begründung eines Bescheides kann jedoch als Auslegungsbehelf herangezogen werden„ wenn der Spruch eines rechtskräftigen Bescheides für sich allein betrachtet nicht eindeutig, sondern zweifelhaft ist. Somit kann die dem Spruch beigegebene Begründung zur Interpretation des Spruchs nur dann herangezogen werden, wenn der Spruch des rechtskräftigen Bescheides für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. September 1976, VwSlg 9112 A). Es darf ein klarer Spruch aus der Begründung nicht umgedeutet oder ergänzt werden (vgl. die bei Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, Seite 181, Rz 419 referierte hg. Rechtsprechung).

Dem Spruch des rechtskräftigen Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 6. Juni 2002, mit welchem der erstinstanzliche Bescheid vom 4. Juli 2001 "behoben" wurde, kann entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht entnommen werden, der Unabhängige Verwaltungssenat habe mit diesem Abspruch in normativer Weise auch bindend in der Sache selbst über die "Nichtgenehmigung" des Pachtvertrages entschieden.

Diese Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates stellt lediglich eine kassatorische Aufhebung des Beschlusses der Erstbehörde dar und ist damit nicht als Abänderung im Sinn einer Nichtgenehmigung zu deuten; über den Verpachtungsbeschluss des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 17. Mai 2001 ist somit zufolge der "Behebung" des Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 4. Juli 2001 keine Entscheidung im Sinn des § 33 Abs. 6 K-JG ergangen. Auch über den im Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 23. Oktober 2002 (siehe Pkt. 8 dessen Begründung) erwähnten Beschluss des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 13. August 2002 über die "(freihändige) Verpachtung der Gemeindejagd an die Jagdgemeinschaft S" erging offenbar noch keine Genehmigungsentscheidung im Sinn des § 33 Abs. 5 K-JG. Der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 23. Oktober 2002 betrifft nämlich nicht diesen Beschluss, sondern den "Jagdpachtvertrag vom 19. September 2002" und stützt sich auf § 16 Abs. 3 K-JG.

Im Hinblick darauf, dass eine rechtskräftige Entscheidung über die Versagung der Genehmigung im Sinn des § 33 Abs. 6 K-JG nicht vorliegt, sind auch die Voraussetzungen für die Anordnung der öffentlichen Versteigerung gemäß dieser Bestimmung nicht gegeben.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 15. Dezember 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003030169.X00

Im RIS seit

30.12.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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