Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der T AG in I, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Colingasse 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 17. Juli 2001, Zl. 100796/IV-JD/01, betreffend Feststellung der Entschädigungspflicht gemäß § 8 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. BG, 2. EG, beide in V), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde auf Antrag der mitbeteiligten Parteien fest, dass gemäß § 8 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG), BGBl. I Nr. 100/1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 31/2001, für die im Jahre 1998 erfolgte Erweiterung der Telekommunikationslinie, die über das im Bescheid näher bezeichnete Grundstück führt, den mitbeteiligten Parteien als Eigentümern der Liegenschaft eine den zusätzlichen Nutzungskapazitäten angemessene Entschädigung zu zahlen sei.
Über das im Eigentum der mitbeteiligten Parteien stehende Grundstück führe über eine Strecke von 332 m eine 110 kV-Leitung der Beschwerdeführerin. Im Jahr 1994 sei das Blitzschutzseil dieser Leitung gegen ein Blitzschutzseil mit integriertem Lichtwellenleiter ausgetauscht worden; in weiterer Folge sei 1998 ein Lichtwellenleiter an das bestehende Lichtwellenleiter/Blitzschutzkabel angelascht worden. Die Beschwerdeführerin habe den Grundstückseigentümern mit Schreiben vom 25. November 1998 eine Entschädigungszahlung von S 26,-- je Laufmeter Lichtwellenleiter angeboten.
Zur Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens hatte bereits die erstinstanzliche Behörde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Jahre 1998 ein zusätzliches Lichtwellenleiterkabel über das Grundstück der mitbeteiligten Parteien verlegt und damit in das Eigentumsrecht der Liegenschaftseigentümer eingegriffen habe. Die mitbeteiligten Parteien als Eigentümer seien zwar davon ausgegangen, dass sie hinsichtlich der neuerlichen Leitungsverlegung eine Duldungspflicht treffe, dass aber die Duldung nicht unentgeltlich erfolgen müsse, sondern diese Verpflichtung entsprechend der Bestimmung des § 8 Abs. 1 TKG abzugelten sei. Eine gütliche Einigung über eine zusätzliche Entschädigung für diesen Lichtwellenleiter sei zwischen den mitbeteiligten Parteien und der Beschwerdeführerin nicht zu Stande gekommen. Der Antrag "um Feststellung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen dieses Anspruchs auf Entschädigung" sei ein zweckdienliches Mittel zur Feststellung der Rechtslage und liege insofern im rechtlichen Interesse der mitbeteiligten Parteien. Der Antrag sei darauf gerichtet, ein Recht für die Zukunft klar zu stellen und eine Rechtsgefährdung der mitbeteiligten Parteien zu beseitigen; er sei nicht auf die Feststellung von Tatsachen oder auf die rechtliche Qualifikation eines Sachverhaltes, sondern ausschließlich auf die Feststellung eines Anspruchs (Rechts) gerichtet und somit zulässig.
In materiell-rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass die 110 kV-Leitung der Beschwerdeführerin, die auf Grund des Starkstromwegegesetzes errichtet worden sei, als eine durch Recht gesicherte Leitung zu bewerten sei. Durch den Austausch des Blitzschutzseiles gegen ein Blitzschutzseil mit integriertem Lichtwellenleiter im Jahr 1994 sei eine Telekommunikationslinie errichtet worden. Diese sei durch die vier Jahre später erfolgte Anbringung eines zusätzlichen Lichtwellenleiters erweitert worden. Dieser Vorgang im Jahr 1998 sei - unabhängig von dem im Entschädigungsangebot der Beschwerdeführerin beabsichtigten Entschädigungsumfang - von § 8 TKG, der mit 1. August 1997 in Kraft getreten sei, jedenfalls betroffen.
Zu den im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Ausführungen zur Höhe und Festsetzung des Richtsatzes sowie zur rechtlichen Konsequenz eines Anbotes in der Höhe des Richtsatzes, gegen die sich die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung wandte, hielt die belangte Behörde fest, dass diese nicht den eigentlichen Gegenstand des Verfahrens, sondern ausschließlich einzelne Inhalte der Begründung "adressieren" würden. Der Spruch des Bescheides betreffe ausschließlich die von den mitbeteiligten Parteien beantragte Feststellung dahingehend, dass für die Erweiterung einer über ihre Liegenschaft verlegten Telekommunikationslinie eine Entschädigung gemäß § 8 Abs. 1 TKG gebühre.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten ebenfalls eine Gegenschrift und beantragten, die Beschwerde abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 8 Abs. 1 TKG lautete:
"§ 8. (1) Wird auf einem Grundstück eine durch Recht gesicherte Leitung oder Anlage vom Inhaber auch für die Errichtung, den Betrieb, die Erweiterung oder die Erneuerung von Telekommunikationslinien genutzt, ist dies vom Eigentümer zu dulden, wenn durch die Errichtung, den Betrieb, die Erweiterung oder die Erneuerung der Telekommunikationslinie die widmungsgemäße Verwendung des Grundstückes nicht dauerhaft zusätzlich eingeschränkt wird. Dem Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigten ist eine den zusätzlichen Diensten bzw. Nutzungskapazitäten angemessene Entschädigung zu zahlen. Die Regulierungsbehörde legt binnen sechs Monaten im Einvernehmen mit Vertretern der betroffenen Parteien bundesweit einheitliche Richtsätze zur einmaligen Abgeltung fest, die in geeigneter Form kundzumachen und auf Verlangen auszuzahlen sind. Sobald ein Angebot auf Entschädigung gemäß den einheitlichen Richtsätzen vorliegt, wird die Nutzung des Grundstücks für Zwecke von Telekommunikationslinien nicht gehemmt."
2.2. Es kann dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall durch die Anlaschung eines weiteren Lichtwellenleiters die bestehende, durch Recht gesicherte Stromleitung tatsächlich im Sinne des § 8 TKG "zur Erweiterung einer Telekommunikationslinie" genutzt wurde und dafür eine angemessene Entschädigung zu leisten ist. Der Beschwerde kommt im Ergebnis wegen Unzulässigkeit des erlassenen Feststellungsbescheides Berechtigung zu. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden befugt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit auch Feststellungsbescheide zu erlassen, sofern hiefür entweder eine diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung vorliegt, oder ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass dazu gegeben oder aber die Feststellung im rechtlichen Interesse einer Partei erforderlich ist und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen; ein Feststellungsbescheid ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens zu entscheiden ist, wobei insbesondere auch die Möglichkeit der Erlassung eines Leistungsbescheides der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides entgegensteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, Zl. 92/07/0102, m.w.H.).
§ 8 TKG sah weder ausdrücklich die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides vor, noch wurde von der belangten Behörde dafür ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass geltend gemacht. Die mitbeteiligten Parteien hatten im Verwaltungsverfahren nicht in Frage gestellt, dass sie nach § 8 TKG eine Duldungspflicht treffe. Nach dem Antrag der mitbeteiligten Parteien sollte die belangte Behörde ausschließlich "das Vorliegen oder Nichtvorliegen dieses Anspruchs auf Entschädigung" feststellen. Den mitbeteiligten Parteien, die nach ihrem Vorbringen im Verfahren vom Bestehen eines Entschädigungsanspruches ausgingen, wäre es aber jederzeit möglich gewesen, diesen Anspruch unmittelbar geltend zu machen, ohne zuvor eine im Gesetz nicht vorgesehene und entgegen den - von der belangten Behörde offenbar übernommenen - Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde auch zur Abwehr einer Rechtsgefährdung nicht erforderliche Feststellung zu begehren. Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Gesetz vorgesehene Entschädigungsanspruch in einem Verfahren nach § 15 TWG, wie dies die belangte Behörde vermeint, oder allenfalls unmittelbar gerichtlich geltend zu machen ist, da in jedem Fall die Durchsetzung der rechtlichen Interessen der mitbeteiligten Parteien in zumutbarer Weise offen steht.
2.3. Die belangte Behörde hätte daher den Feststellungsantrag der mitbeteiligten Parteien als unzulässig zurückzuweisen gehabt. Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
2.4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Dezember 2003
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001030292.X00Im RIS seit
22.01.2004