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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §183 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der G KG, der G, des Mag. J und des Ing. J, alle in G, alle vertreten durch Auditor Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1010 Wien, Teinfaltstraße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat I) vom 8. Oktober 2002, Zl. RV/689/1-8/02, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften und Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 51,50 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der angefochtene Bescheid erging im fortgesetzten Verwaltungsverfahren nach dem auf Grund einer gemäß § 292 BAO erhobenen Präsidentenbeschwerde ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. März 2002, 96/15/0258 (im Folgenden: Vorerkenntnis). Mit dem Vorerkenntnis hatte der Verwaltungsgerichtshof den (stattgebenden) Bescheid der belangten Behörde vom 9. Oktober 1996, Zl. B G4-8/95 (im Folgenden: Vorbescheid), deswegen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben, weil die belangte Behörde in der Frage der Zulässigkeit einer pauschalen Wertberichtigung für Auslandsforderungen nach § 6 Z. 2 lit. c EStG 1988 (idF vor dem StruktAnpG 1996, BGBl. Nr. 201/1996) im Hinblick auf die Anwendung der Missbrauchsbestimmung des § 22 BAO die Rechtslage verkannt hatte. Die Einbettung eines umsatzsteuerrechtlichen Liefervorganges (im Beschwerdefall einer "Flugzeugtransaktion") in ein bloß Zwecken der Finanzierung eines Dritten dienendes Vertragsgeflecht schließe es nicht aus, die Abgaben aus dem Blickwinkel des § 6 Z. 2 lit. c EStG 1988 unter Anwendung des § 22 BAO so zu erheben, wie wenn dieses formelle Liefergeschäft nicht stattgefunden hätte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird bezüglich des näheren Sachverhaltes und der Entscheidungsgründe auf die Ausführungen im Vorerkenntnis verwiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung im Streitpunkt der Wertberichtigung für Auslandsforderungen keine Folge. Unter Hinweis auf die Bindung an die im Vorerkenntnis zum Ausdruck gebrachte Rechtsmeinung erkannte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die für das Jahr 1991 gemäß § 6 Z. 2 lit. c EStG 1988 geltend gemachte Forderungsabschreibung in Höhe von 49,591.058 S nicht an. Ein im fortgesetzten Verfahren ergänzend erstattetes Berufungsvorbringen (Schriftsatz vom 25. Juni 2002) führe zu keinem anderen Ergebnis.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird vorgebracht, die Beschwerdeführer erachteten sich im Recht auf Geltendmachung einer pauschalen Wertberichtigung nach § 6 Z. 2 lit. c EStG 1988 in der zum Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung maßgebenden Fassung verletzt. Die belangte Behörde habe sie insbesondere auch dadurch in ihren Rechten verletzt, dass sie von der Anwendung des § 22 BAO ausgegangen sei, ohne dass dafür die Voraussetzungen vorgelegen wären.
Zu diesem Vorbringen ist zu sagen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis in rechtlicher Hinsicht zum Ausdruck gebracht hat, dass bei Einbettung eines umsatzsteuerrechtlichen Liefervorganges in ein bloß Zwecken der Finanzierung eines Dritten dienendes Vertragsgeflecht die Abgaben aus dem Blickwinkel des § 6 Z. 2 lit. c EStG 1988 unter Anwendung des § 22 BAO so erhoben werden können, wie wenn dieses formelle Liefergeschäft nicht stattgefunden hätte. An diese in Bezug auf die Anwendungsmöglichkeit des § 22 BAO zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht war die belangte Behöre im fortgesetzten Verfahren iS des § 63 Abs. 1 VwGG gebunden, wobei diese Bindungswirkung auch für den Verwaltungsgerichtshof im nunmehrigen Beschwerdeverfahren gilt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Vorerkenntnis weiters ausgeführt, aus dem Vorbringen der (damaligen) Mitbeteiligten im Verwaltungsverfahren (sowohl in der Berufungsschrift vom 21. Juni 1994 als auch in der Vorhaltsbeantwortung vom 9. Jänner 1995) gehe eindeutig hervor, dass es sich bei der "Flugzeugtransaktion" zusammen mit den Kreditvergaben um einen wirtschaftlichen Gesamtkomplex gehandelt habe. Die in der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Gegenschrift der Mitbeteiligten vorgenommene Aufteilung und isolierte Betrachtung der Flugzeugtransaktion spiegle somit nicht das tatsächliche Geschehen wider.
Wenn demgegenüber in dem im fortgesetzten Verfahren erstatteten Schriftsatz vom 25. Juni 2002 zur "Sachverhaltsfeststellung" unter Pkt. 2 unter dem Erscheinungsbild einer wörtlichen Zitierung u.a. angeführt wird, der Verwaltungsgerichtshof habe im Vorerkenntnis ausgeführt, dass die Darstellungen "in der Berufungsschrift vom 21. Juni 1994 sowie der Vorhaltsbeantwortung vom 9. Jänner 1995" nicht das tatsächliche Geschehen widerspiegelten, ist dies nicht mit der oben wiedergegebenen Begründungspassage des Vorerkenntnisses in Einklang zu bringen. Im Vorerkenntnis wurden die Inhalte der Berufungsschrift vom 21. Juni 1994 und der Vorhaltsbeantwortung vom 9. Jänner 1995 referiert, in denen eindeutig der Finanzierungshintergrund des in Rede stehenden Geschäftskomplexes für die GPA (der weltweit größten Leasinggesellschaft für Flugzeuge mit Sitz in Irland) betont worden war ("genau ein solches Geschäft" sei im Beschwerdefall vorgelegen). Wenn die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid der im fortgesetzten Verfahren seitens der Beschwerdeführer vorgenommenen "Aufspaltung" der Flugzeugtransaktion in ein Finanzierungs- bzw. Kreditgeschäft einerseits und ein Handelsgeschäft andererseits nicht folgte, kann ihr damit schon deshalb nicht entgegen getreten werden. Ein "Herausschälen" eines auf die Flugzeuglieferung laut Beschwerde entfallenden Gewinnes ändert nichts an der gebotenen Gesamtbetrachtung, worauf auch die belangte Behörde zutreffend im angefochtenen Bescheid hinweist. Ob dem strittigen Geschäft ein Standard-Vertragswerk zu Grunde lag, ist bei der auf den Einzelfall abzustellenden Missbrauchsbeurteilung nach § 22 BAO nicht entscheidend (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 2003, 97/14/0060), wobei dies auch der Verwaltungsgerichtshof bereits im Vorerkenntnis zum Ausdruck gebracht hat.
Zu den außersteuerlichen Gründen für das Geschäft wurde im Vorerkenntnis festgehalten, dass das Finanzamt diesen überzeugend in der Berufungsvorentscheidung entgegen getreten sei. Es trifft nicht zu, dass sich die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid mit dem im fortgesetzten Verfahren dazu wiederum erstatteten Vorbringen nicht auseinander gesetzt hätte. Sie führte u. a. aus, dass die Behauptung betreffend "Eintrittsgeschäft" bzw. Ausbau der österreichischen Luftfahrtgesellschaft keinen in der Realität nachvollziehbaren Hintergrund gefunden habe und in keiner Weise ersichtlich sei, dass sich aus den Kontaktaufnahmen im Februar 1991 irgendwelche weiteren geschäftlichen Verbindungen ergeben hätten. Die diesbezüglichen Überlegungen sind nicht als unschlüssig zu erkennen. Hinzu kommt, dass durch die in der Beschwerde angesprochene Zweckmäßigkeit der Herstellung von "Verbindungen" zu international agierenden Gesellschaften (wie die GPA) auch noch im Sinne des Vorerkenntnisses nicht die Einbindung des formell die begünstigte Forderungsbewertung vermittelnden Liefergeschäftes in das in Rede stehende (unter Einem drei Tage vor dem Bilanzstichtag abgewickelte) Vertragsgeflecht durch außerhalb der damit erreichten Steuervorteile gelegene Notwendigkeiten erklärt wird.
Zur in der Beschwerde enthaltenen Rüge der Verletzung des Parteiengehörs wird nicht ausgeführt, an welchem konkreten Vorbringen die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren gehindert gewesen wären. Zu den Ergebnissen der Beweiswürdigung (und deshalb abweichenden Sachverhaltsfeststellungen) brauchte die belangte Behörde kein Parteiengehör gewähren. Überlegungen dahingehend, dass ein Erwerb des Flugzeuges durch das (inländische) Luftfahrtunternehmen selbst zu ähnlichen steuerlichen Konsequenzen geführt hätte (auch in diesem Fall wäre ein allfälliger Verlust aus der Forderungsabschreibung nach § 6 Z. 2 lit. c EStG 1988 der atypisch stillen Gesellschafterin zugekommen), können schon deshalb zu keiner anderen Beurteilung führen, weil für diese der konkret vorliegende Sachverhalt maßgebend war.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Dezember 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002150189.X00Im RIS seit
04.02.2004Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013