Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Haftner, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Jänner 2000, Zl. RV/331-17/15/99, betreffend Einkommensteuer 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In der am 2. Oktober 1998 persönlich beim Finanzamt überreichten Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1997 beantragte der Beschwerdeführer die steuerliche Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen an seine im Jahr 1979 geborene Tochter T. für den Zeitraum Jänner bis März 1997 in Höhe von insgesamt 12.330 S. Der Verfassungsgerichtshof habe "in seinem Erkenntnis vom 17. Oktober 1997 u.a. verlangt, dass mindestens die Hälfte jenes Einkommens, welches für Unterhaltsleistungen an Kinder aufgewendet wird, steuerfrei bleiben muss".
Im Einkommensteuerbescheid 1997 (Arbeitnehmerveranlagung) blieb dieser Antrag auf Ansatz der Unterhaltszahlungen unberücksichtigt. In der Begründung wurde ausgeführt, einem Steuerpflichtigen stehe ein Unterhaltsabsetzbetrag nur für die Kinder zu, die nicht zu seinem Haushalt gehörten und für die weder ihm noch seinem (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt werde. Mangels Vorliegens dieser Voraussetzungen habe ein Unterhaltsabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden können.
In der Berufungsschrift vom 13. November 1998 brachte der Beschwerdeführer vor, das Finanzamt habe - wie bereits im Einkommensteuerbescheid 1996 - "gravierende Fehler gemacht". Dem Beschwerdeführer stehe der Unterhaltsabsetzbetrag zu. In der Berufungsentscheidung vom 25. August 1998 (Anm.: betreffend die Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 1996) sei die Ansicht vertreten worden, dass sein Vorbringen - nur "als Gast geduldet" bzw. "nicht im gemeinsamen Haushalt zu leben" etc. - einer Schutzbehauptung gleichkomme. Der Beschwerdeführer könne aber beweisen, "keine Schutzbehauptungen aufzustellen". Darüber hinaus seien die Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Der Verfassungsgerichtshof verlange im Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, dass mindestens die Hälfte des für Unterhaltszahlungen an Kinder aufgewendeten Betrages steuerfrei bleiben müsse.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach dem amtswegig ermittelten Sachverhalt sei der Beschwerdeführer auf Grund einer Unterhaltsvereinbarung vom 20. Oktober 1994 verpflichtet, als Vater des Kindes T. bis zu dessen Selbsterhaltungsfähigkeit einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 4.110 S zu leisten. Nach einer Niederschrift der Kindeseltern vor dem Magistrat-Jugendhilfe vom 21. März 1995 seien die Kindesmutter und der Beschwerdeführer an der gleichen Adresse wohnhaft und "vereinbaren auf Grund des bestehenden gemeinsamen Haushaltes eine gütliche Regelung des Unterhaltes ohne Ämter und Behörden anzustreben". Lt. Beschluss des Bezirksgerichtes vom 24. März 1995 sei der Magistrat-Jugendhilfe von seiner Funktion als Unterhaltssachwalter für das Kind T. mit der Begründung enthoben worden, dass die Kindeseltern mit der Minderjährigen wieder in einem gemeinsamen Haushalt lebten und somit ein weiteres Einschreiten durch den Magistrat nicht mehr erforderlich sei. Eine Anfrage des Finanzamtes bei der zuständigen Meldebehörde vom 9. Dezember 1997 habe ergeben, dass der Beschwerdeführer und das Kind sowie die Kindesmutter seit dem 1. September 1995 bzw. 31. August 1995 an der gleichen Adresse als wohnhaft gemeldet seien. Aktenkundig sei weiters, dass die Kindesmutter bis November 1997 (Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes T.) Familienbeihilfe bezogen habe.
Strittig sei - so die belangte Behörde weiter im angefochtenen Bescheid -, ob der Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b EStG 1988 zustehe. Für die Zuerkennung des Unterhaltsabsetzbetrages sei Voraussetzung, dass eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber nicht haushaltszugehörigen Kindern bestehe. Nach den amtlichen Ermittlungen und den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Magistrat - Jugendhilfe lebten der Beschwerdeführer, die Kindesmutter und das Kind in einem gemeinsamen Haushalt. Sie seien auch an derselben Adresse als wohnhaft gemeldet. Die Kindesmutter habe auch bis November 1997 Familienbeihilfe bezogen. Die belangte Behörde sehe damit insgesamt keine Veranlassung, von der bereits in der Berufungsentscheidung vom 25. August 1998, Zl. RV/243-08/07/98, getroffenen Beurteilung in Bezug auf die fehlenden Voraussetzungen für die Zuerkennung des Unterhaltsabsetzbetrages abzugehen. Zum vom Beschwerdeführer angeführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1997, G 168/96, G 285/96, zur Aufhebung verschiedener die Familienbesteuerung betreffender Bestimmungen des EStG hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, dass mit diesem Erkenntnis gleichzeitig ausgesprochen worden sei, dass die Aufhebung dieser Bestimmungen mit Ablauf des 31. Dezember 1998 in Kraft trete. Für das Streitjahr 1997 seien sie demnach noch anzuwenden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b EStG 1988 idF des Familienbesteuerungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 312, steht einem Steuerpflichtigen, der für ein Kind, das nicht seinem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967) und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leistet, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 350 S monatlich zu.
Nach § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818, sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem bereits mehrfach erwähnten Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Slg. Nr. 14992, u. a. die soeben zitierten Bestimmungen des § 33 Abs. 4 Z 3 und § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 mit Wirksamkeit Ablauf des 31. Dezember 1998 als verfassungswidrig aufgehoben. Damit waren die in Rede stehenden Bestimmungen noch bis zu dem nach Art. 140 Abs. 5 B-VG bestimmten Wirksamkeitszeitpunkt der Aufhebung anzuwenden, worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid betreffend das Streitjahr 1997 zu Recht hingewiesen hat (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 2000, 2000/14/0144, und vom 5. April 2001, 2000/15/0186).
Soweit in der Beschwerde dieser Beurteilung mit dem Argument entgegengetreten wird, die Rechtsmittelbehörde habe im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden, kann daraus für den Beschwerdeführer nichts gewonnen werden, weil nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben die materiell-rechtlichen Bestimmungen anzuwenden sind, die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches in Kraft gestanden sind (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 2001, 2000/16/0652, und vom 31. Juli 2002, 98/13/0223).
In seinem Erkenntnis vom 30. Juni 1994, 92/15/0212, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 33 Abs. 4 EStG 1988 dann vorliegt, wenn zwei Personen in einer Lebensgemeinschaft zusammenleben und das gemeinschaftliche Zusammenleben auf Dauer angelegt ist. Indizien für eine Lebensgemeinschaft sind danach z. B. die polizeiliche Meldung an ein und demselben Wohnort. Bei einer Lebensgemeinschaft handelt es sich um einen eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Es kann aber auch wie in einer Ehe, bei der die Ehegatten nach § 91 ABGB ihre eheliche Lebensgemeinschaft mit Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen, das eine oder andere Merkmal fehlen. In der ab 1993 geltenden Fassung des EStG 1988 wird der Begriff der "eheähnlichen Gemeinschaft" in § 106 Abs. 3 im Zusammenhang mit der Definition des in der Stammfassung des § 33 Abs. 4 EStG 1988 noch nicht enthaltenen Begriffes "(Ehe)Partner" verwendet (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 2003, 99/14/0224, 0225).
In der Beschwerde wird vorgebracht, es seien keinerlei amtliche Ermittlungen durchgeführt worden, aus denen der Schluss gezogen werden könne, dass der Beschwerdeführer, die Kindesmutter und das Kind in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hätten. Wie die belangte Behörde zu der Ansicht komme, dass eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe, werde "in keinster Weise" begründet.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde sowohl im angefochtenen Bescheid als auch in der zur Begründung verwiesenen Berufungsentscheidung für das Jahr 1996 u. a. mit einem Verweis auf amtliche Ermittlungen die Annahme des gemeinsamen Haushaltes bzw. der eheähnlichen Gemeinschaft in schlüssiger Weise begründet hat. Vor allem konnte sich die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung auf die niederschriftlichen Angaben der Kindeseltern vor dem Magistrat-Jugendhilfe vom 21. März 1995, den Beschluss des Bezirksgerichtes vom 24. März 1995 und Auskünfte der Meldebehörde stützen. Es mag zutreffen, dass die "bloße Meldung" an derselben Adresse lt. Beschwerde einen gemeinsamen Haushalt weder begründen noch beenden kann. Als (zusätzliches) Indiz für das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes konnte die belangte Behörde die bei der Meldebehörde aufscheinende gemeinsame Adresse jedoch werten.
Wenn der Beschwerdeführer rügt, es hätte ihm zumindest das Parteiengehör gewährt werden müssen, ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer der im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde zur gemeinsamen Haushaltsführung vertretene Standpunkt bereits auf Grund der Berufungsentscheidung vom 25. August 1998 betreffend das Jahr 1996, auf deren Grundlage auch der Einkommensteuerbescheid 1997 erging, bekannt war. Es wäre damit seine Aufgabe gewesen, seine gegenteilige Meinung im Verwaltungsverfahren entsprechend zu konkretisieren und unter Beweis zu stellen. Der bloße Hinweis in der Berufung, er könne beweisen, "keine Schutzbehauptungen aufzustellen", war dazu nicht ausreichend. Wenn in der Beschwerde - ohnedies auch nur auf Behauptungsebene bleibend - erstmals vorgebracht wird, der Beschwerdeführer und die Kindesmutter bzw. ihre Tochter hätten "völlig unterschiedliche Wohnbereiche" bewohnt, sodass von einer gemeinsamen Haushaltsführung nicht gesprochen werden könne, unterliegt dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dem Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Dezember 2003
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000150101.X00Im RIS seit
04.02.2004