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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §67 Abs8 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der W GmbH in B, vertreten durch Exinger GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1010 Wien, Friedrichtstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. Juli 2001, RV/253- 15/16/2001, betreffend u.a. Lohnsteuer 1997 bis 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Lohnsteuer betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Walter M (geboren 24. Oktober 1938) war zu 58%, Adelheid M (geboren 20. Jänner 1942) zu 31% an der beschwerdeführenden GmbH beteiligt (sie waren auch deren Geschäftsführer), als ihnen diese am 20. Dezember 1993 schriftliche Pensionszusagen machte. Nach der Pensionsvereinbarung sollte Walter M für den Fall des Austrittes aus der aktiven selbständigen Geschäftsführungstätigkeit mit Erreichen des 65. Lebensjahres, Adelheid M für den Fall des Austrittes aus der aktiven selbständigen Geschäftsführungstätigkeit mit Erreichen des 60. Lebensjahres jeweils eine Betriebspension von monatlich 70.000 S (14 Mal pro Jahr) erhalten. Der im Verwaltungsakt befindlichen Vereinbarung (Vertragspunkt 4) gemäß erhalten die beiden Geschäftsführer die Betriebspension auch, wenn sie vor Vollendung des 65. bzw 60. Lebensjahres auf Wunsch der Beschwerdeführerin ausscheiden und nicht schuldhaft einen Grund zur Kündigung des Geschäftsführervertrages gesetzt haben. Diesfalls erfolgt die Auszahlung der Pension aber erst für die Monate nach Vollendung des 65. bzw 60. Lebensjahres.
Am 4. Dezember 1998 wurde zwischen der Beschwerdeführerin und Walter M eine Vereinbarung über die Auflösung des Dienstverhältnisses mit Ablauf des 31. Dezember 1998 und die Gewährung einer Pensionsabfindung (von ca 3,6 Mio S) geschlossen. Es wurde festgehalten, dass Walter M auf Wunsch der Beschwerdeführerin ausscheide.
Ebenfalls am 4. Dezember 1998 wurde zwischen der Beschwerdeführerin und der bereits zum 31. Dezember 1997 über Wunsch der Beschwerdeführerin aus der Gesellschaft ausgeschiedenen Adelheid M eine Vereinbarung über die Gewährung einer Pensionsabfindung (von ca 6,2 Mio S) zum 31. Dezember 1998 geschlossen.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wird die Beschwerdeführerin zur Haftung für die auf die Pensionsabfindungen entfallende Lohnsteuer herangezogen. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe die Pensionsabfindungen gemäß § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 mit dem Hälftesteuersatz versteuert. Nach Ansicht der belangten Behörde könne allerdings von einer - begünstigt zu besteuernden - Pensionsabfindung nur gesprochen werden, wenn ein bereits entstandener, auf Rente lautender Anspruch abgegolten werde. Walter M und Adelheid M hätten (noch) keinen Betriebspensionsanspruch gehabt. Ein solcher Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Pension wäre für Walter M erst im November 2003 und für Adelheid M erst im Februar 2002 entstanden, wenn nicht bereits im Dezember 1998 das Erlöschen der Pensionszusage vereinbart worden wäre. Die strittigen Zahlungen seien somit nicht in die Abgeltung eines Anspruches auf Pensionszahlung geleistet worden, da es einen solchen noch gar nicht gegeben habe. Somit habe die Besteuerung nicht bloß mit dem Hälftesteuersatz zu erfolgen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 in der für das Streitjahr 1998 geltenden Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl I 142/2000, sind zu versteuern
"mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezugs auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt, Zahlungen für Pensionsabfindungen, soweit sie nicht nach Abs. 6 mit dem Steuersatz des Abs. 1 zu versteuern sind. "
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen Pensionsabfindungen iSd § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 nur dann vor, wenn die Zahlungen in Abgeltung eines - auf Renten lautenden - bereits entstandenen Anspruches geleistet werden (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Dezember 2001, 2001/15/0190). Die Abgeltung einer bloßen Pensionsanwartschaft fällt nicht unter den in Rede stehenden Tatbestand. Der Verwaltungsgerichtshof fordert zusätzlich, dass die Pensionsabfindung nach (vgl nochmals das hg Erkenntnis 2001/15/0190) bzw in Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses (vgl das hg Erkenntnis vom 23. April 2001, 98/14/0176) gezahlt wird, sodass ein "potenzieller Versorgungsfall" vorliegt.
Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, dass das Dienstverhältnis der Adelheid M zur Beschwerdeführerin bereits im Jahr 1997 beendet war. Das Dienstverhältnis des Walter M endete mit Ablauf des Jahres 1998, also innerhalb eines Monates ab der Vereinbarung der Pensionsabfindung. Somit wurde die Pensionsabfindung gegenüber Adelheid M nach und gegenüber Walter M zumindest "in Zusammenhang" mit der Beendigung des Dienstverhältnisses vereinbart. Die Besteuerung nach § 67 Abs 8 lit b EStG hat allerdings weiters zur Voraussetzung, dass ein - auf Renten lautender - Betriebspensionsanspruch bereits entstanden ist und dieser abgefunden wird.
Die zivilrechtliche Gültigkeit der Pensionsvereinbarungen vom 20. Dezember 1993 stellt die belangte Behörde nicht in Streit. Dem Vertragspunkt 4 dieser Vereinbarungen zufolge erhalten Walter und Adelheid M die Betriebspension auch für den Fall, dass sie vor Vollendung des 65. bzw 60. Lebensjahres auf Wunsch der Beschwerdeführerin ausscheiden, es sei denn, sie haben schuldhaft einen Grund zur Kündigung des Geschäftsführervertrages gesetzt. Nach Punkt 4 der genannten Pensionsvereinbarungen ist allerdings die Auszahlung der Betriebspension erst für die Monate nach Vollendung des 65. bzw 60. Lebensjahres vorgesehen.
Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid darauf, dass der Anspruch auf Pensionszahlung noch gar nicht bestanden habe, weil Walter bzw Adelheid M das 65. bzw
60. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten. Die belangte Behörde unterlässt die Auseinandersetzung mit Punktes 4 der Pensionsvereinbarungen vom 20. Dezember 1993 (dessen Erfüllung wird in der Beschwerde behauptet). Gesetzt den Fall, die Voraussetzungen des Punktes 4 der Pensionsvereinbarungen sind erfüllt, so hat im Zeitpunkt der Vereinbarung der Pensionsabfindung der Pensionsanspruch hinsichtlich Adelheid M bereits bestanden, hinsichtlich Walter M wäre er zumindest durch die in unmittelbarem Zusammenhang erfolgende Beendigung des Dienstverhältnisses zur Entstehung gebracht worden.
Die belangte Behörde hat die Auseinandersetzung mit Punkt 4 der Pensionsvereinbarungen vom 20. Dezember 1993 offensichtlich deshalb unterlassen, weil sie die für die Besteuerung nach § 67 Abs 8 lit b EStG bestehende Voraussetzung des - auf Renten lautenden - bereits entstandenen Anspruches dahingehend verstanden hat, dass bereits die Zahlung der (ersten) Pensionsbeträge eingesetzt haben muss. Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Sind sämtliche Voraussetzungen, die für den Pensionsanspruch vereinbart sind, bereits erfüllt, ist der Anspruch entstanden, und zwar auch dann, wenn die tatsächlichen Pensionszahlungen erst ab einem bestimmten Zeitpunkt (hier 65. bzw 60. Lebensjahr) einsetzen. Wie erwähnt erfordert die Besteuerung nach § 67 Abs 8 lit b EStG zusätzlich die - im Beschwerdefall gegebene - Beendigung des Dienstverhältnisses.
Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Im fortzusetzenden Verfahren wird die belangte Behörde u. a. zu prüfen haben, ob die Pensionszusagen vom 20. Dezember 1993 unter Beachtung der Vertretungsverhältnisse der Beschwerdeführerin zivilrechtlich gültig zustande gekommen sind und ob sie, insbesondere auch deren Vertragspunkt 4, einem Fremdvergleich standhalten.
Die Durchführung eine mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 333/2003.
Wien, am 16. Dezember 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001150165.X00Im RIS seit
26.01.2004