Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Edith Schön in Wien, vertreten durch die Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft Borns & Partner in Gänserndorf, Dr. Wilhelm Exner-Platz 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Februar 2003, Zl. RU1-V-02165/00, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Strasshof an der Nordbahn, vertreten durch Mag. Michael Mendel, Rechtsanwalt in Wien 3, Ungargasse 59-61), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Dem Ehemann der Beschwerdeführerin, Rupert Schön, war auf Grund seines Ansuchens eine Baubewilligung vom 5. Juli 1995 für die Errichtung eines Sommerhauses mit Senkgrube auf dem Gartengrundstück Nr. 39 der ÖBB-Anlage "West", Franz Planeta-Straße, erteilt worden. Anlässlich einer baubehördlichen Überprüfung am 22. März 2001 war in Anwesenheit des Rupert Schön festgestellt worden, dass das Gebäude um 7,3 m2 größer als bewilligt errichtet wurde. In der Niederschrift über diese Verhandlung wurde festgehalten, dass das Bauwerk ohne Belassungsabsicht errichtet und als Superädifikat des Rupert Schön anzusehen sei.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. Juni 2001 wurde dem Rupert Schön aufgetragen, das Gebäude binnen vier Monaten ab Rechtskraft des Bescheides abzubrechen. In der dagegen erhobenen Berufung führte Rupert Schön aus, auf Grund seines fortgeschrittenen Alters und aus gesundheitlichen Gründen sei er nicht mehr in der Lage solche baulichen Tätigkeiten auszuführen bzw. ausführen zu lassen.
Mit Bescheid vom 9. September 2002 hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte laut Zustellnachweis am 24. September 2002, die Übernahme des Bescheides erfolgte durch die Tochter des Rupert Schön.
Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin eine als Berufung bezeichnete Vorstellung mit folgendem Wortlaut ein:
"Da mein Gatte Hr. Rupert Schön am 22.11.01 leider verstorben ist und mir die o.a. Parz. 39 am 24.1.2002 überschrieben wurde, erhebe ich Fr. Edith Schön geb. am 6.8.1929 als Witwe des Hr. Rupert Schön fristgerecht Berufung gegen Ihren Bescheid vom 9.9.2002.
Am 5.7.1995 wurde genau für dieses Gebäude eine baubehördliche Benützungsbewilligung mit AZ 131-10/4378-1994-Rö erteilt. Seit diesem Datum wurden keine baulichen Veränderungen an diesem Gebäude vorgenommen."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes als unbegründet abgewiesen.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 16. Juni 2003, B 520/03-6, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeindevorstandes vom 9. September 2002 war der (einzige) Bescheidadressat, Rupert Schön, bereits verstorben. Dieser Bescheid ist demnach ins Leere gegangen und hat keine Rechtswirkungen entfaltet (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, unter E 105 bis E 107 referierte hg. Judikatur zu § 56 AVG). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass einem baupolizeilichen Beseitigungsauftrag grundsätzlich dingliche Wirkung zukommt und der Rechtsnachfolger in die Rechtsposition seines Rechtsvorgängers eintritt, weil der Eintritt in die Rechtsposition im Beschwerdefall schon während des Berufungsverfahrens erfolgte.
Da der Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes ins Leere gegangen ist und keine Rechtswirkungen entfaltet hat, hätte die belangte Behörde die dagegen erhobene Vorstellung der nunmehrigen Beschwerdeführerin mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückweisen müssen. Da sie in Verkennung der Rechtslage die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen die Erledigung des Gemeindevorstandes inhaltlich erledigt hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Das Mehrbegehren für die Zuerkennung der Umsatzsteuer war abzuweisen, weil in der genannten Verordnung im pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
Wien, am 16. Dezember 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003050123.X00Im RIS seit
26.01.2004