TE Vwgh Erkenntnis 2003/12/16 2003/05/0212

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Veröffentlicht am 16.12.2003
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L82001 Bauordnung Burgenland;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauG Bgld 1997 §21 Abs1;
BauG Bgld 1997 §21 Abs2;
BauG Bgld 1997 §21 Abs3;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §21 Abs5;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/05/0213

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerden 1. des Gerd Baldauf in Dornau (Beschwerde Zl. 2003/05/0212) sowie 2. der Stefanie Miklos in Neumarkt/Tauchental, 3. der Stefanie Fritz in Neumarkt/Tauchental und 4. der Cornelia Weber in Dornau (Beschwerde Zl. 2003/05/0213), alle Beschwerdeführer (in beiden Verfahren) vertreten durch Mag. Helmut Kröpfl, Rechtsanwalt in Jennersdorf, Hauptstraße 2, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 23. November 1999, Zl. 5-G-B15/13-1999, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei in beiden Beschwerdeverfahren: Asphaltwerk Tauchenthal GmbH in Stadtschlaining, vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in Graz, Bürgergasse 13), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als damit die Berufungen der Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen werden.

Das Land Burgenland hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.072,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der Beschwerdeführer wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 29. Februar 1996 beantragte die mitbeteiligte Partei in den beiden Beschwerdeverfahren (kurz: Bauwerberin) die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Aufbereitungsanlage für bituminöses Mischgut samt Nebenanlagen auf dem Grundstück. Mündliche Verhandlungen betreffend dieses Baubewilligungsgesuch erfolgten am 7. Oktober 1996 und am 14. November 1996. Die Beschwerdeführer - sowie zahlreiche andere Personen - erhoben insbesondere Einwendungen wegen zu befürchtender unzumutbarer Belästigungen durch Staub, Lärm, Geruch, Luftverschmutzung, Abgase und Dämpfe.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 10. Juni 1997 wurde die angestrebte Baubewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt. Soweit vorliegendenfalls erheblich, wurden die Einwendungen unter anderem der nunmehrigen Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Dagegen erhoben u.a. die nunmehrigen Beschwerdeführer (in gesonderten Schriftsätzen) Berufung. Der Erstbeschwerdeführer brachte in seiner Berufung unter anderem vor, er sei Eigentümer von landwirtschaftlichen Grundstücken in einer Entfernung von ca. 100 m von dem Grundstück, auf welchem die Asphaltmischanlage errichtet werden solle. Die Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin brachten jeweils vor, sie seien Eigentümerinnen eines Wohnhauses, welches sich ca. 500 bis 600 m entfernt (von der fraglichen Anlage) befinde. Die Viertbeschwerdeführerin verwies darauf, dass sich ihr Wohnhaus "in der Nähe des Grundstückes, auf welchem die Asphaltmischanlage errichtet" werde, befinde.

Mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 1998, Zl. VI/1-B-197/23-1997, wurde die Berufung unter anderem der nunmehrigen Beschwerdeführer (sowie auch des J. M.) als unbegründet abgewiesen, wobei der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert wurde, dass ein bestimmter Punkt der Vorschreibungen zu entfallen habe.

Dagegen erhoben der nunmehrige Erstbeschwerdeführer einerseits sowie J. M. (in gesonderten Schriftsätzen) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers protokolliert zur Zl. 98/05/0044, hinsichtlich J. M. zur Zl. 98/05/0045).

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. August 1999, Zlen. 98/05/0044 und 0045, wurde der bekämpfte Berufungsbescheid (vom 27. Jänner 1998) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich die belangte Behörde mit dem Einwand der (damaligen) Beschwerdeführer, das zur Verarbeitung herangezogene Material sei asbesthältig und es müssten die sich daraus ergebenden Schadstoffemissionen ermittelt und in dem im Bauverfahren maßgeblichen medizischen Gutachten allenfalls entsprechend berücksichtigt werden, hätte auseinander setzen müssen. Die belangte Behörde hätte sich auch mit den Einwendungen der (damaligen) Beschwerdeführer gegen das meteorologische Gutachten so wie mit (näher bezeichneten weiteren) Gutachten befassen müssen (das Nähere ist dem genannten Erkenntnis zu entnehmen).

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 23. November 1999 hat die belangte Behörde die Berufungen unter anderem der nunmehrigen Beschwerdeführer mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, gemäß § 21 Abs. 1 des Burgenländischen Baugesetzes 1997, LGBl. Nr. 10/1998 (Bgld. BauG), seien Parteien im Bauverfahren

1. der Bauwerber (Grundeigentümer oder andere Personen mit Zustimmung des Grundeigentümers),

2. die Eigentümer der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke (Anrainer).

Das Bgld. BauG sei gemäß dessen § 35 Abs. 1 mit 1. Februar 1998 in Kraft getreten, zufolge Abs. 2 dieses Paragraphen sei mit Inkrafttreten dieses Gesetzes die Burgenländische Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 in der Fassung LGBl. Nr. 11/1994, außer Kraft getreten.

Keine der berufungswerbenden Parteien sei "unmittelbar angrenzender Grundeigentümer an das Baugrundstück" (wird näher dargelegt). Da keine anders lautenden Übergangsbestimmungen bestünden, sei für die Entscheidung der belangten Behörde als Berufungsbehörde die Rechtslage maßgeblich, die im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides gelte. Demnach habe die belangte Behörde die Bestimmungen des Bgld. BauG anzuwenden. Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. werde eindeutig klargestellt, wem im Bauverfahren nunmehr Parteistellung zukomme und in weiterer Folge dadurch die Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen und Berufungen eröffnet werde. Nach der "neuen Rechtslage" (Rechtslage nach dem Bgld. BauG) fehle den berufungswerbenden Parteien aber das Recht, Berufung zu erheben.

Gegen diesen Bescheid, inhaltlich jedoch nur gegen die darin ausgesprochene Zurückweisung der Berufungen der Beschwerdeführer richten sich die zu den Zlen. 2000/05/0002 bzw. 2000/05/0003 protokollierten Beschwerden (nunmehr Zlen. 2003/05/0212 bzw. 2003/05/0213).

Aus Anlass unter anderem dieser Beschwerden beantragte der Verwaltungsgerichtshof (hg. Beschluss vom 3. Juli 2001, Zlen. A 2001/167 bis A 2001/169) beim Verfassungsgerichtshof die Absätze 1 bis 5 des § 21 Bgld. BauG, hilfsweise nur den Abs. 1 dieses Paragraphen, als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 27. September 2003, G 222/01-11, hob der Verfassungsgerichtshof (im Sinne des Hauptantrages des Verwaltungsgerichtshofes) die Abs. 1 bis 5 des § 21 leg. cit. als verfassungswidrig auf, sprach aus, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. Oktober 2004 in Kraft trete, sowie, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft träten, und schließlich, dass der Landeshauptmann von Burgenland zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet sei.

Im Hinblick hierauf hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 gebildeten Senat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Zurückweisung der Berufungen der Beschwerdeführer (ausschließlich) damit begründet, dass diesen gemäß § 21 Abs. 1 Bgld. BauG die Parteistellung mangle. Im Hinblick auf die Aufhebung dieser Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof erweist sich diese Rechtsauffassung in diesen "Anlassfällen" - rückblickend betrachtet - als inhaltlich rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er die Beschwerdeführer betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Da hier der selbe Verwaltungsakt in getrennten, jedoch die Unterschrift desselben Rechtsanwaltes aufweisenden Beschwerden angefochten wurde, ist gemäß § 53 Abs. 2 iVm Abs. 1 VwGG so vorzugehen, als ob die Beschwerde nur vom Erstbeschwerdeführer eingebracht worden wäre. Das Kostenmehrbegehren war demnach abzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2003

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003050212.X00

Im RIS seit

30.01.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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