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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §79 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Blaschek, Dr. Rigler und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dax, Klepeisz & Partner, Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH in 7000 Eisenstadt, Techno-Park, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 31. Juli 2003, Zl. 5-BA-100-251/1-2, betreffend Vorschreibung von Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 31. Juli 2003 hat der Landeshauptmann von Burgenland dem Beschwerdeführer für seine Gastgewerbebetriebsanlage am Standort S, Hauptstraße 29, gemäß § 79 GewO 1994 den Einbau einer Fettabscheideanlage mit einer Nenndurchflussleistung von 10 l/s, bestehend aus Schlammfang, Fettabscheider und Kontrollschacht, bis spätestens 30. April 2004 als zusätzliche Auflage vorgeschrieben, wobei insgesamt 15 Auflagenpunkte die Ausführung, den Einbau, den Betrieb und die Wartung dieser Anlage näher umschreiben.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass in der gastgewerblichen Betriebsanlage des Beschwerdeführers folgende Abläufe, bei denen fetthaltige Abwässer anfielen, vorhanden seien:
1 Geschirrspüler (Überlaufprinzip; Ablaufdurchmesser 40 mm), 1 Abwasch (Ablaufdurchmesser 30 mm + Sieb), 1 Doppelabwasch (Ablaufdurchmesser 40 mm + Sieb), 1 Spülbecken (Ablaufdurchmesser 30 mm + Sieb).
Nach dem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen errechne sich die Nenndurchflussleistung daher wie folgt:
Geschirrspüler
2
l/s
Abwasch
1
l/s
Doppelabwasch
3
l/s
Spülbecken
1
l/s
zusammen
7
l/s
30 % Waschmittelzuschlag
2,1
l/s
errechnete Nenndurchflussleistung
9,1
l/s
Daher sei eine Fettabscheideanlage mit einer Nenndurchflussleistung von mindestens 10 l/s erforderlich.
In der Betriebsanlage des Beschwerdeführers sei lediglich eine Fettabscheideanlage mit einer Durchflussleistung von 3 l/s vorhanden (wobei nach dem Akteninhalt kein Schlammfang vorhanden ist). Durch diese Anlagen seien die gemäß § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen nicht mehr hinreichend geschützt. Die Vorschreibung einer Fettabscheideanlage mit einer Durchflussleistung von 10 l/s sei gemäß ÖNORM B 5103 (im Folgenden: ÖNORM) erfolgt, und für einen ausreichenden Schutz der genannten Interessen erforderlich.
Im Rahmen einer groß angelegten Untersuchung bei Hotels, Gasthäusern, Restaurants und Großküchen sei festgestellt worden, dass selbst in der günstigsten Konstellation (kleine Fettmenge - große Abwassermenge) der in der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung BGBl. Nr. 186/1996 (AAEV) festgelegte Grenzwert von 100 mg/l für schwerflüchtige lipophile Stoffe deutlich (im Mittel um das 4- bis 10-fache) überschritten werde. Es könne daher darauf geschlossen werden, dass dies auch beim vorliegenden gastgewerblichen Betrieb der Fall sei. Die Betriebsanlage sei daher geeignet, eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen. Die im Abwasser der gegenständlichen Betriebsanlage vorhandenen schwerflüchtigen lipophilen Stoffe (Fette) seien geeignet, den Betrieb der Kanal- und Kläranlage sowie in weiterer Folge die Gewässer zu gefährden. Die Gefährdung bestehe darin, dass es durch den erhöhten Fettanteil im Abwasser infolge der Abkühlung im Kanalsystem zu verstärkten Anlagerungen an den Kanalwänden komme. Dadurch entstünden Geruchsbelästigungen und bei längerfristigem Einleiten sogar Kanalverlegungen. Bei starken Regenfällen würden überdies Abwässer mit erhöhtem Fettanteil bei den sogenannten Regenüberlaufbauwerken direkt in den Vorfluter abgeleitet werden, was zu massiven Gewässerverunreinigungen führe. Die größte Gefahr liege jedoch darin, dass es durch die Einleitung von Fetten zu einer Blähschlammbildung in der Kläranlage komme. Dieser Blähschlamm habe extrem schlechte Absetzeigenschaften. Die Folge sei ein Schlammabtrieb in den Vorfluter und die damit verbundene Gewässerverunreinigung, die meist mit einem Fischsterben verbunden sei. Überdies könne der mit Fett belastete Belebtschlamm (Überschussschlamm) nur sehr schwer entwässert und eingedickt werden, was Betriebsstörungen im Bereich der kommunalen Abwasserreinigungsanlage zur Folge habe. Der - bei der vorhandenen Fettabscheideanlage fehlende - Schlammfang diene der Zurückhaltung von im Küchenabwasser enthaltenen Sinkstoffen, an denen sich ebenfalls Fettpartikel anlagerten. Fehle ein Schlammfang, setzten sich diese Sinkstoffe im Bodenbereich des Fettabscheiders ab und würden von dort mit der Strömung in das bodennah beginnende Ablaufrohr mitgerissen und daher in die Kanalisation eingeleitet. Weiters trete durch die Schlammablagerung im Fettabscheider eine Verengung des Strömungsquerschnittes ein, sodass es zu einer Verkürzung der Verweilzeit des Abwassers komme. Dies wirke sich negativ auf die Funktion des Abscheiders aus, was wiederum zu einer Erhöhung des Fettgehalts im Ablauf führe.
Der Aufwand für die Errichtung der vorgeschriebenen Fettabscheideanlage liege bei etwa EUR 6.903,92, wobei der derzeit vorhandene Abscheider mit einer Durchflussleistung von 3 l/s als Schlammfang Verwendung finden könne.
Der Beschwerdeführer habe in der Berufung lediglich behauptet, dass ihm die Errichtung der Fettabscheideanlage wirtschaftlich nicht zumutbar sei. Dieses Vorbringen habe er allerdings nicht begründet und er habe keinerlei Belege bzw. Nachweise vorlegt. Mangels genauer Angaben sei daher davon auszugehen, dass die Erfüllung der gegenständlichen Auflage auch zumutbar sei. Die Vorschreibung dieser Auflage erscheine nicht unverhältnismäßig und auch nicht überzogen. Durch die vorgeschriebene Fettabscheideanlage könne die Einhaltung des vorgeschriebenen Emissionsgrenzwertes für schwerflüchtige lipophile Stoffe von 100 mg/l und die Hintanhaltung einer nachteiligen Beeinträchtigung der Gewässer erreicht werden. Der dafür erforderliche Aufwand stehe nicht außer Verhältnis zu dem mit der Anlage angestrebten Erfolg.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer gesteht zu, dass zur Einhaltung des Grenzwertes für schwerflüchtige lipophile Stoffe in Abwässern von 100 mg/l nach der AAEV eine Fettabscheideanlage erforderlich sei, macht aber - zusammengefasst - geltend, dass die bisherige Anlage mit einer Durchflussleistung von 3 l/s der ÖNORM entspreche und damit der Grenzwert bei weitem nicht überschritten werde. Es habe bisher keine Beschwerden seitens des Kanalisationsunternehmens wegen einer Grenzwertüberschreitung gegeben. Der Aufwand für die Errichtung der Fettabscheideanlage stehe daher in keinem Verhältnis zum angestrebten Erfolg. Für die vorliegende Entscheidung wäre die Messung der tatsächlichen Emissionswerte der Küchenabwässer erforderlich gewesen; nur so hätte schlüssig dargestellt werden können, ob eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit von Gewässern zu befürchten sei. Der Sachverständige gehe demgegenüber von nicht begründeten Schätzungen und Annahmen aus. Nach Punkt 4.1.3 der ÖNORM richte sich die Nenngröße einer Fettabscheideanlage bei einem Küchenbetrieb nach der Anzahl der täglich verabreichten Essensportionen. Im gegenständlichen Betrieb würden maximal 100 bis 150 Essensportionen pro Tag verabreicht, weshalb ein Fettabscheider der Nenngröße 2 ausreiche. Die vorhandene Abscheideanlage für eine Durchflussmenge von 3 l/s entspreche daher der ÖNORM. Da der Sachverständige darauf nicht Bedacht genommen habe, sei das Verfahren mangelhaft geblieben.
§ 79 Abs. 1 GewO 1994 hat folgenden Wortlaut:
Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (z.B. bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass ihm (z.B. wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.
Zu den nach dieser Bestimmung geschützten Interessen gehört auch die Hintanhaltung von nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer gemäß § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO.
Der von der belangten Behörde herangezogene wasserbautechnische Amtssachverständige hat u.a. auf eine groß angelegte Untersuchung in verschiedenen Küchenbetrieben verwiesen, nach der im Abwasser derartiger Betriebe selbst in der günstigsten Konstellation, also bei Verwendung sehr kleiner Fettmengen und Anfall von großen Abwassermengen, der in der AAEV festgelegte Grenzwert von 100 mg/l für schwerflüchtige lipophile Stoffe (Fette) im Mittel um das 4- bis 10-fache überschritten werde. Das Ergebnis dieser Untersuchung wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. In der Beschwerde wird auch nicht vorgebracht, dass und aus welchen Gründen im gegenständlichen Betrieb der Fettanteil im Abwasser geringer sei. Schon aus diesem Grund gelingt es dem Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf die unterlassene Messung des Abwasserfettgehalts nicht, einen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen.
Der Sachverständige hat - entsprechend Punkt 4.1.4 Tabelle 2 der ÖNORM - aus den Ablaufdurchmessern der in der Betriebsanlage vorhandenen Abwaschbecken und des Geschirrspülers die Menge des (maximal) pro Sekunde anfallenden Abwassers errechnet. Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorhandensein der Betriebsbehälter mit den festgestellten Ablaufdurchmessern nicht und bringt auch sonst nicht konkret vor, dass mit einer geringeren Abwassermenge zu rechnen sei.
Die erforderliche Dimensionierung der Fettabscheideanlage hat der Sachverständige aus der anfallenden Abwassermenge - unter Berücksichtigung eines 30 %igen Zuschlages für wasch- und spülmittelhältige Abwässer gemäß Punkt 4.1.1 letzter Satz der ÖNORM - errechnet. Dem Vorbringen, aus der ÖNORM ergebe sich unter Zugrundelegung von 100 bis 150 verabreichten Essensportionen pro Tag lediglich die Erforderlichkeit eines - bereits vorhandenen - Fettabscheiders der Nenngröße 2, ist zunächst zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht hat, dass in seinem Betrieb täglich maximal 100 bis 150 Essensportionen verabreicht würden, und es sich hiebei daher um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung handelt. Im Übrigen ist die Nenngröße der Fettabscheideanlage bei Küchenbetrieben nach Punkt 4.1.3 der von der belangten Behörde herangezogenen ÖNORM nur so weit nach der Anzahl der täglich verabreichten Essensportionen zu berechnen, als nicht Betriebsbehälter den Einbau einer größeren Fettabscheideanlage erforderlich machen, was - wie dargestellt - vorliegend jedoch der Fall ist.
Aus diesen Gründen kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die nachträglich vorgeschriebene Fettabscheideanlage zur Hintanhaltung von nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer erforderlich sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Inwiefern dieser durch den angefochtenen Bescheid angestrebte Erfolg außer Verhältnis zum finanziellen Aufwand von EUR 6.903,92 für die Errichtung der Anlage stehe, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen und wird in der Beschwerde nicht konkret dargetan.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 17. Dezember 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003040151.X00Im RIS seit
22.01.2004