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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §217;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL. M., über die Beschwerde der BA Treuhand Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Mai 1999, Zl. RV/136 - 07/99, betreffend Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.172,88 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 11. November 1998 erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen den an sie erlassenen Wiederaufnahmebescheid hinsichtlich Umsatzsteuer 1989, gegen den Umsatzsteuerbescheid 1989 und gegen einen Säumniszuschlagsbescheid. Alle Bescheide datieren vom 9. Oktober 1998.
In der Berufung wurde im Wesentlichen die Ansicht vertreten, es liege keine neu hervorgekommene Tatsache als Wiederaufnahmegrund vor. Infolge der Unzulässigkeit eines Wiederaufnahmebescheides sei der darauf basierende Sachbescheid betreffend Umsatzsteuer 1989 unzulässig, woraus sich wiederum die Unzulässigkeit des Säumniszuschlagsbescheides ergebe. Es werde daher beantragt, alle drei Bescheide aufzuheben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 10. Dezember 1998 wies das Finanzamt (allein) die Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid vom 9. Oktober 1998 im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages setze nicht den tatsächlichen, sondern nur den formellen Bestand einer Abgabenschuld voraus.
In einem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte die Beschwerdeführerin mit näherer Begründung ergänzend vor, sie sei überhaupt nicht säumig gewesen, da die Umsatzsteuer 1989 gemäß § 211 Abs. 1 lit. g BAO per 12. Februar 1990 gebarungsmäßig als entrichtet anzusehen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung monokratisch im Sinne des § 260 Abs. 1 BAO in der Fassung vor dem Abgabenrechtsmittelreformgesetz, BGBl. I Nr. 97/2002 (in der Folge nur BAO), ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin wendet gegen den angefochtenen Bescheid unter anderem die Unzuständigkeit der belangten Behörde ein. Gemäß § 260 Abs. 2 lit. d und e BAO obliege dem Berufungssenat als Organ der belangten Behörde die Entscheidung über Berufungen gegen den neuen Sachbescheid betreffend Umsatzsteuer 1989 sowie gegen den dazugehörigen Wiederaufnahmebescheid. Würden im Zusammenhang mit einer Berufung, über die gemäß § 260 Abs. 2 BAO die Finanzlandesdirektion durch einen Berufungssenat zu entscheiden habe, auch Vorauszahlungen, Beiträge oder Zuschläge angefochten, die in Verbindung mit einem in § 260 Abs. 2 genannten Bescheid festgesetzt worden seien, entscheide nach § 261 BAO der Berufungssenat auch über diese Rechtsmittel. In der Folge vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass der Säumniszuschlag dem Begriff "Vorauszahlungen, Beiträge oder Zuschläge" zuzuordnen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin. Zutreffend weist sie darauf hin, dass die (Vereinfachungs-)Argumente, die den Gesetzgeber veranlasst hätten, die Regelung des § 261 BAO zu schaffen, gleicherweise auch hier gälten. Der Umstand, dass - nach dem hg. Erkenntnis vom 17. September 1990, 90/15/0028 - eine Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht den tatsächlichen, sondern nur den formellen Bestand einer Abgabenschuld voraussetzt, hat nicht zur Folge, dass - dem Sinn und Zweck des § 261 BAO widersprechend - die belangte Behörde über einen Berufungsschriftsatz wie den gegenständlichen teils monokratisch, teils durch einen Senat zu entscheiden hätte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat weder Anhaltspunkte für die Annahme, ein Säumniszuschlag sei kein Zuschlag im Sinne des § 261 BAO, noch für die Annahme, im gegenständlichen Fall sei der Säumniszuschlagsbescheid nicht im Zusammenhang mit dem Umsatzsteuerbescheid 1989 angefochten worden.
Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift in diesem Zusammenhang lediglich darauf verweist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 4. Juni 1980, 1123/79) über einen Säumniszuschlagsbescheid monokratisch zu entscheiden sei, weist die Beschwerdeführerin in ihrer Replik zur Gegenschrift zutreffend darauf hin, dass von ihr nie in Zweifel gezogen worden sei, dass über Berufungen gegen Säumniszuschlagsbescheide grundsätzlich monokratisch zu entscheiden sei. Bestehe aber wie im vorliegenden Fall der im § 261 BAO normierte Zusammenhang (über die unter Einem eingebrachte Berufung betreffend Wiederaufnahme und Umsatzsteuer sei im Übrigen bislang nicht entschieden worden), so ergebe sich daraus für die Entscheidung über die Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid die Zuständigkeit des Berufungssenates.
Da sich der angefochtene Bescheid schon deshalb infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde als rechtswidrig erweist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben, wobei von der beantragten Durchführung einer Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 17. Dezember 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1999130132.X00Im RIS seit
28.01.2004