Index
63/06 Dienstrechtsverfahren;Norm
DVG 1984 §8 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien 1., Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes (nunmehr: des beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes) vom 27. April 1999, Zl. 112106-XT/99, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1946 geborene Beschwerdeführer steht als Fachinspektor i. R. in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Er war zuletzt im Bereich des Materialienein- und -ausganges der Fernmeldezeugverwaltung tätig.
Am 4. November 1998 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand; dies mit der Begründung, dass er sich infolge seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage sehe, seine Arbeit ordnungsgemäß und zur Zufriedenheit seines Dienstgebers zu erfüllen. Auf Grund des beigelegten neurologisch-psychiatrischen Befundes hoffe er auf eine positive Erledigung seines Antrages.
In dem am 16. November 1998 unterfertigten Erhebungsbogen gab der Beschwerdeführer an, an einer "endogenomorphen angstgefärbten Depression mit Biorhythmusstörungen, arterieller Hypertonie und beidseitiger incip. Gonasthrose" zu leiden und sich seit Anfang 1998 als dienstunfähig zu erachten.
Nach dem Inhalt des amtsärztlichen Gutachtens vom 12. Jänner 1999 leidet der Beschwerdeführer an einer endogenen Depression mit Angstzuständen und Biorhythmusstörungen, Bluthochdruck, einer Fettstoffwechselstörung, einer Morton Neuralgie rechts, an einem degenerativen Wirbelsäulenleiden, Lumboischialgie, Periarthropathia coxae, Gonarthrosen und benignen Herzrhythmusstörungen. Auf Grund aussagekräftiger Vorbefunde könne nach Ansicht des Amtssachverständigen von einer persönlichen Begutachtung des Beschwerdeführers Abstand genommen werden. Er sei an einem chronisch depressiven Leiden mit Versagens- und Erschöpfungszuständen erkrankt, habe Antriebsstörungen, Merkfähigkeits- und Konzentrationsstörungen, Durchschlafstörungen sowie vegetative Begleiterscheinungen mit Angstzuständen. Weiters bestünden Aufbraucherscheinungen an der Wirbelsäule und den großen Gelenken mit schmerzhaften Funktionsbehinderungen. Die Erkrankungen seien durch vielfältige Therapien nur mäßig beeinflussbar und es bestehe insgesamt keine Aussicht auf dauerhafte Wiederherstellung der vollen Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit. Dies bedeute aus medizinischer Sicht bezogen auf die Arbeitsplatzanforderungen unter Zugrundelegung der Angaben im Anforderungsprofil und im Erhebungsbogen, dass der Beschwerdeführer seine dienstlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen könne, weil ihm geistig verantwortungsvolle Tätigkeiten mit durchschnittlicher Auffassung und Konzentration und überwiegenden Computerarbeiten unter durchschnittlichem Zeitdruck nicht mehr möglich seien. Er könne aus medizinischer Sicht jedoch noch folgende Tätigkeiten ausüben: geistig einfache Tätigkeiten mit mäßigen Anforderungen an Auffassung und Konzentration unter einfachem Zeitdruck, körperlich leichte Tätigkeiten in jeder Arbeitshaltung mit fallweiser leichter Hebe- und Trageleistung, Bücken, Strecken, Treppensteigen, sowohl im Freien, als auch in geschlossenen Räumen ohne besondere Erschwernisse. Er könne nur Tagdienst verrichten und es seien ihm Tätigkeiten in Arbeitsgruppen sowie gelegentlicher Kundenverkehr möglich, wobei aber auf eine mäßige Arbeitsauslastung ohne Arbeitsspitzen zu achten sei.
Mit Bescheid vom 27. Jänner 1999 wurde der Beschwerdeführer mit Ablauf des 28. Februar 1999 gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 in den Ruhestand versetzt und ihm aus diesem Anlass gemäß § 9 Abs. 1 PG 1965 zu seiner ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderliche Zeitraum von 7 Monaten und 25 Tagen zugerechnet.
Mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 23. Februar 1999 wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 4, 6 und 7 in Verbindung mit § 62b PG 1965 ab 1. März 1999 ein Ruhegenuss im Ausmaß von monatlich brutto S 16.749,50 zuerkannt. Die Berechnung des Ruhegenusses sei der beiliegenden Ruhegenussnachweisung zu entnehmen. Demnach betrage die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit des Beschwerdeführers 35 Jahre. Zwischen der Ruhestandsversetzung und dem Letzten des Monats, in dem der Beschwerdeführer das 60. Lebensjahr vollendet habe, würden 91 Monate liegen. Die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 % sei daher um 91 x 0,1667 Prozentpunkte (gerundet 15,17 %) zu kürzen und betrage somit 64,83 % des ruhegenussfähigen Monatsbezuges, wovon ihm auf Grund seiner 35 jährigen Dienstzeit 100 % als Ruhegenuss gebührten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 2. März 1999 Berufung und brachte vor, dass ihm gemäß § 9 Abs. 1 PG 1965 die fehlende Ruhegenusszeit zugerechnet worden sei, weil er ohne sein Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden sei. Es sei ihm daher unverständlich, dass sein Ruhegenuss von 80 auf 64,83 % gekürzt worden sei, obwohl ab Jänner 1998 der Entfall eines Abschlages bei Erwerbsunfähigkeit vorgesehen sei. Er ersuche daher, von der Kürzung seiner Ruhegenussbemessungsgrundlage abzusehen und beantrage die Neuberechnung des ihm gebührenden Ruhegenusses.
In der Folge teilte die Generaldirektion der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft dem Beschwerdeführer am 29. März 1999 mit, dass die Begriffe "dienstunfähig", "erwerbsunfähig" und "dauernd erwerbsunfähig" unterschiedliche Bedeutungen hätten (wird näher ausgeführt). Der wesentliche Unterschied zwischen
Erwerbsunfähigkeit gemäß § 9 Abs. 1 PG 1965 und dauernder
Erwerbsunfähigkeit gemäß § 4 Abs. 7 PG 1965 bestehe darin, dass die Voraussetzung im ersteren Fall erfüllt sei, wenn der Beschwerdeführer keinem gleichwertigen und ihm zumutbaren Erwerb mehr nachgehen könne (diese Voraussetzung sei beim Beschwerdeführer erfüllt). Dauernde Erwerbsunfähigkeit hingegen liege dann vor, wenn seine Leistungsfähigkeit derart eingeschränkt wäre, dass er auch keine geistig und körperlich einfachen Tätigkeiten ausüben könne, die seiner früheren beruflichen Stellung nicht entsprächen. Diese Bedingung erfülle der Beschwerdeführer nach den Ausführungen des Amtssachverständigengutachtens vom 12. Jänner 1999 nicht. Es stehe ihm daher frei, hiezu binnen zwei Wochen - allenfalls unter Anschluss aussagekräftiger, ärztlicher Befunde und Gutachten - Stellung zu nehmen.
Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer am 14. April 1999 nach und wendete gegen die Ausführungen der Behörde ein, dass der Amtssachverständige in seinem Gutachten für ihn unzumutbare Tätigkeiten aufgelistet habe. Arbeiten dieser Art würden noch zu einer Verschlechterung seiner Depressionen führen. Er fühle sich bei der von der Behörde vorgenommenen Kürzung seines Ruhebezuges doppelt bestraft und könne noch einen Abschlag bis zu seinem 55. Lebensjahr verstehen, weil alle - auch die gesunden - Beamten der Telekom Austria Aktiengesellschaft, die 1998 das 55. Lebensjahr erreicht hätten, ohne finanzielle Einbußen in den vorzeitigen Ruhestand gegangen seien. Mit 64,83 % der Bemessungsgrundlage hätte er ungefähr eine Pension wie ein "ASVG Versicherter", jedoch ohne Abfertigung. Da er erst nach dem 1. Mai 1996 erkrankt sei (oder statt 1943 erst 1946 geboren worden sei), finde er es nicht gerechtfertigt, wegen einer so geringen Zeitspanne ohne sein Verschulden eine so drastische Kürzung seines Ruhegenusses hinnehmen zu müssen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 1, 2 und 12 DVG sowie § 4 PG 1965 als unbegründet ab und führte dazu nach Darstellung der Rechtslage und des Verwaltungsverfahrens im Wesentlichen begründend aus, dass der Beschwerdeführer auf Grund der aussagekräftigen Vorbefunde und des amtsärztlichen Gutachtens vom 12. Jänner 1999 in den Ruhestand versetzt worden sei. Nach diesem Gutachten seien ihm geistig einfache und körperlich leichte Tätigkeiten mit mäßig erforderlicher Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit, unter einfachem Zeitdruck in jeder Arbeitshaltung mit fallweiser leichter Hebe- und Trageleistung möglich. Die ihm verbleibende Arbeitskraft reiche aus, um einem Erwerb, der auf dem freien Arbeitsmarkt angeboten werde, nachzugehen, ohne dadurch seine Gesundheit zu gefährden. Der Beschwerdeführer habe weder in seiner Berufung, noch in seiner Stellungnahme vom 14. April 1999 durch Vorlage von Belegen aufgezeigt, dass er zu keinem Erwerb mehr fähig sei. Da somit in der Berufung vom Beschwerdeführer keine neuen Tatsachen vorgebracht bzw. glaubhaft behauptet worden seien, sei der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Beamte dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen im Stande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billiger Weise zugemutet werden kann.
Nach § 4 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, wird der Ruhegenuss auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt.
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung bilden 80 v.H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges die Ruhegenussbemessungsgrundlage.
Abs. 3 dieser Bestimmung in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, der am 1. Mai 1996 in Kraft getreten ist, lautet:
"(3) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monats liegt, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahr vollendet haben wird, ist die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 Prozent um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden."
Mit Wirkung ab 1. Jänner 1998 wurde durch Art. 4 Z. 1 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 138, in § 4 Abs. 4 PG die Z. 3 eingefügt, wonach eine Kürzung nicht stattfindet, wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist.
Nach § 4 Abs. 7 PG in der obzitierten Fassung gilt ein Beamter nur dann als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Abs. 4 Z. 3, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außer Stande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.
Ist der Beamte ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden, so hat ihm die oberste Dienstbehörde nach § 9 Abs. 1 PG aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand den Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch zehn Jahre, zu seiner ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit zuzurechnen.
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Pensionsbemessung in gesetzlicher Höhe nach den Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965, insbesondere seines § 4 Abs. 4 Z. 3 und Abs. 7 und durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, §§ 37, 39, 60 AVG) verletzt.
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt der Beschwerdeführer aus, dass der behördliche Rechtsstandpunkt daran anknüpfe, dass im § 4 Abs. 7 PG bei der Definition der erforderlichen Erwerbsunfähigkeit anders als im § 9 Abs. 1 PG das Wort "zumutbar" (als Beifügung zu "Erwerb") fehle. Auf seinen Einwand, er könne somit auf einen unzumutbaren Erwerb verwiesen werden, habe die belangte Behörde erwidert, dass dieses Argument nicht zuträfe und dass er auch auf Berufe verwiesen werden könne, die seiner Ausbildung beziehungsweise zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht gleichwertig seien. Nach Ansicht des Beschwerdeführers beinhalte jede Regelung, welche die Verweisung eines Beamten auf andere Tätigkeiten vorsehe, zwingende Zumutbarkeitsgrenzen. Eine extreme soziale Herabstufung könne in diesem Sinne nicht rechtens sein, schon gar nicht, wenn man berücksichtige, dass gerade bei einem an einer Depression leidenden Menschen intensivst zu befürchten sei, dass sich sein Leiden verschlechtern werde, wenn er sich sozial schwer herabgewürdigt sehe. Die Ansicht der belangten Behörde, wonach es bezüglich der Verweisungsberufe im Sinne des § 4 Abs. 7 PG keine Schranken gäbe und daher dazu keine näheren Überlegungen angestellt werden müssten, sei jedenfalls rechtswidrig.
Dem ist zu entgegnen, dass die Erwerbsunfähigkeitsbegriffe nach § 9 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 Z. 3 iVm Abs. 7 PG zwar insofern eine "gemeinsame" Wurzel haben, als Erwerbsfähigkeit nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeutet, in der Lage zu sein, durch eigene Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen. Sie setzt jedenfalls eine im Arbeitsleben grundsätzlich notwendige gesundheitlich durchgehende Einsatzfähigkeit des Beamten voraus. Nach der klaren und unmissverständlichen Begriffsbestimmung des § 4 Abs. 7 PG ist aber für die dauernde Erwerbsunfähigkeit im Sinn des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG - anders als in § 9 Abs. 1 PG - keine Zumutbarkeitsprüfung, die zu einer (zusätzlich zur medizinischen Komponente führenden) weiteren Einschränkung der Verweisungsberufe führen kann, vorgesehen (vgl. dazu Pkt. II. 3.2. des hg. Erkenntnisses vom 17. August 2000, Zl. 98/12/0489, mwN).
Verfahrensvorschriften sieht die Beschwerde dadurch verletzt, dass der Begründung des angefochtenen Bescheides sinngemäß zu entnehmen sei, dass auch die belangte Behörde von der Unfähigkeit des Beschwerdeführers zur Ausübung eines zumutbaren Erwerbes (seiner relativen Erwerbsunfähigkeit) ausgehe, jedoch das Vorliegen einer gänzlichen (absoluten) Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 3 und Abs. 7 PG verneine. Es sei daher die Abgrenzung zwischen zwei eng nebeneinander liegenden Tatbeständen und eine dementsprechend genaue und vollständige Darlegung des Sachverhaltes erforderlich. An einer solchen Tatsachenfeststellung mangle es jedoch in der Bescheidbegründung, die weitgehend nur rechtliche beziehungsweise argumentative Ausführungen enthalte. Das ärztliche Sachverständigengutachten vom 12. Jänner 1999, auf Grund dessen er in den Ruhestand versetzt worden sei, werde nur insoweit wiedergegeben, als es die Angaben betreffe, welche "Tätigkeiten" der Beschwerdeführer noch ausüben könne. Die diesbezüglichen Angaben genügten jedoch schon an sich in keiner Weise für die Feststellung einer vorhandenen oder nicht vorhandenen berufsbezogenen Leistungsfähigkeit (Hervorhebungen im Original). "Geistig einfache und körperlich leichte Tätigkeiten" müsse auch jemand ausführen können, der sich gerade noch selbst zu Hause versorgen könne und gesundheitlich noch nicht so sehr beeinträchtigt sei, dass er Anspruch auf Pflegegeld (höherer Stufe) hätte. Solle eine Berufsausübung möglich sein, so müsse die Fähigkeit zur Erbringung einer kontinuierlichen Arbeitsleistung bestehen, dies täglich (fünf Mal in der Woche) 8 Stunden lang und ohne dass übermässige Krankenstände zu befürchten seien. Zwar nicht der Bescheidbegründung, wohl aber dem amtsärztlichen Gutachten sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer neben schweren Beeinträchtigungen des Stützapparates und weiteren Gesundheitsbeeinträchtigungen an einer endogenen Depression mit Angstzuständen und Biorhythmusstörungen samt Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung leide. Es sei allgemein bekannt, dass gerade für diese Art von Gesundheitsstörung erhebliche Schwankungen typisch seien und dass regelmäßig auf Phasen relativen Wohlbefindens andere Phasen folgten, in denen die Depression geradezu zur Aktivitätsunfähigkeit führe. Daher komme den zu erwartenden Krankenständen entscheidende Bedeutung zu. Zudem würden degenerative Erkrankungen des Stützapparates, aber vor allem auch Depressionen besonders unter belastenden Umständen (wie beispielsweise bei einem Berufsstart) zur Verschlimmerung neigen, sodass die belangte Behörde auch ermitteln hätte müssen, inwieweit nicht allein schon der Versuch einer neuerlichen Berufsausübung zu einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen würde. Daher stelle es sich als wesentlicher Verfahrensmangel dar, dass die belangte Behörde über seine Gesundheitsstörungen keine Feststellungen getroffen und sich mit der Schlüssigkeit und Aussagekraft des amtsärztlichen Gutachtens nicht auseinander gesetzt habe. Zudem wäre auch, weil es um eine diffizile Frage im Grenzbereich zweier Tatbestände gehe, die Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens unerlässlich gewesen, soweit nicht schon auf Grund eines vollständigen und schlüssigen Sachverständigengutachtens die absolute Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers festzustellen gewesen wäre.
Dieses Vorbringen zielt darauf ab, dass die Behörde nicht ausreichend geprüft habe, ob die beim Beschwerdeführer auf Grund seiner Leidenszustände vorhandene "Restarbeitsfähigkeit" ausreiche, von seiner Einsatzfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen.
Dieses Vorbringen ist (auch unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs. 4 Z. 3 iVm Abs. 7 PG) rechtserheblich, weil es bei der Erwerbsfähigkeit darauf ankommt, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Einsatzfähigkeit für bestimmte Tätigkeiten (Berufsbilder) vorliegen. Hiebei ist weiters zu berücksichtigen, ob die Einsatzfähigkeit auch im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse in der Arbeitswelt (z.B. Einhaltung der Arbeitszeit oder Fähigkeit zur Selbstorganisation) noch gegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2000, Zl. 99/12/0245, und die zitierte hg. Rechtsprechung).
Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob der frühpensionierte Beamte wegen der bei ihm aus medizinischen Gründen notwendigerweise zu erwartenden leidensbedingten Krankenstände bzw. medizinisch-objektivierten Schmerzenszustände sowie sonstiger (gesundheitlicher) Behinderungen am Arbeitsmarkt überhaupt eingegliedert werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 2000, Zl. 99/12/0245, und vom 17. August 2000, Zl. 98/12/0489).
Bei dieser Rechtslage wäre aber die belangte Behörde von sich aus (§ 8 Abs.1 DVG) verpflichtet gewesen, die Bedeutung und das Ausmaß der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen zu prüfen. Im Rahmen solcher Ermittlungen ist der Beschwerdeführer zwar zur gehörigen Mitwirkung (wie z.B. Vorlage von vorhandenen Befunden, Duldung einer zumutbaren Untersuchung) verpflichtet, nicht aber zur Vorlage eines Gutachtens oder gar zum Nachweis des geltend gemachten Leidenszustandes. Eine derartige Beweislastregelung ist dem PG nicht zu entnehmen.
Dazu kommt - nicht zuletzt auch wegen des Krankenstandes des Beschwerdeführers vor seiner Ruhestandsversetzung und der (unbeschadet der Unterschiede zu § 4 Abs. 4 Z. 3 iVm mit Abs. 7 PG) erfolgten Hinzurechnung nach § 9 Abs. 1 PG -, dass auf Grund aller erhobenen Leidenszustände und festgestellter Beeinträchtigungen eine Prognose über das Ausmaß der zukünftigen pro Jahr zu erwartenden Krankenstände zu erstellen gewesen wäre, um die Eingliederungsfähigkeit des Beamten in den allgemeinen Arbeitsmarkt hinreichend beurteilen zu können (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 17. August 2000, Zl. 98/12/0489). Derartige Erhebungen wurden nicht angestellt; sie lassen sich auch aus dem amtsärztlichen Gutachten, auf welches sich die belangte Behörde beruft, nicht entnehmen.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher zunächst das ärztliche Sachverständigengutachten im oben aufgezeigten Sinn zu ergänzen und sodann erforderlichenfalls ein berufskundliches Gutachten einzuholen haben, in dem auch auf die Eingliederungsmöglichkeit des Beschwerdeführers im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse der Arbeitswelt bzw. auf zu erwartende leidensbedingte "Krankenstände" Bedacht zu nehmen sein wird.
Aus diesen Gründen bedarf der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 18. Dezember 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1999120165.X00Im RIS seit
28.01.2004