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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung des Wortes "Fachhochschulen" und der Wortfolge "oder ähnlichen Bildungseinrichtungen" in §1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Zuordnung der Bezüge von Lehrbeauftragten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, BGBl. II 287/1997, (LehrbeauftragtenV), mit E v 15.06.00, V102/99Spruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit 59.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurde vom beschwerdeführenden Verein, der einen Fachhochschul-Studiengang betreibt, für näher bestimmte Zeiträume von 2. September 1993 bis 31. März 1999 Lohnsteuer und der Dienstgeberbeitrag zum FLAF nachgefordert. Begründend wird die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Zuordnung der Bezüge von Lehrbeauftragen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit angeführt, die diese Qualifizierung zwingend vorsieht.
Dagegen wenden sich die vorliegenden Beschwerden, die die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums rügen.
Aus Anlaß einer anderen Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Wortes "Fachhochschulen" und der Wortfolge "oder ähnlichen Bildungseinrichtungen" in §1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Zuordnung der Bezüge von Lehrbeauftragten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, BGBl. II 287/1997, ein und hob diese Wortfolgen mit Erkenntnis vom 15. Juni 2000, V102/99, auf.
II. Gemäß Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10.616/1985, 10.736/1985, 10.954/1986).
Die nichtöffentliche Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren, fand am 15. Juni 2000 statt. Die vorliegenden Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof am 9. Februar 2000 eingelangt, waren also zum Zeitpunkt der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; die ihnen zugrundeliegenden Fälle sind somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß dadurch die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei nachteilig beeinflußt wurde. Die beschwerdeführende Partei wurde somit wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt.
Die Bescheide sind daher aufzuheben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 9.000 S enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B291.2000Dokumentnummer
JFT_09999370_00B00291_00