TE Vwgh Beschluss 2003/12/18 2002/06/0085

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Veröffentlicht am 18.12.2003
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Index

L85007 Straßen Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
LStG Tir 1989 §20 Abs9;
LStG Tir 1989 §28;
LStG Tir 1989 §33 Abs6;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der S in L, vertreten durch Dr. Gernot Gasser, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Beda Weber-Gasse 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. April 2002, Zl. IIb1-L-2527/1-2002, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Tiroler Straßengesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde L und 2. Straßeninteressentschaft "H", vertreten durch den Obmann Reinhard Tiefenbacher, Schloßberg 24, L), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Mitglied der Straßeninteressentschaft "H" in L.

In der Vollversammlung vom 3. August 2001 wurde mehrheitlich die Verlegung eines Wegabschnittes dieses Interessentenweges beschlossen, wobei die Beschwerdeführerin gegen die Verlegung gestimmt hatte.

Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde L vom 27. August 2001 wurde in Entsprechung des Antrages der Straßeninteressentschaft "H" vom 3. August 2001

1. in Modifizierung des von der Bürgermeisterin erlassenen Gründungsbescheides der Straßeninteressentschaft "H" vom 11. Mai 1999 und des § 2 der Satzung hinsichtlich des Trassenverlaufes die Verlegung der Wegtrasse der öffentlichen Interessentschaftsstraße im oberen Bereich auf die "neue Wegtrasse" gemäß Mappendarstellung des DI M vom 24. Juli 2001, GZ. 6384/2001, welche einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bilde, gemäß § 19 Abs. 1 des Tiroler Straßengesetzes genehmigt,

2. das in der Mappendarstellung als "bestehender Weg" eingezeichnete Wegstück als öffentliche Interessentenstraße gemäß § 19 Abs. 2 Tiroler Straßengesetz aufgelassen und

3. festgehalten, dass durch diese Änderung der Wegtrasse, die mit Gründungsvertrag und Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt L vom 11. Mai 1999 und Satzung der Straßeninteressentschaft festgelegten finanziellen Verpflichtungen der Stadtgemeinde L und der Weginteressenten unberührt aufrecht blieben.

Begründend wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass Verkehrsinteressen der Weginteressenten durch die Wegverlegung nicht unzumutbar geschmälert würden und eine weitere Begründung entbehrlich erscheine, da dem Standpunkt der antragstellenden Straßeninteressentschaft vollinhaltlich Rechnung getragen worden sei.

Über Ersuchen des Beschwerdevertreters wurde dieser Bescheid "zur Information" auch der Beschwerdeführerin zugestellt, die dagegen Berufung erhob.

Mit Bescheid des Stadtrates der Stadt L vom 28. Februar 2002 wurde diese Berufung mangels Parteistellung der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Nach zusammenfassender Darstellung des Verfahrensganges führte sie begründend aus, im gegenständlichen Verfahren sei es lediglich die Aufgabe der Vorstellungsbehörde gewesen, zu beurteilen, ob die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt worden sei oder nicht, das heiße, ob die Zurückweisung ihrer Berufung rechtens gewesen sei oder nicht. Wie sich aus dem Akteninhalt ergebe - die Beschwerdeführerin habe auch das Gegenteil nicht einmal behauptet - sei der Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt L vom 27. August 2001 auf Grund eines Antrages der Straßeninteressentschaft "H" erteilt worden. Gemäß § 20 Abs. 9 des Tiroler Straßengesetzes sei eine Straßeninteressentschaft eine Körperschaft öffentlichen Rechtes, welche gemäß § 30 Abs. 2 leg. cit. vom Obmann nach außen vertreten werde, in Angelegenheiten, in denen die Beschlussfassung der Vollversammlung oder dem Ausschuss obliege, jedoch nur im Rahmen der entsprechenden Beschlüsse. Wie sich aus dem Akt ergebe, sei am 3. August 2001 eine Vollversammlung der Straßeninteressentschaft "H" abgehalten worden, anlässlich derer das Projekt der Wegverlegung besprochen und diesem mehrheitlich zugestimmt worden sei. Nachdem sohin die interne Willensbildung korrekt erfolgt und auch abgeschlossen gewesen sei, sei es dem Obmann oblegen, den Beschluss der Vollversammlung zu vollziehen. Dabei bestünde kein Zweifel, dass unter dem Begriff der Vertretung nach außen das Recht mitumfasst sei, Anträge bei der Behörde einzubringen und auch Bescheide rechtswirksam für die Interessentschaft in Empfang zu nehmen. Nachdem sohin nur dem Obmann dieses Recht der Vertretungsbefugnis nach außen im Gesetz zugebilligt werde, sei kein Platz für die Erhebung einer Berufung gegen den Bewilligungsbescheid durch das einzelne Mitglied der Straßeninteressentschaft gegeben. Die Zurückweisung der Berufung mangels Parteistellung sei somit zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, "entgegen den Bestimmungen des AVG und des Tiroler Straßengesetzes als Partei auf eine meritorische Sachentscheidung" verletzt.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt sie unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, die Satzung einer Weggemeinschaft für einen Interessentenweg sei eine Verordnung. Im aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren habe daher nur jenes Organ Parteistellung, welches die Verordnung beschlossen habe, nicht aber jedes Mitglied der Weggemeinschaft. Es sei auch richtig, dass in Sachen "Vertretung der Straßeninteressentschaft nach außen" nach interner Willensbildung das Recht, den Beschluss zu vollziehen, nur dem betreffenden Organ obliege. Im gegenständlichen Fall gehe die Sachentscheidung erster Instanz aber darüber hinaus und berühre insofern nur Interessen und Rechte der einzelnen Interessenten als der Gründungsbescheid "modifiziert" worden sei, ein Teil der Wegtrasse als öffentliche Interessentenstraße ausgeschieden und eine neue Wegtrasse in den Interessentschaftsweg miteinbezogen worden sei. Da dieser Bescheid sämtliche Interessenten berühre, komme ihnen in diesem Fall auch Parteistellung zu, insbesondere wenn Rechtswidrigkeit des Inhaltes in formeller und materieller Hinsicht sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens, insbesondere im Zuge der Vollversammlung geltend gemacht würden. Die belangte Behörde gehe ohne nähere Prüfung und Begründung davon aus, dass die interne Willensbildung korrekt erfolgt sei. Wäre dem nicht so, könnten sich überstimmte Interessenten gegen rechtswidrige Beschlüsse, die zudem behördlich genehmigt würden, überhaupt nicht zur Wehr setzen. Dieser Fall sei aber weder der Intention des Gesetzgebers noch dem Gesetz selbst zu entnehmen.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.

Die Beschwerde ist nicht zulässig.

Gemäß § 16 Abs. 1 lit a des Tiroler Straßengesetzes (in der Folge: TStG), LGBl. Nr. 13/1989, erfolgt die Erklärung einer Straße zur öffentlichen Interessentenstraße bei einer durch Vertrag gebildeten Straßeninteressentschaft durch Beschluss der Straßeninteressentschaft.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat der Obmann (§ 30) den Beschluss der Straßeninteressentschaft über die Erklärung einer Straße zur öffentlichen Interessentenstraße unverzüglich der Behörde schriftlich mitzuteilen.

Gemäß § 19 Abs. 1 TStG kann eine öffentliche Interessentenstraße durch Beschluss der Straßeninteressentschaft aufgelassen werden. Ein solcher Beschluss bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Behörde. Sie ist zu erteilen, wenn diese Straße keine Verkehrsbedeutung nach § 16 Abs. 3 mehr hat.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat die Behörde, wenn durch eine Verlegung oder einen Ausbau einer öffentlichen Interessentenstraße ein Teil davon für die Zwecke dieser Straße entbehrlich wird, diesen Straßenteil auf Antrag des Straßenerhalters mit Bescheid aufzulassen.

Gemäß § 20 Abs. 1 lit. a TStG kann eine Straßeninteressentschaft durch schriftlichen Vertrag zwischen allen Interessenten gebildet werden. Ein Vertrag über die Bildung einer Straßeninteressentschaft bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Behörde (Abs. 2 leg. cit.).

Nach Abs. 9 dieser Bestimmung ist eine Straßeninteressentschaft eine Körperschaft öffentlichen Rechtes.

Nach § 28 Abs. 2 lit. c TStG obliegt der Vollversammlung aller Interessenten (u.a.) die Beschlussfassung über den Bau, eine Verlegung oder eine bauliche Änderung der betreffenden öffentlichen Interessentenstraße.

Nach § 28 Abs. 6 TStG ist zu einem Beschluss der Vollversammlung die Zustimmung so vieler Interessenten erforderlich, dass mehr als 50 v.H. der Beitragsanteile der anwesenden Interessenten auf sie entfallen. Der Beschluss über die Erklärung einer Straße zur öffentlichen Interessentenstraße sowie Beschlüsse über eine Änderung der Beitragsanteile bedürfen der Zustimmung aller Interessenten. Beschlüsse über die Wahl der Organe der Straßeninteressentschaft werden mit einfacher Mehrheit der Stimmen der anwesenden Interessenten gefasst. Stimmenthaltung gilt als Ablehnung.

Laut § 28 Z. 2 der laut Pkt. II des mit Bescheid der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 11. Mai 1999 genehmigten Vertrages einen integrierenden Bestandteil desselben bildenden Satzung gehört die Beschlussfassung über den Bau, eine Verlegung oder eine bauliche Änderung der betreffenden öffentlichen Interessentenstraße ebenso wie nach § 28 Z. 10 der Satzung u.a. die Auflassung von Teilen der Interessentenstraße zum Wirkungskreis der Vollversammlung, welche gemäß § 24 der Satzung mit einfacher Mehrheit der anwesenden Beitragsanteile entscheidet. Derartige Beschlüsse bedürfen nach dem Schlusssatz des § 28 der Satzung der behördlichen Genehmigung.

Im Beschwerdefall erfolgte die Beschlussfassung über die Verlegung eines Teiles der Interessentenstraße in der Vollversammlung vom 3. August 2001, an welcher auch die Beschwerdeführerin teilgenommen hat, jedoch mit ihrer Stimme unterlegen war.

Gemäß § 33 Abs. 6 TStG entscheidet über Streitigkeiten, die zwischen einer Straßeninteressentschaft und Interessenten oder zwischen Interessenten aus dem Interessentschaftsverhältnis entstehen, auf Antrag der Straßeninteressentschaft bzw. eines beteiligten Interessenten die Behörde.

Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass als Rechtsmittel eines Mitgliedes einer Interessentschaft (also im Innenverhältnis) gegen eine allfällige Rechtsverletzung durch einen Vollversammlungsbeschluss ein Einspruch gegen diesen an die Aufsichtsbehörde eingeräumt ist. Die von der Vollversammlung beschlossene Änderung des Wegverlaufes ist der Straßeninteressentschaft, die gemäß § 20 Abs. 9 TStG eine Körperschaft öffentlichen Rechtes ist, zuzurechnen; nur sie kann - vertreten durch den Obmann - die Genehmigung dieser Beschlussfassung bei der Behörde beantragen. Nur die Straßeninteressentschaft (als Körperschaft öffentlichen Rechts) kann daher als Partei des in § 28 TStG (damit übereinstimmend § 28 der Satzung) vorgesehenen Genehmigungsverfahrens u.a. für die Änderung der Wegtrasse angesehen werden. Eine Verletzung der Beschwerdeführerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten kommt daher durch die vorliegende Genehmigung des Beschlusses der Vollversammlung betreffend die Änderung des Wegeverlaufes - unbeschadet der Möglichkeit einer Antragstellung im Sinne des § 33 Abs. 6 TStG - nicht in Betracht. Da diese Beschlussfassung weder eine Änderung der Beitragsanteile noch ein Ausscheiden oder Neueintreten von Interessenten vorsieht (vgl. § 28 Z. 6 und 7 der Satzung, der in diesen Fällen die Zustimmung aller Interessenten verlangt, woraus allenfalls für nichtzustimmende Mitglieder eine Rechtsverletzung abgeleitet hätte werden können- vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1993, Zl. 93/06/0017), ist auch diese Bestimmung im vorliegenden Fall jedenfalls nicht von Bedeutung.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 18. Dezember 2003

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und Straßenwesen Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Organisationsrecht Körperschaften des öffentlichen Rechtes Selbstverwaltung VwRallg5/2 Straßenrecht Wegerecht Kraftfahrwesen Straßenverkehr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002060085.X00

Im RIS seit

31.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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