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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung der in §21 Abs3 FremdenG 1997, BGBl I 75/1997, enthaltenen Wortfolge "vor Vollendung des 14. Lebensjahres" mit E v 19.06.00, G16/00.Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 29.500 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien wurde der als Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu wertende Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der Volksrepublik China, mangels einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 16. Oktober 1998 gemäß §21 Abs1 bis 3 FrG 1997 mit der Begründung abgewiesen wurde, daß aufgrund der Vollendung des 14. Lebensjahres die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zum Zwecke des Familiennachzuges ausgeschlossen sei.
Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm, nämlich des §21 FrG 1997, behauptet wird.
Die belangte Behörde verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.
2. Aus Anlaß der Beschwerde B2269/98 leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der in §21 Abs3 FrG 1997, BGBl. I Nr. 75, enthaltenen Wortfolge "vor Vollendung des 14. Lebensjahres" ein und hob diese Gesetzesstelle mit Erkenntnis vom 19. Juni 2000, G16/00, als verfassungswidrig auf.
II. 1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg.10.616/1985, 11.711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 19. Juni 2000 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 15. Dezember 1998 eingelangt, war also zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 4.500 sowie die entrichtete Eingabengebühr in der Höhe von S 2.500 enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B2332.1998Dokumentnummer
JFT_09999370_98B02332_00