Index
L10109 Stadtrecht Wien;Norm
GrünanlagenV Wr 1993 §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des GK in Wien, vertreten durch Mag. Franz Kienast, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Praterstraße 17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 3. Februar 2003, Zl. UVS- 03/M/26/10545/2001/7, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Februar 2003 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 17. Februar 2001, um 00.09 Uhr, in Wien 1, Heldenplatz, nächst dem Erzherzog-Karl-Denkmal, als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges dieses mit allen Rädern auf dem Gehsteig, welcher hierdurch vorschriftswidrig benützt worden sei, abgestellt.
Er habe eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 3 lit. a iVm § 8 Abs. 4 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 800,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 19 Stunden) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Tatortbereich sei asphaltiert und die Fläche mit Abschrägungen zur "Straße" (gemeint wohl: Fahrbahn) hin abgegrenzt. Beim gegenständlichen Abstellort des Kraftfahrzeuges handle es sich um einen Gehsteig im Sinne des § 2 Z. 10 StVO. Ein solcher könne ohne weiteres sowohl Teil einer Grünanlage sein als auch eine Grünfläche von einer Fahrbahn abgrenzen.
Der Beschwerdeführer hätte jedenfalls das Verbotene seines Handelns erkennen müssen, gleich, ob der Abstellort rechtlich als Gehsteig im Sinne der StVO oder als Grünfläche zu qualifizieren sei, weil in beiden Fällen das Abstellen eines Kraftfahrzeuges verboten sei. Mangels geringfügigen Verschuldens sei eines der Tabestandsmerkmale des § 21 VStG nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1997, Zl. 95/01/0430, vor, dass es sich beim gegenständlichen Abstellort des Kraftfahrzeuges nicht um einen Gehsteig im Sinne der StVO handle, sondern um einen Weg einer öffentlich zugänglichen Grünanlage im Sinne des § 4 Abs. 1 der Wiener Grünanlagenverordnung.
Damit verkennt der Beschwerdeführer, dass durch ein und dieselbe Tat mehrere verschiedene Delikte verwirklicht werden können (Idealkonkurrenz, vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 412, E 4 f wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Dies kann etwa dann vorkommen, wenn diese Tat die verschiedenen Schutzzwecke verschiedener Normen verletzen und dementsprechend unter mehrere Strafdrohungen fallen kann, wobei im Einzelfall das Verbot der Doppelbestrafung (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 414 ff wiedergegebene Rechtsprechung) zu beachten ist. Es ist von daher gesehen bedeutungslos, dass in dem dem genannten Erkenntnis vom 11. Juni 1997 zu Grunde liegenden angefochtenen Bescheid ein dem gegenständlichen Abstellort des Kraftfahrzeuges entsprechender Abstellort als Weg im Sinne des § 4 der Wiener Grünanlagenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien, Nr. 19/1993, rechtlich qualifiziert und der dortigen Bestrafung diese Qualifikation zugrundegelegt worden war.
Im gegenständlichen Fall wurde nicht behauptet, dass der Beschwerdeführer wegen derselben Tat bereits einer Übertretung der Wiener Grünanlagenverordnung für schuldig erkannt worden wäre, weshalb sich schon deshalb ein näheres Eingehen auf das Doppelbestrafungsverbot erübrigt.
Einzig und allein ausschlaggebend ist daher, ob das gegenständliche Abstellen des Kraftfahrzeuges nach den Bestimmungen der StVO auf einem Gehsteig erfolgte.
Nach § 1 StVO gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können (Abs. 1).
Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO ist die Straße eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen.
Straßen sind demnach Landflächen, die dem Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr dienen, also der räumlichen Fortbewegung von einem Ort zu einem anderen Ort durch Personen oder Fahrzeuge (aus den vielfältigsten Motiven), wobei als Zweck der Fortbewegung die Raumüberwindung im Vordergrund stehen muss. Steht ein anderer Zweck als der der Raumüberwindung im Vordergrund und ist die Raumüberwindung lediglich Nebenzweck, dann kann eine Landfläche, die einem solchen "anderen Zweck" dient, nicht als Straße im Sinne der Straßenverkehrsordnung qualifiziert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2003, Zl. 2003/02/0073).
Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall ergibt sich aus den Feststellungen der belangten Behörde im Zusammenhang mit der im Akt einliegenden Skizze, deren Richtigkeit nicht bestritten wurde, eindeutig, dass der Beschwerdeführer das Kraftfahrzeug auf dem asphaltierten "Weg" (samt platzartiger Erweiterung) neben dem Erzherzog-Karl-Denkmal abgestellt hat. Diese Asphaltfläche liegt zwar zwischen zwei Grünflächen, dient aber nach seiner Lage dazu, um Fußgängern eine Verbindung auf kürzestem Weg zwischen dem Eingang zur "Neuen Burg" (Nationalbibliothek-Lesesaal, Museen) über den Heldenplatz Richtung Volksgarten zu ermöglichen. Es handelt sich daher um eine Landfläche, die vorwiegend dem Fußgängerverkehr dient, somit um eine Straße im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO. Dass dazu als Nebenzweck allenfalls ein Erholungszweck in einer Grünanlage tritt, ändert daran nichts. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0078, ausgesprochen hat, nimmt der Umstand, dass im Bereich eines (dort: vor einem Haus befindlichen) Gehsteiges Bäume gepflanzt und Bänke aufgestellt wurden, weshalb von einer "Parkanlage" gesprochen worden sei, dieser Verkehrsfläche nicht die Qualifikation eines Gehsteiges im Sinne der StVO.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist es nach § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO nicht erforderlich, dass sich eine dem Fußgängerverkehr dienende Landfläche "im Zuge" einer dem Fahrzeugverkehr (wobei der Beschwerdeführer offenbar von einer höheren Wertigkeit des Fahrzeugverkehrs gegenüber dem Fußgängerverkehr ausgeht, was schon allein eine Verkennung der Rechtslage ist) dienenden Landfläche befindet, sondern nur, dass sie von einer (angrenzenden) Fahrbahn etwa baulich abgegrenzt ist. Letzteres wurde von der belangten Behörde unbestritten festgestellt.
Angesichts dieser baulichen Abgrenzung sind aber auch die Argumente des Beschwerdeführers, wonach sein Verschulden "denkbar gering" im Sinne des § 21 VStG sei, geradezu als mutwillig anzusehen. Weder verringert der Umstand, dass zahlreiche andere Fahrzeuglenker ihre Kraftfahrzeuge auf dem gegenständlichen Gehsteig abgestellt hatten, die Eigenverantwortlichkeit des Beschwerdeführers, noch bot die Abdeckung der Halteverbotstafeln, welche ansonsten Gültigkeit für den Fahrbahnrand an der Abgrenzung zum gegenständlichen Gehsteig hat, irgendeinen Hinweis darauf, dass die Gehsteigabgrenzung legaler Weise hätte überfahren werden dürfen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 19. Dezember 2003
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003020090.X00Im RIS seit
10.02.2004