TE Vwgh Erkenntnis 2003/12/19 2003/11/0086

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Veröffentlicht am 19.12.2003
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Index

L94059 Ärztekammer Wien;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1998 §45 Abs2;
AVG §69 Abs1;
AVG §69 Abs3;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 2000 idF doktorinwien 9/2001 §7a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. E in W, vertreten durch Winkler Reich-Rohrwig Illedits, Rechtsanwälte Partnerschaft in 1010 Wien, Gonzagagasse 14, gegen den Bescheid des (durch Dr. Friedrich Spitzauer & Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3, vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 25. Juni 2002, Zl. B 60/02, betreffend Fondsbeitrag für das Jahr 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte - wie sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt - mit einem an den Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien gerichteten Schreiben vom 10. November 1988 gemäß § 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds die Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds, weil er und seine Hinterbliebenen auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses (als Universitätsassistent) einen gleichwertigen Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)Genuss hätten. Seine Privatpraxis werde er "mit heutigem Tage" abmelden.

In den Verwaltungsakten findet sich ein an die Ärztekammer für Wien gerichtetes Schreiben des Beschwerdeführers, datiert mit 15. November 1988, des Inhaltes, dass der Beschwerdeführer "mit heutigem Tage" seine Privatpraxis wieder anmelde.

Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 20. Jänner 1989 (Beschlussdatum 22. November 1988) wurde der Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien von der "Mitgliedschaft" zum Wohlfahrtsfonds, mit Ausnahme der Todesfallbeihilfe, befreit. In der Begründung wird § 7 Abs. 1 der genannten Satzung wiedergegeben.

Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses der Ärztekammer für Wien vom 26. April 2002 wurde der Fondsbeitrag des Beschwerdeführers für das Jahr 2001 mit EUR 10.560,83 festgesetzt. In der Begründung dieses Bescheides wird dargelegt, wie die Bemessungsgrundlage berechnet wurde, und darauf hingewiesen, dass der Beitragssatz 15,8 v. H. der Bemessungsgrundlage betrage und der Fondsbeitrag für sechs Monate berechnet werde.

In der dagegen erhobenen Beschwerde an die belangte Behörde führte der Beschwerdeführer aus, er befinde sich in einem aufrechten öffentlichen Dienstverhältnis zum Bund. Es liege weiterhin ein "Ausnahme- bzw. Befreiungstatbestand" vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die an sie gerichtete Beschwerde ab und bestätigte den Bescheid der Erstbehörde vom 26. April 2002. In der Begründung wurde ausgeführt, dass durch § 7a der Satzung in der ab 1. Juli 2001 geltenden Fassung die seinerzeit erfolgte Befreiung des Beschwerdeführers von der Beitragspflicht unwirksam geworden sei. Dies habe die Beitragsvorschreibung ab 1. Juli 2001 zur Folge.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 13. März 2003, B 1234/02- 9, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Vollversammlung der Ärztekammer für Wien beschloss in ihrer Sitzung vom 12. Dezember 2000 folgende Änderung der Satzung:

"ARTIKEL I 1. § 7a hat zu lauten wie folgt:

Eine Befreiung nach § 7 Abs. 1, die vor dem 1. Juli 1990 ausgesprochen wurde, wird mit Juli 2001 unwirksam, wenn eine Voraussetzung, unter der die Befreiung erfolgen konnte, nachträglich weggefallen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Fondsmitglied zum Stichtag 1. Juli 2001 das 60. Lebensjahr bereits vollendet hat."

Diese Bestimmung trat nach Art. II dieser Satzungsänderung mit 1. Juli 2001 in Kraft. Die in der Vollversammlung der Ärztekammer für Wien vom 12. Dezember 2000 beschlossene Satzungsänderung wurde von der Wiener Landesregierung als Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 15. Juni 2001 genehmigt und in der Zeitschrift "doktorinwien" 9/2001 ordnungsgemäß kundgemacht.

Die Festsetzung des Fondsbeitrages gegenüber dem Beschwerdeführer für das Jahr 2001 (und zwar für ein halbes Jahr) basiert auf dieser Satzungsänderung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 29. April 2003, Zl. 2002/11/0257, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt, dass die Bestimmung des § 7 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien, auf die der Bescheid des Verwaltungsausschusses vom 20. Jänner 1989 gestützt worden war, für die Befreiung von der Beitragspflicht unter anderem voraussetzte, dass das Fondsmitglied keine (freiberufliche) ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 2 Ärztegesetz 1984 (dieser Bestimmung entspricht nunmehr § 45 Abs. 2 ÄrzteG 1998) ausübt. Diese Voraussetzung fällt nachträglich weg, wenn der Arzt nach der Befreiung von der Beitragspflicht gemäß § 7 Abs. 1 der Satzung eine solche ärztliche Tätigkeit aufnimmt. Ob dies im Beschwerdefall zutrifft, ist auf Grund der Unterlassung jeglicher Ermittlungen und des Fehlens diesbezüglicher Sachverhaltsfeststellungen nicht überprüfbar. Die Anwendung des § 7a der Satzung (in der oben wörtlich wiedergegebenen Fassung) setzt nämlich voraus, dass eine Voraussetzung, unter der die Befreiung erfolgen konnte, nachträglich weggefallen ist, d.h. dass § 7a der Satzung dann nicht herangezogen werden kann, wenn der Wegfall der Voraussetzung bereits vor der Erlassung des die Befreiung aussprechenden Bescheides eingetreten ist (dies wäre hier der Fall, wenn der Beschwerdeführer bereits vor der Erlassung des Befreiungsbescheides seine freiberufliche Tätigkeit wieder aufgenommen haben sollte) oder die Voraussetzung für die Befreiung in Wahrheit nie bestanden hat (z.B. weil die freiberufliche Tätigkeit gar nicht aufgegeben wurde). In diesen Fällen wäre der Befreiungsbescheid rechtswidrig gewesen und hätte unter den Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 und 3 AVG nach Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens, mit dem die Befreiung ausgesprochen wurde, beseitigt werden können. Für die Beurteilung des Beschwerdefalles kommt es somit entscheidend darauf an, ob und bejahendenfalls wann der Beschwerdeführer seine freiberufliche Tätigkeit beendet hat und wann er allenfalls eine bereits beendete freiberufliche Tätigkeit wieder aufgenommen hat. Dazu wird die belangte Behörde im fortzusetzenden Verfahren Ermittlungen durchzuführen und Feststellungen zu treffen haben.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens bezieht sich auf den beanspruchten Ersatz der Umsatzsteuer, welche im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am 19. Dezember 2003

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Verfahrensbestimmungen Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003110086.X00

Im RIS seit

02.02.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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