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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1997 §35 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des G, geboren 1973, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 18. November 2003, Zl. Fr-180/03, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 18. November 2003 wurde gegen den Beschwerdeführer, laut Beschwerdevorbringen ein mazedonischer Staatsangehöriger, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 39 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, dass der Beschwerdeführer mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 12. September 2002 wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs. 3 erster Fall und Abs. 4 Z. 3 Suchtmittelgesetz - SMG, teilweise nach § 15 StGB begangen, zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden sei. Dem sei zu Grunde gelegen, dass er im Mai 2002 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, die das Fünfundzwangzigfache der großen Menge übersteige, von Deutschland aus nach Österreich eingeführt und durch Übergabe an einen verdeckten Ermittler in Verkehr gesetzt bzw. in Verkehr zu setzen versucht habe, wobei dies in gewerbsmäßiger Absicht geschehen sei.
Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG seien erfüllt. Da der Beschwerdeführer die genannte Straftat gewerbsmäßig ausgeführt habe, sei das gegen ihn verhängte Aufenthaltsverbot als Präventionsmaßnahme zur Verhinderung weiterer Verstöße gegen das SMG erforderlich und die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.
Der Beschwerdeführer halte sich seit 1988 im Bundesgebiet auf und sei mittlerweile im Besitz einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung. Er sei verheiratet und Vater von zwei Kindern, sodass mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes stark in sein Privat- bzw. Familienleben eingegriffen werde. Im Hinblick auf § 37 FrG und Art. 8 Abs. 2 EMRK sei diese aufenthaltsbeendende Maßnahme jedenfalls zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit, öffentlichen Ruhe und Ordnung dringend erforderlich und unabdingbar. Die familiären Interessen des Beschwerdeführers seien zwar stark zu berücksichtigen, die öffentlichen Interessen an seinem Fernbleiben von Österreich wögen jedoch höher als die Auswirkungen auf seine private Situation.
Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung öffentlicher Interessen und im Interesse eines geordneten Fremdenwesens könne von der Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen der der belangten Behörde auferlegten Ermessensübung Abstand genommen werden.
Die Bestimmung des § 38 FrG komme nicht zur Anwendung, weil der Beschwerdeführer nicht von klein auf im Bundesgebiet aufhältig sei. Auch komme ihm § 38 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. nicht zugute. Es hätte ihm zwar auf Grund seines unbescholtenen Aufenthaltes von 1988 bis 2002 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werden können, er sei jedoch wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit aus einem der Gründe des § 42 Abs. 2 VwGG aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Hinblick auf die unbestrittene rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren begegnet die unbekämpfte Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.
2. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde liegt der genannten Verurteilung zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im Mai 2002 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, die das Fünfundzwanzigfache der "großen Menge" übersteigt, von Deutschland nach Österreich eingeführt und in Verkehr gesetzt bzw. in Verkehr zu setzen versucht hat, wobei er in gewerbsmäßiger Absicht - somit in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl. § 70 StGB) - gehandelt hat.
In Anbetracht dieses gewerbsmäßigen Schmuggels und Handels von Suchtgift und im Hinblick darauf, dass erfahrungsgemäß die Wiederholungsgefahr bei der Suchtgiftkriminalität besonders groß ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. April 2003, Zl. 2003/18/0064, mwN), begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken. An dieser Beurteilung vermag der Beschwerdehinweis darauf, dass der Beschwerdeführer im Strafverfahren geständig gewesen sei und seine einmalige Straftat bereue sowie keine Verbindung zur Suchtgiftkriminalität mehr habe, nichts zu ändern. Im Übrigen lag das Fehlverhalten des Beschwerdeführers bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht so lange zurück, um auf Grund des seither verstrichenen Zeitraums einen Wegfall oder eine wesentliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr annehmen zu können.
3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG hat die belangte Behörde den langjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers (seit 1988) und seine Bindungen zu seiner Ehegattin und seinen zwei Kindern berücksichtigt und zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Diesen gewichtigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht jedoch die aus seinem massiven Fehlverhalten resultierende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen gegenüber, hat er doch in Gewinnerzielungsabsicht Suchtgift, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache einer "großen Menge" - somit einer Menge, die geeignet ist, Gewöhnung hervorzurufen und in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (vgl. § 28 Abs. 6 SMG) -
ausgemacht hat, eingeführt und in Verkehr gesetzt bzw. zu setzen versucht. Wenn er auch bis zur Verübung dieses Suchtgiftverbrechens in Österreich strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war, so zeigt das seiner Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten doch seine Gleichgültigkeit und die von ihm ausgehende massive Gefahr in Bezug auf das Leben und die Gesundheit anderer sowie seine mangelnde Verbundenheit mit den in Österreich rechtlich geschützten Werten. Im Hinblick darauf begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und dass die genannten persönlichen und familiären Interessen (jedenfalls) nicht schwerer wögen als das gegenläufige öffentliche Interesse, sodass diese Maßnahme auch gemäß § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei, keinem Einwand.
4. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass der Beschwerdeführer vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes im Sinn des § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG länger als zehn Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen gewesen sei und damit seine Aufenthaltsverfestigung eingetreten sei, lässt sie außer Acht, dass nach dieser Gesetzesbestimmung die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dann nicht unzulässig ist, wenn der Fremde - wie im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer - wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist.
Darüber hinaus steht der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer wegen eines Verbrechens (nach dem SMG) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt wurde, auch § 35 Abs. 3 iVm § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG nicht entgegen.
5. Mit ihrem auf § 38 Abs. 1 Z. 4 iVm Abs. 2 FrG abzielenden Vorbringen, dass der Beschwerdeführer jedenfalls die Hälfte seines Lebens in Österreich verbracht habe und auch zuletzt seit mindestens drei Jahren hier niedergelassen gewesen sei, verkennt die Beschwerde, dass eine Verwirklichung des Tatbestandes gemäß § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG das weitere kumulativ zu erfüllende Kriterium zur Voraussetzung hat, dass der Beschwerdeführer von klein auf im Inland aufgewachsen ist. Dies ist jedoch bei einem Fremden, der - wie der Beschwerdeführer - erst im Alter von 15 Jahren nach Österreich gekommen ist, nicht der Fall (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2002/18/0129, mwN).
6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
7. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 27. Jänner 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004180005.X00Im RIS seit
19.02.2004