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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1991 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Wulf Kern, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 22, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 13. Mai 2003, Zl. Fr 955/03, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und Zurückweisung der Berufung gegen ein Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid im Instanzenzug ab und wies zugleich die Berufung gegen den genannten Bescheid als verspätet zurück.
Zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages führte sie im Wesentlichen aus: Der Beschwerdeführer sei am 23. August 2002 in Österreich eingereist und es sei nach seiner niederschriftlichen Vernehmung am 24. August 2002 gegen ihn ein bis 23. August 2007 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Der Beschwerdeführer habe seine niederschriftlichen Angaben mit seiner Unterschrift bestätigt, wobei ihm die beabsichtigte Verhängung des Aufenthaltsverbotes zur Kenntnis gebracht worden sei; auch die Übernahme des Aufenthaltsverbotsbescheides habe er mit Unterschrift bestätigt. Die Niederschrift sei ihm von einem Dolmetscher übersetzt worden. Mit der Übernahme des Bescheides seien ihm auch die Begründung und die Rechtsmittelmöglichkeiten in seine Sprache übersetzt worden, sodass er bei Übernahme des Bescheides auch von den ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln in Kenntnis gewesen sei. Ein Fremder sei verpflichtet, sich allenfalls unter Beiziehung eines Übersetzers mit dem Inhalt einer zugestellten behördlichen Erledigung einschließlich der Rechtsmittelbelehrung vertraut zu machen. Unterlasse er dies, so sei ihm eine den minderen Grad des Versehens übersteigende Sorgfaltspflichtverletzung anzulasten.
Die erst am 24. Oktober 2002 eingebrachte Berufung sei als verspätet zurückzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist unter anderem gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Seinen Wiedereinsetzungsantrag hat der Beschwerdeführer damit begründet, es sei ihm weder die Bedeutung des ausgehändigten Bescheides noch sein Inhalt ausreichend bekannt geworden; er habe weder den Inhalt des Bescheides noch die Rechtsmittelbelehrung verstanden. In der Beschwerde verweist er auf diese Behauptungen und weiters darauf, dass er nach einer sowohl psychisch als auch physisch überaus belastenden "Zureise" in einer Ausnahmesituation gewesen sei.
Er bestreitet aber nicht, dass ihm mit Hilfe eines Dolmetschers bei seiner Vernehmung bekannt gegeben worden ist, dass beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Wird nun - wie vorliegend - einem Fremden die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in verständlicher Weise mitgeteilt, so muss ihm bei der anschließenden Übernahme des Bescheides bewusst sein, ein rechtlich bedeutsames Schriftstück zu erhalten. Die Tatsache, dass der Fremde den Inhalt des Aufenthaltsverbotsbescheides samt Rechtsmittelbelehrung nicht versteht, bildet keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund, weil es einen den minderen Grad des Versehens übersteigenden Sorgfaltsverstoß darstellt, wenn es der Fremde unter den aufgezeigten Umständen unterlässt, sich Kenntnis vom Inhalt des Bescheides zu verschaffen. Die belastenden Umstände der Einreise sind ebenso wenig wie eine Schubhaft geeignet, den genannten Sorgfaltsmaßstab herabzusetzen. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 19. November 2003, Zl. 2003/21/0090.)
Beim weiteren Beschwerdevorbringen, er sei bei Entgegennahme des Asylantrages darauf hingewiesen worden, dass dieser Antrag das Aufenthaltsverbot in seiner Durchsetzung hemme, weshalb er der Ansicht gewesen sei, auch die Rechtsmittelfrist sei durch den Asylantrag gehemmt worden, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Im Übrigen steht dieses Vorbringen im Widerspruch zu seiner Behauptung im Verwaltungsverfahren, er habe die Rechtsmittelbelehrung nicht verstanden.
Soweit der Beschwerdeführer letztlich eine Verletzung des Parteiengehörs durch die belangte Behörde rügt, unterlässt er es, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzulegen. Er bringt nämlich nicht vor, zu welchen weiteren Feststellungen die belangte Behörde hätte gelangen können. Auf das Verstehen des Inhaltes des ausgehändigten Aufenthaltsverbotsbescheides samt Rechtsmittelbelehrung kommt es - wie bereits dargelegt - bei Beurteilung des Wiedereinsetzungsantrages nicht an, weshalb es auch nicht entscheidungswesentlich ist, dass die Feststellung der belangten Behörde betreffend Übersetzung der Begründung und der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides keine aktenmäßige Deckung hat. Anders als im Asylverfahren sieht die Rechtslage nicht vor, fremdenrechtlichen Bescheiden, die einem der deutschen Sprache nicht hinreichend kundigen Fremden zuzustellen sind, eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung in einer ihm verständlichen Sprache anzuschließen (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 2003/21/0090).
Die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages kann nach dem Gesagten nicht als rechtswidrig gesehen werden.
Dass die Berufung verspätet eingebracht wurde, wird in der Beschwerde nicht bekämpft, weshalb ihr auch diesbezüglich der Erfolg zu versagen war.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 27. Jänner 2004
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003210167.X00Im RIS seit
04.03.2004