TE Vwgh Erkenntnis 2004/1/27 2003/21/0218

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.01.2004
beobachten
merken

Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
MRK Art8 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Wolfgang Weinwurm, Rechtsanwalt in 2620 Neunkirchen, Triester Straße 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 28. August 2003, Zl. Fr 893/2003, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein seinen Angaben zufolge am 15. Juni 1985 geborener Staatsangehöriger von Guinea, reiste nach seinen Behauptungen am 8. Mai 2002 illegal in das Bundesgebiet ein. Der in der Folge gestellte Asylantrag wurde in erster Instanz abgewiesen; das Berufungsverfahren ist anhängig.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. August 2003 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z 1 iVm §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Diese Maßnahme stützte die belangte Behörde darauf, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 13. Februar 2003 nach § 28 Abs. 2 (letzte Alternative) und Abs. 3 (erster Fall) Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt worden sei. Die belangte Behörde stellte die dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Straftaten im Einzelnen fest. Danach habe der Beschwerdeführer - zusammengefasst - im Zeitraum Anfang 2002 bis November 2002 Suchtgift in großer Menge (vor allem Heroin, aber auch Marihuana) in der Absicht in Verkehr gesetzt (an namentlich genannte Abnehmer "mit Gewinnaufschlag" verkauft), sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Dabei habe es sich um eine "Jugendstraftat" gehandelt, bei der das Gericht die bisherige Unbescholtenheit und das Geständnis mildernd gewertet habe, erschwerend hingegen, dass die "Grenzmenge" bei Heroin, einem der gefährlichsten Suchtgifte, um mehr als das Dreifache überschritten worden sei.

Den Rechtsausführungen im angefochtenen Bescheid ist die Ansicht der belangten Behörde zu entnehmen, es sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG erfüllt, weil der Beschwerdeführer von einem inländischen Gericht zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden sei. Die belangte Behörde - so lassen sich die weiteren Überlegungen zusammenfassen -

folgerte daraus unter Bedachtnahme auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und auf die insoweit bestehende große Wiederholungsgefahr, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Der beschäftigungslose Beschwerdeführer sei ledig und habe in Österreich keine Familienangehörigen. Er habe (gemeint: vor seiner Verhaftung) in einer Wohnung der Caritas von Mitteln der Sozialhilfe gelebt. Selbst wenn man von einem relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ausginge, würden seine privaten Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich - auch angesichts der noch nicht allzu langen Dauer seines Aufenthaltes - das besonders hohe öffentliche Interesse an der Hintanhaltung und Unterbindung des Suchtgifthandels keineswegs überwiegen. Die belangte Behörde erachtete die Erlassung des Aufenthaltsverbotes deshalb unter dem Gesichtspunkt der Abwägung nach § 37 FrG für zulässig und eine Ermessensübung im Sinne einer Abstandnahme von dieser Maßnahme nicht für gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen hat:

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 36 Abs. 1 FrG die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 36 Abs. 2 Z 1 FrG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der Beschwerdeführer stellt die eingangs erwähnte strafgerichtliche Verurteilung ebenso wenig in Abrede wie die darauf gegründete - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, es sei vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 erster Fall FrG erfüllt.

Die Beschwerde wendet sich allerdings gegen die Ansicht der belangten Behörde, es sei die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die letztlich geständige Verantwortung des Beschwerdeführers im Strafverfahren und die (derzeitige) Verbüßung der Haftstrafe.

Entgegen der Beschwerdemeinung sind diese Umstände für sich genommen nicht geeignet, dem Beschwerdeführer eine günstige Zukunftsprognose zu erstellen. Zu Recht hat die belangte Behörde auf die mit der Suchtgiftkriminalität im Allgemeinen verbundene große Wiederholungsgefahr hingewiesen, von der auch im vorliegenden Fall angesichts der (weit gehenden) Mittellosigkeit des Beschwerdeführers in Verbindung mit dem in der Vergangenheit gezeigten Verhalten - gewerbsmäßiger Heroinhandel während eines unmittelbar nach der Einreise beginnenden, bis zu seiner Betretung nicht unbeträchtlichen Zeitraumes - auszugehen ist.

Die Beschwerde bestreitet - zu Recht - nicht, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier: vor allem zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Gesundheit Anderer) im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten ist. Sie wendet sich aber erkennbar gegen das Ergebnis der Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG und macht diesbezüglich geltend, der Beschwerdeführer weise im Hinblick auf den während seines Aufenthaltes in Österreich gewonnenen Freundeskreises einen hohen Grad von sozialer Integration auf.

Damit nimmt die Beschwerde auf die Berufungsausführungen Bezug, wonach der Beschwerdeführer im Caritas-Wohnheim Freunde gefunden habe, die ihn "für den Anfang" (offenbar gemeint: nach der Haftentlassung) "unterstützen werden". Er sei mit ihnen schriftlich in Kontakt. Diese Umstände können aber weder eine maßgebliche Verstärkung der privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich bewirken, noch musste dieses Vorbringen die belangte Behörde zu weiteren Ermittlungen veranlassen. Die Beschwerde, die nämlich in diesem Zusammenhang "zum tatsächlichen Grad" der Integration des Beschwerdeführers auch die Unterlassung weiterer Erhebungen rügt, zeigt im Übrigen nicht auf, zu welchen für die Entscheidung maßgeblichen Ergebnissen diese "weiteren Erhebungen" konkret geführt hätten. Gegen die von der belangten Behörde unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK vorgenommene Beurteilung hegt der Verwaltungsgerichtshof angesichts der nicht besonders ausgeprägten Integration des Beschwerdeführers und des zutreffend als besonders hoch bewerteten öffentlichen Interesses an der Verhinderung der äußerst sozialschädlichen Suchtgiftkriminalität somit keine Bedenken (vgl. zahlreiche zu Suchtgiftdelinquenten ergangene hg. Erkenntnisse, aus der letzten Zeit etwa die Erkenntnisse vom 10. September 2003, Zl. 99/18/0031, und Zl. 2003/18/0156, sowie das einen gleich gelagerten Fall betreffende Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2003/21/0221).

Schließlich vermag die Beschwerde auch keine besonderen Aspekte aufzuzeigen, welche die belangte Behörde im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes hätten veranlassen müssen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Jänner 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003210218.X00

Im RIS seit

03.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten