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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Dr. U in W, vertreten durch Dr. Hansjörg Heiter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wiesingerstraße 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 27. Oktober 2000, Zl. 16 2190/6-I/6/00, betreffend Belohnung nach § 19 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Oberrat in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wird im Anwaltsdienst der Finanzprokuratur verwendet. Für das Jahr 1999 wurde ihm eine Belohnung in der Höhe von S 14.349,05 gewährt.
In seiner Eingabe vom 31. Jänner 2000 erhob er das Begehren auf Feststellung und Auszahlung einer darüber hinausgehenden Belohnung (in Form eines "Steigerungsbetrages") in der Höhe von S 17.498,10, in eventu auf Feststellung eines "Steigerungsbetrages" für das Jahr 1999. Er sah sein Begehren darin begründet, dass seine Tätigkeit in der Finanzprokuratur in qualitativer und quantitativer Hinsicht im absoluten Spitzenbereich liege. Einem Drittel der juristischen Mitarbeiter der Finanzprokuratur sei die begehrte Belohnung in voller Höhe, einem weiteren Drittel in halber Höhe gewährt worden, nicht jedoch dem Beschwerdeführer. Die Gründe für die Verweigerung oder Gewährung einer Belohnung seien seiner Ansicht nach willkürlich und nicht auf die Leistungen eines Einzelnen abgestellt.
Mit Bescheid vom 12. Mai 2000 wies die Finanzprokuratur als nachgeordnete Dienstbehörde (nunmehr Dienstbehörde erster Instanz) die Anträge des Beschwerdeführers zurück. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, nach dem Gehaltsgesetz 1956 (GehG) bestehe in keinem Fall ein Anspruch auf Belohnung, weshalb der auf Auszahlung einer weiteren Belohnung gerichtete Antrag zurückzuweisen gewesen sei. Ein nicht bestehendes Recht sei auch einer Feststellung nicht zugänglich.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er u.a. auch vorbrachte, dass er einen Anspruch auf Ermessensprüfung habe. Ob das Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt oder im Fall "qualifizierter Willkür" auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliege, sei in einem "besonderen Feststellungsverfahren" zu prüfen (wird näher ausgeführt). Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 19 GehG die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges zusammengefasst aus, der Verwaltungsgerichtshof habe in einem völlig gleich gelagerten Fall seine Rechtsprechung zur Frage der Parteistellung bei Belohnungen im Bundesdienst "(Zl. 2000/12/0101 vom 24. Mai 2000)" bestätigt. Danach räume § 19 GehG dem Bediensteten in keinem Fall einen Rechtsanspruch auf Belohnung ein, weshalb Anträge auf eine solche Zuwendung zu Recht zurückzuweisen seien. Weiters sei der Gleichheitsgrundsatz auf Differenzierungen zwischen Beamten und Vertragsbediensteten schon wegen der grundlegenden Unterschiede zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis anwendbar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 25. September 2001, B 2267/00, abgetretene Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 2. Mai 2001, Zl. 96/12/0062, ausgeführt, ein Bescheid hätte in Form einer negativen Sachentscheidung zu ergehen, wenn der Beamte - dem keine oder eine seiner Ansicht nach zu geringe Belohnung ausbezahlt worden wäre - bei der Dienstbehörde geltend machte, er erfülle die Voraussetzung für eine positive Ermessensübung für eine Entscheidung in dem von ihm angestrebten Sinn und die Behörde nach Durchführung allenfalls notwendiger Ermittlungen diese Auffassung des Beamten nicht (nicht in vollem Umfang) teilte (und die Angelegenheit daher nicht durch Auszahlung der angestrebten Belohnung "erledigte"). Die belangte Behörde habe ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht eine meritorische Prüfung und eine Sachentscheidung verweigert. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer der Ansicht, dass ihm im konkreten Fall auch ein Rechtsanspruch auf Zahlung einer Belohnung zustehe.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Sie tritt dem Beschwerdevorbringen damit entgegen, die Ausführungen in dem vom Beschwerdeführer genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Mai 2001 schienen tatsächlich von dessen ständiger Rechtsprechung abzuweichen. Allerdings sei dieses Erkenntnis offensichtlich nicht das Ergebnis eines verstärkten Senates, weshalb sich die belangte Behörde weiterhin auf die vorerwähnte ständige Rechtsprechung berufe, die ihrer Ansicht nach nicht nur den Vorzug der Rechtsrichtigkeit, sondern auch den der Praxisbezogenheit aufweise. Ließen sich nur wenig hundert Bedienstete (im Finanzressort) auf eine Auseinandersetzung über die Höhe der Belohnung ein, würde dies nicht nur das Ende jeder "modernen Verwaltungsführung", sondern auch den Zusammenbruch der Personalverwaltung bedeuten. Abschließend verwies die belangte Behörde zur Frage eines Anspruches auf Belohnung und auf Gleichbehandlung auf ein ihrer Gegenschrift beigelegtes Rechtsgutachten betreffend Vertragsbedienstete.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 erster Satz des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 - GehG, in der Fassung der 40. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 49/1983, können nach Maßgabe der vorhandenen Mittel dem Beamten für besondere Leistungen, die nicht nach anderen Vorschriften abzugelten sind, Belohnungen gezahlt werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. Mai 2001, Zl. 96/12/0062, auf das im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, tragend ausführte, räumt § 19 (erster Satz) GehG dem Beamten - das Vorhandensein maßgeblicher Mittel vorausgesetzt - einen Rechtsanspruch auf eine Ermessensentscheidung über die Belohnung ein. Ein Bescheid (in Form einer negativen Sachentscheidung) hat nur zu ergehen, wenn der Beamte, dem keine oder eine seiner Meinung nach zu geringe Belohnung ausbezahlt wird, bei der Dienstbehörde geltend macht, er erfülle die Voraussetzungen für eine positive Ermessensübung für eine Entscheidung in dem von ihm angestrebten Sinn, und die Behörde nach Durchführung allenfalls notwendiger Ermittlungen diese Auffassung des Beamten nicht (nicht in vollem Umfang) teilt (und daher die Angelegenheit nicht durch Auszahlung der angestrebten Belohnung "erledigt"). Schon von daher verkannte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Rechtslage.
Soweit die belangte Behörde den Erwägungen des hg. Erkenntnisses vom 2. Mai 2001 in ihrer Gegenschrift vorrangig entgegen hält, dieses sei offensichtlich nicht das Ergebnis eines verstärkten Senates, zieht sie damit die Stichhaltigkeit der Gründe dieses Erkenntnisses nicht in Zweifel. Überdies geht dieses Erkenntnis ausführlich auf sein Verhältnis zur Vorjudikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein.
Auch der bloße Hinweis der Gegenschrift auf Gesichtspunkte der "Praxisbezogenheit" und der "modernen Verwaltungsführung" für die von der belangten Behörde gepflogene Vorgangsweise einerseits und des - offenbar aus dem genannten Erkenntnis vom 2. Mai 2001 abgeleiteten - drohenden Zusammenbruches der Personalverwaltung andererseits kann das in diesem Erkenntnis an Hand des § 19 GehG gewonnene Auslegungsergebnis eines Anspruches des Beamten auf eine Ermessensentscheidung nicht entkräften.
Schließlich vermag das der Gegenschrift angeschlossene Rechtsgutachten zur Frage eines Rechtsanspruches von Vertragsbediensteten auf "Belastungsbelohnungen", das schon von seinem Entstehungszeitpunkt her noch nicht auf die Gründe des genannten Erkenntnisses vom 2. Mai 2001 eingehen konnte, in seiner Zielrichtung - die Frage einer vertraglichen Anspruchsgrundlage - für das vorliegende öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis keine Relevanz zu entfalten.
Nach dem Gesagten belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.
Wien, am 28. Jänner 2004
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Ermessen besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001120241.X00Im RIS seit
03.03.2004