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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §73 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des S in F, vertreten durch Dr. Teja H. Kapsch, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Marburger Kai 47, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. Februar 1996, Zl. SchA - 65778/72/95, betreffend Auszahlung infolge Suspendierung einbehaltener Bezugsbestandteile und Feststellung der Höhe einer Geldstrafe (Disziplinarstrafe), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Hauptschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten. Er war zuletzt am Polytechnischen Lehrgang in F. tätig.
Mit Bescheid der Disziplinarkommission für Landeslehrer beim Amt der Kärntner Landesregierung (im Folgenden Disziplinarkommission) vom 28. Oktober 1991 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes (LDG 1984) ein Disziplinarverfahren eingeleitet und dieses bis zur rechtskräftigen Beendigung der gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Strafverfahren zu sachgleichen Vorwürfen (siehe dazu näher unten) unterbrochen. Weiters wurde er mit Bescheid vom gleichen Tag gemäß § 80 Abs. 3 LDG 1984 vom Dienst suspendiert und gemäß § 80 Abs. 4 leg. cit. die Kürzung seines Monatsbezuges auf zwei Drittel - unter Ausschluss der Haushaltszulage - für die Dauer der Suspendierung verfügt. In der Begründung wurde auf die Teilnahme an einer rechtsextremistischen Demonstration am 5. Oktober 1991, heftigen Widerstand gegen die Auflösung der Veranstaltung und die Verletzung eines Polizeibeamten verwiesen.
Der gegen den Suspendierungsbescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Kärntner Landesregierung (im Folgenden Disziplinaroberkommission) vom 8. Jänner 1992 bezüglich der Suspendierung nicht Folge gegeben.
Hinsichtlich der Bezugskürzung wurde der Berufung insofern teilweise stattgegeben, als die Disziplinaroberkommission aussprach, dass der Monatsbezug mit Wirkung vom 30. Oktober 1991 lediglich um 25 v.H. zu kürzen gewesen sei. Dabei ging die Disziplinaroberkommission von folgendem dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer sei am 5. Oktober 1991 von Beamten der Bundespolizeidirektion Graz festgenommen worden, weil er im Verdacht gestanden sei, an einer rechtsextremistischen Demonstration teilgenommen, sich der Auflösung dieser Veranstaltung durch die Polizei heftig widersetzt und dabei einen Polizeibeamten leicht verletzt zu haben, sodass er bei Zutreffen dieser Verdachtsmomente auch gegen § 29 Abs. 2 LDG 1984 verstoßen habe. Gerade durch den Verdacht der Teilnahme an einer derartigen Veranstaltung und den Widerstand gegen eine Amtshandlung, verbunden mit der Verletzung eines Polizeibeamten, würden durch die Belassung des Beschwerdeführers im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen der Schule oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, dies umso mehr, als dieser Vorfall beachtliches Interesse in den Medien gefunden habe.
Mit dem im zweiten Rechtsgang im Instanzenzug vom OGH mit Urteil vom 30. August 1994, 11 Os 93/94, im Schuldspruch bestätigten, im Strafausspruch geänderten Urteil des Geschworenengerichtes beim LG Klagenfurt vom 29. April 1994, 15 Vr 2001/91-90, - die Zuständigkeit dieses Gerichtes ergab sich wegen des gegen den Beschwerdeführer zusätzlich erhobenen Vorwurfs eines Verbrechens nach § 3g des Verbotsgesetzes, von dem er jedoch im zweiten Rechtsgang freigesprochen wurde - wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 5. Oktober 1991 in G.
1.) Beamte der BPD G. mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich an Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Auflösung einer behördlich untersagten Versammlung, dadurch zu verhindern versucht, dass er Revierinspektor Josef L. mehrere Schläge versetzt und
2.) anlässlich der unter 1.) beschriebenen Tat diesen Beamten während und wegen der Vollziehung seiner Aufgaben vorsätzlich am Körper verletzt (Schädelprellung, Prellung des rechten Augapfels, Hautabschürfungen im Gesicht).
Er habe hiedurch zu 1.) das Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 (erster Fall) StGB und zu 2.) das Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB begangen und werde hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 269 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 und unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen a S 350,--
verurteilt.
In der Folge erkannte die Disziplinarkommission mit Bescheid vom 20. Mai 1995 den Beschwerdeführer wegen der beiden sachgleichen Vorwürfe einer Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 2 LDG 1984 schuldig und verhängte über ihn gemäß § 70 Abs. 1 Z 4 LDG 1984 die Disziplinarstrafe der Entlassung.
Die Disziplinaroberkommission gab der Berufung des Beschwerdeführers gegen deren Bescheid insoweit Folge, als sie über ihn gemäß § 70 Abs. 1 Z 3 LDG 1984 eine Geldstrafe in der Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Haushaltszulage verhängte und ihm nach § 96 Abs. 2 leg. cit. die Abstattung in 24 Monatsraten bewilligte. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer (unbestritten) am 2. Oktober 1995 zugestellt.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 1995 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (in Vollzug des Disziplinarerkenntnisses) mit, dass bei der Ermittlung der Höhe der gegen ihn verhängten Geldstrafe gemäß § 70 Abs. 2 LDG 1984 von seiner besoldungsrechtlichen Einstufung zum Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses (20. März 1995) auszugehen sei, woraus sich (auf Grund einer ausführlich dargestellten Berechnung) eine monatliche Rate von S 7.677,29 ergebe. Der rechtskräftige Abschluss des Disziplinarverfahrens sei am 2. Oktober 1995 mit der Zustellung des Disziplinarerkenntnisses an den Beschwerdeführer erfolgt, womit auch die Suspendierung geendet habe. Es werde daher die Buchhaltung beauftragt, die Bezüge und die Bildungszulage des Beschwerdeführers ab 2. Oktober 1995 wieder ungekürzt anzuweisen, die Geldstrafe in 24 gleichen Monatsraten zu S 7.677,29 beginnend mit Dezember 1995 von den Monatsbezügen des Beschwerdeführers in Abzug zu bringen und auf ein Verwahrungskonto zu buchen. Über die endgültige Verwendung der Beträge müsse erst entschieden werden.
Mit Antrag vom 4. Dezember 1995 ersuchte der Beschwerdeführer um sofortige Nachzahlung der ihm seit Oktober 1991 vorenthaltenen Bezüge in der Höhe von 25 %. Dabei sei zu beachten, dass ihm durch die Bezugsminderung erhebliche Kosten in Form von angelaufenen Bankzinsen entstanden seien. Er fordere diese daher unter Beachtung der üblichen Berechnungspraktiken ein. Um weitere Verzögerungen zu vermeiden, setze er der belangten Behörde eine Frist von 8 Tagen, nach deren Ablauf er seinen Anwalt einschalten müsse. Weiters wehre er sich gegen die Berechnung der Disziplinarstrafe unter Zugrundelegung seines Bruttolohnes. Es könnten nicht ernsthaft Beträge (nämlich die Lohnnebenkosten) von seinem Bezug abgezogen werden, die er niemals erhalten habe. Diese könne die belangte Behörde vielleicht vom Finanzamt und den diversen Versicherungsträgern einfordern, aber nicht von ihm. Der Beschwerdeführer ersuche daher, die Berechnung der Geldstrafe neu vorzunehmen und sich dabei auf den Nettolohn zu beschränken.
Hiezu stellte die belangte Behörde mit Schreiben vom 18. Dezember 1995 im Wesentlichen fest, dass die Minderung der Bezüge für die Dauer der Suspendierung eine von Gesetzes wegen zwingend vorgeschriebene Rechtsfolge der Suspendierung (§ 80 Abs. 4 LDG 1984) sei, der aber kein Strafcharakter zukomme. Durch die Bezugskürzung solle vielmehr ein Ausgleich für die durch den Verdacht einer schweren, schuldhaften Pflichtverletzung bedingte Nichtdienstleistung geschaffen werden. Mit der gesetzlichen Regelung über die Kürzung der Bezüge bei der Suspendierung solle dem Eindruck entgegengewirkt werden, dass öffentlich-rechtlich Bedienstete, die im Verdacht einer schweren Pflichtverletzung stünden und daher von der Dienstleistung ausgeschlossen werden müssten, ohne Erbringung weiterer Dienstleistungen die vollen Bezüge beibehielten. Zudem bestimme § 13 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), dass im Falle der Suspendierung des Beamten und der Kürzung seiner Monatsbezüge aus diesem Anlass diese Kürzung endgültig werde, wenn der Beamte strafgerichtlich verurteilt werde, über ihn im Disziplinarverfahren eine Geldstrafe oder die Entlassung verhängt werde oder er während des strafgerichtlichen oder des Disziplinarverfahrens aus dem Dienstverhältnis austrete. Würden diese Voraussetzungen nicht zutreffen, so seien die infolge der Kürzung einbehaltenen Bezüge dem Beamten nachzuzahlen. Da im Beschwerdefall die Voraussetzungen der Ziffern 1 und 2 des § 13 Abs. 1 GehG vorlägen, komme eine Nachzahlung der infolge der Suspendierung einbehaltenen Bezüge an den Beschwerdeführer nicht in Betracht. Gemäß § 3 Abs. 2 GehG bestehe der Monatsbezug aus dem Gehalt und allfälligen Zulagen.
§ 55 Abs. 1 GehG sehe vor, dass das Gehalt des Lehrers durch die Verwendungsgruppe und durch die Gehaltsstufe bestimmt werde und im Beschwerdefall im maßgeblichen Zeitpunkt S 36.123,-- (14. Gehaltsstufe der Verwendungsgruppe L2a2) betragen habe. Die dem Beschwerdeführer mitgeteilte Berechnung beziehungsweise Bemessung der gegen ihn verhängten Geldstrafe und die daraus ableitbare Höhe der einzelnen Monatsraten sei daher korrekt und gesetzmäßig erfolgt.
Mit Schreiben vom 24. Jänner 1996 stellte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer den Antrag, die belangte Behörde möge bescheidmäßig feststellen, dass
1. ihm die aus der Kürzung seiner Bezüge um 25 % seit Beginn der vorübergehenden Suspendierung im Oktober 1991 bis zur rechtskräftigen Beendigung des Disziplinarverfahrens "am 18. September 1991" entstandenen Einkommenskürzungen nachzubezahlen seien, und
2. die über ihn mit Bescheid vom 18. September 1995 verhängte Disziplinarstrafe auf Grundlage seines monatlichen Nettobezuges unter Ausschluss der Haushaltszulage zu berechnen sei und die bereits darüber hinausgehenden einbehaltenen Teilzahlungsbeträge auf die nächst folgende/n Monatsrate/n derselben anzurechnen seien.
Der Beschwerdeführer führte hiezu aus, dass gemäß § 90 LDG 1984 eine Dienstpflichtverletzung über die Disziplinarstrafe hinaus zu keinen dienstrechtlichen Nachteilen führen dürfe. Zufolge dieser Gesetzesstelle seien die nachteiligen Folgen einer Dienstpflichtverletzung durch den Ausspruch einer zu verhängenden Disziplinarstrafe beschränkt. Da diese im Beschwerdefall an der Höchstgrenze einer Geldstrafe für fünf Monatsbezüge angesiedelt worden sei, seien alle darüber hinausgehenden dienstrechtlichen Nachteile gesetzlich nicht gedeckt. Ihm stehe daher ein Anspruch auf Rückersatz der Bezugskürzung im vollen Umfange zu. Im Bruttomonatsbezug seien sowohl die Lohnsteuer als auch die Dienstgeberbeiträge zur Versicherung enthalten, während dem Beschwerdeführer als Lohnbezieher ausschließlich die Nettozahlungen aus seinem Gehalt zugeflossen seien. Die von der belangten Behörde vertretene Ansicht würde zu einer Straferhöhung führen, weil sein Einkommen nicht nur um fünf Monatsbezüge gekürzt werde, sondern er, der auf Grund der Strafe auch kein Einkommen beziehe, zusätzlich die steuerlichen Belastungen und die Dienstgeberbeiträge sowie die Versicherungsbeiträge zu tragen habe und derart eine höhere Geldstrafe entrichte, als über ihn gesetzmäßig verhängt werden könne.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid traf die belangte Behörde "in der Angelegenheit des rechtskräftig abgeschlossenen Disziplinarverfahrens in Vollzug des Disziplinarerkenntnisses der Disziplinaroberkommission" über Ersuchen des Beschwerdeführers folgende Feststellungen: Gemäß § 13 Abs. 1 GehG sei die für die Dauer der Suspendierung des Beschwerdeführers gemäß § 80 Abs. 4 LDG 1984 eingetretene Kürzung des Monatsbezuges endgültig und erfolge keine Nachzahlung der infolge der Bezugskürzung der Suspendierung einbehaltenen Beträge an den Beschwerdeführer (Spruchabschnitt I).
Nach §§ 3 Abs. 2 und 55 Abs. 1 GehG habe die Berechnung der gegen den Beschwerdeführer seitens der Disziplinaroberkommission mit Bescheid vom 18. September 1995 verhängten Geldstrafe in der Höhe von fünf Monatsbezügen und die daraus ableitbare Höhe der einzelnen Monatsraten auf Basis seines monatlichen Bruttobezuges zu erfolgen, sodass die im Schreiben der Kärntner Landesregierung vom 31. Oktober 1995 erfolgte Berechnung der Höhe der gegen den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafe sowie der einzelnen Monatsraten korrekt sei (Spruchabschnitt II).
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Sachverhaltes und der Rechtslage aus, dass der Beschwerdeführer die Nachbezahlung der aus der Kürzung der Bezüge um 25 % seit Beginn der vorübergehenden Suspendierung im Oktober 1991 bis zur rechtskräftigen Beendigung des Disziplinarverfahrens am "18.9.1991" entstandenen Einkommenskürzungen begehrt habe. Jedoch sei zum Zeitpunkt des Ausspruches der vorläufigen Suspendierung (Anmerkung: Diese war mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Oktober 1991 erfolgt) noch keine Bezugskürzung eingetreten. Erst mit Bescheid der Disziplinarkommission vom 28. Oktober 1991 sei der Beschwerdeführer gemäß § 80 Abs. 3 LDG 1994 vom Dienst suspendiert und gemäß § 80 Abs. 4 leg. cit. die Kürzung seiner Bezüge verfügt worden. Die rechtskräftige Beendigung des Disziplinarverfahrens sei nicht am 18. September 1991 erfolgt, sondern mit der eigenhändigen Übernahme des Disziplinarerkenntnisses der Disziplinaroberkommission vom 18. September 1995 durch den Beschwerdeführer am 2. Oktober 1995.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genüge bereits das Vorliegen der Voraussetzung der Ziffer 1 des § 13 GehG, um die infolge der Suspendierung eingetretene Bezugskürzung endgültig werden zu lassen. Da im Beschwerdefall die Voraussetzungen der Ziffern 1und 2 des § 13 Abs. 1 GehG vorliegen würden, komme eine Nachzahlung der infolge der Suspendierung des Beschwerdeführers eingetretenen Bezugskürzung keinesfalls in Betracht. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zu § 90 Abs. 1 LDG 1984 seien im Beschwerdefall nicht von Bedeutung. Der Gesetzgeber habe durch diese Bestimmung lediglich verhindern wollen, dass Disziplinarstrafen (nicht beabsichtigte) schwere Nachteile für den Beamten verursachten. Dies sei bei allen dienstrechtlichen Maßnahmen von Bedeutung, die gegenüber dem Beamten nach rechtskräftigem Abschluss des Disziplinarverfahrens zu setzen seien und bei denen der verfügenden Behörde ein Ermessensspielraum eingeräumt sei. Danach sei es ausgeschlossen, die Disziplinarstrafe bei der Leistungsfeststellung oder im Rahmen der dienstlichen Laufbahn (etwa bei Ernennungen im Dienstverhältnis) in einer für den Beamten nachteiligen Weise zu berücksichtigen. Auch Versetzungen aus Anlass einer Disziplinarstrafe seien nur soweit zulässig, als sie keine dienstrechtlichen Nachteile für den Beamten mit sich bringen würden. Die Bestimmung des § 90 Abs. 1 LDG 1984 diene ausschließlich zur Sicherung des Schutzes gegen nachteilige Folgewirkungen einer ausgesprochenen Disziplinarstrafe. Die während der Dauer der Suspendierung des Beschwerdeführers kraft Gesetzes eingetretene Bezugskürzung sei aber keine nachteilige Folgewirkung der im Disziplinarverfahren ausgesprochenen Disziplinarstrafe und stelle daher auch keinen dienstrechtlichen Nachteil im Sinne des § 90 Abs. 1 LDG 1984 dar. Auf Grund der dargelegten Sach- und Rechtslage könne Punkt 1 des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages nicht entsprochen werden.
Die Begründung zu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides deckt sich im Wesentlichen mit der bereits im Schreiben der belangten Behörde vom 18. Dezember 1995 enthaltenen Argumentation, wonach die Berechnung der Höhe der zu entrichtenden Geldstrafe korrekt, insbesondere nämlich unter Zugrundelegung des Bruttobezuges des Beschwerdeführers, erfolgt sei.
Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 29. September 1998, B 1049/96, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß zur Entscheidung abgetreten hat.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, entgegen der Bestimmung des § 90 Abs. 1 LDG 1984 keine weiteren dienstrechtlichen Nachteile zu erleiden, auf Begrenzung der Disziplinarstrafe der Höhe nach gemäß § 70 Abs. 1 LDG 1984 sowie auf richtige Berechnung der über ihn verhängten Geldstrafe gemäß § 70 Abs. 2 leg. cit. verletzt.
Nach § 106 Abs. 1 Z 1 LDG 1984 gilt für Landeslehrer das Gehaltsgesetz 1956 mit im Beschwerdefall nicht erheblichen Abweichungen.
§ 13 Abs. 1 GehG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 35. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 561/1979, lautet:
"Kürzung und Entfall der Bezüge
§ 13. (1) Ist der Beamte suspendiert und sein Monatsbezug aus diesem Anlaß gekürzt worden, so wird die Kürzung endgültig, wenn
1.
der Beamte strafgerichtlich verurteilt wird,
2.
über ihn im Disziplinarverfahren eine Geldstrafe oder die Entlassung verhängt wird oder
3. er während des strafgerichtlichen oder des Disziplinarverfahrens aus dem Dienstverhältnis austritt.
Treffen diese Voraussetzungen nicht zu, so sind die infolge der Kürzung einbehaltenen Beträge dem Beamten nachzuzahlen."
§ 80 LDG 1984, BGBl. Nr. 302 (Abs. 4 idF BGBl. Nr. 641/1987 und das Wort "Kinderzulage" idF BGBl. Nr. 297/1995), lautet:
"Suspendierung
§ 80. (1) Wird über einen Landeslehrer die Untersuchungshaft verhängt oder würden durch die Belassung eines Landeslehrers im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen der Schule oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, so hat die landesgesetzlich zuständige Behörde die vorläufige Suspendierung zu verfügen.
(2) Gegen die vorläufige Suspendierung ist kein Rechtsmittel zulässig.
(3) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der zur Durchführung des Disziplinarverfahrens berufenen Behörde mitzuteilen, die über die Suspendierung zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit dem Tag dieser Entscheidung. Ist jedoch ein Disziplinarverfahren bereits anhängig, so hat die zur Durchführung dieses Verfahrens berufene Behörde bei Vorliegen der im Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.
(4) Jede durch Beschluß der zur Durchführung des Disziplinarverfahrens berufenen Behörde verfügte Suspendierung hat die Kürzung des Monatsbezuges des Landeslehrers - unter Ausschluß der Kinderzulage - auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Die zur Durchführung des Disziplinarverfahrens berufene Behörde kann auf Antrag des Landeslehrers oder von Amts wegen die Kürzung vermindern oder aufheben, wenn und soweit dies zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Landeslehrers und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig ist, unbedingt erforderlich ist.
(5) Die Suspendierung endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung des Landeslehrers maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Behörde, bei der das Disziplinarverfahren anhängig ist, unverzüglich aufzuheben. (...)"
§ 70 LDG 1984, BGBl. Nr. 302 (das Wort "Kinderzulage" in den Z 2 und 3 idF BGBl. Nr. 297/1995), lautet:
"Disziplinarstrafen
§ 70. (1) Disziplinarstrafen sind
1.
der Verweis,
2.
die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluß der Kinderzulage,
3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluß der Kinderzulage,
4. die Entlassung.
(2) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Landeslehrer auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses bzw. im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen."
§ 90 Abs. 1 LDG 1984 (Stammfassung) lautet:
"Auswirkung von Disziplinarstrafen
§ 90. (1) Eine Dienstpflichtverletzung darf über eine Disziplinarstrafe hinaus unbeschadet der Bestimmung des § 84 zu keinen dienstrechtlichen Nachteilen führen."
§ 84 LDG 1984 betrifft den Verlust der schulfesten Stelle.
§ 96 LDG 1984, BGBl. Nr. 302, Abs. 2 Z 1
idF BGBl. Nr. 519/1993, lautet:
"Ratenbewilligung und Verwendung der Geldstrafen und Geldbußen
§ 96. (1) Bei der Hereinbringung einer Geldstrafe oder einer Geldbuße ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landeslehrers Bedacht zu nehmen.
(2) Die Disziplinarkommission darf die Abstattung einer Geldstrafe oder einer Geldbuße in höchstens 36 Monatsraten bewilligen. Die Geldstrafen und Geldbußen sind erforderlichenfalls hereinzubringen:
1. bei Landeslehrern des Dienststandes durch Abzug vom Monatsbezug und
2. bei Landeslehrern des Ruhestandes durch Abzug vom Ruhebezug.
(3) Die näheren Bestimmungen über die Verwendung der in Disziplinarverfahren eingegangenen Geldstrafen und Geldbußen hat durch Verordnung der landesgesetzlich hiezu berufenen Behörde zu erfolgen."
§ 99 Abs. 1 LDG 1984, BGBl. Nr. 302 (Absatzbezeichnung idF BGBl. Nr. 372/1989), lautet:
"Vollzug des Disziplinarerkenntnisses
§ 99. (1) Der Vorsitzende hat nach Eintritt der Rechtskraft des Disziplinarerkenntnisses den Vollzug der Disziplinarstrafe durch die landesgesetzlich hiezu berufene Behörde zu veranlassen."
Soweit der Beschwerdeführer zunächst ausführt, dass bereits das Schreiben der belangten Behörde vom 18. Dezember 1995 als Bescheid zu beurteilen sei und er lediglich vorsichtshalber gegen den nunmehr ausdrücklich als solchen bezeichneten Bescheid der belangten Behörde vom 12. Februar 1996 Beschwerde erhebe, ist er auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1999, Zl. 99/12/0070, zu verweisen, mit dem seine gegen die Erledigung der belangten Behörde vom 18. Dezember 1995 gerichtete Beschwerde mangels Bescheidqualität dieses Schreibens zurückgewiesen wurde.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, gemäß § 90 Abs. 1 LDG 1984 dürfe eine Dienstpflichtverletzung über die Disziplinarstrafe hinaus unbeschadet der Bestimmung des § 84 LDG 1984 zu keinen dienstrechtlichen Nachteilen führen. Eine (endgültige) Einbehaltung der verkürzten Beträge gemäß § 13 Abs. 1 GehG stelle einen solchen dienstrechtlichen Nachteil dar - wenn ihr nicht sogar Strafcharakter zukomme - und sei nicht anzuwenden, weil der Bestimmung des § 90 Abs. 1 LDG 1984 als lex specialis gegenüber jener des § 13 Abs. 1 GehG Vorrang einzuräumen sei.
Der Verfall der Kürzungsbeiträge wäre auch unbillig, weil der Betroffene die Dauer des Disziplinarverfahrens nicht beeinflussen könne. Darüber hinaus sei die Höhe der Geldstrafe gemäß § 70 Abs. 1 Z 3 LDG 1984 dahingehend begrenzt, als sie lediglich fünf Monatsbezüge betragen dürfe. Soweit die ihn treffenden Einkommenseinbußen diese Grenze überschritten, werde sein durch die Bestimmung des § 70 Abs. 1 LDG 1984 gewährleistetes subjektives Recht verletzt.
Die belangte Behörde hätte bei der Berechnung der Geldstrafe gemäß § 70 Abs. 2 LDG 1984 von den ihm zum Zeitpunkt der Fällung des Disziplinarerkenntnisses gebührenden Bezügen ausgehen müssen. Soweit darunter nicht bloß Nettobezüge zu verstehen seien, wäre zumindest unter Anwendung dieser Bestimmung in Verbindung mit § 13 Abs. 1 GehG von den verkürzten Beträgen auszugehen gewesen.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen Spruchabschnitt I wendet, ist ihm zu entgegnen, dass unter den dienstrechtlichen Nachteilen iSd § 90 Abs. 1 LDG 1984 keinesfalls in anderen gesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich normierte Rechtsfolgen gemeint sein können. Die allgemeine Regelung des § 90 Abs. 1 LDG 1984 ändert also nichts daran, dass die (endgültige) Einbehaltung während der Dauer der Suspendierung verkürzter Bezugsteile nach den Bestimmungen des § 106 LDG 1984 iVm § 13 Abs. 1 GehG zu erfolgen hat. Aus § 70 Abs. 1 Z 3 LDG 1984 ergibt sich daher keine Regelung für das Ausmaß der infolge Suspendierung endgültigen Kürzung von Bezugsbestandteilen.
Der Argumentation des Beschwerdeführers mit der Dauer des anhängigen Disziplinarverfahrens, das auf Grund einer verfügten Suspendierung mit einer Kürzung der Bezüge verbunden ist, ist zu entgegnen, dass es der Beschuldigte schon im erstinstanzlichen Verfahren eines amtswegig eingeleiteten Disziplinarverfahrens in der Hand hat, durch einen förmlichen und ausdrücklich gestellten Antrag auf Einstellung des Disziplinarverfahrens die Entscheidungspflicht der Disziplinarbehörden gemäß § 73 Abs. 1 AVG auszulösen und damit den Abschluss des Disziplinarverfahrens rechtlich herbeizuführen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 23. November 1983, Zlen. 83/09/0120, 0121 = Slg. N.F. Nr. 11.235/A, und vom 19. Februar 1992, Zl. 88/12/0218). Soweit die Dauer eines Disziplinarverfahrens - wie im Beschwerdefall - durch eine Unterbrechung und die Länge des strafgerichtlichen Verfahrens beeinflusst wurde, ist dies die notwendige Folge der rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers, zwingend die Unterbrechung des Disziplinarverfahrens zu verfügen, die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist und für die gute Gründe sprechen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1991, Zlen. 91/09/0103-0106). Im Übrigen steht die oben erwähnte Antragsmöglichkeit dem Beschuldigten nach rechtskräftigem Abschluss des strafgerichtlichen (verwaltungsstrafbehördlichen) Verfahrens im Disziplinarverfahren (wieder) offen.
Was die Einwendungen gegen den Spruchabschnitt II betrifft, ist Folgendes zu bemerken:
Aus den Bestimmungen der §§ 3 Abs. 2 und 55 ff GehG, die den Bezug eines Beamten als Bruttobetrag voraussetzen, folgt, dass die belangte Behörde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bei der Berechnung der Höhe der verhängten Geldstrafe nicht den Netto- , sondern den Bruttobezug zu Grunde zu legen hatte. Daher erweist sich die Höhe der Geldstrafe als richtig berechnet und überschreitet auch nicht das Höchstausmaß nach § 70 Abs. 1 Z. 3 LDG 1984. Die Höhe des von der belangten Behörde angenommenen Bruttobezuges hat der Beschwerdeführer nicht bestritten. Schließlich folgt aus der Bestimmung des letzten Satzes des § 70 Abs. 2 LDG 1984 klar, dass bei der Berechnung der Geldstrafe von den ungekürzten Monatsbezügen auszugehen ist.
Die Höhe der rechtskräftig bemessenen Disziplinarstrafe war im Beschwerdefall nicht mehr zu prüfen. Ihre ziffernmäßige Festlegung in Vollzug der Entscheidung der Disziplinaroberkommission wurde - über die Berücksichtigung der Bruttobezüge hinaus - vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen.
Da aus den dargelegten Gründen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu verneinen ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Jänner 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:1999120071.X00Im RIS seit
04.03.2004Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017