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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §20 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dr. H W in M, Deutschland, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 19a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 8. Februar 2001, Zl. uvs- 2000/14/176-1, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. a der Straßenverkehrsordnung 1960 schuldig erkannt, weil er am 2. September 2000 um 11.14 Uhr an einem näher bezeichneten Ort mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw im Ortsgebiet die gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 47 km/h überschritten habe; über ihn wurde wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.800,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die belangte Behörde habe es u.a. unterlassen, eine öffentliche Verhandlung anzuberaumen.
Gemäß § 51 e Abs. 1 VStG ( in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998) hat der
unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung
durchzuführen. Nach Abs. 3 der genannten Bestimmung kann der unabhängige
Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2.
sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3.
im angefochtenen Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe
verhängt wurde oder
4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Die belangte Behörde nahm von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ohne nähere Begründung Abstand. Die Voraussetzungen des § 51 e Abs. 3 VStG für das Absehen von der Berufungsverhandlung waren jedoch im Beschwerdefall nicht erfüllt:
Der Beschwerdeführer wendet ein, dass er im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht habe, dass er lediglich Beifahrer und nicht Lenker des Fahrzeuges gewesen sei. Fahrer und Beifahrer seien ausgestiegen, wobei der Beschwerdeführer als Halter des Fahrzeuges zum Gendarmeriebeamten gegangen sei, der auf Grund dieses Umstandes der Ansicht gewesen sei, dass der Beschuldigte das Fahrzeug gelenkt habe. Dieses konkrete Vorbringen hätte die belangte Behörde zum Anlass nehmen müssen, eine mündliche Berufungsverhandlung unter Beiziehung des Meldungslegers und des Beschuldigten durchzuführen, um den entsprechend konkretisierten Einwand abzuklären. Die Darstellung des Beschwerdeführers könne rein aufgrund der Aktenlage nicht widerlegt werden und die Einwendungen seien konkret genug gewesen, um sie zum Anlass für Verfahrensschritte zu machen.
Dieses Vorbringen ist zielführend. Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet hat, weil schon nach dem Gesetzeswortlaut gemäß § 51 e Abs. 3 VStG im Hinblick darauf, dass einer der in dieser Bestimmung angeführten Ausnahmetatbestände im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen war. Es hat sich die belangte Behörde jedoch - obwohl eine konkrete Gegendarstellung des Beschwerdeführers vorlag - nur auf die Anzeige gestützt und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie bei Unterlassen dieses Verfahrensmangels zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 2003, Zl. 2001/03/0081).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Jänner 2004
Schlagworte
Überschreiten der GeschwindigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001030085.X00Im RIS seit
23.02.2004