Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §78 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der G AG in W, vertreten durch Dr. Erwin Wlaka, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bösendorferstraße 2/11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Oktober 2002, MA 63 - G 473/01, betreffend Verwaltungsabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt das Bewachungsgewerbe gemäß § 254 GewO 1994 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 194/1994 (GewO 1994). Als solche ist sie gemäß § 255 Abs. 2 GewO 1994 verpflichtet, der Sicherheitsbehörde ein Verzeichnis aller Personen, die für eine der im § 254 Abs. 1 GewO 1994 genannten Tätigkeiten herangezogen werden, vorzulegen. Am 24. November 2000 sowie am 15. März 2001 hat die Beschwerdeführerin der Bundespolizeidirektion Wien derartige Verzeichnisse vorgelegt, worauf ihr von der Bundespolizeidirektion Wien mit Mandatsbescheid vom 1. Oktober 2001, Zl. II-110res/SB/01, für die Zuverlässigkeitsüberprüfung von 8 Mitarbeitern im Bewachungsgewerbe auf Grund der Vorlage von Arbeitnehmerverzeichnissen gemäß § 255 Abs. 2 GewO 1994 Verwaltungsabgaben in der Höhe von insgesamt 720,00 ATS (EUR 52,32) vorgeschrieben wurden. Die Vorstellung gegen diesen Mandatsbescheid wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 15. November 2001, Zl. II-110res/SB/01, abgewiesen und die genannten Verwaltungsabgaben vorgeschrieben.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung entschied der Landeshauptmann von Wien mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid und bestätigte den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien mit der Maßgabe, dass das Zitat "Erlaß des Bmfl., Zl. 10.540/84-II/13/00, v. 22.8.2000" entfällt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin behauptet die Beschwerdeführerin, in ihrem Recht auf Verwaltungsabgabenfreiheit für die Vorlage des Verzeichnisses nach § 255 Abs. 2 GewO 1994 verletzt zu sein.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 255 GewO 1994 lautet (auszugsweise):
"(1) Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Bewachungsgewerbes berechtigt sind, dürfen zur Ausübung der im § 254 genannten Tätigkeiten nur Arbeitnehmer verwenden, die eigenberechtigt sind und die für diese Verwendung erforderliche Zuverlässigkeit und Eignung besitzen.
(2) Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Bewachungsgewerbes berechtigt sind, sind verpflichtet, der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde dieser, als Sicherheitsbehörde binnen einer Woche ein Verzeichnis aller Personen, die für eine der im § 254 Abs. 1 genannten Tätigkeiten herangezogen werden, vorzulegen; (...)
(3) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen die Zuverlässigkeit einer gemäß Abs. 2 bekanntgegebenen Person nicht gegeben, so hat die Sicherheitsbehörde dem Gewerbetreibenden ohne unnötigen Aufschub schriftlich mitzuteilen, dass der Betroffene die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt."
Gemäß § 78 Abs. 1 AVG können den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörde Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl. Nr. 24/1983 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. II Nr. 190/1997, haben die Parteien für jede Verleihung einer Berechtigung oder für sonstige wesentliche in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen, die von Behörden im Sinne des Art. VI Abs. 1 EGVG in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung - abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen - die gemäß dem Abschnitt II festgesetzten Verwaltungsabgaben zu entrichten.
Gemäß § 2 Abs. 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 tritt die Pflicht zur Entrichtung der Verwaltungsabgabe in dem Zeitpunkt ein, in dem (...) die Amtshandlung vorgenommen wird.
In dem gemäß § 4 der Bundesverwaltungsverordnung 1963 für das Ausmaß der Verwaltungsabgaben maßgeblichen Tarif ist die im vorliegenden Fall strittige Amtshandlung im Abschnitt X (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie, Tarifposten 132 ff) nicht enthalten. Mit Tarifpost 2 (A. Allgemeiner Teil) ist für Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei liegen, soweit nicht eine andere Tarifpost Anwendung findet, eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von 90,-- ATS festgelegt.
Die Beschwerdeführerin bringt unter Hinweis auf die genannte Tarifpost 2 im Ergebnis vor, dass das Zuverlässigkeitsprüfungsverfahren nach § 255 GewO 1994 nicht wesentlich im Parteiinteresse liege. So stelle dieses Verfahren lediglich eine Voraussetzung dafür dar, dass die Gewerbebehörde die Einhaltung der Verpflichtung gemäß § 255 Abs. 1 GewO 1994 beurteilen könne. Weiters sei dieses Verfahren jeder Parteiinitiative entzogen, woraus sich ergebe, dass ein vorwiegend öffentliches Interesse an der Bekanntgabe beschäftigter Personen gegeben sei. Ein allfälliges privates Interesse des Gewerbetreibenden an der amtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung solcher Personen trete dabei in den Hintergrund.
Die belangte Behörde hält dem entgegen, dass die Ausübung eines Gewerbes ausschließlich im Privatinteresse einer Person gelegen ist und daran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, dass aus öffentlichem Interesse Ausübungsregeln für einzelne Gewerbe erlassen werden.
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die von der Bundespolizeidirektion Wien durchgeführte Zuverlässigkeitsüberprüfung von Arbeitnehmern der Beschwerdeführerin gemäß § 255 Abs. 2 und 3 GewO 1994 eine sonstige wesentlich im Privatinteresse der Beschwerdeführerin liegende Amtshandlung ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verleihung einer Berechtigung eine wesentlich im privaten Interesse der solcherart berechtigten Partei liegende Amtshandlung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1964, Zl. 0139/63). Dagegen liegt eine Amtshandlung, welche die Rechtslage der Partei nicht verändert, nicht wesentlich in ihrem Privatinteresse (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1973, VwSlg. 8473A/73). Bei der Beurteilung der Frage, ob und allenfalls in wessen Privatinteresse eine Amtshandlung lag, ist die einzelne Amtshandlung nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang jenes Verfahrens zu sehen, dessen Teil sie bildet. Dabei ist auf das jeweilige Verfahrensziel abzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1988, Zl. 87/04/0206).
Im Sinne der genannten Rechtsprechung liegt das Verfahrensziel der Zuverlässigkeitsprüfung in der Einhaltung der Verpflichtung des § 255 Abs. 1 GewO 1994, nach der Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Bewachungsgewerbes berechtigt sind, zur Ausübung der Tätigkeiten dieses Gewerbes nur Arbeitnehmer verwenden dürfen, die u.a. die für diese Verwendung erforderliche Zuverlässigkeit besitzen. Stellt die Sicherheitsbehörde im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung fest, dass die Zuverlässigkeit einer gemäß § 255 Abs. 2 GewO 1994 bekannt gegebenen Person nicht gegeben ist, so hat sie dem Gewerbetreibenden ohne unnötigen Aufschub schriftlich mitzuteilen, dass der Betroffene die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.
Das Tätigwerden der Sicherheitsbehörde liegt im überwiegenden Privatinteresse des Gewerbetreibenden. Sie ist nämlich eine Voraussetzung dafür, dass der Gewerbetreibende die Einhaltung der ihn treffenden Verpflichtung des § 255 Abs. 1 GewO 1994 mit Hilfe der Sicherheitsbehörde erfüllen kann.
Dass diese Zuverlässigkeitsüberprüfung auch im öffentlichen Interesse liegt, ändert an dieser Beurteilung nichts, ist doch im Rahmen der gewerbepolizeilichen Gefahrenabwehr der Schutz anderer Interessen schon verfassungsrechtlich Ziel des Gewerberechts. So sind nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im Rahmen der Regelung der Gewerbeausübung Maßnahmen typisch gewerberechtlicher Art solche, die dem Schutz des Gewerbes, der Abwehr von vom Gewerbebetrieb unmittelbar ausgehenden Gefahren für die Gewerbetreibenden und ihre Arbeitnehmer, die Kunden, andere Gewerbetreibende oder als Nachbarn sonst von der Gewerbetätigkeit unmittelbar betroffene Personen dienen (vgl. das Erkenntnis des VfGH vom 10. Oktober 2003, G 212/02-18, Seite 14, mit Hinweis auf VfSlg. 10831/1986).
In diesem Sinn dient auch die Gewerbeausübungsregel des § 255 Abs. 1 GewO 1994 nicht nur dem Schutz des Gewerbetreibenden selbst, sondern auch dem Schutz des von der Gewerbetätigkeit unmittelbar betroffenen Kunden und anderer (etwa überwachter) Personen. Das ändert aber nichts daran, dass die Einhaltung dieser Gewerbeausübungsregel, welche dem Gewerbetreibenden die Verwendung von Arbeitnehmern überhaupt ermöglicht, nach der Zielrichtung dieser Bestimmung überwiegend im Privatinteresse dieses Gewerbetreibenden liegt.
Daher lag die im vorliegenden Fall maßgebliche Amtshandlung der Zuverlässigkeitsüberprüfung wesentlich im Privatinteresse der Beschwerdeführerin, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Jänner 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002040193.X00Im RIS seit
02.03.2004Zuletzt aktualisiert am
02.10.2017