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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Dr. M in W, vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 30. Juni 2003, Zl. 15 1231/28-II/15/02, betreffend Bescheidabänderung in Angelegenheit der Bemessung der Nebengebührenzulage, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1935 geborene Beschwerdeführer stand bis zum 31. Mai 2000 als Generalanwalt in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit schriftlicher Erklärung vom 15. Februar 2000, mit Ablauf des 31. Mai 2000 aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, hat der Beschwerdeführer gemäß § 15 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333, seine Ruhestandsversetzung mit Ablauf des Monates Mai 2000 bewirkt.
Am 21. September 2000 erließ das Bundespensionsamt gegenüber dem Beschwerdeführer einen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Es wird festgestellt, dass Ihnen zum Ruhegenuss gemäß § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 18e des Nebengebührenzulagengesetzes (NGZG) BGBl. Nr. 485/1971, vom 1. Juni 2000 an eine Nebengebührenzulage von monatlich brutto S 1.800,30 gebührt."
Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, einem Beamten, der eine anspruchsbegründende Nebengebühr bezogen habe, gebühre gemäß § 4 Abs. 1 des Nebengebührenzulagengesetzes (im Folgenden: NGZG) eine monatliche Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss. Nach § 5 Abs. 1 NGZG sei die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss auf der Grundlage der für die Zeit vom 1. Jänner 1972 bis zum Ausscheiden aus dem Dienststand im Beamtendienstverhältnis festgehaltenen Summe der Nebengebührenwerte zu bemessen. Diese Summe erhöhe sich 1.) um die Nebengebührenwerte aus früheren Dienstverhältnissen, die nach § 10 Abs. 6, nach § 11 Abs. 3 oder nach § 11 Abs. 4 NGZG in der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung festgestellt worden seien, und 2.) um Gutschriften von Nebengebührenwerten nach den §§ 12 bis 16d NGZG und nach § 12 NGZG in der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung. Gemäß § 5 Abs. 2 NGZG betrage die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss den 700sten Teil des Betrages, der sich aus der Multiplikation der Summe der Nebengebührenwerte mit 1 v.H. des im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches auf die Nebengebührenzulage geltenden Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V zuzüglich einer allfälligen Teuerungszulage ergebe. Für Nebengebührenwerte, die auf nach dem 31. Dezember 1999 gebührende Geldleistungen entfallen, sei der Divisor "700" durch den Divisor "455" zu ersetzen, wenn der Ruhebezug erstmals im Jahre 2000 gebühre.
Die Höhe der Nebengebührenzulage wurde von der erstinstanzlichen Behörde wie folgt berechnet:
"Nebengebührenwerte für die Zeit vom 1. Jänner 1972
bis 31. Dezember 1999
1.078,949
Gutschrift von Nebengebührenwerten laut Bescheid des
Bundesministeriums für Justiz vom 24. Mai 1974, Zl.1000/74
2.101,544
Summe der Nebengebührenwerte vor 1.1.2000 daher
3.180,493
Nebengebührenwerte für die Zeit vom 1. Jänner 2000
bis 31. Mai 2000
0,000
Summe der Nebengebührenwerte nach 1.1.2000 daher
0,000
1 v.H. des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V am
1. Juni 2000 ergibt 24.765/100
247,65
Die Nebengebührenzulage nach § 5 Abs. 2 und § 18 e NGZG
beträgt daher 3.180,493 x 247,65 : 437,5
S
1.800,30
0,000 x 247,65 : 455,0
S
0,00
insgesamt somit
S
1.800,30"
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung, in welcher er eine Höherbemessung der Nebengebührenzulage begehrte. Er brachte dazu vor, dass zwar die Nebengebühren in der Höhe berücksichtigt worden wären, wie sie bis zum Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 24. Mai 1974, Zl. 1000/74 bestanden hätten, die Bescheide des Bundesministers für Justiz vom 13. Dezember 1974 (betreffend die Bemessung einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 3 Gehaltsgesetz 1956 idF der 26. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 318/1973; im Folgenden kurz:
GehG), vom 28. November 1974 (betreffend die Festsetzung einer Aufwandsentschädigung nach § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 GehG idF der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972), vom 13. Jänner 1975 (betreffend die Bemessung einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 2 GehG idF der 24. Gehaltsgesetz-Novelle), vom 30. März 1978 (betreffend die Neubemessung der Aufwandsentschädigung nach § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 GehG) und vom 22. August 1978 (betreffend die Neubemessung der Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 3 GehG), seien jedoch nicht berücksichtigt worden.
Aus Anlass dieser Berufung ersuchte der Bundesminister für Finanzen den Bundesminister für Justiz, die Höhe der sich auf Grund der Zuerkennung einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 3 GehG ergebenden Nebengebührenwerte für die Zeit ab 1. Oktober 1974 auf die Dauer der Gebührlichkeit der Verwendungszulage nach § 30a GehG zu berechnen und mitzuteilen.
Daraufhin erließ der Bundesminister für Justiz gegenüber dem Beschwerdeführer am 5. September 2001 einen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Es wird festgestellt, dass Ihnen gemäß § 16a Nebengebührenzulagengesetz mit Wirkung vom 1. Juni 2000 eine Gutschrift von 2.716,836 Nebengebührenwerten zusteht."
Der Bundesminister für Justiz führte dazu begründend aus, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 16a Abs. 1 Z 4 NGZG idF des Art. VIII Z 1 des Besoldungsreform-Gesetzes 1994 mit Wirkung vom 1. Jänner 1995 eine Gutschrift von Nebengebührenwerten für eine Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 3 des GehG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 geltenden Fassung, sofern keine dieser Zulagen ruhegenussfähig geworden sind, gebühre. Gemäß § 16a Abs. 2 NGZG sei die Gutschrift in der Weise zu ermitteln, dass die zuletzt bezogene Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 3 des GehG zuzüglich einer allfälligen Teuerungszulage in Nebengebührenwerten auszudrücken sei und mit der Anzahl der Monate vervielfacht werde, für die der Beschwerdeführer eine solche Verwendungszulage bezogen habe. Für die Höhe der Nebengebührenwerte seien dabei die Verhältnisse im Monat des letzten Anspruches auf die Zulage maßgebend. Der Beschwerdeführer habe in der Zeit vom 1. Oktober 1974 bis 31. Juli 1979, sohin durch 58 Monate eine Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 3 GehG, zuletzt in der Höhe von ATS 5.748 bezogen. Der für diesen Monat geltende Nebengebührenwert betrage 122,71 (1 % des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V - ATS 12.271).
Die Höhe der Nebengebührenwerte wurde vom Bundesminister für Justiz somit wie folgt berechnet:
"5.748 S: 122,71 = 46,842 NGW für den letzten Monat (Juli 1979)
46,842 NGW x 58 Monate = 2.716,836 Nebengebührenwerte"
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am
18. September 2001 durch Hinterlegung zugestellt und erwuchs in
Rechtskraft.
In der Folge erließ der Bundesminister für Finanzen am 27. August 2002 auf Grund der vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundespensionsamtes vom 21. September 2000 erhobenen Berufung einen Berufungsbescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Ihrer Berufung vom 3. Oktober 2000 gegen den Bescheid des Bundespensionsamtes vom 21. September 2000, GZ 3172 - 100335/8, betreffend Nebengebührenzulage, wird stattgegeben. In Abänderung des Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (=AVG), BGBl. Nr. 51, wird festgestellt, dass Ihnen zum Ruhegenuss gemäß § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 18e des Nebengebührenzulagengesetzes (NGZG), BGBl. Nr. 485/1971, vom 1. Juni 2000 an eine Nebengebührenzulage von monatlich brutto ATS 3.338,20 gebührt."
Begründend führte der Bundesminister für Finanzen dazu aus, dass beim Bezug einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 3 GehG, die nicht ruhegenussfähig geworden sei, die Bestimmung des § 16a Abs. 1 Z 4 NGZG zum Tragen komme, wonach für diese Verwendungszulage eine Gutschrift von Nebengebührenwerten gebühre (dies gelte allerdings nicht für eine Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 2 GehG). Weiters wurde ausgeführt, dass eine Aufwandsentschädigung zwar nach § 15 Abs. 1 Z 10 GehG zu den Nebengebühren zähle, sie aber weder ruhegenussfähig sei, noch zu den nach § 2 Abs. 1 NGZG anspruchsbegründenden Nebengebühren gehöre. Auf Grund der vom Bundesminister für Justiz mit Bescheid vom 5. September 2001 festgestellten Gutschrift von Nebengebührenwerten in der Höhe von 2.716,836 gemäß § 16a NGZG wurde die Nebengebührenzulage wie folgt neu berechnet:
"Nebengebührenwerte für die Zeit vom 1. Jänner 1972
bis 31. Dezember 1999
1.078,949
Gutschrift von Nebengebührenwerten laut Bescheid des
Bundesministers für Justiz vom 24. Mai 1974, Zl.1000/74
2.101,544
Gutschrift von Nebengebührenwerte nach § 16a NGZG laut
Bescheid des Bundesministers für Justiz vom
5. September 2001, GZ 10.252/1-III 6/01
2.716,836
Nebengebührenwerte ab 1. Jänner 2002
0.000,000
Gesamtsumme der Nebengebührenwerte bis
31. Dezember 1999 daher
5.897,329
1 v.H. des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V
am 1. Juni 2000
ATS
247.65
Die Nebengebührenzulage nach § 5 Abs. 2 NGZG beträgt
daher 5.897,329 x 247,65 : 437,5 d.i.
ATS
3.338,20"
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 5. September 2002 durch Hinterlegung zugestellt und erwuchs ebenfalls in Rechtskraft.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufungsbescheid vom 27. August 2002 gemäß § 68 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51 (in der Folge kurz: AVG), in Verbindung mit § 13 Abs. 1 des Dienstverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29 (im Folgenden kurz: DVG), mit Wirksamkeit vom 1. August 2003 dahingehend abgeändert, dass der Spruch wie folgt lautet:
"Ihrer Berufung vom 3. Oktober 2000, gegen den Bescheid des Bundespensionsamtes vom 21. September 2000, GZ 3172-100335/8, betreffend Nebengebührenzulage, wird nicht stattgegeben; der angefochtene Bescheid wird nach § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetztes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, bestätigt."
Die belangte Behörde führte in der Begründung dazu aus, dass der Berufung des Beschwerdeführers vom 2. Oktober 2000 auf Grund des Feststellungsbescheides des Bundesministers für Justiz vom 5. September 2001, mit dem eine Gutschrift von 2.716,836 Nebengebührenwerten gemäß § 16a Abs. 1 Z 4 NGZG festgestellt worden sei, stattgegeben worden sei. Dabei sei jedoch die Bestimmung des § 16a Abs. 5 NGZG übersehen worden, wonach die Abs. 1 und 2 des § 16a NGZG dann nicht anzuwenden seien, wenn ein Gehalt nach § 42 GehG dem Ruhegenuss zu Grunde liege. Genau das treffe aber im Beschwerdefall zu. Dies sei sowohl vom Bundesminister für Justiz als auch vom Bundesminister für Finanzen übersehen worden. Der Berufungsbescheid sei somit gemäß § 68 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 13 Abs. 1 DVG abzuändern gewesen. Das DVG regle zusätzlich zu § 68 Abs. 2 AVG im § 13 Abs. 1 DVG, dass in Dienstrechtsangelegenheiten eine Aufhebung oder Abänderung von rechtskräftigen Bescheiden von Amts wegen auch dann zulässig sei, wenn die Partei wusste oder wissen musste, dass der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoße. Dem Beschwerdeführer sei unbestritten bekannt, dass der Bemessung seines Ruhegenusses ein Gehalt nach § 42 GehG zu Grunde liege. Die Bestimmung des § 16a (Abs. 1 bis 5) NGZG sei klar und eindeutig und räume der Behörde kein Ermessen ein. Es handle sich hierbei zweifellos um eine zwingende Rechtsvorschrift, bei deren Kenntnis der Beschwerdeführer habe wissen müssen, dass die Entscheidung der Behörde nicht dem Gesetz entsprochen habe. Die im Gesetz für eine Aufhebung oder Abänderung eines Bescheides geforderten Voraussetzungen seien somit erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich u.a. in seinem Recht auf Unterbleiben einer Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides, wenn die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Abänderung nicht gegeben sind, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 2 AVG sind dort näher genannte Behörden berechtigt, von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, aufzuheben oder abzuändern.
§ 13 Abs. 1 DVG (in der Fassung der Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 29/1984) lautet:
"Zu § 68 AVG
§ 13. (1) In Dienstrechtsangelegenheiten ist eine Aufhebung oder Abänderung von rechtskräftigen Bescheiden von Amts wegen auch dann zulässig, wenn die Partei wusste oder wissen musste, dass der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt."
§ 4 Abs. 1 und 2 NGZG lautete in der Stammfassung BGBl. Nr. 485/1971:
"Anspruch auf Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss
§ 4. (1) Dem Beamten, der anspruchsbegründende Nebengebühren bezogen hat, gebührt eine monatliche Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss.
(2) Die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss gilt als Bestandteil des Ruhebezuges."
§ 5 Abs. 1 Z 2 lit. a NGZG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 466/1991 lautete:
"Bemessungsgrundlage und Ausmaß der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss
§ 5. (1) Die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss ist auf der Grundlage der für die Zeit vom 1. Jänner 1972 bis zum Ausscheiden aus dem Dienststand im Beamtendienstverhältnis festgehaltenen Summe der Nebengebührenwerte zu bemessen. Diese Summe erhöht sich
...
2. um Gutschriften von Nebengebührenwerten
a) nach den §§ 12 bis 16c ..."
Durch die Novelle BGBl. Nr. 522/1995 wurde im § 5 Abs. 1 Z 2 lit. a NGZG das Zitat "§§ 12 bis 16 c" durch das Zitat "§§ 12 bis 16 d" ersetzt.
§ 5 Abs. 2 NGZG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996 lautete:
"...
(2) Die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss beträgt, sofern dem Ruhegenuss eine Ruhegenussbemessungsgrundlage im Ausmaß von mindestens 80% des ruhegenussfähigen Monatsbezuges zu Grunde liegt, den 437,5ten Teil des Betrages, der sich aus der Multiplikation der Summe der Nebengebührenwerte mit 1% des im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches auf die Nebengebührenzulage geltenden Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V zuzüglich einer allfälligen Teuerungszulage ergibt. Liegt dem Ruhegenuss eine gemäß § 4 Abs. 3 des Pensionsgesetzes 1965 gekürzte Ruhegenussbemessungsgrundlage zu Grunde, so ist die Nebengebührenzulage in jenem Ausmaß zu kürzen, das dem Verhältnis der gekürzten zur vollen Ruhegenussbemessungsgrundlage entspricht."
Durch die Novelle BGBl. I Nr. 138/1997 wurde im § 5 Abs. 2 NGZG der Ausdruck "den 437,5ten Teil" durch den Ausdruck "ein Siebenhundertstel" ersetzt. Weiters wurde im § 5 Abs. 2 NGZG das Zitat "§ 4 Abs. 3 des Pensionsgesetzes 1965" a) für die Zeit vom 1. September 1998 bis zum 31. Dezember 2002 durch das Zitat "§ 4 Abs. 3 und 6 des Pensionsgesetzes 1965" und b) für die Zeit ab 1. Jänner 2003 durch das Zitat "§ 5 Abs. 2 und 3 des Pensionsgesetzes 1965" ersetzt.
§ 16a Abs. 1 Z 4 und Abs. 2 NGZG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 550/1994 lauteten:
"Gutschrift von Nebengebührenwerten für Zulagen, mit denen alle Mehrleistungen in zeit- und mengenmäßiger Hinsicht abgegolten waren
§ 16a. (1) Dem Beamten gebührt eine Gutschrift von Nebengebührenwerten für
...
4. eine Verwendungszulage nach ... oder nach § 30a Abs. 1 Z 3 des Gehaltsgesetzes 1956 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 geltenden Fassung,
sofern keine dieser Zulagen ruhegenussfähig geworden ist.
(2) Zur Ermittlung der Gutschrift ist die zuletzt bezogene
Zulage nach Abs. 1 heranzuziehen, wobei
1. in den Fällen des ... Abs. 1 Z 4 die zuletzt
bezogene Zulage, jeweils zuzüglich einer allfälligen
Teuerungszulage, in Nebengebührenwerten auszudrücken ist,
2. diese Nebengebührenwerte mit der Anzahl der Monate
zu vervielfachen sind, für die der Beamte eine solche Zulage
bezogen hat, und
3. für die Höhe der Nebengebührenwerte die
Verhältnisse im Monat des letzten Anspruches auf die Zulage maßgebend sind."
Durch die Novelle BGBl. Nr. 43/1995 wurde dem § 16 a NGZG ein Abs. 5 angefügt, dessen Z 2 nach der Novelle BGBl. I Nr. 5/99 wie folgt lautete:
"(5) Die Abs. 1 und 2 sind ferner nicht anzuwenden, wenn
...
2. ein Gehalt nach § 42 oder § 103 Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956 oder ...
dem Ruhegenuss zu Grunde zu legen ist."
Durch Art. 5 Z. 8 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 138/1997 wurde u.a. § 16a NGZG aufgehoben. Die Aufhebung trat gemäß § 19 Abs. 14 Z. 3 NGZG am 1. Jänner 2003 in Kraft.
§ 18e NGZG, der durch die Novelle BGBl. I Nr. 138/1997 in das NGZG eingefügt wurde, lautete:
"Übergangsbestimmung zur Novelle BGBl. I Nr. 138/1997
§ 18e. (1) Bei der Ermittlung der Nebengebührenzulage ist § 5 Abs. 2 auf Nebengebührenwerte, denen Geldleistungen zu Grunde liegen, auf die der Anspruch vor dem 1. Jänner 2000 entstanden ist, mit der Abweichung anzuwenden, dass statt eines Siebenhundertstels der 437,5te Teil des Betrages heranzuziehen ist, der sich aus der Multiplikation der Summe dieser Nebengebührenwerte mit 1% des im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches auf die Nebengebührenzulage geltenden Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V zuzüglich einer allfälligen Teuerungszulage ergibt.
(2) Gebührt ein Ruhebezug oder ein Versorgungsbezug nach einem im Dienststand verstorbenen Beamten erstmals in einem in der folgenden Tabelle bezeichneten Jahr, so ist der Divisor '700' in § 5 Abs. 2 jeweils durch folgenden Divisor zu ersetzen:
Jahr
Divisor
2000
455
......
......."
Durch den Art. 21 Abs. 2 Z. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 119/2002 trat das NGZG mit Ablauf des 31. Dezember 2002 außer Kraft. Durch Art. 21 Abs. 3 des BGBl. I Nr. 119/2002 wurde sichergestellt, dass durch das Außer-Kraft-Treten der genannten Norm nicht in die aus dieser resultierenden Ansprüche und in wirksam gewordene gesetzliche Überleitungen und Änderungen der besoldungsrechtlichen Stellung eingegriffen wird.
Nebengebührenzulagen sind seither im IX. Abschnitt des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, geregelt.
Der angefochtene Bescheid nennt als Rechtsgrundlagen sowohl § 68 Abs. 2 AVG als auch § 13 Abs. 1 DVG; eine Begründung findet sich allerdings nur hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen der zweitgenannten Bestimmung.
Eine rechtmäßige Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG käme im Beschwerdefall auch gar nicht in Betracht. Der rechtskräftige Bescheid der belangten Behörde vom 27. August 2002 hat dem Beschwerdeführer ein Recht verschafft, indem ihm eine Nebengebührenzulage von ATS 3.338,20 zu seinem Ruhegenuss zuerkannt wurde. Gemäß § 68 Abs. 2 AVG können aber nur Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, von Amts wegen abgeändert werden. Die Anwendbarkeit des § 68 Abs. 2 AVG war daher im gegenständlichen Fall ausgeschlossen.
Zu prüfen war daher, ob die belangte Behörde im vorliegenden zu Recht von der Anwendbarkeit des § 13 Abs. 1 DVG ausging.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Voraussetzung für den nach § 13 Abs. 1 DVG erfolgenden, über § 68 AVG noch hinausgehenden Eingriff in die Rechtskraft eines Bescheides die Kenntnis oder die hypothetische Kenntnis der Partei davon, dass der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt. Als "zwingende gesetzliche Vorschriften" sind solche anzusehen, die der Behörde keinen Spielraum (Ermessen, unbestimmte Gesetzesbegriffe) geben, sondern eine ganz bestimmte Entscheidung verlangen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 99/12/0249).
Es war daher vorerst zu prüfen, ob der durch den angefochtenen Bescheid abgeänderte Bescheid der belangten Behörde vom 27. August 2002 überhaupt gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstieß.
Der Beschwerdeführer bezog während seiner Aktivdienstzeit eine Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 3 GehG. Diese ist in § 2 Abs. 1 NGZG nicht angeführt. Sie begründet daher grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Nebengebührenzulage, vielmehr bildet sie, sofern im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienststand Anspruch auf eine Verwendungszulage bestanden hat, einen Bestandteil des ruhegenussfähigen Monatsbezuges, d.h. sie wird bereits bei der Bemessung der Höhe des Ruhegenusses berücksichtigt. Wenn allerdings eine Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 3 GehG bezogen worden war, die nicht ruhegenussfähig geworden ist, dann kommt die Bestimmung des § 16a Abs. 1 Z 4 NGZG zu Tragen, wonach für diese Verwendungszulage eine Gutschrift von Nebengebührenwerten gebührt. Allerdings enthält § 16a Abs. 5 NGZG die ausdrückliche Bestimmung, dass Abs. 1 und 2 u.a. dann nicht anzuwenden sind, wenn ein Gehalt nach § 42 GehG dem Ruhegenuss zu Grunde gelegen ist. Genau dies trifft beim Beschwerdeführer aber zu. Ihm hätte somit gemäß § 16a Abs. 5 NGZG keine Gutschrift von Nebengebührenwerten gebührt.
Dennoch ist die Beschwerde berechtigt.
Im vorliegendem Fall hat nämlich der Bundesminister für Justiz mit rechtskräftigem Bescheid vom 5. September 2001 die Gebührlichkeit einer Gutschrift von Nebengebührenwerten nach § 16 a Abs. 1 Z. 4 NGZG in Höhe von 2.716,836 festgestellt. An diese rechtskräftige Feststellung war die belangte Behörde - unabhängig von ihrer Richtigkeit - entsprechend der wechselseitigen Bindung von Verwaltungsbehörden an ihre Entscheidungen bei Erlassung des Berufungsbescheides vom 27. August 2002 gebunden (vgl. hiezu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1982, VfSlg. Nr. 9402). Die für die belangte Behörde bei Erlassung des letztgenannten Bescheides maßgeblichen Rechtsvorschriften waren daher nicht jene über die Gebührlichkeit von Gutschriften für Nebengebührenwerte nach § 16a NGZG, sondern jene betreffend die Bindung an rechtskräftige Feststellungsbescheide anderer Behörden. Letzteren hat der aufgehobene Bescheid aber entsprochen.
Dass der Bescheid des Bundesministers für Justiz nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht dargelegt.
Eine Abänderung des Berufungsbescheides der belangten Behörde vom 27. August 2002 war daher unzulässig.
Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. Jänner 2004
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003120141.X00Im RIS seit
01.03.2004