TE Vwgh Erkenntnis 2004/1/29 2002/11/0013

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Veröffentlicht am 29.01.2004
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Index

90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §25 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. Christian Függer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Josefstraße 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. November 2001, Zl. RU6-St-Sch-0110/0, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 29. November 2001 entzog der Landeshauptmann von Niederösterreich dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen A, B, C1, B+E, C1+E, F und G auf die Dauer von vier Jahren, gerechnet ab dem 4. Dezember 2000 (dem Zeitpunkt der vorläufigen Abnahme des Führerscheines), entzog die Lenkberechtigung für die Kraftfahrzeuge der Klassen C und C+E bis zum 9. April 2004 und sprach aus, dass dem Beschwerdeführer vor dem 4. Dezember 2004 keine Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen C und C+E erteilt werden dürfe. Unter einem bestätigte der Landeshauptmann von Niederösterreich die erstbehördliche Anordnung, der Beschwerdeführer habe als begleitende Maßnahme ein Verhaltens- und Einstellungstraining für alkoholauffällige Kraftfahrer zu absolvieren, ferner die erstbehördliche Aufforderung, der Beschwerdeführer habe vor Erteilung einer Lenkberechtigung ein vom Amtsarzt erstelltes Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen, wobei die psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen sei. Begründend führte der Landeshauptmann von Niederösterreich aus, Anlass für die von der Erstbehörde verfügte Entziehungsmaßnahme sei der Vorfall vom 4. Dezember 2000 gewesen, bei dem der Beschwerdeführer um 21.50 Uhr einen nach dem Kennzeichen näher bestimmten Pkw in R. gelenkt habe, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (die an diesem Tag um 22.07 Uhr bzw. 22.08 Uhr durchgeführte Messung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt habe Werte von 0,87 bzw. 0,88 mg/l ergeben). Wegen des eingangs angeführten Vorfalls sei der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 11. September 2001 gemäß § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1b StVO 1960 bestraft worden. Es könne unzweifelhaft davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG gesetzt habe, die gemäß § 7 Abs. 5 FSG zu werten sei. Dem Beschwerdeführer sei bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 13. Mai 1993 die Lenkberechtigung auf die Dauer von vier Wochen und mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 31. März 1998 für 28 Monate und 21 Tage entzogen worden, dies jeweils im Zusammenhang mit der Begehung von Alkoholdelikten. Darüber hinaus bestehe beim Beschwerdeführer eine klar zu Tage tretende Wiederholungstendenz. Laut Akteninhalt habe er am 10. Mai 1993, am 10. September 1996, am 9. November 1996, am 7. Juni 1997 und am 8. August 1997 bereits Alkoholdelikte begangen. Die Berufungsbehörde komme daher zur Auffassung, dass vom Abänderungsrecht zu Ungunsten des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht werden müsse, da bei einem Rückfallstäter hinsichtlich der Annahme der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit besondere Vorsicht geboten erscheine. Insbesondere sei darauf Bedacht zu nehmen, dass die zuletzt ausgesprochene fast 29-monatige Entziehung der Lenkberechtigung keinen Gesinnungswandel beim Beschwerdeführer hervorzurufen geeignet gewesen sei, vielmehr habe der Beschwerdeführer etwas mehr als eineinhalb Jahre nach der Wiedererteilung seiner Lenkberechtigung erneut ein Alkoholdelikt gesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des FSG maßgeblich:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

(3) Bei der Entziehung kann die Behörde auch zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung oder driver improvement mit oder ohne Fahrprobe, Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar) anordnen. Sie hat eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt. Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Sonderfälle der Entziehung

§ 26. ...

(2) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.

...

(8) Bei einer Entziehung nach Abs. 1 Z 3 oder Abs. 2 hat die Behörde begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 anzuordnen, bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8.

..."

2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellung der belangten Behörde hinsichtlich seiner rechtskräftigen Bestrafung wegen des Vorfalls am 4. Dezember 2000 sowie des Grades seiner Alkoholisierung. Die belangte Behörde konnte demnach zu Recht davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG gesetzt hat.

Der Beschwerdeführer bestreitet ferner nicht die Feststellungen der belangten Behörde zu den früheren rechtskräftigen Bestrafungen wegen der Begehung von insgesamt fünf Alkoholdelikten sowie die Feststellungen zu zwei früheren Entziehungen seiner Lenkberechtigung. Er bestreitet auch nicht, dass diese Entziehungen jeweils auf Grund von Alkoholdelikten erfolgt sind. Die belangte Behörde durfte diese vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Vorentziehungen in ihre Überlegungen zur Bemessung der Entziehungszeit einbeziehen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zählen, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrsvorschriften. Die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte fällt daher im Rahmen der Bemessung der Entziehungszeit besonders ins Gewicht. Vor diesem Hintergrund bestehen im Hinblick auf die Häufung der Alkoholdelikte und die erneute Begehung eines Alkoholdelikts ungeachtet einer Entziehung für bereits fast 29 Monate keine Bedenken gegen die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer würde seine Verkehrszuverlässigkeit erst vier Jahre nach Begehung der strafbaren Handlung wieder erlangen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 2001/11/0081).

Die Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für die Dauer von vier Jahren kann aus diesen Erwägungen nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Da auch hinsichtlich der von der belangten Behörde bestätigten Aussprüche betreffend eine Nachschulung des Beschwerdeführers sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers zu erkennen ist - der Beschwerdeführer bringt hiezu in der Beschwerde nichts vor -, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zur Gänze als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Jänner 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002110013.X00

Im RIS seit

04.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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