Norm
RAO §8Rechtssatz
Das Gebot des § 9 RAO verlangt, daß der Anwaltsberuf selbständig ausgeübt wird; dazu im Widerspruch stünde, wenn ein Rechtsanwalt Tätigkeiten, zu deren Ausübung er als Angehöriger dieses Berufsstandes berechtigt ist, in dienstvertraglicher Abhängigkeit erbringt. Beim Verbot des zweiten Satzes des § 5 RL-BA 1977 geht es keineswegs darum, Anwälte von einer wirtschaftlichen Beteiligung an Unternehmungen welcher Art immer auszuschließen. Ebensowenig wird gegen die anwaltlichen Berufspflichten oder gegen Ehre und Ansehen des Standes verstoßen, wenn sich ein Anwalt in einem Unternehmen betätigt, dessen Gegenstand mit anwaltlichen Tätigkeiten nichts oder nur am Rande zu tun hat. Allerdings können Umstände vorliegen, die nach sich ziehen, daß auch eine solche Betätigung durch die Art, wie sie ausgeübt wird, gegen die Richtlinien (Verletzung von Ehre und Ansehen des Standes) verstößt. Wenn allerdings unmittelbarer Unternehmensgegenstand ausschließlich oder doch in essentiellem Ausmaß Tätigkeiten sind, die zu den zulässigen Aufgaben eines Rechtsanwaltes zählen, setzt das Verbot im zweiten Satz des § 5 RL-BA 1977 ein. Der erste Satz des § 5 RL-BA 1977 findet seine gesetzliche Deckung in § 9 RAO, der zweite Satz des § 5 RL-BA 1977 in § 20 lit c RAO. Gesetzliche, die Erwerbsfreiheit beschränkende Regelungen verletzen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung dann nicht, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten und auch sachlich zu rechtfertigen sind. Die Funktion, die dem Anwaltsstand in einem Rechtsstand obliegt, rechtfertigt die Regelung des § 5 RL-BA 1977, ebenso wie es auch - weil rechtsstaatlich geboten - im öffentlichen Interesse liegt, §§ 8, 9 und 20 lit c RAO in diesem Sinne zu verstehen.
VfGH vom 17.03.1987, B 402/86; Veröff: JBl 1988,168
Entscheidungstexte
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:RS0071754Dokumentnummer
JJR_19900312_OGH0002_000BKD00054_8900000_003