TE Vwgh Erkenntnis 2004/1/30 2003/02/0059

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Veröffentlicht am 30.01.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des WF in Wien, vertreten durch Dr. Wilhelm Frysak, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Wagramer Straße 81/2/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. November 2002, Zl. UVS- 03/V/27/10596/2001/2, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit am 11. Jänner 2002 zugestelltem Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 schuldig erkannt. Die dagegen erhobene Berufung wurde am 26. Jänner 2001 zur Post gegeben.

Nach Vorhalt der Verspätung (zugestellt am 19. März 2001) stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21. März 2001 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Behörde erster Instanz wies diesen Antrag mit Bescheid vom 9. Oktober 2001 zurück, weil er verspätet eingebracht worden sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

     Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. November 2002

entschied die belangte Behörde folgendermaßen:

     "Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben

und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen wird."

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer bzw. dessen Vertreter habe erst mit der Zustellung des Verspätungsvorhaltes am 19. März 2001 Kenntnis von der verspäteten Einbringung der Berufung erlangt, weshalb sich der Antrag als fristgerecht eingebracht erweise.

Sodann führte die belangte Behörde - zur Begründung der meritorischen Erledigung des Antrages auf Wiedereinsetzung - aus, dass den Vertreter des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall auf Grund eines mangelhaften Kontrollsystems ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden an der Fristversäumung treffe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde (von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist dabei berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und dem gemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. "Sache" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der Unterinstanz gebildet hat (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1992, Zl. 92/11/0202).

Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist im Fall der Zurückweisung eines Antrages (hier wegen Verspätung) Sache der Berufungsentscheidung gemäß § 66 Abs. 4 AVG nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Der Berufungsbehörde ist es verwehrt, erstmals - unter Übergehen einer Instanz - den eigentlichen Verfahrensgegenstand (hier: die Wiedereinsetzung in der vorigen Stand) einer meritorischen Erledigung zuzuführen (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1995, Zl. 94/18/1046).

Diese der Berufungsbehörde gesetzte Grenze wurde von der belangten Behörde im Beschwerdefall überschritten; vielmehr hätte sie - entsprechend ihrer Rechtsanschauung - den erstinstanzlichen Bescheid lediglich aufzuheben gehabt. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge funktioneller Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Aus verfahrensökonomischen Gründen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof veranlasst, auf das hg.  Erkenntnis vom 27. November 2001, Zl. 2001/18/0114, zu verweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. Jänner 2004

Schlagworte

Allgemein Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003020059.X00

Im RIS seit

04.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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