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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §19 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des W A in Wien, vertreten durch Dr. Helmut Meindl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Freyung 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 26. August 2003, Zl. E 002/06/2003.073/008, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 26. August 2003 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 26. August 2001 um 13.18 Uhr auf der S 31 im Gemeindegebiet von Mattersburg auf Höhe des Straßenkilometers 55,100 gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er an diesem Tag um 12.40 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW an der oben bezeichneten Stelle vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von EUR 1.400,--
(Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Als Verfahrensmangel macht der Beschwerdeführer geltend, dass die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat am 22. August 2003, zu der er ordnungsgemäß geladen worden sei, nicht vertagt worden sei, obwohl er am 4. Juli 2003 bekannt gegeben habe, dass er sich zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung auf Urlaub befinde und infolge Aufenthaltes im Ausland eine Zureise nicht zumutbar sei, dies entsprechend einem Hinweis in der Ladung. Auch habe sein Vertreter in diesem Zusammenhang die ausdrückliche Erklärung abgegeben, dass auf sein persönliches Erscheinen nicht verzichtet werde; sein Vertreter habe sich dagegen ausgesprochen, dass die Verhandlung in der Abwesenheit des Beschwerdeführers trotz gehöriger Entschuldigung durchgeführt werde. Dem Beschwerdeführer sei daher gesetzwidrig die Möglichkeit genommen worden, sich im vorliegenden Verfahren zu verantworten bzw. zu den Verhandlungsergebnissen Stellung zu nehmen.
Der Umstand, dass eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, hindert gemäß § 51f Abs. 2 VStG weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses. Nach dem auch im Verwaltungsstrafverfahren (vgl. § 24 VStG) anzuwendenden § 19 Abs. 3 AVG hat, wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Das Vorliegen eines der im § 19 Abs. 3 AVG genannten Gründe rechtfertigt das Nichterscheinen des Geladenen. Liegt ein solcher Rechtfertigungsgrund vor, könnte in Bezug auf die behördliche Ladung allenfalls nicht von einer "ordnungsgemäßen Ladung", die gemäß § 51f Abs. 2 VStG zur Durchführung der Verhandlung auch in Abwesenheit der Partei berechtigt, gesprochen werden. Das Vorliegen des geltend gemachten Rechtfertigungsgrundes ist von der Behörde von Amtswegen zu erforschen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2003, Zl. 2001/03/0160).
Nach den vorgelegten Verwaltungsstrafakten hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit Ladungsbescheid vom 18. Juni 2003 zur öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22. August 2003 geladen. Dieser Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 23. Juni 2003 ordnungsgemäß zugestellt. In seiner Vertagungsbitte vom 4. Juli 2003 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er sich zu dem für die mündliche Berufungsverhandlung ins Auge gefassten Zeitpunkt auf Urlaub befinde und erst ab 15. September 2003 (wieder) in Österreich aufhältig sei. Zum Zeitpunkt 22. August 2003 befinde sich darüber hinaus auch noch der ausgewiesene Vertreter des Beschwerdeführers auf Urlaub und erscheine eine Substitution insbesondere in Anbetracht der Ergebnisse eines näher genannten bezirksgerichtlichen Verfahrens nicht zweckmäßig.
Mit Schreiben vom 7. Juli 2003 teilte die belangte Behörde dem Rechtsanwalt unter Bezugnahme auf die Vertagungsbitte mit, dass die gegenständliche Verhandlung mehr als zwei Monate vor dem festgesetzten Termin ausgeschrieben worden sei; angesichts dieser langen für eine Vorbereitung zur Verfügung stehenden Zeit sei es leider nicht möglich, der Vertagungsbitte zu entsprechen.
Bei der mündlichen Verhandlung wurde nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - in Anwesenheit eines Rechtsvertreters des Beschwerdeführers - lediglich festgehalten, dass sich der Beschwerdeführer auf Urlaub befinde und auf seine Anwesenheit nicht verzichtet werde.
Eine urlaubsbedingte Verhinderung vermag nur dann ein begründetes Hindernis im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG zu bilden, wenn sie nicht etwa durch zumutbare Dispositionen hätte beseitigt werden können. Dass diese Voraussetzung hier zutreffe, wurde vom Beschwerdeführer nach der Aktenlage im Verwaltungsstrafverfahren nicht einmal behauptet. Wenn der Beschwerdeführer aber von der ihm durch die ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung gebotenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Beweisergebnisse und Stellungnahme dazu durch sein Nichterscheinen keinen Gebrauch gemacht hat, fällt dies nicht der Behörde zur Last. Von daher geht das Vorbringen des Beschwerdeführers fehl, angesichts der Durchführung einer Verhandlung vor der belangten Behörde in seiner Abwesenheit und der darauf folgenden Erlassung des angefochtenen Bescheides seien seine Parteirechte, insbesondere die behauptete Verletzung des Parteiengehörs, in unzulässiger Weise beschnitten worden (vgl. zum Ganzen das zit. hg. Erkenntnis vom 3. September 2003, Zl. 2001/03/0160).
Soweit der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof darauf verweist, dass die Tatörtlichkeit unrichtig mit Straßenkilometer 55,100 - anstatt richtig mit Straßenkilometer 55,3 - angenommen worden sei, hat dem die belangte Behörde zutreffend bereits entgegengehalten, dass es auf eine genaue Umschreibung beim gegenständlichen Delikt nicht ankommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. August 2003, Zl. 2003/02/0146).
Wenn der Beschwerdeführer weiters rügt, die belangte Behörde habe zu Unrecht das Vorliegen seiner Dispositionsfähigkeit angenommen, kann dem der Verwaltungsgerichtshof gleichfalls nicht folgen. Es entspricht nämlich der ständigen Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 2002, Zl. 2002/02/0084), dass es schon auf Grund des situationsbezogenen Verhaltens des Beschwerdeführers - dieser hat der Rettung gegenüber angegeben, nicht verletzt zu sein und ein diesbezügliches Formular unterschrieben sowie mit den einschreitenden Gendarmeriebeamten über die Notwendigkeit des Alkotestes diskutiert und schließlich den Alkotest mit der Begründung verweigert, dass er unter Schock stehe - entbehrlich gewesen wäre, ein ärztliches Sachverständigengutachten über seine Zurechnungsfähigkeit einzuholen. Die belangte Behörde war daher schon unter Berücksichtigung dieses Verhaltens des Beschwerdeführers (und im Übrigen auch des Ergebnisses des im gegenständlichen Fall obendrein eingeholten Gutachtens) berechtigt, seine Dispositionsfähigkeit dahingehend zu bejahen, dass er im Stande gewesen wäre, seiner Verpflichtung zu entsprechen, der Aufforderung zum Atemalkoholtest nachzukommen.
Daran ändern auch die ergänzenden Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung nichts, der das Vorliegen eines primär geordneten Dämmerzustandes nicht ausschließen konnte, weil zu einer diesbezüglichen Feststellung zu wenig Informationen vorlägen. Die belangte Behörde durfte nämlich - im Sinne der dargelegten Rechtsprechung - aus dem situationsbezogenen Verhalten des Beschwerdeführers den Schluss ziehen, dass ein primär geordneter Dämmerzustand eben nicht vorliegt.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich noch vorbringt, die belangte Behörde sei unrichtiger Weise davon ausgegangen, die Amtshandlung sei als abgeschlossen anzusehen gewesen, obwohl sich aus dem Ermittlungsverfahren keinerlei Hinweis in der Richtung ergeben habe, dem Beschwerdeführer gegenüber sei erklärt worden, dass (nunmehr) die Amtshandlung abgeschlossen sei, so genügt diesbezüglich der Hinweis, dass das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Delikt - so die ständige hg. Rechtsprechung - bereits mit der Verweigerung vollendet ist; der "Erklärung", dass nunmehr die Amtshandlung beendet sei, bedurfte es daher nicht.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 30. Jänner 2004
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort Alkotest Verweigerung Alkotest Zeitpunkt Ort Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Verhältnis zu anderen Materien Normen VStGEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003020223.X00Im RIS seit
18.02.2004