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L10015 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Salzburg;Norm
BauPolZuständigkeitsübertragung Salzburg-Umgebung 1968 §1 Abschn1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. W S in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 8. Juli 2002, Zl. 1/02-37.011/5-2002, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung gerichteten Ansuchen vom 23. September 1997 begehrte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Frühstückspension mit Doppelgarage auf den Grundstücken Nr. 3/4 und Nr. 396/5, jeweils der KG G. Das Ansuchen wurde mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 25. September 1997 "zuständigkeitshalber" dem Bürgermeister der Gemeinde S als zuständiger Baubehörde erster Instanz übermittelt. Ihre eigene Zuständigkeit erachtete die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung in Ermangelung eines gleichzeitig gestellten Ansuchens um gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsanlage für nicht gegeben.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. April 1998 wurde das Bauansuchen des Beschwerdeführers in Anwendung der Bestimmung des § 9 Abs. 1 lit. a des Salzburger Baupolizeigesetzes 1997 in Verbindung mit § 24 Abs. 1 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1992 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die gegenständliche Baufläche sei im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde als Grünland ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 31. Dezember 1998 als unbegründet abgewiesen wurde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 8. Juli 2002 wies die belangte Behörde diese Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde nach einer Zusammenfassung des Verwaltungsgeschehens und Darstellung der Rechtslage im Wesentlichen aus, wie durch die Gemeindebehörden bereits - vom Beschwerdeführer unbestritten - festgestellt worden sei, seien die in Rede stehenden Grundflächen der Parzelle 3/4 und 396/5, je KG G, nach dem rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde im Grünland gelegen. In Anwendung des § 9 Abs. 1 lit. a Salzburger Baupolizeigesetz in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998 hätten daher die Gemeindebehörden zu Recht die Bewilligung der beantragten baulichen Maßnahmen versagt. Insoweit vom Beschwerdeführer gerügt worden sei, die Gemeindebehörden hätten das von ihm beantragte Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplans bzw. zur Änderung des Gefahrenzonenplanes nicht durchgeführt, sei auszuführen, dass die Gemeindebehörden nicht verpflichtet seien, auf Antrag eines Bewilligungswerbers Verfahren der genannten Art durchzuführen. Insoweit sich der Beschwerdeführer dadurch beschwert erachte, dass die Gemeindebehörden seinem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nicht entsprochen hätten, werde ebenfalls darauf hingewiesen, dass der Partei ein Anspruch auf Aussetzung des Verfahrens nicht zustehe und der Beschwerdeführer im konkreten Fall auch keinen Rechtsverlust erleide, da er im Falle geänderter Sach- und Rechtslage - eine solche wäre bei Änderung des Flächenwidmungsplanes jedenfalls gegeben - zur neuerlichen Antragstellung berechtigt wäre. Insoweit der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit der Gemeindebehörden und die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung behaupte, sei auf das Übermittlungsschreiben der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 25. September 1997 zu verweisen, aus dem hervorgehe, dass für das gegenständliche Bauvorhaben keine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich sei, weshalb § 1 Punkt I lit. c der Delegierungsverordnung der Salzburger Landesregierung vom 9. Dezember 1968, LGBl. Nr. 98/68 in der Fassung LGBl. Nr. 48/1993 in Verbindung mit Art. I zu § 6 Abs. 2 der Bau-Delegierungsverordnung 1998 für den Bezirk Salzburg-Umgebung - Flachgau, LGBl. Nr. 84/1998 in der Fassung LGBl. Nr. 44/1999, nicht anzuwenden sei. Die Zuständigkeit der Gemeindebehörden sei somit gegeben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde aus den Gründen einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Beschwerdeführer erstattete zur Gegenschrift der belangten Behörde wiederum unaufgefordert eine Replik.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit § 1 Abschnitt I lit. b der Bau-Delegierungsverordnung Salzburg-Umgebung, LGBl. Nr. 98/1968, in der Fassung LGBl. Nr. 19/1993, wird u.a. für die Gemeinde S auf dem dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Gebiet der örtlichen Baupolizei und der örtlichen Raumplanung die Besorgung der Erteilung der Baubewilligungin jenen Fällen auf die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung übertragen, in denen nach der Gewerbeordnung die gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsanlage erforderlich ist (§ 13 der Salzburger Landbauordnung 1968, LGBl. Nr. 84).
Gemäß Art. III der B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, gehört die Privatzimmervermietung, das ist die durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes als häusliche Nebenbeschäftigung ausgeübte Vermietung von nicht mehr als zehn Fremdenbetten, nicht zu den Angelegenheiten des Gewerbes im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG (u.a.).
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 der Gewerbeordnung BGBl. Nr. 194/1994, in der Fassung BGBl. I Nr. 10/1997 (GewO 1994), ist dieses Bundesgesetz - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallenden und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebenen Erwerbszweige nicht anzuwenden. Maßgeblich für die Qualifikation einer Tätigkeit als häusliche Nebenbeschäftigung ist im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 9 GewO 1994 die Eigenart und die Betriebsweise der betreffenden Tätigkeit (vgl. als Beispiel für viele das hg. Erkenntnis vom 3. März 1999, Zl. 97/04/0176, und die hier zitierte Vorjudikatur), wobei die Gesetzesmaterialien (RV, 395 BlgNR, 13 GP, 106) darauf hinweisen, "dass es sich um eine im Vergleich zu den anderen häuslichen Tätigkeiten dem Umfange nach untergeordnete Erwerbstätigkeit handeln muss". Vergleichsmaßstab für die Unterordnung der Nebenbeschäftigung sind daher nicht - wie die belangte Behörde meint - eine weitere Erwerbstätigkeit, sondern die anderen häuslichen Tätigkeiten. Im Vergleich zu den anderen häuslichen Tätigkeiten, das sind die in einem Haushalt bei Durchschnittsbetrachtung anfallenden Tätigkeiten, darf die häusliche Nebenbeschäftigung eine umfänglich nur untergeordnete Rolle einnehmen; auf die im konkreten Fall tatsächlich zu besorgenden häuslichen Tätigkeiten kommt es dabei nicht an, weil diese für den hier relevanten typischen Umfang der häuslichen Nebenbeschäftigung nichts besagen können.
Gemäß § 142 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 bedarf die Beherbergung von Gästen, nach § 142 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. die Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 124 Z. 9).
Nach § 142 Abs. 2 GewO 1994 ist unter Verabreichung (Abs. 1 Z. 2) jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden.
Gemäß § 74 Abs. 1 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
Abs. 2 bestimmt, dass gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden dürfen, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen;
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Nach Abs. 3 leg. cit. besteht die Genehmigungspflicht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.
Nach den dem Bauantrag angeschlossen gewesenen Plänen ist die Errichtung einer "Frühstückspension", bestehend aus 24 Einheiten von "Fremdenzimmern" jeweils mit Bad/Dusche und Küche, und einem im Erdgeschoß befindlichen Frühstücksraum sowie einer Doppelgarage geplant. Bei dieser Größenordnung kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass es sich um eine den oben aufgezeigten Kriterien entsprechende bewilligungsfreie häusliche Nebenbeschäftigung handelt, ganz davon abgesehen, dass im Hinblick auf die projektierte zehn übersteigende Anzahl der Fremdenbetten auch kein bewilligungsfreies Gewerbe im Sinne der Ausnahmeregelung des § 143 Z. 8 GewO in Verbindung mit § 124 Z. 9 GewO 1994 vorliegt, wonach die Beherbergung von Gästen nur dann bewilligungsfrei ist, wenn nicht mehr als zehn Fremdenbetten bereitgestellt werden und die Verabreichung des Frühstücks und von kleinen Imbissen und der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Flaschenbier sowie von gebrannten geistigen Getränken als Beigabe zu diesen Getränken an die Gäste vorliegt.
Die Behörde hätte im vorliegenden Fall prüfen müssen, ob die Voraussetzungen nach § 74 GewO 1994 vorliegen.
Es ist darauf zu verweisen, dass es nicht darauf ankommt, ob Gegenstand des Bauansuchens des Beschwerdeführers lediglich die Erteilung der Baubewilligung für ein konkret genanntes Projekt war ohne damit verbundene Antragstellung auf Betriebsanlagengenehmigung, weil § 1 Abschnitt I lit. b der Bau-Delegierungsverordnung Salzburg-Umgebung nur auf die Erforderlichkeit einer Betriebsanlagengenehmigung abstellt und nicht auf das - tatsächliche - Vorliegen eines diesbezüglichen Antrages.
Indem die belangte Behörde die oben aufgezeigte Rechtslage verkannte und den Bescheid der Gemeindevertretung nicht infolge Unzuständigkeit aufgehoben hat, hat sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Dieser war daher - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer in dem für Schriftsatzaufwand zuerkannten Pauschalbetrag bereits enthalten ist.
Wien, am 17. Februar 2004
Schlagworte
Behörden Zuständigkeit Allgemein BauRallg2/1 Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002060132.X00Im RIS seit
29.03.2004