TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/17 2002/06/0149

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Veröffentlicht am 17.02.2004
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Index

L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Tir 1998 §25 Abs3 litd;
BauO Tir 1998 §25 Abs3;
BauO Tir 1998 §6 Abs1 lita;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des C M in I, vertreten durch Dr. Hans Heißl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 21/III, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 17. Juni 2002, Zl. II-AL- 00011e/2002, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: C Ö in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtmagistrats der Landeshauptstadt Innsbruck vom 2. Jänner 2002 wurde dem Mitbeteiligten nach Durchführung einer Bauverhandlung die Baubewilligung zur Errichtung eines landwirtschaftlichen Lagerschuppens zum Einstellen von Geräten und zur Unterbringung von Futter auf dem Grundstück Nr. 76/2 der KG A erteilt. Die vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen wurden abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Nach Darstellung des Verfahrensverlaufs, insbesondere aber der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung, führte die belangte Behörde begründend aus, Gegenstand des Verfahrens bilde die Errichtung eines landwirtschaftlichen Lagerschuppens zum Einstellen von Geräten und zur Unterbringung von Futter auf dem Grundstück Nr. 76/2 KG A. Der geplante Lagerschuppen solle ein Ausmaß von 12 m x 8 m sowie eine maximale Wandhöhe von 4 m bei einer Firsthöhe von 5 m aufweisen. Der Grenzabstand betrage im Süden und Osten jeweils 4 m, im Norden zu den Grundstücken Nr. 78/1 und 77 (dem Grundstück des Beschwerdeführers) 4,45 m bzw. 4,12 m und im Westen nach Durchführung eines Grundstückstausches 3,65 m bzw. 7 m. Der Lagerschuppen solle in Holzkonstruktion mit sägerauher, senkrecht stehender Holzschalung und drei Schiebetoren errichtet werden; die Überdachung solle mittels eines 19 Grad geneigten Satteldaches erfolgen, welches mit roten Dachziegeln eingedeckt werden solle. Die Neubaumasse betrage 168 m3.

Nach der eingeholten Stellungnahme des Stadtplanungsamtes sei der Bauplatz im Flächenwidmungsplan als "Sonderfläche - sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude, Gerätestadel" gewidmet, ein Bebauungsplan bestehe nicht, doch seien aus stadtplanerischer Sicht bei der Errichtung von landwirtschaftlichen Gebäuden die im Folgenden genannte Kriterien einzuhalten, nämlich:

"Größe und Dachform: Maximale Grundrissfläche 10 m mal 15 m, bei geringerem Flächenbedarf 8 m mal 12 m bzw. nicht kleiner. Sollte eine größere Grundrissfläche benötigt werden, ist ein Nachweis für den tatsächlichen Bedarf zu erbringen. Die Traufenhöhe soll 5 m nicht überschreiten, als Dachform ist ein Sattel- oder Pultdach möglich. Beim Pultdach kann die größte Wandhöhe 6 m betragen. Nach Möglichkeit sollen die Baukörper mit der längeren Gebäudeausdehnung parallel zum Hang gestellt werden. Die Dachvorsprünge sollen dabei maximal 1 m betragen.

Material: Die Außenwände sind in sägerauher, senkrecht stehender Holzschalung, die Dacheindeckung in rotem bis rotbraunem Material auszuführen.

Einbindung ins Gelände: Die Einbindung der Bauten ins Gelände einschließlich der notwendigen Zufahrten sind ohne betonierte Stützmauern oder ähnlichen Stützbauwerken zu bewerkstelligen."

Da sowohl der Sachverständigenbeirat nach dem Stadtkern- und Ortsbildschutzgesetz das Projekt positiv beurteilt habe und auch seitens der Abteilung Agrarwirtschaft die betriebliche Notwendigkeit bestätigt worden sei, sei die vom Beschwerdeführer eingewendete Widmungswidrigkeit nicht gegeben.

Insoweit der Beschwerdeführer die Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstände behaupte, sei darauf zu verweisen, dass gemäß § 6 Abs. 1 lit. a TBO 2001 auf Sonderflächen nach den §§ 43 bis 47 und 50 TBO 2001 und im Freiland das 0,4-fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber 3 m, zum übrigen Bauland, zu Sonderflächen nach den §§ 48, 49 und 51 TBO 2001 und zu Vorbehaltsflächen jedoch das 0,6-fache dieses Abstandes, jedenfalls aber 4 m als Grenzabstände einzuhalten seien. Bei einer den Plänen zu entnehmenden maximalen Firsthöhe von 5 m betrage der gesetzliche Grenzabstand zu allen Grundgrenzen 3 m. Dieser Abstand werde durch das geplante Bauvorhaben sogar weit überschritten.

Zur Frage der vom Beschwerdeführer behaupteten Geländeaufschüttung sei im Berufungsverfahren eine ergänzende Stellungnahme des Amtes für Information und Organisation der Stadt Innsbruck - GIS eingeholt worden, aus welcher hervorgehe, dass solche Aufschüttungen nicht erfolgt seien. Lediglich der Bereich der nordwestlichen Stadelecke weise eine Höhendifferenz von ca. 22 cm auf.

Auch der Einwand der mangelnden rechtlich gesicherten Zufahrt sei unzutreffend, da mit Dienstbarkeitsvertrag vom 11. April 2002 der Eigentümer des trennenden Grundstücks dem Bauwerber und dessen Rechtsnachfolgern das uneingeschränkte und unentgeltliche Geh- und Fahrrecht auf der südlichen Teilfläche des Grundstücks Nr. 85 KG A eingeräumt habe. Damit sei eine rechtlich gesicherte Verbindung des Bauplatzes zur öffentlichen Straße hergestellt. Im Übrigen komme dem Nachbarn im Bauverfahren in dieser Frage keine "subjektive Parteistellung" zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie schon im Verwaltungsverfahren macht der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde geltend, das geplante Bauvorhaben erfülle nicht das Kriterium der parallelen Hanglage und widerspreche damit dem Stadtkern- und Ortsbildschutzgesetz; zudem vermindere der geplante Schuppen die Belichtung und Besonnung seiner Liegenschaft. Die belange Behörde habe sich auch in der Frage der von ihm behaupteten Geländeaufschüttungen lediglich auf eine Stellungnahme gestützt, die ohne Durchführung eines Ortsaugenscheines durch punktförmige Grabungen erstellt worden sei. Bei Feststellung der maximalen Wandhöhe fehle ein Bezugspunkt, da das Baugrundstück nicht eben, sondern ansteigend verlaufe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv- öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u. v.a.). Dies gilt auch für die Parteien, die gemäß § 42 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung beibehalten haben.

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass im Beschwerdefall infolge der am 16. Mai 2001 bei der Baubehörde erster Instanz eingegangenen Antragstellung um Erteilung der Baubewilligung gemäß § 59 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94/2001, wonach die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes (d.i. der 1. November 2001) bereits anhängigen Baubewilligungsverfahren und Verfahren auf Grund von Bauanzeigen nach der bisherigen Tiroler Bauordnung (TBO 1998, LGBl. Nr. 15/1998) weiterzuführen sind, wenn das betreffende Bauvorhaben auch nach diesem Gesetz bewilligungspflichtig oder zumindest anzeigepflichtig ist, die Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15/1998 (im Folgenden: TBO 1998), anzuwenden ist.

Gemäß § 25 Abs. 1 TBO 1998 sind der Bauwerber und die Nachbarn Parteien im Bauverfahren. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 79/2000 sind Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

b)

der Bestimmungen über den Brandschutz;

c)

der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;

              d)              der Abstandsbestimmungen des § 6.

Diese Aufzählung ist taxativ (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 2003, Zl. 2000/06/0015).

Gemäß § 6 Abs. 1 lit. a TBO 1998 muss, sofern nicht auf Grund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder auf Grund von darin festgelegten Baugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalen Abstand aufweisen, der im Gewerbe- und Industriegebiet, im Kerngebiet, auf Sonderflächen nach den §§ 43 bis 47, 50 und 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 und im Freiland das 0,4fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber drei Meter, zum übrigen Bauland, zu Sonderflächen nach den §§ 48, 49 und 52 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 und zu Vorbehaltsflächen jedoch das 0,6fache dieses Abstandes, jedenfalls aber vier Meter beträgt. Wurde das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist bei der Berechnung der Abstände nach lit. a und b vom Geländeniveau vor dieser Veränderung auszugehen.

Insoweit der Beschwerdeführer zunächst davon ausgeht, der geplante Schuppen stünde nicht parallel, sondern annähernd quer zum Hang und widerspreche damit den vom Stadtbauamt aufgestellten Kriterien, ist darauf zu verweisen, dass - ungeachtet der Frage, ob sich ein solches Kriterium aus dem Gesetz ableiten lässt - nach dem im Akt liegenden Höhenschichtplan des Innsbrucker Amtes für Information und Organisation - GIS vom 20. Februar 2002 die Gebäudelängsseite annähernd parallel zum Verlauf der Höhenschichtlinie 638 und damit längs des Hangverlaufes liegt. Das Kriterium des "nach Möglichkeit" parallel zum Hang gestellten Baukörpers ist somit als erfüllt anzusehen. Abgesehen davon bildet die Erfüllung dieses Kriteriums ebenso wenig ein subjektivöffentliches Nachbarrecht wie die behauptete Einbuße der Besonnung und Belichtung, da ein allgemeines subjektives öffentliches Nachbarrecht auf Wahrung des Licht- und Sonneneinfalles nicht besteht. Dem Nachbarn steht nur ein Recht darauf zu, dass der gesetzliche Mindestabstand zu seinem Grundstück eingehalten wird. Grundsätzlich hat nämlich jeder Grundeigentümer, soweit nicht zivilrechtliche Ansprüche bestehen, für eine ausreichende Belüftung und Belichtung seiner Bauten auf seinem Grundstück Sorge zu tragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2002, Zl. 2000/06/0180). Die gesetzlichen Mindestabstände werden durch das Projekt aber - vom Beschwerdeführer auch nicht mehr bekämpft - tatsächlich eingehalten.

Auch die Behauptung einer von den Behörden nicht berücksichtigten unzulässigen Geländeaufschüttung durch den Bauwerber trifft nicht zu. Dem bereits oben bezeichneten, von der belangten Behörde eingeholten Schichtenplan des Innsbrucker Amtes für Information und Organisation - GIS vom 20. Februar 2002 in Verbindung mit dem Übersendungsschreiben dieses Amtes vom 21. Februar 2002 ist nämlich ferner zu entnehmen, dass sich die erhobenen Koordinaten zwischen dem Stand der Vermessung vor 1991 und dem erhobenen Stand per 19. Februar 2002 im Bereich des Bauplatzes nur unwesentlich (im Bereich der nordwestlichen Stadelecke ca. 22 cm) verändert haben. Die Erhebungen durch dieses Amt erfolgten also in aktuellem zeitlichem Bezug zum gegenständlichen Projekt durch Geländemessungen. Im Sinne des § 6 Abs. 1 letzter Satz TBO 1998 zu berücksichtigende Geländeaufschüttungen, die durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung vorgenommen worden wären und das Bauvorhaben in der geplanten Form unzulässig machen würden, konnten dadurch aber nicht festgestellt werden.

Obwohl aus den vorgelegten Akten nicht hervorgeht, dass die im Berufungsverfahren eingeholten ergänzenden Ermittlungsergebnisse - insbesondere die Stellungnahme des Innsbrucker Amtes für Information und Organisation - GIS vom 20. Februar 2002 - dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht worden wären, führt ein allenfalls darin gelegener Verfahrensmangel noch nicht eo ipso zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil in der Beschwerde nicht ausgeführt wird, auf Grund welcher Umstände die Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Die Relevanz dieses Verfahrensmangels wurde demnach nicht dargelegt.

Insoweit der Beschwerdeführer die Angabe eines Fixpunktes für die Berechnung der maximalen Wandhöhe vermisst, ist er auf die dem Bauansuchen angeschlossenen Pläne zu verweisen, wonach die Wandhöhe ab dem Fundament ermittelt werden kann.

Insgesamt macht der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen keine Verletzung in subjektiv-öffentlichen Rechten im Sinne des § 25 Abs. 3 TBO 1998 geltend.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Februar 2004

Schlagworte

Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Belichtung Belüftung BauRallg5/1/3 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002060149.X00

Im RIS seit

18.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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