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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. Hans Georg Zeiner, Dr. Brigitte Heaman-Dunn, Dr. Georg Punkenhofer und Dr. Rudolf Pendl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Schellinggasse 6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen vom 13. Juli 2000, Zl. 125.087/2-7/2000, betreffend Versicherungspflicht nach ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien:
1. H in W, vertreten durch Dr. Rudolf Krilyszyn, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Porzellangasse 39; 2. Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30; 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65;
4. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeiststraße 1; 5. Arbeitsmarktservice Wien, Landesgeschäftstelle, 1011 Wien, Weihburggasse 30), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der Beschwerde hat der Beschwerdeführer zwei mit 11. Februar 1999 datierte und als Dienstzettel bezeichnete, teilweise ausgefüllte Vordrucke vorgelegt, in denen der Erstmitbeteiligte als Arbeitgeber und der Beschwerdeführer als Arbeitnehmer bezeichnet werden. Als Beginn des Arbeitsverhältnisses wurde in den Urkunden der 11. Februar 1999 angeführt; die Probezeit sollte zwei Monate und die wöchentliche Arbeitszeit - bei einer Entlohnung nach dem Kollektivvertrag für das holzverarbeitende Gewerbe - 20 Stunden betragen. Diese mit der Hand bzw. mit Schreibmaschine ausgefüllten Vordrucke liegen auch in den vorgelegten Verwaltungsakten; abgesehen vom Tag des Beginnes des Arbeitsverhältnisses ist der soeben wiedergegebene Inhalt dieser Urkunden unstrittig.
Diese Dienstzettel wurden nach der Aktenlage an jenem Tag ausgestellt, an dem der Beschwerdeführer beim Erstmitbeteiligten ein Vorstellungsgespräch geführt hat. Der Beschwerdeführer erstellte bei dieser Gelegenheit ein "Musterstück" für eine Intarsienarbeit. Zu einer "Aufnahme" des Beschwerdeführers im Sinne einer weiteren Beschäftigung für den Erstmitbeteiligten ist es nicht gekommen, weil der Beschwerdeführer auf dem Heimweg einen Unfall erlitt, bei dem er sich einen Sehnenriss im linken Arm zugezogen hat. Strittig ist das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses an diesem Tag.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit als Tischler beim Erstmitbeteiligten nicht der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. Begründend gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder, stellte die einschlägige Rechtslage dar und traf folgende Feststellungen:
"(Der Beschwerdeführer) ... erlernte den Beruf eines Restaurators bzw. eines Kunsttischlers. Auf Grund mehrerer Arbeitsunfälle übte (der Beschwerdeführer) bereits seit etwa 15 Jahren seinen Beruf nicht mehr aus. Durch die Mitteilung eines Bekannten erfuhr (der Beschwerdeführer) davon, dass (vom Erstmitbeteiligten) eine Restaurationsfachkraft gesucht werde. Am 10.02.1999 wurde zwischen (dem Beschwerdeführer) und (dem Erstmitbeteiligten) telefonisch ein Vorstellungs- bzw. Probetermin für den 11.02.1999 vereinbart. Am 11.02.1999 erschien (der Beschwerdeführer) gegen 15.30 in der Tischlerei des (Erstmitbeteiligten). Es wurden die anfallenden Arbeiten besprochen. (Der Beschwerdeführer) bot (dem Erstmitbeteiligten) eine Probearbeit an einem Musterstück an, die bis etwa 18.00 Uhr währte. Es wurde vereinbart, dass die Tätigkeit des (Beschwerdeführers) am kommenden Tag, also mit 12.02.1999 beginnen sollte. Vor Beginn der Tätigkeit am Probestück wurde ein Dienstzettel ausgestellt, in dem die allgemeinen Daten des (Beschwerdeführers) festgehalten wurden und als Beginn des Dienstverhältnisses der 11.02.1999 genannt wurde."
In der rechtlichen Beurteilung ergänzte die belangte Behörde den Sachverhalt dahin, das Zustandekommen des Dienstvertrages sei von der Bedingung abhängig gemacht worden, dass der Beschwerdeführer das Probestück sachgemäß bearbeite.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass sich dieser Sachverhalt insbesondere aus den Versicherungs- und Verwaltungsakten sowie aus den Aussagen der am Vorstellungsgespräch Beteiligten ergäbe.
In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Meinung, dass am 11. Februar 1999 kein jederzeit auflösbares Probearbeitsverhältnis vereinbart, sondern das Zustandekommen des Dienstvertrages von der sachgemäßen Bearbeitung des Probestückes durch den Beschwerdeführer abhängig gemacht worden sei. Ein Verhältnis persönlicher Abhängigkeit könne dort nicht bestehen, wo beide Parteien noch keine gegenseitigen Verpflichtungen eingegangen seien. Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Erstmitbeteiligte hätten sich erst nach Vorlage eines ordnungsgemäß bearbeiteten Probestückes vertraglich aneinander binden wollen. Dass das Restaurieren des Musterstückes letztlich dem Erstmitbeteiligten "- gleich ob als Schaustück oder zum Verkauf -" zugute gekommen sei und der Beschwerdeführer Anweisungen des Erstmitbeteiligten zu befolgen gehabt habe, vermöge an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Gerade beim Restaurieren antiker Möbel von größerem Wert befinde sich ein allfälliges Probestück wohl nur selten in der Verfügungsmacht des potenziellen Dienstnehmers. Dass die Bearbeitung des Probestückes auch Anweisungen des Erstmitbeteiligten in geringem Maße vorausgesetzt habe, sei evident, weil nur dieser bestimmen könne, was an welchem Stück zu restaurieren sei.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung trug die belangte Behörde beweiswürdigend nach, dass die Angabe des Erstmitbeteiligten, es sei ihm bei der Ausstellung des Dienstzettels ein Schreibfehler unterlaufen (11. Februar statt 12. Februar 1999), glaubwürdig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, zu der die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse und der Erstmitbeteiligte Gegenschriften erstatteten, in denen sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und nahm - ebenso wie die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt - von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Die übrigen mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob der Beschwerdeführer am 11. Februar 1999 auf Grund seiner Tätigkeit beim Erstmitbeteiligten voll- und arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Sowohl die belangte Behörde als auch der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde gehen bei der Beantwortung der Frage nach dem Beginn der Pflichtversicherung von der Maßgeblichkeit des Zeitpunktes aus, in dem der Dienstzettel unterzeichnet bzw. der als Beginn des Beschäftigungsverhältnisses vereinbart wurde. Der Beschwerdeführer beruft sich auf die am 11. Februar 1999 von ihm tatsächlich geleisteten Arbeiten.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.
Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert).
Gemäß § 10 Abs. 1 ASVG beginnt unter anderem die Pflichtversicherung der Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG unabhängig von der Erstattung einer Anmeldung mit dem Tag des Beginnes der Beschäftigung.
Das Beschäftigungsverhältnis und damit die Versicherungspflicht im Sinne des § 10 Abs. 1 ASVG beginnen in der Regel mit dem "Einstellungsakt", einem "Vorgang von starker Tatsächlichkeit", weshalb als Tag des Beginnes der Beschäftigung im Sinne der genannten Bestimmung in der Regel der tatsächliche Antritt (die Aufnahme) der Beschäftigung anzusehen ist, es hingegen grundsätzlich auf den vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht ankommt (vgl. das Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, Zl. 93/08/0104, mit weiteren Judikaturhinweisen); das Bestehen eines "Verpflichtungsaktes" ist nicht Voraussetzung (vgl. das Erkenntnis vom 7. September 1979, Zl. 1104/77).
Den Vertragsparteien steht kein isolierter Zugriff auf die Rechtsfolge "Versicherungspflicht" dahin zu, diese ungeachtet der Vertragsgestaltung auszuschließen; dies ist die Folge davon, dass die Versicherungspflicht (fallbezogen) eine Funktion des Vorliegens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist (vgl. das Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0047).
Im vorliegenden Fall führte der Beschwerdeführer in der Werkstätte des Erstmitbeteiligten etwa zwei Stunden lang Arbeiten an einem Musterstück durch; dabei hatte er die Anweisungen des Erstmitbeteiligten zu befolgen; das restaurierte Musterstück ist dem Erstmitbeteiligen zugute gekommen.
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis und demgemäß auch das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis nach dem Willen der Parteien erst mit dem Tag der Aufnahme der "Tätigkeit" hätte beginnen sollen. Darunter hat die belangte Behörde offensichtlich die eigentliche Betriebsarbeit verstanden, wobei sich die belangte Behörde auch darauf gestützt hat, dass die "Tätigkeit" nach der eigentlich gemeinten Datierung im Dienstzettel erst am nächsten Tag als Probearbeitsverhältnis beginnen sollte.
Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt:
Das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 iVm § 10 Abs. 1 ASVG beginnt grundsätzlich mit der tatsächlichen Aufnahme der Beschäftigung, sofern diese in einem Verhältnis wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit verrichtet wird. Sobald der Antritt einer solchen Beschäftigung tatsächlich erfolgt, ist nicht mehr entscheidend, ob die Vertragsparteien diesen oder einen anderen Tag als den Tag der Arbeitsaufnahme vereinbart haben.
Nach den Feststellungen fertigte der Beschwerdeführer unter Anweisung des Erstmitbeteiligten am Tag seines Vorstellungsgespräches nachmittags durch rund zwei Stunden bis 18 Uhr ein Werkstück zur Probe, auf Grund dessen zufrieden stellender Qualität die "Tätigkeit" am nächsten Tag aufgenommen werden sollte.
Für die Frage des Beginns der Versicherungspflicht ist somit entscheidend, ob die Herstellung dieses Werkstückes noch dem Vorstellungsgespräch oder bereits dem Beschäftigungsverhältnis (das zunächst ein solches auf Probe sein sollte) zuzuordnen ist.
In diesem Zusammenhang ist zunächst für die Beantwortung dieser Rechtsfrage unerheblich, dass der Erstmitbeteiligte vom Ergebnis der Herstellung eines Probewerkstückes die (weitere) Beschäftigung (zur Probe) des Beschwerdeführers abhängig machen wollte, da gerade dieser Parteiwille regelmäßige Grundlage eines jederzeit lösbaren Probearbeitsverhältnisses ist.
In verschiedenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen ist das Dienstverhältnis auf Probe geregelt (§ 1158 Abs. 2 ABGB, § 19 Abs. 2 Angestelltengesetz, § 16 Abs. 2 Gutsangestelltengesetz, § 10 Abs. 1 Landarbeitsgesetz, § 4 Abs. 3 Vertragsbedienstetengesetz). Darunter versteht man ein für einen durch das Gesetz selbst begrenzten Zeitraum (in der Regel höchstens einen Monat) vereinbartes Arbeitsverhältnis mit jederzeitiger (gleichsam stündlicher) Lösbarkeit.
Das Dienstverhältnis auf Probe soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, sich davon zu überzeugen, ob sich der Arbeitnehmer für die ihm zugedachte Stelle eignet, bevor er ihn endgültig einstellt (vgl. Martinek-Schwarz, Kommentar zum Angestelltengesetz, Erläuterung 7 zu § 19). Die genannten gesetzlichen Bestimmungen setzen für die Erprobung des Arbeitnehmers die Begründung eines (im Zweifel entgeltlichen (§ 1152 ABGB)) Arbeitsverhältnisses voraus.
Es steht daher der Annahme eines (versicherungspflichtigen) Probearbeitsverhältnisses nicht entgegen, dass die (Weiter-)Beschäftigung am nächsten Tag im Beschwerdefall (zunächst) vom Gelingen eines Werkstückes abhängig gemacht wurde, zumal im Probearbeitsverhältnis ohnehin die Möglichkeit zu dessen jederzeitiger Auflösung ohne Begründung besteht und daher auch das nicht wunschgemäße Gelingen eines Werkstückes Anlass für eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Dienstgeber sein kann.
Für die danach erforderliche Abgrenzung eines Vorstellungsgesprächs von der Aufnahme der (auch versicherten) Betriebsarbeit kann es vor dem Hintergrund des Schutzzwecks arbeitsrechtlicher Normen nicht dem Arbeitgeber überlassen werden, eine Beschäftigung, die typischerweise Teil eines Probearbeitsverhältnisses ist, nach Belieben in das Vorstellungsgespräch zu integrieren und so Arbeit suchende Personen zu Arbeitsleistungen (und sei es auch nur jeweils zur Herstellung eines Werkstückes) ohne Entgeltanspruch zu verhalten. Die Abgrenzung des Vorstellungsgesprächs von einer Arbeitsleistung, die den Beginn eines (an sich von den Parteien insoweit auch gewollten) Arbeitsverhältnisses markiert, hat daher nach objektiven Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der Übung des redlichen Verkehrs zu erfolgen.
Der Verwaltungsgerichtshof kann nun nicht finden, dass die Herstellung eines Werkstückes durch die nicht unerhebliche Zeitdauer von zwei Stunden im Betrieb des Arbeitgebers typischerweise Teil eines Vorstellungsgespräches ist. Es ist dem Arbeitgeber zwar nicht verwehrt, sich bei einem Vorstellungsgespräch davon zu überzeugen, ob der Bewerber die für die in Aussicht genommene Stelle erforderlichen Kenntnisse besitzt, wozu auch kurze praktische Erprobungen zählen mögen. Die Herstellung eines Werkstückes zur Beurteilung der Qualität der Arbeitserbringung des Bewerbers im hier in Rede stehenden zeitlichen Ausmaß geht aber dem Umfang und der Sache nach schon deshalb über das bei einem Vorstellungsgespräch Übliche und Zulässige hinaus, weil den Interessen des Arbeitgebers in gleicher Weise in einem zu jeder Stunde kündbaren Probearbeitsverhältnis Rechnung getragen werden kann, jedoch das Interesse des Arbeitnehmers, nicht unentgeltliche Arbeitsleistungen erbringen zu müssen, nur in einem solchen Probearbeitsverhältnis zur Geltung kommt.
Soweit aber der Arbeitgeber das Vorstellungsgespräch dazu benützt, eine Arbeitsleistung in Anspruch zu nehmen, die nach Art und Umfang üblicherweise nicht unentgeltlich erbracht wird, und dadurch das Vorstellungsgespräch der Sache nach in die eigentliche Betriebsarbeit oder in eine für die Beschäftigung allenfalls erforderliche Einschulung - und sei es auch nur die Herstellung eines Werkstückes - erstreckt, kommt es zu einer einseitigen Verkürzung der Interessen des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch berechtigte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt werden könnte. Eine solche Vorgangsweise entspricht daher nicht der Übung des redlichen Verkehrs.
Der Beschwerdeführer hatte daher für die Erstellung eines solchen Werkstückes auch einen Entgeltanspruch im Sinne des Kollektivertrages für das holzverarbeitende Gewerbe.
Es wurde daher mit dem einvernehmlichen Beginn einer betrieblichen Tätigkeit (und sei sie auch nur zur Probe gedacht gewesen) das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis noch am 11. Februar 1999 in Gang gesetzt. Ob der Entgeltanspruch des Beschwerdeführers an diesem Tag die Geringfügigkeitsgrenze überschritten hat, wird die belangte Behörde festzustellen und danach neuerlich über die Frage der Vollversicherung des Beschwerdeführers abzusprechen haben. Sollte sich herausstellen, dass der Entgeltanspruch die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten hat, wird die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse sodann über die Frage der Teilversicherung abzusprechen haben.
Da die belangte Behörde auf Grund einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung die zur abschließenden rechtlichen Beurteilung der Rechtssache erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat, war der angefochtene Bescheid § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. Februar 2004
Schlagworte
Dienstnehmer Begriff Beschäftigung gegen Entgelt Besondere Rechtsprobleme Verhältnis zu anderen Normen Materien Sozialversicherung Zivilrecht VertragsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000080180.X00Im RIS seit
09.04.2004Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008