Index
62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der L in T, vertreten durch Dr. Christian Falkner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Biondekgasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 11. August 2000, Zl. 120.446/3-7/99, betreffend Versicherungspflicht nach ASVG und AlVG (weitere Parteien:
1. Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30;
2. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1; 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65; 4. Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Wien, 1011 Wien, Weihburggasse 30; 5. Bund, vertreten durch den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin ist schuldig, dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren des Bundes wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest,
"dass (die Beschwerdeführerin) auf Grund ihrer Tätigkeit beim Dienstgeber Republik Österreich, Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten, 1010 Wien, Ballhausplatz 2 als Stubenmädchen in der Zeit vom 01.10.1972 bis 21.01.1979 gemäß § 1 Abs. 1 1. Halbsatz ASVG iVm § 3 Abs. 1 und Abs. 2 lit. f ASVG nicht der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG 1958 bzw. 1977 unterlag."
Begründend ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:
"(Die Beschwerdeführerin) war jedenfalls seit 01.10.1972 als Stubenmädchen an der österreichischen Botschaft in Budapest beschäftigt. Auf Grund eines am 11.03.1978 erlittenen Unfalles beantragte (die Beschwerdeführerin) die Zuerkennung einer Unfallrente. Das Oberlandesgericht Wien unterbrach ... ein diesbezügliches Verfahren zur Klärung der Vorfrage, ob Sozialversicherungspflicht im Unfallzeitpunkt überhaupt bestand. Mit Fax ... erteilte der Magistrat der Stadt Wien ... die Auskunft, dass (die Beschwerdeführerin), ... die österreichische Staatsbürgerschaft mit 22.01.1979 erworben habe ..."
Unter Bezugnahme insbesondere auf die Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und Abs. 2 lit. f ASVG kam die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für eine voll- und arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung der Beschwerdeführerin nicht vorgelegen seien; weder sei die Beschäftigung im Inland ausgeübt worden noch sei die Beschwerdeführerin im fraglichen Zeitraum österreichische Staatsbürgerin gewesen, was aber für die Versicherungspflicht einer Beschäftigung bei einer amtlichen Vertretung der Republik Österreich im Ausland oder bei Mitgliedern einer solchen Vertretung im Ausland erforderlich sei. Im Beschäftigungszeitraum habe auch kein zwischenstaatliches Abkommen gegolten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt - von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Der mitbeteiligte Bund, die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt und die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragen. Das mitbeteiligte Arbeitsmarktservice hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Beschwerdeführerin während des in Rede stehenden Zeitraumes eine Beschäftigung ausgeübt hat, die die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht begründet hat. Dies setzte voraus, dass auf den vorliegenden Sachverhalt die Bestimmungen des ASVG anzuwenden sind.
Letzteres bejaht die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde mit der nicht näher begründeten Behauptung, "dieses Rechtsverhältnis (sei) nicht nach ungarischem Recht sondern vielmehr nach österreichischem Recht zu beurteilen gewesen".
Die für den zu beurteilenden Zeitraum (1. Oktober 1972 bis 21. Jänner 1979) maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
Gemäß § 1 ASVG regelt dieses Bundesgesetz die Allgemeine Sozialversicherung von im Inland beschäftigten Personen.
Nach § 3 Abs. 1 ASVG gelten jene unselbständigen Erwerbstätigen als im Inland beschäftigt, deren Beschäftigungsort (gemäß § 30 Abs. 2 ASVG ist das der Ort, an dem die Beschäftigung ausgeübt wird) im Inland gelegen ist.
Gemäß § 3 Abs. 2 lit. f ASVG gelten als im Inland beschäftigt auch jene Dienstnehmer österreichischer Staatsangehörigkeit, die bei einer amtlichen Vertretung der Republik Österreich im Ausland oder bei Mitgliedern einer solchen Vertretung im Inland beschäftigt sind.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sind die Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat die belangte Behörde das Vorliegen einer Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht schon deshalb zutreffend verneint, weil die Beschwerdeführerin die Beschäftigung nicht im Inland ausgeübt hat und auch nicht als im Inland beschäftigt gilt.
Weiter führt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde aus, die belangte Behörde hätte überprüfen müssen, ob nicht seit dem 22. Jänner 1979 mit Ungarn ein Abkommen darüber abgeschlossen worden sei,
"dass auch ungarische Staatsangehörige, welche bei der österreichischen Botschaft in Budapest beschäftigt sind, hinsichtlich ihrer Einordnung für die Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung österreichischen Staatsangehörigen gleichzuhalten sind und daher hinsichtlich dieser Rechtsbereiche eben der Vollversicherungspflicht bzw. der Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegen".
Gäbe es ein solches Abkommen - schließt die Beschwerdeführerin -, wären derartige Dienstverhältnisse bereits seit ihrem Bestehen als der Vollversicherungspflicht sowie der Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegend zu beurteilen, somit auch das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin seit dem 1. Oktober 1972 "bis laufend, jedenfalls aber bis zum 21.1.1979".
Tatsächlich war im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung kein solches Abkommen in Kraft. Erst mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2001 wurde zwischen Österreich und Ungarn ein Abkommen über soziale Sicherheit geschlossen, (BGBl. III Nr. 199/2000), nach welchem im Übrigen die Rechtsvorschriften jenes Vertragsstaates gelten, in dessen Gebiet die Beschäftigung ausgeübt wird.
Insgesamt war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenbegehren des Bundes war abzuweisen, weil er nicht durch einen Rechtsanwalt oder die Finanzprokuratur vertreten war.
Wien, am 18. Februar 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000080202.X00Im RIS seit
23.03.2004