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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des H in W, geboren 1980, vertreten durch Dr. Wolfgang Langeder, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Harkortstraße 9/19, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 20. Februar 2001, Zl. 217.873/0-IX/27/00, betreffend §§ 7 und 8 Asylgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen des Irak, gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 des Fremdengesetzes festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "in die autonomen Kurdengebiete im Nordirak" zulässig sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid den vorgebrachten Fluchtgründen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit versagt und die Tatsachen, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2000 illegal aus dem Irak ausgereist ist und in Österreich um Asyl ersucht hat, letztlich weder in Bezug auf die Asyl- noch hinsichtlich der Refoulement-Entscheidung als relevant angesehen. Dem Beschwerdeführer drohe zwar in seinem Heimatstaat wegen der illegalen Ausreise und dem unerlaubten Aufenthalt im Ausland eine mehrjährige Haftstrafe - die belangte Behörde spricht dabei unter Bezugnahme auf Länderberichte von einem durchschnittlichen Strafmaß von acht Jahren Freiheitsstrafe -
sowie bei Rückkehr in den Irak scharfe Verhöre, die "mit Folter, Verschwindenlassen oder extralegalen Hinrichtungen" einhergehen können. Dennoch, so die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Falls, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer "begründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK" habe glaubhaft machen können. Im Übrigen stehe dem Beschwerdeführer im Nordirak, wo er über für seine Existenzsicherung notwendige soziale und familiäre Kontakte verfüge, eine zumutbare "innerstaatliche Fluchtalternative" offen.
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht somit im Wesentlichen jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2003, Zl. 2001/20/0268, zugrunde lag. Aus den in diesem Erkenntnis (unter ausführlicher dortiger Bezugnahme auf die Vorjudikatur) angeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, durfte die belangte Behörde - jedenfalls was den vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilenden Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides anbelangt - nicht davon ausgehen, dass den für die illegale Ausreise aus dem Irak drohenden Strafen keine Asylrelevanz beizumessen ist. Aber auch das Bestehen einer innerstaatlichen Schutzalternative im Nordirak durfte die belangte Behörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nach den Ausführungen im zitierten Erkenntnis nicht annehmen, ohne sich zuvor mit der Frage auseinander zu setzen, durch welche Hindernisse der irakische Staat damals daran gehindert war, sich über die betroffenen Gebiete im Norden des Landes jederzeit und ohne Vorankündigung wieder die volle Gebietsgewalt zu verschaffen, oder ob Informationen darüber vorlagen, dass die irakische Führung dies damals nicht beabsichtigte.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 19. Februar 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001200309.X00Im RIS seit
11.03.2004