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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §6 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des K in W, geboren 1972, vertreten durch Dr. Karl Krückl, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Harrachstraße 14/I, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. März 2001, Zl. 201.335/10-II/04/01, betreffend § 6 Z. 3 und § 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, gab zu seinem Asylantrag beim Bundesasylamt am 30. Oktober 2000 an, seine Ehefrau habe in Russland studiert und sei aktives Mitglied der kommunistischen Partei gewesen. Als die Taliban von der Parteizugehörigkeit seiner Ehefrau erfahren hätten, seien sie ins Haus des Beschwerdeführers gekommen. Die Taliban hätten den Beschwerdeführer aufgefordert, "in das Kriegsgebiet zu gehen", wo bereits zwei seiner Brüder getötet worden seien. Im Fall seiner Rückkehr in seine Heimat fürchte er festgenommen und umgebracht zu werden, weil "meine Frau gesucht wird und ich mit den Taliban nicht zusammengearbeitet habe" und weil er Afghanistan verlassen habe.
Mit Bescheid vom 27. Dezember 2000 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 6 Z. 3 AsylG als offensichtlich unbegründet ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid wiederholte der Beschwerdeführer, dass der Ursprung seiner Furcht vor Verfolgung in der Parteimitgliedschaft seiner Frau und in dem Umstand liege, dass diese in Russland studiert habe. In der Berufungsverhandlung vom 7. Februar 2001 holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten u.a. zur Frage der Gefahr der Zwangsrekrutierung des Beschwerdeführers in seinem Heimatstaat sowie zu den ihn dort erwartenden Konsequenzen wegen der Asylantragstellung ein. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß den §§ 6 und 8 AsylG ab. In der Begründung ihres Bescheides, der explizite Sachverhaltsfeststellungen oder eine Beweiswürdigung nicht zu entnehmen sind, nahm die belangte Behörde auf "authentische Angaben" des Beschwerdeführers zum Sachverhalt Bezug. Offenbar ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen verwies sie hinsichtlich des "auf die angebliche Gefährdung der Gattin des Berufungswerbers gestützten Vorbringens" ausschließlich auf den den Asylantrag der Ehefrau des Beschwerdeführers abweisenden Berufungsbescheid vom 19. Mai 1999, der insoweit auch für den Beschwerdeführer maßgeblich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend macht, wegen der Ausbildung und der politischen Zugehörigkeit seiner Ehefrau sei auch er in Afghanistan einer erheblichen Gefahr ausgesetzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. November 2003, Zl. 2001/20/0659).
Mit dem erwähnten Bescheid vom 19. Mai 1999 hatte die belangte Behörde den maßgeblich ebenfalls auf die Parteimitgliedschaft gestützten Asylantrag der Ehefrau des Beschwerdeführers im Instanzenzug gemäß § 7 AsylG abgewiesen und diesen (gleichfalls ausgehend von einem Gutachten) damit begründet, dass aufgrund der Angaben des Sachverständigen trotz der kommunistischen Parteimitgliedschaft der Ehefrau keine Anhaltspunkte für eine asylrelevante Verfolgung der Letztgenannten in Afghanistan vorlägen. Der Verwaltungsgerichtshof hat den genannten Bescheid vom 19. Mai 1999 mit Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0483, aufgehoben. In den Entscheidungsgründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, aus dem zugrunde liegenden Gutachten lasse sich die maßgebliche Frage, ob bloße Mitläufer des kommunistischen Regimes mit Verfolgung durch die Taliban zu rechnen hätten, nicht beantworten, weil das Gutachten diese Frage ausdrücklich offen gelassen habe.
Umso mehr erweist sich im vorliegenden Beschwerdefall die (wie erwähnt insoweit nur mit einem Hinweis auf den Asylbescheid der Ehefrau des Beschwerdeführers begründete) Auffassung der belangten Behörde über die (sogar) "offensichtliche" Tatsachenwidrigkeit (§ 6 Z. 3 AsylG) des Vorbringens des Beschwerdeführers zur Verfolgungsgefahr wegen der in Rede stehenden Parteizugehörigkeit seiner Ehefrau als unzutreffend.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 19. Februar 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001200432.X00Im RIS seit
16.03.2004