TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/20 2004/18/0016

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Veröffentlicht am 20.02.2004
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §7;
FrG 1997 §75;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des B, (geboren 1977), vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 27. November 2003, Zl. Fr-232/03, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 27. November 2003 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus Österreich ausgewiesen.

In seiner Berufung gegen den Bescheid der Erstbehörde vom 15. Oktober 2003 werde im Wesentlichen ausgeführt, diese hätte bei ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer 1998 auf Grund der Kriegswirren seine Heimat hätte verlassen müssen und für Österreich eine Arbeitserlaubnis bzw. Beschäftigungsbewilligung erhalten hätte. Seit 7. Juli 2003 wäre der Beschwerdeführer bei der Firma Teerag-Asdag als Hilfsarbeiter beschäftigt und daher auch krankenversichert. Ein Bruder des Beschwerdeführers würde sich mit seiner Familie bereits seit 13 Jahren in Österreich befinden, gemeinsam mit diesem würde der Beschwerdeführer die im Kosovo lebende Mutter sowie einen weiteren Bruder finanziell unterstützen. Der Beschwerdeführer hätte auch bereits einen Antrag auf Erteilung "einer humanitären Aufenthaltserlaubnis" beim Bundesminister für Inneres gestellt, weshalb die gegen ihn verhängte Ausweisung gemäß § 37 Abs. 1 FrG nicht dringend geboten wäre. Die öffentlichen Interessen würden die privaten nicht überwiegen, weshalb der Beschwerdeführer (insbesondere) die Aufhebung des bekämpften Erstbescheides begehrt habe.

Der Aktenlage sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer vermutlich am 2. September 1998 illegal an einem ihm unbekannten Grenzübergang in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Sein am 3. September 1998 gestellter Asylantrag sei rechtskräftig negativ beschieden worden, daher richte sich sein Aufenthalt in Österreich seit dem 22. Oktober 2002, dem "Datum der Abweisung einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde im Asylverfahren", nicht mehr nach den Bestimmungen des AsylG, sondern nach den Bestimmungen des FrG. Durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter habe der Beschwerdeführer beim Bundesminister für Inneres die Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 4 FrG beantragt, mit Schreiben vom 20. Juni 2002 habe dieser jedoch der Erteilung einer solchen Bewilligung nicht zugestimmt. Dem Vorbringen in der Berufung, die Begründung des Erstbescheids, dass die Ausweisung auf Grund des unberechtigten Aufenthalts und auf Grund der Unmöglichkeit der Legalisierung dieses Aufenthalts vom Inland aus erforderlich wäre, wäre nicht stichhältig, sei entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer vermutlich am 2. September 1998 illegal - unter Umgehung der Grenzkontrolle - in das Bundesgebiet eingereist sei. Diese Tat stelle eine nicht bloß geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung dar. Auf Grund "aller oa. Gründe" werde festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer im Bundesgebiet unrechtmäßig aufhalte.

Der Beschwerdeführer stehe derzeit in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis "mit einer Gartengestaltungsfirma in Krems", sein Bruder lebe mit seiner Familie bereits seit 13 Jahren in Österreich, weshalb durch die Erlassung der Ausweisung gemäß § 37 FrG in das Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen werde. Die belangte Behörde vertrete die Auffassung, dass trotz der beruflichen Integration des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet und "der Existenz der Familie seines Bruders" die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Bereich des Fremdenwesens - dringend geboten sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "infolge Rechtswidrigkeit aus einem der Gründe des § 42 Abs. 2 VwGG" aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.  Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Beurteilung der belangten Behörde, dass er am 2. September 1998 illegal nach Österreich eingereist sei. Ferner wird in der Beschwerde nicht bestritten, dass die vom Beschwerdeführer gegen den negativen Asylbescheid an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde am 22. Oktober 2002 abgewiesen worden sei, und nicht behauptet, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel (vgl. § 7 FrG) erteilt worden sei. Vor diesem Hintergrund begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sodass die Tatbestandsvoraussetzung des § 33 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FrG erfüllt sei, keine Bedenken.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid im Grund des § 37 Abs. 1 FrG. Der Beschwerdeführer sei seit dem 7. Juli 2003 bei dem schon genannten Unternehmen in Salzburg als Hilfsarbeiter beschäftigt und bei der Salzburger Gebietskrankenkasse krankenversichert. Er bewohne in Salzburg eine kleine Mietwohnung, sowohl sein Unterhalt als auch seine Wohnung in Österreich seien somit gesichert. Darüber hinaus habe sich der Beschwerdeführer in Österreich sehr gut integriert und spreche auch sehr gut deutsch. Der Bruder des Beschwerdeführers lebe mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern seit über 13 Jahren in Österreich, der Beschwerdeführer und sein Bruder unterstützen die im Kosovo lebende Mutter und einen weiteren Bruder mit Familie, weil diese "völlig von ihrer Hilfe abhängig" seien. Im Geburtsort im Heimatland des Beschwerdeführers lebten, mit wenigen Ausnahmen, nur mehr ältere Personen, weil es dort unmöglich sei, eine Arbeit zu finden, mit der das tägliche Überleben gesichert wäre. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland hätte der Beschwerdeführer "auf Grund seiner damaligen Flucht und seiner albanischen Volkszugehörigkeit nach wie vor mit erheblichen Repressalien zu rechnen", eine Ausreise in sein Heimatland sei unmenschlich und unzumutbar. Der Beschwerdeführer sei beruflich und sozial in Österreich integriert und zudem völlig unbescholten, ihm könne lediglich sein unrechtmäßiger Aufenthalt vorgeworfen werden. Zudem habe der Verwaltungsgerichtshof seine Judikatur "gerade im Hinblick auf § 37 FrG in den letzten beiden Jahren offenbar dahingehend akzentuiert, dass er den Interessen des Fremden grundsätzlich ein stärkeres Gewicht gibt und das öffentliche Interesse immer mehr restringiert", wobei dabei "auffällig" sei, "dass diese Linie auch in Fällen eingehalten werde, in denen die Interessenabwägung "nicht so klar zugunsten des Fremden ausfällt" wie im Fall des Beschwerdeführers. Die Beschwerde nennt diesbezüglich die unten II.2.2.2. für diesen Standpunkt ins Treffen geführten hg. Erkenntnisse. Vor diesem Hintergrund könne die belangte Behörde eine "tragbare Begründung dafür, dass eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit trotz der engen und familiären Bindungen und dem hohen Grad an beruflicher Integration des Beschwerdeführers gegenüber den Auswirkungen einer Ausweisung überwiege", nicht liefern.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

2.2.1. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 26. November 2003, Zl. 2003/18/0235, mwH). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch den von der belangten Behörde angenommenen unerlaubten Aufenthalt seit der Abweisung seiner gegen den negativen Asylbescheid gerichteten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof in der Dauer von nahezu 14 Monaten gravierend beeinträchtigt. Zudem werden seine persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich erheblich dadurch relativiert, dass diese auf seinen unberechtigten Aufenthalt bzw. auf einen Asylantrag zurückzuführen sind, der sich letztlich als unbegründet erwiesen hat; dies gilt insbesondere für die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Beschäftigung seit dem 7. Juli 2003, die er somit zu einem Zeitpunkt aufgenommen hat, als er nicht mehr damit rechnen durfte, ohne die dafür erforderliche Berechtigung in Österreich verbleiben zu dürfen. Ferner ist für den Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, unbescholten zu sein, im Grund des § 37 Abs. 1 FrG nichts gewonnen, weil dies weder eine Stärkung der persönlichen noch eine Schwächung des die Ausweisung gebietenden öffentlichen Interesses zur Folge hat. Mit seinem weiterem Vorbringen betreffend die Lage in seinem Heimatland und die dort befürchteten Repressalien zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil einerseits das Vorliegen von Gründen im Sinn des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG nicht im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung, sondern in einem gesonderten Verfahren nach § 75 oder § 56 Abs. 2 leg. cit. zu prüfen ist, und andererseits mit der Erlassung einer Ausweisung nicht angeordnet wird, dass der Beschwerdeführer in einen bestimmten Staat auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. aus der hg. Rechtsprechung nochmals etwa das Erkenntnis Zl. 2003/18/0235).

2.2.2. Aus den im hg. Erkenntnis Zl. 2003/18/0235 dargelegten Erwägungen in einem dem Beschwerdefall insofern vergleichbaren Fall sind die Hinweise des Beschwerdeführers auf die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 2001, Zl. 96/18/0365, vom 4. April 2001, Zl. 98/18/0410, und vom 7. August 2001, Zl. 98/18/0310, nicht zielführend. Der Verweis auf die weiteren hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 2001, Zl. 97/21/0692 und vom 24. Juli 2001, Zl. 97/21/0794, geht schon deswegen fehl, weil diesen keine Bescheide zugrunde liegen, mit denen eine Ausweisung erlassen wurde, vielmehr beziehen sich beide Erkenntnisse auf Bescheide betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992.

3.  Schließlich sind weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid - dessen Begründung insgesamt als Antwort auf die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgebrachte Kritik an der Ermessensentscheidung der Erstbehörde qualifiziert werden kann (vgl. die Wiedergabe oben I.1.), und der damit eine ausreichende Ermessensbegründung enthält - besondere Umstände ersichtlich, die die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, im Grund des § 33 Abs. 1 FrG von ihrem Ermessen, von der Erlassung einer Ausweisung Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen. Dass der Beschwerdeführer beruflich und sozial integriert und völlig unbescholten sei, und ihm lediglich sein unrechtmäßiger Aufenthalt vorzuwerfen sei, stellt keinen solchen besonderen Umstand dar; ferner haben die betreffend das Heimatland des Beschwerdeführers geltend gemachten Umstände bei der Ermessenshandhabung außer Betracht zu bleiben, stellt sich doch (wie schon erwähnt) die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat in einem Ausweisungsverfahren nicht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2003, Zl. 2003/18/0020).

Vor diesem Hintergrund ist für den Beschwerdeführer mit seiner Behauptung, dass eine einheitliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob die Behörde bei einer Fallkonstellation wie der vorliegenden von ihrem Ermessen im Sinn des § 33 Abs. 1 FrG zu Ungunsten eines Fremden Gebrauch machen dürfe, nichts zu gewinnen.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 20. Februar 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004180016.X00

Im RIS seit

17.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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