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L92052 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Kärnten;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Kärntner C Verbandes, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 18. September 2003, Zl. 13-AH-37/7/03, betreffend Bewilligung zum Betrieb eines Altenwohn- und Pflegeheimes, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem beschwerdeführenden Verband über seinen Antrag gemäß § 16 Abs. 1, 2 und 6 Kärntner Heimgesetz, LGBl. Nr. 7/1996, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 9/2003, die Bewilligung zum Betrieb eines Altenwohn- und Pflegeheimes an einem näher bezeichneten Standort für höchstens 47 zu betreuende Personen nach Maßgabe des Raum- und Funktionsprogramms (35 Einzelzimmer und 6 Zweibettzimmer) unter Vorschreibung von 14 Nebenbestimmungen erteilt. Die Nebenbestimmung Punkt 14 lautet:
"Bei Vollbelag von 47 Heimbewohnern sind mindestens 1 Pflegedienstleiterin in Vollzeit, 5,5 Personen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sowie 10,5 Pflegehelfer in Vollzeitäquivalenz zu beschäftigen. Von den 10,5 Pflegehelfern dürfen höchstens 10 % in Ausbildung stehen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, wobei Rechtswidrigkeit des Bescheides "in seinem angefochtenen Ausmaß, nämlich in Erteilung der Auflage gemäß Punkt 14 des Bescheides", behauptet und die Aufhebung des Bescheides "im angefochtenen Ausmaß" beantragt wird.
Der beschwerdeführende Verband beantragt weiters, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, und begründet dies wie folgt:
Der Bescheid enthalte im angefochtenen Umfang vollstreckbare Aufträge. Die Nichteinhaltung des Auftrages zur Beschäftigung ausschließlich von diplomiertem Kranken- und Pflegepersonal sei als Verwaltungsübertretung mit empfindlichen Geldstrafen pönalisiert und könnte "darüber hinaus auch zum Entzug der insofern rechtskräftig erteilten Bewilligung zum Betrieb des Altenwohn- und Pflegeheimes führen". Mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung werde in keine Rechte Dritter eingegriffen und auch das öffentliche Interesse nicht gefährdet. Müsste der Beschwerdeführer während der Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens der rechtswidrig erteilten Auflage entsprechen, würden dadurch faktische Verhältnisse geschaffen. Insbesondere müsste der Beschwerdeführer mit einem erheblichen Aufwand Personal anstellen, das "lediglich in formalrechtlicher Hinsicht den Anstellungserfordernissen entspräche, jedoch nicht, wie sich aus den Beschwerdeausführungen ergibt, zur ganzheitlichen Betreuung des Bewohner des Heimes geeignet wäre". Da weder das anzustellende Personal, aber noch viel weniger der Beschwerdeführer selbst Interesse an lediglich kurzfristigen Dienstverhältnissen hätten, müssten in weiterer Folge einzelne Arbeitsverhältnisse wiederum gelöst werden, was nicht nur erheblichen finanziellen Aufwand "frustriert" mit sich bringe, sondern auch der Kontinuität in der Betreuung der zukünftigen Bewohner entgegenstehe. Eine Änderung im Personalstand, nämlich "die Substituierung von derzeit lediglich formalrechtlich qualifiziertem diplomiertem Kranken- und Pflegepersonal durch anderes Personal" sei aus Sicht des Beschwerdeführers schon deswegen absehbar, als es im Interesse des Beschwerdeführers liege, die von ihm selbst jahrelang unter Aufwendung erheblicher finanzieller Mittel in eigenen Ausbildungsstätten ausgebildeten Altenfachbetreuer in eben exakt jenem Arbeitsfeld beschäftigt zu wissen, die (gemeint offenbar: das) den Neigungen und Fähigkeiten dieser ausgebildeten Altenfachbetreuer am allerbesten entspreche.
Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu.
Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Nach der genannten Gesetzesbestimmung kann die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden, wenn dem zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Darunter sind besonders qualifizierte öffentliche Interessen zu verstehen, die den sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides zwingend gebieten. Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann der Fall, wenn mit dem Aufschub eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben von Menschen verbunden wäre. Stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen, so ist eine Abwägung mit den übrigen Interessen nicht mehr vorzunehmen.
Voraussetzung für die Stattgebung eines Aufschiebungsbegehrens ist zunächst, dass der bekämpfte Bescheid einem Vollzug zugänglich ist. Vollziehbar sind nicht nur jene Bescheide, die unmittelbar einer Zwangsvollstreckung unterliegen, sondern auch jene, denen letztlich ein (zwangs-)vollstreckbarer verwaltungsbehördlicher Vollzugsakt nachfolgen kann, wenn zwischen dem angefochtenen Bescheid und dem nachfolgenden Akt ein derart enger Zusammenhang besteht, dass der angefochtene Bescheid die verbindliche Grundlage für diesen Akt bildet, wobei der Vollzug gegenüber dem Beschwerdeführer denkbar sein muss. Die aufschiebende Wirkung kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beispielsweise eine fehlende Bewilligung nicht ersetzen bzw. - allgemein gesprochen - dem Antragsteller keine Rechtsposition vermitteln, die er auch bei Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht hätte. Ein Bescheid, mit dem eine Bewilligung nicht erteilt wird, wird daher als einem Vollzug nicht zugänglich erachtet. Es erfolgt daher insoweit auch keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juli 2003, AW 2003/10/0011 m. w.N.). Der vorliegende Aufschiebungsantrag betrifft einen Bescheid, mit dem eine Bewilligung unter Vorschreibung von Nebenbedingungen erteilt wurde. Die Zwangsvollstreckung dieses Bescheides ist nicht möglich; der Vollzug des Bescheides besteht vielmehr in der Ausübung der mit dem Bescheid verliehenen Berechtigung durch den Beschwerdeführer, der dabei die dem Bescheid beigefügten Vorschreibungen einzuhalten hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfasst die Anfechtung von Nebenbestimmungen eines Bescheides vor dem Verwaltungsgerichtshof, wenn die Nebenbestimmungen mit dem Hauptinhalt des Spruches eine untrennbare Einheit bilden, den gesamten Bescheid, was zur Folge hat, dass die Rechtswidrigkeit der Nebenbestimmungen bzw. selbst eines Teiles der Nebenbestimmungen auch die Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheides und dessen Aufhebung nach sich zieht. Die Trennbarkeit einer Nebenbestimmung vom sonstigen Bescheidinhalt und damit deren getrennte Anfechtbarkeit ist von der Beurteilung des jeweils gegebenen sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges abhängig. Steht eine in den Bescheidspruch aufgenommene Nebenbestimmung mit dem Hauptinhalt des Spruches - mag auch eine allgemeine Ermächtigung (Blankettermächtigung) zur Vorschreibung von Auflagen im Gesetz enthalten sein - in keinem aus dem Gesetz nach dessen Inhalt und Zweck (insbesondere nach dem Schutzzweck der Norm) ableitbaren Regelungszusammenhang, dann kann nicht gesagt werden, dass der Hauptinhalt des Spruches nach Aufhebung der gesetzwidrigen Nebenbestimmung nicht rechtmäßiger Weise selbstständig weiter bestehen dürfte (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2003, Zl. 2003/10/0238 m. w.N.).
Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Ist daher das in der Beschwerde erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen der belangten Behörde auszugehen (vgl. z.B. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 2003, Zl. AW 2003/10/0058 m.w.N.).
Dem angefochtenen Bescheid liegt erkennbar keine Fallkonstellation zu Grunde, in dem die bekämpfte Nebenbestimmung - im Hinblick auf das Fehlen eines aus dem Gesetz nach dessen Inhalt und Zweck ableitbaren Regelungszusammenhanges mit dem Hauptinhalt des Spruches - selbstständig weiter bestehen dürfte. Würde im Beschwerdeverfahren die bekämpfte Nebenbestimmung als rechtswidrig erkannt, hätte dies die Aufhebung des gesamten Bescheidinhaltes - einschließlich der erteilten Bewilligung - zur Folge; darauf wurden die Parteien bereits im Vorverfahren aufmerksam gemacht. Bei einer solchen Fallkonstellation ist die Vollzugstauglichkeit als Erfolgsvoraussetzung eines Aufschiebungsantrages zu verneinen.
Im vorliegenden Fall ist aber auch davon auszugehen, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Die Darlegungen der Beschwerde lassen die Annahme der belangten Behörde, eine angemessene Pflege der in der Einrichtung untergebrachten Personen setze den mit der bekämpften Nebenbestimmung vorgeschriebenen Personalstand voraus, nicht als offenkundig unbegründet oder fehlerhaft erscheinen; diese Auffassung ist daher der Beurteilung zu Grunde zu legen. Davon ausgehen stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch zwingende öffentliche Interessen entgegen. Aus den genannten Gründen ist auf die Frage, ob für den Beschwerdeführer "mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides während der Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden" wäre, nicht einzugehen.
Wien, am 23. Februar 2004
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Diverses Trennbarkeit gesonderter Abspruch VollzugEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:AW2003100061.A00Im RIS seit
04.06.2004