TE Vwgh Beschluss 2004/2/23 2004/10/0019

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Veröffentlicht am 23.02.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §33 Abs3;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §62 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über den Antrag des Sozialhilfeverbandes Gmunden, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger, Dr. Otto Urban, Mag. Andreas Meissner und Mag. Thomas Laherstorfer, Rechtsanwälte in 4810 Gmunden, Franz-Josef-Platz 16, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 7. November 2003, Zl. 13-AHPH-6272/2003, betreffend Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der beschwerdeführenden Partei wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt.

Begründung

Am 7. Jänner 2004 langte beim Verwaltungsgerichtshof die mit 17. Dezember 2003 datierte Beschwerde des Sozialhilfeverbandes Gmunden ein.

Nach dem Eingangsstempel der Bezirkshauptmannschaft Gmunden langte die Beschwerde (zunächst) bei dieser am 29. Dezember 2003 ein und wurde von ihr am 3. Jänner 2004 an den Verwaltungsgerichtshof weitergesendet.

Am 14. Jänner 2004 langte beim Verwaltungsgerichtshof der am 12. Jänner 2004 zur Post gegebene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beschwerdeerhebung ein. Nach der Begründung sei die an den Verwaltungsgerichtshof adressierte Beschwerde am 29. Dezember 2003 von der Post irrtümlich der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zugestellt worden. Der Grund für die unrichtige Zustellung liege wahrscheinlich darin, dass die Beschwerden in ein Fensterkuvert gesteckt und aufgegeben worden seien. Rutsche der Schriftsatz im Kuvert nach oben, so sei im Fenster unter der Anschrift des Verwaltungsgerichtshofes neben dem Wort "Beschwerdeführer" auch teilweise dessen Anschrift erkennbar, weshalb die Beschwerde irrtümlich an diesen übermittelt worden sei. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden habe die ihr (unrichtig) zugestellte Eingabe daraufhin an den Verwaltungsgerichtshof weiter geleitet, wo sie am 7. Jänner 2004 eingelangt sei. Der Antragsteller sei der Auffassung, dass die Beschwerdefrist durch die rechtzeitige Aufgabe an den Verwaltungsgerichtshof gewahrt worden sei und somit kein Fristversäumnis vorliege. Seiner Ansicht nach liege vielmehr ein Fehler der Post vor, da der Postbedienstete das Poststück nur hätte minimal bewegen müssen, um den richtigen Adressaten zu erkennen. Sollte der Verwaltungsgerichtshof aber auf dem Standpunkt stehen, dass es sich um eine nicht richtig an den Verwaltungsgerichtshof adressierte Sendung handle und die sechswöchige Beschwerdefrist somit versäumt sei, werde der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Ein derartiger Sachverhalt habe sich in der Kanzlei des Vertreters der Beschwerdeführer noch nie ereignet. Es sei erstmals passiert, dass es durch die Verwendung eines Fensterkuverts zu einer unrichtigen Zustellung gekommen sei. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden habe den Beschwerdeführer-Vertreter am 30. Dezember 2004 vom vorliegenden Sachverhalt informiert. Der gegenständliche Antrag sei somit fristgerecht eingebracht worden.

Dem Antrag war eine eidesstättige Erklärung der Kanzleikraft Christine E. angeschlossen. Danach habe sie die Beschwerde des Sozialhilfeverbandes Gmunden am 23. Dezember 2003 in ein Fensterkuvert gesteckt und eingeschrieben beim Postamt 4810 Gmunden aufgegeben. Mit Ausnahme dieser Postsendung seien an diesem Tag von der Kanzlei keinerlei Schriftstücke an den Verwaltungsgerichtshof übersendet worden. Sie habe sich wie bei jedem anderen Fensterkuvert vergewissert, ob der Empfänger durch das Klarsichtfenster erkennbar sei. Dabei seien ihr keinerlei Probleme, auch kein Verrutschen des Kuvertinhaltes, aufgefallen. In ihrer mehr als 3-jährigen Tätigkeit in der gegenständlichen Rechtsanwaltskanzlei habe es noch nie Schwierigkeiten mit einem Fensterkuvert durch ein Verrutschen des Poststückes gegeben.

Dem Antrag war auch eine Kopie der entsprechenden Seite des Postaufgabebuches der Rechtsanwaltskanzlei beigelegt.

Der Antrag ist aus folgenden Erwägungen berechtigt:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung auf der mit dem Fensterkuvert zur Post gegebenen Sendung mehrere Adressen, nämlich jene des Verwaltungsgerichtshofes und jene der Beschwerdeführerin, sichtbar waren. Auf Grund dieser Unklarheit und Mehrdeutigkeit in der Adressierung handelt es sich nicht um eine richtig an den Verwaltungsgerichtshof adressierte Sendung, bei welcher die Tage des Postlaufes gemäß § 62 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 33 Abs. 3 AVG nicht in die Frist eingerechnet würden. Die Beschwerdefrist ist daher versäumt worden.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleich zu halten ist. Die Bewilligung der Wiedereinsetzung kommt somit nur in Betracht, wenn auch dem Vertreter kein Versehen oder nur ein minderer Grad des Versehens angelastet werden kann.

Jedenfalls beim erstmaligen Auftreten einer unrichtigen bzw. mehrdeutigen Adressierung durch das Verwenden eines Fensterkuverts kann auch in der Verwendung derartiger Kuverts oder im Unterlassen der Nachprüfung der exakten räumlichen Anordnung der einzelnen Namen und Adressen auf dem Deckblatt der Eingaben ein über den minderen Grad des Versehens hinaus gehendes Verschulden des Rechtsanwaltes nicht erblickt werden (vgl. dazu etwa den Beschluss vom 23. Oktober 1997, Zl. 97/15/0125).

Die Antragstellerin hat erst am 30. Dezember 2004 vom Nichteinlangen der Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof erfahren. Der vorliegende Antrag ist daher innerhalb der Frist des § 46 Abs. 3 VwGG eingebracht worden.

Da im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nach § 46 VwGG erfüllt sind, war dem Antrag stattzugeben.

Wien, am 23. Februar 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004100019.X00

Im RIS seit

27.04.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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