TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/24 99/14/0250

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Veröffentlicht am 24.02.2004
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §24 Abs1 litd;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §2;
EStG 1988 §24 Abs2;
EStG 1988 §28;
EStG 1988 §32 Z2;
EStG 1988 §37 Abs1;
EStG 1988 §37 Abs2 Z3;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs4;
EStG 1988 §6 Z14 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des J L in W, vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Freistädter Straße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 21. Juni 1999, Zl. RV- 052.94/1-7/1994, RV-241.97/1-7/1997, RV135/1-7/1998, RV370/1- 7/1999, RV382/1-7/1999, betreffend u.a. Einkommensteuer 1990 bis 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Soweit der angefochtene Bescheid Einkommensteuer 1990 bis 1997 betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb seit 1985 als Einzelunternehmer eine Handelsagentur. Ende 1989 bzw Anfang 1990 verlegte er seinen Wohnsitz in ein zur Hälfte ihm, zur Hälfte seiner Ehefrau gehörendes Wohnhaus in W und den Standort seines Gewerbebetriebes in Räumlichkeiten im Parterre dieses Wohnhauses.

Seit Mitte 1989 tätigte der Beschwerdeführer Investitionen im Ausmaß von insgesamt 927.827,73 S in das Parterre des Wohnhauses (Austausch von Fenstern und Türen, Erneuerung von Strom-, Heizungs- und Sanitärinstallationen, Verlegung von Kabeln für EDV-Zwecke). Diese Investitionen wurden zum Teil fremdfinanziert mit einem Kredit der R-Bank über 700.000 S (rückzahlbar in 180 Monatsraten).

Zum 31. August 1990 stellte der Beschwerdeführer seine einzelunternehmerische Tätigkeit ein und vermietete die bisher für sein Einzelunternehmen verwendeten Räumlichkeiten im Parterre des Wohnhauses in W an die L-GmbH, welche zu 25% ihm, zu 50% seiner Ehefrau und zu 25% seiner Tochter gehörte.

In einer Vereinbarung vom 30. Juni 1990 ist festgelegt worden, dass der Mietzins monatlich 4.000 S betrage, Der Beschwerdeführer könne aber wählen, ob er von der L-GmbH eine Investitionsablöse in Höhe des Buchwertes des Anlagevermögens seines Einzelunternehmens verlange, wobei die Zahlung in Raten (ohne zusätzliche Zinsen) erfolgen solle und die Höhe der Raten der Rückzahlung des Kredites der R-Bank zu entsprechen habe. Im Fall der Investitionsablöse verringerten sich die monatlich zu leistenden Mietzinse. Der Beschwerdeführer hat sich Anfang August 1990 für die zweite Variante (Variante mit Investitionsablöse) entschieden und der Mieterin zum 31. Dezember 1990 den Betrag von 1,122.945 S in Rechnung gestellt. Der Betrag gliedert sich auf wie folgt (Angaben in S):

Adaptionskosten

817.388,--

Maschinen

14.133,--

geringwertige Wirtschaftsgüter

34.138,--

Betriebs- und Geschäftsausstattung

237.334,--

Datenverarbeitungsanlagen

7.452,--

Büromaterialvorräte

10.000,--

Brennmaterialvorräte

2.500,--

Der Beschwerdeführer errechnete für 1990 wie nachstehend dargestellt einen Gewinn aus der Veräußerung seines Betriebes:

Veräußerungserlös

1.122.945,--

Entnahme ins Privatvermögen

+75.582,--

Buchwertabgang

-1.049.251,--

Buchwert Rechnung H.

-63.177,--

Auflösung Investitionsfreibetrag

+173.972,--

Veräußerungsfreibetrag

-100.000,--

Veräußerungsgewinn

160.071,--

Im Zuge einer beim Beschwerdeführer durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, der Beschwerdeführer habe sein Einzelunternehmen zum 31. Juli 1990 aufgegeben und ab diesem Zeitpunkt das Gebäude (teilweise) an die L-GmbH vermietet. Die auf Zeiträume nach diesem Tag entfallenden Zinsen für den Kredit, welcher der Finanzierung der Adaptierungsarbeiten am Gebäude gedient habe, könnten zwar grundsätzlich nachträgliche Betriebsausgaben sein. Nach Ansicht des Prüfers sei allerdings der wesentliche Teil dieser Zinsen nicht als nachträgliche Betriebsausgabe anzuerkennen, weil die Zinsen bei sofortiger Vereinnahme der Ablösesumme für das Anlagevermögen des Einzelunternehmens und der Abdeckung des Kredites mit dieser Summe nicht angefallen wären.

Der Prüfer ermittelte den Gewinn aus Gewerbebetrieb für 1990

wie folgt:

Übergangsgewinn zum 1. Jänner 1990

1.214.597,34

Jahresverlust

-781.794,24

Veräußerungsgewinn

160.071,--

Zinsen nach 31. Juli 1990 bisher

-76.846,--

Kürzung Zinsen laut Betriebsprüfung

73.520,--

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

589.548,--

Bei Erlassung des Einkommensteuerbescheides für 1990 schloss sich das Finanzamt der Ansicht des Prüfers an. Auch in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1991 bis 1997 anerkannte das Finanzamt - entgegen der Erklärung des Beschwerdeführers - die auf den Kredit der R-Bank entfallenden Zinsen nicht als nachträgliche Betriebsausgaben.

Gegen die genannten Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er begehrte die Anerkennung der auf Zeiträume nach dem 31. Juli 1990 entfallenden Zinsen als nachträgliche Betriebsausgaben, weil die von der L-GmbH in Raten eingehende Ablösesumme umgehend für die Kredittilgung verwendet worden sei. Weiters beantragte er, die von der L-GmbH in Raten geleistete Ablösesumme abzuzinsen, sodass sich ein negatives Ergebnis aus der Veräußerung ergebe. Für den Fall des Ansatzes eines positiven Ergebnisses aus der Veräußerung beantragte er, dass dieses vorrangig mit dem laufenden Verlust sowie den nachträglichen Betriebsausgaben verrechnet werde, sodass die verbleibenden positiven Einkünfte aus Gewerbebetrieb nur aus dem mit dem ermäßigten Steuersatz des § 37 EStG zu besteuernden Übergangsgewinn - der Beschwerdeführer sei zum 1. Jänner 1990 von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG auf jene nach § 4 Abs 1 EStG übergegangen - bestünden.

Im Berufungsverfahren brachte der Beschwerdeführer vor, die in Rede stehenden Kreditzinsen entfielen zu einem Viertel auf von ihm privat genutzte Wohnräume. Bei den als nachträgliche Betriebsausgaben geltend gemachten Beträgen sei dieses Viertel bereits ausgeschieden. Der Wechsel der Gewinnermittlungsart zum 1. Jänner 1990 habe erfolgen müssen, weil die Buchführungsgrenzen überschritten worden seien. Es komme daher der ermäßigte Steuersatz des § 37 EStG zur Anwendung, obwohl die Siebenjahresfrist noch nicht abgelaufen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufung. Sie gab dem Berufungsbegehren, soweit es für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, keine Folge. Zur Begründung führt sie aus, grundsätzlich seien Zinsen aus seinerzeit betrieblich begründeten Verbindlichkeiten gemäß § 32 Z 2 EStG 1988 als nachträgliche Betriebsausgaben anzuerkennen. Das gelte aber nicht, wenn ein fremdfinanziertes Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens in der Folge privat verwendet werde oder wenn bei einer Betriebsveräußerung der Veräußerungserlös ausreiche, um die betrieblichen Verbindlichkeiten zu tilgen. Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer zum 31. Juli 1990 eine Aufgabebilanz erstellt, in welcher Verbindlichkeiten (einschließlich Rückstellungen) von 2,160.556 S ausgewiesen seien. Jener Teil der Verbindlichkeit, die auf das "Gebäude (Büroadaption)" entfalle, betrage zum 31. Dezember 1990 ca 695.000 S. Aus der Veräußerung des Einzelunternehmens an die L-GmbH sei ein Veräußerungserlös von netto 1,122.945 S erzielt worden. Bei einer sofortigen Entrichtung des Veräußerungserlöses durch die L-GmbH hätte die auf den fremdfinanzierten Gebäudeteil entfallende Verbindlichkeit zur Gänze getilgt werden können. Grundlage für den Verkauf des Anlagevermögens an die L-GmbH sei ein Ende Juni 1990 erstellter Aktenvermerk gewesen; die darin vereinbarten Konditionen entsprächen nach Ansicht der belangten Behörde dem Fremdvergleich nicht. Vereinbarungen zwischen nahe stehenden Personen könnten nur unter besonderen Bedingungen anerkannt werden. Sie müssten zunächst nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen. Diesem Publizitätserfordernis sei im gegenständlichen Fall nicht entsprochen, weil keine (schriftlichen) Verträge vorlägen. Die Verträge müssten für die steuerliche Anerkennung zudem einen eindeutigen Inhalt haben und einem Fremdvergleich standhalten. Selbst wenn man davon ausgehe, dass eindeutige Vereinbarungen vorlägen, sei jedenfalls die "Gewährung von zinslosen Kaufpreisraten" nicht fremdüblich. Ein fremder Dritter würde bei Raten Zinsen vereinbaren. Im Übrigen seien für einen fremden Dritten "gekaufte Investitionen in einem fremden Gebäude wirtschaftlich wertlos"; ein fremder Dritter würde das Gebäude kaufen und später - je nach Bedarf - in das Gebäude investieren. Wenn im Interesse der Beteiligung von Familienmitgliedern an der L-GmbH der Betrieb an diese GmbH verkauft worden sei, so lägen zwar zivilrechtlich gültige Willensentscheidungen vor. Der Geschäftsvorgang entspreche jedoch nach seinem Gesamtbild nicht fremdüblichen Grundsätzen. Im gegenständlichen Fall seien im Wesentlichen Investitionen gekauft worden. Der Wert der Investitionen solle sich mit der Höhe des Kaufpreises die Waage halten. Im Aktenvermerk vom Juni 1990 sei festgehalten, dass das Anlagevermögen zum Teilwert gekauft werde und dieser dem Buchwert entspreche. Dieser Wille habe in der ersten Abgabenerklärung des Beschwerdeführers, mit welcher ein Veräußerungsgewinn von ca 160.000 S erklärt worden sei, seinen Ausdruck gefunden. Nach der Einigung der Vertragsparteien könne nicht nachträglich die steuerlich sehr günstige Variante einer Abzinsung, also der Konstruktion eines Veräußerungsverlustes, im Berufungswege erreicht werden. Der erklärte Veräußerungsgewinn werde daher von der belangten Behörde unverändert übernommen. Dies stehe auch nicht im Widerspruch zur Feststellung, dass im gegenständlichen Fall Fremdunüblichkeit gegeben sei. Die Fremdunüblichkeit liege nämlich nicht in einem überhöhten oder zu niedrigen Kaufpreis, sondern zum einen in der Tatsache, dass zwischen Fremden nicht für einen Zeitraum von elf Jahren zinslose Kaufpreisraten vereinbart würden, zum anderen darin, dass ein fremder Erwerber nicht Gebäudeinvestitionen erwerben würde.

Hinsichtlich des ermäßigten Steuersatzes vertrete die belangte Behörde die Auffassung, dass der laufende Verlust des Jahres 1990 zunächst mit dem Übergangsgewinn auszugleichen sei. Eine vorrangige Verrechnung des laufenden Verlustes mit dem nicht begünstigten Gewinn aus der Veräußerung sei deshalb ausgeschlossen, weil ein Übergangsgewinn vor Ermittlung des Veräußerungsgewinnes anzusetzen sei. Es sei das zeitliche Element zu beachten, wonach der Übergangsgewinn bereits am 1. Jänner entstanden, die Betriebsaufgabe aber erst am 31. Juli 1990 erfolgt sei. Der zum 1. Jänner eines Jahres entstandene Übergangsgewinn sei dem laufenden Gewinn hinzuzurechnen bzw mit dem laufenden Verlust auszugleichen. Es sei zu rechnen:

laufender Verlust

- 781.794,25

Übergangsgewinn

1.214.597,34

Zinsen

-3.326,--

nach § 37 EStG begünstigter Gewinn

429.477,--

Gesamtgewinn inkl. Veräußerungsgewinn

589.548,--

Gegen diesen Bescheid, soweit er Einkommensteuer betrifft,

wendet sich die Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gewinn aus der Veräußerung:

Im gegenständlichen Fall steht im Raum, ob der Beschwerdeführer überhaupt und in welchem Umfang Vermögen an eine Kapitalgesellschaft, an welcher er beteiligt ist, übertragen hat.

§ 6 Z 14 lit b EStG normiert, dass die Einbringung von Vermögen in eine Körperschaft als Tausch gilt. Die Anwendung des Tauschgrundsatzes hat zur Folge, dass beim Einbringenden Erlöse in Höhe des gemeinen Wertes des in die L-GmbH eingebrachten Vermögens anzusetzen sind (vgl Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 6 Z 14 Tz 2).

In Verkennung der Rechtslage hat es die belangte Behörde - wenn sie von einem nicht fremdüblichen Kauf ausging - unterlassen zu prüfen, ob die Anwendungsvoraussetzungen des § 6 Z 14 lit b EStG im Beschwerdefall gegeben sind. Sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Im Zusammenhang mit der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen des § 6 Z 14 lit b EStG hätte die belangte Behörde vorab klären müssen, in welchem Ausmaß Vermögen überhaupt auf die L-GmbH übertragen worden ist, und insoweit Erlöse in Höhe des gemeinen Wertes des übertragenen Vermögens anzusetzen gehabt. Die in Rede stehende Investitionsablöse entfällt allerdings zu einem großen Teil auf Gebäudeinvestitionen, wie etwa Fenstereinbauten und Installationen. Aus der vom Beschwerdeführer an die L-GmbH gelegten Rechnung vom 31. Dezember 1990 ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer einen "Privatanteil Heizkessel" und einen "Privatanteil Montagek." in Abzug gebracht hat. Da das Gebäude im Eigentum des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau geblieben ist, ist es für den Verwaltungsgerichtshof nicht ohne nähere Begründung nachvollziehbar, wie das (wirtschaftliche) Eigentum an Teilen an vom Gebäudeeigentümer vorgenommenen Gebäudeinvestitionen auf einen Dritten übertragen werden konnte. Jedenfalls unterscheidet sich der Vorgang vom Fall der vom Mieter getätigten Mieterinvestitionen, welche insbesondere dann im wirtschaftlichen Eigentum des Mieters stehen, wenn er sie bis zum Ablauf der Mietzeit entfernen darf oder wenn er bei Beendigung des Mietverhältnisses Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Restwertes der Einbauten hat (siehe zur vergleichbaren deutschen Rechtslage Schmidt, EStG22, § 5 Tz 270 "Mietereinbauten").

Darauf hingewiesen sei, dass die in Rede stehende Ablösezahlung, wenn im Wesentlichen keine Vermögenswerte auf die L-GmbH übertragen worden sein sollten, auch eine Mietzinskomponente darstellen könnte, hat sie doch eine Veränderung des laufend von der L-GmbH zu leistenden Mietzinses bewirkt.

2. Nachträgliche Betriebsausgaben:

Scheidet ein fremdfinanziertes Gebäude durch Entnahme oder im Zuge der Betriebsaufgabe aus dem Betriebsvermögen aus, teilt die Finanzierungsverbindlichkeit sein Schicksal. Vermietet der Steuerpflichtige dieses aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedene Gebäude im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, so sind die auf die Finanzierungsverbindlichkeit entfallenden Zinsen Werbungskosten (vgl das hg Erkenntnis vom 30. September 1999, 99/15/0106).

Wenn sohin ein Steuerpflichtiger im Zuge der Betriebsaufgabe Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen übernimmt, so gelangen auch die Verbindlichkeiten, die der Finanzierung dieses Vermögensgegenstandes gedient haben, in das Privatvermögen. Gleiches gilt hinsichtlich der vom Steuerpflichtigen im Zuge einer Betriebsveräußerung zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter. Darüber hinaus ist mit Beendigung des Betriebes der Veranlassungszusammenhang mit dem seinerzeitigen Betrieb hinsichtlich jenes Teiles der Schulden als unterbrochen anzusehen, der durch den Veräußerungserlös oder durch die Verwertung von zurückbehaltenem Aktivvermögen beglichen werden könnte. Ein betrieblich (und nicht privat) veranlasstes Handeln eines Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Beendigung des betrieblichen Engagements besteht darin, dass der Steuerpflichtige den allfälligen Veräußerungserlös und die ihm (bei der Betriebsaufgabe oder beim Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern) verbliebenen Aktiva zur Abdeckung der Schulden einsetzt. Ab Betriebsbeendigung endet somit der wirtschaftliche Zusammenhang zum Betrieb hinsichtlich jener Schulden, die mit Mitteln des Betriebes hätten erfüllt werden können. Soweit nach den vorstehenden Ausführungen Verbindlichkeiten nicht zur Finanzierung von ins Privatvermögen überführten Vermögensgegenständen gedient haben und sie auch nicht mit Aktiva des Betriebes bzw Erlösen aus dem Verkauf abgedeckt werden konnten, führen die nach Betriebsaufgabe aufgrund dieser Verbindlichkeiten anfallenden Zinsen zu nachträglichen (negativen) Einkünften iSd § 32 Z 2 EStG 1988. Über die genannten Erfordernisse hinaus hat der Steuerpflichtige nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach Betriebsaufgabe auch alle ihm zumutbaren Schritte zur Tilgung der Verbindlichkeiten zu setzen. Auch bei Unterbleiben derartiger Maßnahmen würden die Zinsen nicht mehr Aufwendungen iSd § 32 Z 2 EStG 1988 darstellen (vgl hiezu das hg Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, 95/14/0018).

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer (nach der Aktenlage in nicht nur untergeordnetem Ausmaß) Teile des ihm und seiner Ehefrau gehörenden Gebäudes für seinen Gewerbebetrieb genutzt und insofern deren Betriebsvermögenseigenschaft begründet (wenn sie auch nicht in der Bilanz ausgewiesen worden sind). In diesen Gebäudeteilen sind die in Rede stehenden Investitionen getätigt worden, deren Finanzierung zum Teil durch Fremdmittel erfolgt ist. Die auf diese Fremdmittel entfallenden Zinsen hat die belangte Behörde nicht als nachträgliche Betriebsausgaben anerkannt, weil die mit der L-GmbH vereinbarte Investitionsablöse, wäre sie sofort bezahlt worden, zur Fremdmitteltilgung hätte verwendet werden können.

In Verkennung der Rechtslage hat es die belangte Behörde unterlassen, die Feststellungen zu treffen, welche für die Beurteilung des einkommensteuerlichen Schicksals der Zinsen erforderlich sind. Sie hat damit den Bescheid auch hinsichtlich Einkommensteuer 1991 bis 1997 mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Soweit die Investitionen mit dem Gebäude im wirtschaftlichen Eigentum des Beschwerdeführers verblieben sind und von diesem zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet werden, ist der Finanzierungskredit dem Mietobjekt zuzuordnen und führt zu Werbungskosten. Sind die Investitionen mit dem Gebäude zwar im wirtschaftlichen Eigentum des Beschwerdeführers geblieben, dienen aber nicht mehr der Erzielung von Einkünften, hängt die Berücksichtigung der Zinsen als nachträgliche Betriebsausgaben iSd § 32 Z 2 EStG davon ab, ob bzw inwieweit die Verbindlichkeiten in dem dem Beschwerdeführer verbliebenen Aktivvermögen des seinerzeitigen Betriebes samt dem Erlös aus dem Verkauf von Betriebsteilen Deckung finden.

Soweit das wirtschaftliche Eigentum an den Investitionen hingegen auf die L-GmbH übertragen worden ist, deren Gesellschafter der Beschwerdeführer, seine Ehefrau und seine Tochter sind, liegt in Beachtung des durch § 6 Z 14 lit b EStG normierten Tauschgrundsatzes ein Verkauf um einen Verkaufspreis in Höhe des gemeinen Wert der hingegebenen Investitionen vor. Für die Frage nachträglicher Betriebsausgaben iSd § 32 Z 2 EStG wäre daher zu prüfen, ob der auf die dargestellte Weise ermittelte Verkaufspreis die Kreditverbindlichkeit abdeckt.

3. Ermäßigter Steuersatz:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 37 EStG 1988 in der Fassung vor dem Steuerreformgesetz 1993 lauten auszugsweise wie folgt:

"Ermäßigte Steuersätze

§ 37. (1) Der Steuersatz ermäßigt sich

1. für außerordentliche Einkünfte (Abs. 2)

...

(2) Außerordentliche Einkünfte sind nur:

...

3. Gewinne, die infolge eines Wechsels der Gewinnermittlungsart entstehen, wenn der Steuerpflichtige überdies im Falle eines freiwilligen Wechsels die Gewinnermittlungsart mindestens sieben Jahre beibehalten hat."

Es besteht Streit darüber, in welchem Ausmaß die nach der Verrechnung mit dem laufenden Verlust verbleibenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Jahres 1990 den mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 EStG 1988 zu besteuernden Übergangsgewinn enthalten.

Die belangte Behörde hat den laufenden Verlust des Jahres vorrangig mit dem Übergangsgewinn verrechnet. Sie hat sich dabei im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Übergangsgewinn zum 1. Jänner 1990 und damit zeitlich vor dem Gewinn aus der Veräußerung entstanden ist.

Zutreffend zeigt die Beschwerde auf, dass diese Rechtsauffassung (unabhängig davon, in welchem Ausmaß ein Gewinn aus der Veräußerung von Betriebsvermögen an die L-GmbH vorliegt, siehe dazu oben unter 1.) nicht dem Gesetz entspricht. Für den innerbetrieblichen Verlustausgleich ordnet dieses eine vorrangige Verrechnung des laufenden Verlustes mit dem Gewinn aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart nicht an. Der Gewinn oder Verlust aus einer Einkunftsquelle setzt sich aus einer Reihe von Komponenten zusammen. Das Gesetz regelt nicht, in welcher Reihenfolge bei Ermittlung des Gewinnes/Verlustes aus einer Einkunftsquelle positive und negative Komponenten zu verrechnen sind. Das Gesetz stellt nicht darauf ab, ob einzelne Komponenten zu Beginn des Jahres, andere erst im Laufe des Jahres entstanden sind. Solcherart ist es dem Steuerpflichtigen freigestellt, in welcher Weise er den innerbetrieblichen Verlustausgleich vornimmt (siehe zum innerbetrieblichen Verlustausgleich Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 2 Tz 53). Es ist ihm unbenommen, den laufenden Verlust mit dem Gewinn aus der Veräußerung zu verrechnen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, ist der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am 24. Februar 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:1999140250.X00

Im RIS seit

22.03.2004

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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