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64 Besonderes Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Verneinung der Parteistellung des in einen verbindlichen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerbers um eine schulfeste Leiterstelle (mit Hinweis auf die Vorjudikatur)Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit ATS 29.500,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer steht als Berufsschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Wien. Er bewarb sich - gemeinsam mit einem Mitbewerber - um die im Verordnungsblatt des Stadtschulrates für Wien vom 1. September 1998 unter der Nummer 44/98 ausgeschriebene Schulleiterstelle an der Berufsschule für Gärtner und Floristen, 1220 Wien, Siebeckstraße 14.
Mit Schreiben vom 7. Juni 1999 übermittelte der Stadtschulrat für Wien der Wiener Landesregierung seinen Reihungsvorschlag vom 20. Mai 1999, in dem der Beschwerdeführer an die zweite Stelle und sein Mitbewerber an die erste Stelle gereiht waren und erstattete gleichzeitig den Vorschlag, den Erstgereihten zum Schulleiter zu ernennen.
In ihrer Sitzung am 3. August 1999 beschloss die Wiener Landesregierung, den Mitbewerber des Beschwerdeführers gemäß §§8 und 26a Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 (LDG 1984) auf die Planstelle eines Leiters der genannten Berufsschule zu ernennen; mit Erledigung des Landeshauptmannes vom 8. September 1999 wurde der zum Zuge gekommene Bewerber davon verständigt.
2. Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde über den Ausgang des Verfahrens nicht in Kenntnis gesetzt; insbesondere wurde ihm über die Ernennung des Mitbewerbers und die Ablehnung seiner Bewerbung weder eine (formlose) schriftliche Verständigung noch ein Bescheid zugestellt.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 1999 beantragte daher der Beschwerdeführer neben der bescheidmäßigen Absprache über seine Bewerbung und der Zustellung des Bescheides, mit dem der Mitbewerber zum Schulleiter ernannt wurde, auch die Feststellung, dass ihm im gegenständlichen Schulleiter-Bestellungsverfahren Parteistellung zukomme. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde - unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - fest, dass dem Beschwerdeführer im Verfahren über die Ausschreibung der Schulleiterstelle an der genannten Berufsschule keine Parteistellung zukomme.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art144 B-VG, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf gleiche Zugänglichkeit öffentlicher Ämter geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
4. Die Wiener Landesregierung hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Gemäß §3 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG) sind im Verfahren in Dienstrechtsangelegenheiten die Personen Parteien, deren öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Gegenstand des Verfahrens ist.
2. Wie der Verfassungsgerichtshof erstmals im Erkenntnis VfSlg. 6151/1970 und in der Folge in zahlreichen weiteren Erkenntnissen (zB 9923/1984, 12.102/1989, 12.476/1990, 12.477/1990, 12.556/1990, 13.703/1994) ausgesprochen hat, kommt den Bewerbern im Verfahren zur Verleihung einer schulfesten Leiterstelle Parteistellung iS des §3 DVG zu, wenn sie in einen - gemäß §26 Abs8 LDG 1984 verbindlichen - Besetzungsvorschlag aufgenommen wurden. Die Aufnahme in einen solchen Besetzungsvorschlag berührt, wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, das Dienstverhältnis des Bewerbers und verleiht ihm Parteistellung. Die in einen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerber bilden, wie der Verfassungsgerichtshof gleichfalls wiederholt dargelegt hat, eine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft (s. etwa VfSlg. 12.868/1991 mwN); sie haben ein Recht auf Teilnahme an dem durch den Besetzungsvorschlag konkretisierten Verwaltungsverfahren sowie darauf, dass die Verleihungsbehörde die Stelle nicht einem Bewerber verleiht, der nicht in den Besetzungsvorschlag aufgenommen ist. Die Verwaltungsbehörde kann nicht als befugt angesehen werden, durch einen der Rechtskontrolle nicht unterworfenen Verleihungsakt unter den Bewerbern eine Auswahl zu treffen.
3. Der Beschwerdeführer war in den (verbindlichen) Besetzungsvorschlag des Stadtschulrates für Wien aufgenommen, weshalb ihm im Verfahren zur Verleihung der Schulleiterstelle der Berufsschule für Gärtner und Floristen, 1220 Wien, Siebeckstraße 14, Parteistellung zukam.
Die belangte Behörde hat somit rechtswidrig die Parteistellung des Beschwerdeführers verneint. Damit hat sie den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Der angefochtene Bescheid war schon aus diesem Grund aufzuheben.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
5. Der Kostenausspruch gründet sich auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 4.500,-- sowie eine Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG 1953 in der Höhe von ATS 2.500,-- enthalten.
Schlagworte
Dienstrecht, Lehrer, Parteistellung DienstrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B1262.2000Dokumentnummer
JFT_09999074_00B01262_00