TE Vfgh Erkenntnis 2008/2/26 B1259/06

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Veröffentlicht am 26.02.2008
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
Tir GVG 1996 §6 Abs1 lita, litb, §6 Abs5
  1. B-VG Art. 7 heute
  2. B-VG Art. 7 gültig ab 01.08.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.2004 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 7 gültig von 16.05.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/1998
  5. B-VG Art. 7 gültig von 14.08.1997 bis 15.05.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  6. B-VG Art. 7 gültig von 01.07.1988 bis 13.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  7. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.1975 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  8. B-VG Art. 7 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 7 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchVersagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung einesSacheinlage- und Einbringungsvertrags wegen Widerspruchs zu den imTiroler Grundverkehrsgesetz normierten öffentlichen Interesseninfolge substanzieller Schwächung des Landwirtschaftsbetriebsangesichts der Abtrennung wesentlicher Teile eines ausgedehntenGrundbesitzes; denkmögliche Annahme des Fehlens der Voraussetzungenfür die Ausnahmeregelung betreffend notwendige Verkäufe nachElementarereignissen infolge (freiwilliger) Übernahme eines massivverschuldeten Familienbetriebs

Spruch

1. Die erstbeschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird insoweit abgewiesen.

2. Das Verfahren über die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Eingabe vom 3. Jänner 2006 zeigte dierömisch eins. 1. Mit Eingabe vom 3. Jänner 2006 zeigte die

beschwerdeführende Gesellschaft zunächst den mit dem Zweitbeschwerdeführer (als Verkäufer) abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend bestimmte Grundstücke in Tirol zur grundverkehrsrechtlichen Genehmigung an. Die weitere land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung der Grundstücke sei durch den Verkäufer als Landwirt gesichert. Durch das Rechtsgeschäft werde der gänzliche Verfall des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes des Verkäufers verhindert, weil die bereits eingeleitete Zwangsversteigerung mittels des Verkaufserlöses in Höhe der Außenstände (insgesamt € 1.800.000,-) abgewendet werden könne; den Verkäufer treffe auch kein Verschulden am Verfall des bereits im Jahre 1993 von seinem Vater hoch verschuldet in sein Alleineigentum übernommenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Die Genehmigungsvoraussetzungen des §6 Abs1 lita und §6 Abs5 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (im Folgenden: TGVG) seien daher erfüllt.

Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens zeigten die beschwerdeführenden Parteien zudem den zwischen diesen mit Blick auf den durch die am 1. Jänner 2006 in Kraft getretene TGVG-Novelle LGBl. 85/2005 neu geschaffenen §6 Abs1 litb TGVG am 13. Februar 2006 abgeschlossenen Sacheinlage- und Einbringungsvertrag (mit dem der Zweitbeschwerdeführer die in Rede stehenden Grundstücke an die beschwerdeführende Gesellschaft übertrug) zur Genehmigung an. Ergänzend wurde vorgebracht, dass der Zweitbeschwerdeführer Alleingesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer der Käufergesellschaft sei und sich aufgrund eines (auf fünf Jahre befristet abgeschlossenen) Pachtvertrages gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft zur ordnungsgemäßen und nachhaltigen Weiterbewirtschaftung der betreffenden Grundstücke verpflichte, sodass sich an der bisher gepflogenen Bewirtschaftung der Grundstücke nichts ändere. Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens zeigten die beschwerdeführenden Parteien zudem den zwischen diesen mit Blick auf den durch die am 1. Jänner 2006 in Kraft getretene TGVG-Novelle Landesgesetzblatt 85 aus 2005, neu geschaffenen §6 Abs1 litb TGVG am 13. Februar 2006 abgeschlossenen Sacheinlage- und Einbringungsvertrag (mit dem der Zweitbeschwerdeführer die in Rede stehenden Grundstücke an die beschwerdeführende Gesellschaft übertrug) zur Genehmigung an. Ergänzend wurde vorgebracht, dass der Zweitbeschwerdeführer Alleingesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer der Käufergesellschaft sei und sich aufgrund eines (auf fünf Jahre befristet abgeschlossenen) Pachtvertrages gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft zur ordnungsgemäßen und nachhaltigen Weiterbewirtschaftung der betreffenden Grundstücke verpflichte, sodass sich an der bisher gepflogenen Bewirtschaftung der Grundstücke nichts ändere.

2. Die Bezirks-Grundverkehrskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Lienz als Grundverkehrsbehörde I. Instanz erteilte dem Sacheinlage- und Einbringungsvertrag vom 13. Februar 2006 mit Bescheid vom 14. März 2006 im Kern mit der Begründung die grundverkehrsbehördliche Genehmigung, dass die Disposition den Zielsetzungen des TGVG nicht widerspreche und die Voraussetzungen des §6 Abs1 litb Z2 TGVG (idF LGBl. 85/2005) vorlägen. Es handle sich um überwiegend land- und forstwirtschaftliche Grundstücke (darunter eine ausgedehnte Alm mit darauf befindlichen landwirtschaftlichen Gebäuden) im Ausmaß von insgesamt 988,5627 ha, die aus dem großen Besitzstand des Zweitbeschwerdeführers von insgesamt 1.374,4735 ha (bestehend aus zwei geschlossenen Höfen sowie umfangreichen walzenden Liegenschaften) abgetrennt werden. Mit dem Rechtsgeschäft sei zwar eine Besitzzersplitterung und damit eine Schwächung der bisherigen Betriebssubstanz des Zweitbeschwerdeführers verbunden, diesem Nachteil stehe jedoch die Wahrscheinlichkeit des Erhalts der Lebensfähigkeit des verbleibenden Betriebes gegenüber; an der Überschuldung in Höhe von rund € 1.800.000,- treffe den Zweitbeschwerdeführer kein Verschulden, weil die (vermutlich auf außerlandwirtschaftliche Aktivitäten im Rahmen eines Granitsteinbruchgewerbes zurückzuführenden) Verbindlichkeiten schon bei Übernahme des Betriebes durch den Zweitbeschwerdeführer von seinem Vater bestanden hätten. 2. Die Bezirks-Grundverkehrskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Lienz als Grundverkehrsbehörde römisch eins. Instanz erteilte dem Sacheinlage- und Einbringungsvertrag vom 13. Februar 2006 mit Bescheid vom 14. März 2006 im Kern mit der Begründung die grundverkehrsbehördliche Genehmigung, dass die Disposition den Zielsetzungen des TGVG nicht widerspreche und die Voraussetzungen des §6 Abs1 litb Z2 TGVG in der Fassung Landesgesetzblatt 85 aus 2005,) vorlägen. Es handle sich um überwiegend land- und forstwirtschaftliche Grundstücke (darunter eine ausgedehnte Alm mit darauf befindlichen landwirtschaftlichen Gebäuden) im Ausmaß von insgesamt 988,5627 ha, die aus dem großen Besitzstand des Zweitbeschwerdeführers von insgesamt 1.374,4735 ha (bestehend aus zwei geschlossenen Höfen sowie umfangreichen walzenden Liegenschaften) abgetrennt werden. Mit dem Rechtsgeschäft sei zwar eine Besitzzersplitterung und damit eine Schwächung der bisherigen Betriebssubstanz des Zweitbeschwerdeführers verbunden, diesem Nachteil stehe jedoch die Wahrscheinlichkeit des Erhalts der Lebensfähigkeit des verbleibenden Betriebes gegenüber; an der Überschuldung in Höhe von rund € 1.800.000,- treffe den Zweitbeschwerdeführer kein Verschulden, weil die (vermutlich auf außerlandwirtschaftliche Aktivitäten im Rahmen eines Granitsteinbruchgewerbes zurückzuführenden) Verbindlichkeiten schon bei Übernahme des Betriebes durch den Zweitbeschwerdeführer von seinem Vater bestanden hätten.

In Stattgebung der dagegen vom Landesgrundverkehrsreferenten erhobenen Berufung versagte die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 1. Juni 2006 dem Rechtserwerb gemäß §4 Abs1 lita und §6 Abs1 lita TGVG die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Heimhof des Zweitbeschwerdeführers durch die beabsichtigte Disposition die (von ihm selbst genutzte) ausgedehnte Alm sowie weitere land- und forstwirtschaftliche Flächen verliere, wodurch iSd im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachtens des Amtssachverständigen eine agrarstrukturell unerwünschte Entwicklung eintreten würde. Durch die mit der Abtrennung von (insgesamt) mehr als der Hälfte des umfangreichen Grundbesitzes des Zweitbeschwerdeführers verbundenen substanziellen Schwächung des landwirtschaftlichen Betriebes könne ausgeschlossen werden, dass der Rechtserwerb dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes bzw. an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes entspricht. Die Disposition stehe damit eindeutig der (auch im Tiroler landwirtschaftlichen Siedlungsgesetz sowie im Tiroler Almschutzgesetz zum Ausdruck kommenden) Intention des Landesgesetzgebers, landwirtschaftliche Betriebe durch Eigentumserhaltung und -schaffung zu fördern, entgegen, auch wenn der Einbringende die Flächen als Pächter weiterbewirtschaften würde. Die Frage des allfälligen Vorliegens der Voraussetzungen des §6 Abs1 litb Z2 TGVG könne daher auf sich beruhen.

Die subsidiär ins Treffen geführten Voraussetzungen des §6 Abs5 TGVG seien nicht gegeben: Umstände, welche die hohe Verschuldung auf den Liegenschaften des Zweitbeschwerdeführers iSd Vorgaben der in Rede stehenden Bestimmung (die insbesondere Elementarereignisse vor Augen habe) erklärlich machen würden, seien nicht erkennbar. Dem Zweitbeschwerdeführer sei es nicht gelungen darzutun, "weshalb ihn an der katastrophalen wirtschaftlichen Lage seines Betriebes kein grobes Verschulden treffen würde". Der Hinweis auf die schon zum Zeitpunkt der Übernahme der Grundstücke im Jahr 1993 vorgelegene prekäre wirtschaftliche Lage reiche zur Erfüllung der Erfordernisse der Ausnahmeregelung nicht aus, weil sich der Zweitbeschwerdeführer den "Entstehungsgrund dieser Verschuldung" als "Gesamtrechtsnachfolger

... zunächst zurechnen lassen" müsse.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf "Einhaltung der Bestimmungen des Artikel 6 EMRK (Recht auf den gesetzlichen Richter)" behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Der belangten Behörde sei willkürliches Vorgehen vorzuwerfen:

Sie habe sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer in Bezug auf die Anwendung von Gemeinschaftsrecht sowie in Bezug auf das Motiv für die Einbringung der Grundstücke in die Gesellschaft (Sicherheitsleistung für die Weiterfinanzierung durch die Bank zur Abwendung des Konkurses) nicht auseinandergesetzt. Die Beschwerdeführer würden sich "aufgrund des Verbotes der Inländerdiskriminierung auf Europarecht berufen können", weil der vorliegende Rechtserwerb genehmigt werden müsste, wenn eine Gesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat die Liegenschaften erworben hätte. Nach dem Urteil des EuGH im Fall Ospelt sei es unzulässig, einen Pächter rechtlich schlechter zu stellen als einen Eigentümer; die Voraussetzungen des §6 Abs1 litb TGVG würden auf jene des §6 Abs1 lita leg.cit. durchschlagen. Die belangte Behörde übersehe, dass die Kapitalverkehrsfreiheit hier greife, und gehe im Ergebnis davon aus, dass jede Veräußerung eines Teiles von Grundbesitz dem öffentlichen Interesse gemäß §6 Abs1 lita TGVG widerspricht; damit habe sie die in Rede stehende Bestimmung denkunmöglich angewendet und ihr einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt.

Auch würden keine Indizien dafür vorliegen, dass durch den Rechtserwerb eine Schwächung des landwirtschaftlichen Betriebes des Zweitbeschwerdeführers eintrete, zumal eine Weiterbewirtschaftung durch den Pachtvertrag sichergestellt und der aus den Flächen (Alm) erzielbare Ertrag als äußerst geringfügig anzusehen sei. Die Abtrennung der Alm sei daher ohne Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes des Zweitbeschwerdeführers. Die belangte Behörde habe insofern die gebotene Interessenabwägung (va. im Hinblick auf den drohenden Konkurs) unterlassen.

Willkür sowie eine Verletzung des Fairnessgrundsatzes wird zudem im Außer-Acht-Lassen des Vorbringens der Beschwerdeführer, im Übergehen der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides und der für die Rechtsposition der Beschwerdeführer sprechenden Teile des Sachverständigengutachtens sowie in einer europarechtliche Vorgaben ignorierenden "Scheinbegründung" erblickt.

4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie weist u.a. darauf hin, dass über das Vermögen des Zweitbeschwerdeführers mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 11. August 2006 Konkurs eröffnet wurde.

5. Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2006 gab der in diesem Konkursverfahren bestellte Masseverwalter seinen Eintritt in das Verfahren gemäß §7 Abs2 KO bekannt.

6. Mit Schreiben vom 21. November 2006 teilte die belangte Behörde mit, dass der Zweitbeschwerdeführer am 30. Oktober 2006 verstorben ist.

7. In der Folge zog der im Konkursverfahren über das Vermögen des Zweitbeschwerdeführers bestellte Masseverwalter die Beschwerde mit Schriftsatz vom 4. Juni 2007 zurück.

II. Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl. 61 idF LGBl. 85/2005, lauten:römisch II. Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl. 61 in der Fassung Landesgesetzblatt 85 aus 2005,, lauten:

"1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

§1

Geltungsbereich

  1. (1)Absatz einsDieses Gesetz gilt für den Erwerb von Rechten

a) an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken,

b) an Baugrundstücken und

c) an sonstigen Grundstücken, wenn der Rechtserwerber Ausländer ist.

  1. (2)Absatz 2[...]

§2

Begriffsbestimmungen

  1. (1)Absatz einsLand- oder forstwirtschaftliche Grundstücke sind Grundstücke, die ganz oder teilweise im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke genutzt werden. Als land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke gelten weiters Grundstücke, die zwar nicht im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, aber doch in einer für die Land- oder Forstwirtschaft typischen Weise genutzt werden.

[...]

  1. (2)Absatz 2- (6) [...]

[...]

2. Abschnitt

Rechtserwerbe an land- oder
forstwirtschaftlichen Grundstücken

§4

Genehmigungspflicht

  1. (1)Absatz einsDer Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedürfen Rechtsgeschäfte, die den Erwerb eines der folgenden Rechte an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken zum Gegenstand haben:

a) den Erwerb des Eigentums;

b) - h) [...]

  1. (2)Absatz 2[...]

[...]

§6

Genehmigungsvoraussetzungen

  1. (1)Absatz einsDie Genehmigung nach §4 darf nur erteilt werden, wenn

  1. a)Litera a
    der Rechtserwerb weder dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht,

  1. b)Litera b
    gewährleistet ist, dass die erworbenen land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke vom Erwerber selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaftet werden; dieses Erfordernis gilt nicht, wenn

              1.              [...]

  1. 2.Ziffer 2
    die Grundstücke vom Eigentümer in eine Gesellschaft als Sacheinlage eingebracht oder einer Privatstiftung als Vermögen gewidmet werden und, sofern diese Grundstücke nicht im Rahmen eines von der Gesellschaft oder der Privatstiftung geführten land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaftet werden, die ordnungsgemäße nachhaltige Bewirtschaftung durch Pächter oder Fruchtnießer gewährleistet ist oder

              3.              [...]

              c)              - d) [...]

  1. (2)Absatz 2- (4) [...]

  1. (5)Absatz 5Die Genehmigung für den Erwerb des Eigentums an einem land- oder forstwirtschaftlichen Grundstück aufgrund eines Kaufvertrages darf entgegen den Bestimmungen des Abs1 lita, b und c und des §7 erteilt werden, wenn der Verkauf aufgrund von Umständen, die ohne grobes Verschulden des Verkäufers eingetreten sind, insbesondere aufgrund von Elementarereignissen, zur Vermeidung des gänzlichen Verfalls eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes notwendig ist.

  1. (6)Absatz 6- (9) [...]"

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:römisch III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der gerichtlich bestellte Masseverwalter hat mit Schriftsatz vom 4. Juni 2007 die vom Zweitbeschwerdeführer eingebrachte Beschwerde zurückgezogen (Pkt. I.7.), weshalb das Verfahren insoweit einzustellen war. 1. Der gerichtlich bestellte Masseverwalter hat mit Schriftsatz vom 4. Juni 2007 die vom Zweitbeschwerdeführer eingebrachte Beschwerde zurückgezogen (Pkt. römisch eins.7.), weshalb das Verfahren insoweit einzustellen war.

2. Die - zulässige - Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei ist nicht begründet:

2.1. Die belangte Behörde stützte die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung auf die Annahme des Fehlens der Voraussetzungen des §6 Abs1 lita und Abs5 TGVG, ohne die Zulässigkeit der (in §6 Abs1 litb TGVG geregelten) Selbstbewirtschaftung durch den Zweitbeschwerdeführer als Pächter (iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur sog. Inländerdiskriminierung - vgl. VfSlg. 17.422/2004, 17.554/2005, 17.555/2005; VfGH 5.12.2006, G121,122/06) in Frage zu stellen. 2.1. Die belangte Behörde stützte die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung auf die Annahme des Fehlens der Voraussetzungen des §6 Abs1 lita und Abs5 TGVG, ohne die Zulässigkeit der (in §6 Abs1 litb TGVG geregelten) Selbstbewirtschaftung durch den Zweitbeschwerdeführer als Pächter (iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur sog. Inländerdiskriminierung - vergleiche VfSlg. 17.422/2004, 17.554/2005, 17.555/2005; VfGH 5.12.2006, G121,122/06) in Frage zu stellen.

Gegen die angewendeten Vorschriften des §6 Abs1 lita und Abs5 TGVG sind in der Beschwerde keine Bedenken vorgebracht worden und beim Verfassungsgerichtshof vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechung (zur erstgenannten Vorschrift vgl. zB VfSlg. 17.320/2004, 17.629/2005, 17.858/2006; zur Letztgenannten VfSlg. 17.859/2006) auch nicht entstanden. Gegen die angewendeten Vorschriften des §6 Abs1 lita und Abs5 TGVG sind in der Beschwerde keine Bedenken vorgebracht worden und beim Verfassungsgerichtshof vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechung (zur erstgenannten Vorschrift vergleiche zB VfSlg. 17.320/2004, 17.629/2005, 17.858/2006; zur Letztgenannten VfSlg. 17.859/2006) auch nicht entstanden.

2.2. Ausgehend von der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998, 16.488/2002 und 17.858/2006) eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur vorliegen, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Ein solcher Fehler ist der belangten Behörde nicht unterlaufen:

2.3. Soweit behauptet wird, die belangte Behörde habe §6 Abs1 lita TGVG einen verfassungswidrigen - inländerdiskriminierenden - Inhalt unterstellt, weil es vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH "denkunmöglich" sei, dass durch die angewendete Vorschrift die Bestimmung des §6 Abs1 litb TGVG und damit Europarecht "ausgeschaltet" werden könne, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass sich der angefochtene Bescheid auf die - wie dargelegt - verfassungsrechtlich unbedenklichen (kumulativen) Genehmigungsvoraussetzungen des §6 Abs1 lita TGVG stützt: Demnach wurde dem Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung schon deshalb versagt, weil die mit der Abtrennung von mehr als der Hälfte des landwirtschaftlichen Besitzstandes des Zweitbeschwerdeführers, im Konkreten selbst bewirtschafteter Almflächen mit besonderer Funktion in seinem Landwirtschaftsbetrieb, den in §6 Abs1 lita TGVG normierten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Mit Blick darauf war die belangte Behörde auch nicht verhalten, sich mit den Ausführungen des Beschwerdeführers zur Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität des §6 Abs1 litb TGVG auseinanderzusetzen.

2.4. Der Beurteilung der Behörde, dass die Abtrennung wesentlicher Teile eines (ausgedehnten) Grundbesitzes unter den konkreten Umständen (Verlust von mehr als der Hälfte des Besitzstandes, einschließlich einer großflächigen, vom Heimhof genutzten Alm) mit der Gefahr der Herbeiführung agrarstruktureller Nachteile sowie einer Schwächung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes verbunden ist, kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden. Der in der Beschwerde ins Treffen geführte Umstand, dass ungeachtet der beabsichtigten Realteilung (jeweils für sich betrachtet) relativ große Flächen bäuerlichen Besitzstandes erhalten bleiben, vermag die Entscheidung der belangten Behörde nicht mit Willkür zu belasten (zumal auch der Versagungstatbestand des §7 Abs1 lita TGVG [Entzug von landwirtschaftlichen Grundstücken aus dem Betrieb] zu berücksichtigen ist).

2.5. Auch die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung des §6 Abs5 TGVG stößt auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken: Wie dargelegt, geht die belangte Behörde davon aus, dass das Beschwerdevorbringen (dem zufolge die beabsichtigte Übergabe der Abwehr der damals drohenden - in weiterer Folge auch erfolgten - Konkurseröffnung über den schon bei der Übernahme massiv überschuldeten Familienbetrieb diene) für die Heranziehung der Ausnahmeregelung nicht ausreiche, zumal der Finanzbedarf nicht im Zusammenhang mit einem (vom Gesetz insbesondere bedachten) Naturereignis stehe und sich der Beschwerdeführer die schon beim Erwerb bestandene Überschuldung "zurechnen lassen müsse". Die insoweit im Ergebnis vertretene Auffassung, die (freiwillige) Übernahme eines hoch verschuldeten landwirtschaftlichen Betriebes (hier - nach der Aktenlage - durch Übergabsvertrag) könne nicht als solcher Umstand gedeutet werden, der dem Erfordernis des Fehlens groben Verschuldens am drohenden Verfall des Betriebes entspricht, ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten denkmöglich. Die Annahme, dass der Gesetzgeber durch die beispielsweise Anführung von Elementarereignissen primär nur von erschwert (bzw. gar nicht) verhinderbaren, plötzlich eintretenden Geschehnissen in der Natur (wie etwa Überschwemmungen, Erdrutschen etc.) ausgegangen ist, kann keineswegs als denkunmöglich oder willkürlich eingestuft werden.

2.6. Schließlich können der Behörde weder - Willkür indizierende - Mängel der Bescheidbegründung noch krasse Fehler bei der Ermittlungstätigkeit vorgeworfen werden: Der angefochtene Bescheid stützt seine Annahmen über das in öffentlichen Interessen begründete Genehmigungshindernis gerade auf das Ergebnis der Expertise des Amtssachverständigen und setzt sich mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien hinlänglich auseinander, denen im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung überdies die Möglichkeit geboten wurde, sich zu allen Verfahrensergebnissen zu äußern. Gesamthaft betrachtet kann von einem Ignorieren wesentlicher Ermittlungsresultate oder einem in die Verfassungssphäre reichenden Begründungsgebrechen nicht gesprochen werden. Dass die rechtliche Würdigung des gesamten Sachverhaltes aus der Sicht der beschwerdeführenden Partei letztlich unbefriedigend geblieben ist, indiziert noch kein willkürliches Verhalten (vgl. zB VfSlg. 13.165/1992 und 17.858/2006). 2.6. Schließlich können der Behörde weder - Willkür indizierende - Mängel der Bescheidbegründung noch krasse Fehler bei der Ermittlungstätigkeit vorgeworfen werden: Der angefochtene Bescheid stützt seine Annahmen über das in öffentlichen Interessen begründete Genehmigungshindernis gerade auf das Ergebnis der Expertise des Amtssachverständigen und setzt sich mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien hinlänglich auseinander, denen im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung überdies die Möglichkeit geboten wurde, sich zu allen Verfahrensergebnissen zu äußern. Gesamthaft betrachtet kann von einem Ignorieren wesentlicher Ermittlungsresultate oder einem in die Verfassungssphäre reichenden Begründungsgebrechen nicht gesprochen werden. Dass die rechtliche Würdigung des gesamten Sachverhaltes aus der Sicht der beschwerdeführenden Partei letztlich unbefriedigend geblieben ist, indiziert noch kein willkürliches Verhalten vergleiche zB VfSlg. 13.165/1992 und 17.858/2006).

2.7. Es liegt auch kein Verstoß gegen das durch Art6 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein faires Verfahren vor: Die belangte Behörde hat die Ergebnisse des unter Wahrung des Parteiengehörs ergänzten Ermittlungsverfahrens weder in einer die Grundsätze eines fairen Verfahrens verletzenden Weise außer Acht gelassen noch negiert.

2.8. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat mithin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die (erst-)beschwerdeführende Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 16.570/2002 und 17.878/2006). Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann vergleiche zB VfSlg. 10.659/1985, 16.570/2002 und 17.878/2006).

Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei war daher abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG und §19 Abs3 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, EU-Recht, Bescheidbegründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B1259.2006

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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