TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/24 2002/05/0013

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Veröffentlicht am 24.02.2004
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauO NÖ 1969 §10;
BauO NÖ 1976 §10 Abs2 idF 8200-6;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Heinrich Stiegler in Kasten, vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in 3040 Neulengbach 108, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. November 2001, Zl. RU1-V-01087/00, betreffend eine Grundabteilung (mitbeteiligte Parteien: 1. Franz Furtmüller und 2. Rosa-Maria Furtmüller, beide in Thalheim 10, 3. Gemeinde Kapelln, vertreten durch Dr. Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in Wien 1, Stock im Eisen-Platz 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 99l,20 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer einerseits sowie der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte (in der Folge kurz: Nachbarn) andererseits sind Eigentümer aneinander grenzender Grundstücke.

Mit Eingabe vom 2. April 1975 ersuchten die Nachbarn um Erteilung der baubehördlichen Genehmigung für die Veränderung der Grenze zwischen ihrem Grundstück und jenem des Beschwerdeführers gemäß einem in vierfacher Ausfertigung vorgelegten Teilungsplan des DI M vom 28. März 1975. Nach diesem Teilungsplan soll ein ungefähr rechteckiger Grundstreifen über die gesamte Länge der gemeinsamen Grundgrenze vom Grundstück des Beschwerdeführers abgeteilt und dem Grundstück der Nachbarn zugeschlagen werden (nach dem Beschwerdevorbringen geht es darum, dass dieser Streifen gemäß dem Teilungsplan 7 m breit sei, aber richtigerweise nur 5 m breit hätte sein sollen).

Diese Eingabe, die bei der Gemeinde laut Eingangsvermerk am 4. April 1975 einlangte und die Zahl 165/75 erhielt, weist unter den Unterschriften der Nachbarn auch eine Unterschrift mit dem Namen des Beschwerdeführers auf.

Mit Bescheid vom 11. April 1975 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die angestrebte Bewilligung. In der Zustellverfügung heißt es, der Bescheid ergehe gleichlautend an die Nachbarn einerseits und den Beschwerdeführer andererseits, sowie in Gleichschrift an DI M. Auf der in den Gemeindeakten befindlichen Ausfertigung wurde zudem der mit dem Gemeindesiegel und der Unterschrift des Bürgermeisters versehene Vermerk "dieser Bescheid ist rechtskräftig seit 30.04.1975" samt Datierung angebracht. Hinsichtlich der Zustellung des Bescheides an die Nachbarn befindet sich in den Gemeindeakten das Fragment eines Rückscheines. In den vorgelegten Gemeindeakten befindet sich weiters eine Liste (dem Vermerk auf der Liste zufolge eine Kopie aus dem Postausgangsbuch der Gemeinde), wo unter dem Datum 11. April 1975 die Expedition eines Stückes mit der Zahl 165/75 an - offensichtlich - den Beschwerdeführer vermerkt ist.

Am 4. April 1975 hatte bezüglich eines Bauvorhabens der Nachbarn eine Bauverhandlung stattgefunden, an welcher auch der Beschwerdeführer teilnahm. In der hierüber errichteten Niederschrift heißt es unter anderem: "Der Anrainer, Herr (Beschwerdeführer), erhebt gegen die Bauausführung keine Einwendung und erteilt auch seine ausdrückliche Zustimmung, dass der von ihm an die Bauwerber abgetretene Grund bereits vor Durchführung der grundbücherlichen Einverleibung benützt werden darf". Im Zusammenhang mit der Festlegung der Straßenfluchtlinie wird in dieser Niederschrift auf den Teilungsplan des DI M vom 28. März 1975 verwiesen. Diese Niederschrift wurde unter anderem vom Beschwerdeführer unterfertigt.

Mit Eingabe vom 22. März 1976 ersuchten der Beschwerdeführer und die Nachbarn um "Genehmigung der Vergrößerung eines Bauplatzes" auf Grund des in vierfacher Ausfertigung vorgelegten Teilungsplanes des DI M vom 11. März 1976. Nach diesem Teilungsplan soll ein ebenfalls ungefähr rechteckiger Grundstreifen über die gesamten Länge der gemeinsamen Grenze, der somit über die gesamte Länge an jenen Grundstreifen anschließt, der Gegenstand des ersten Teilungsplanes war, vom Grundstück des Beschwerdeführers abgetrennt und dem Grundstück der Nachbarn zugeschlagen werden (nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist dieser Streifen 2 m breit).

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde bewilligte dieses Gesuch mit Bescheid vom 20. Mai 1976; der Bescheid wurde gemäß den im Akt befindlichen Zustellnachweisen einerseits den Nachbarn und andererseits dem Beschwerdeführer zugestellt (und am 24. Mai 1976 von seiner Ehefrau übernommen). Der Bescheid blieb laut Aktenlage unbekämpft. Das in den Akten befindliche Stück weist eine Rechtskraftbestätigung des Bürgermeisters vom 26. Mai 1977 auf, wonach der Bescheid seit 9. Juni 1976 rechtskräftig sei.

Die Verbücherung dieser beiden Grundabteilungen erfolgte mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes vom 20. Jänner 1978 (in der Zustellverfügung scheint unter anderem der Beschwerdeführer auf).

Mit der an den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gerichteten Eingabe vom 24. November 1995 (Eingangsvermerk vom 28. November) brachte der (nunmehr rechtsfreundlich vertretene) Beschwerdeführer vor, er (wohl: der Beschwerdevertreter) habe im Zuge einer Akteneinsicht feststellen können, dass zur Geschäftszahl 165/75 am 11. April 1975 ein Bescheid ergangen sei. Dieser Bescheid trage zwar eine Rechtskraftbestätigung, doch sei diese offenbar irrtümlich erteilt worden, weil er dem Beschwerdeführer nachweislich nie zugestellt worden sei. Beantragt werde somit

1. die Rechtskraftbestätigung hinsichtlich dieses Bescheides aufzuheben,

2. den Bescheid dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters zuzustellen.

Hierauf wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters eine (als neuerliche Ausfertigung gedachte) "Abschrift" des Bescheides vom 11. April 1975 zugestellt (Abschrift des gesamten Textes einschließlich der seinerzeitigen Fertigung mit dem Vermerk "für die Richtigkeit der Abschrift", der mit 30. Jänner 1996 datiert und durch den - offenbar nunmehrigen - Vizebürgermeister gefertigt ist).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung (Postaufgabe am 12. Februar 1996), in welcher er vorbrachte, der dem Bescheid zugrundeliegende Teilungsplan vom 28. März 1975 sei ihm völlig unbekannt. Bei Einsichtnahme in den Plan habe er feststellen müssen, dass der Plan nicht dem Auftrag entspreche, den er DI M erteilt habe. Zudem habe er den dem Bescheid zugrundeliegenden Teilungsplan nicht unterschrieben. Die am Plan befindliche Unterschrift sei nicht seine Unterschrift sondern nachgemacht. Dies könne durch einen einfachen Vergleich mit anderen Unterschriften, die bei der Gemeinde auflägen (es folgt ein beispielsweiser Hinweis) leicht festgestellt werden. Überdies mache er geltend, dass der Antrag, der dem Bescheid zugrundeliege, auch nicht von ihm stamme. Die Unterschrift am Schreiben vom 2. April 1975 sei die gleiche wie auf dem Teilungsplan, also ebenfalls nicht seine. Er habe nie einen Antrag auf Genehmigung der Veränderung der Grundstücksgrenzen gemäß dem diesem Bescheid zugrundeliegenden Teilungsplan (vom 28. März 1975) gestellt. Er beantrage daher, den bekämpften Bescheid vom 11. April 1975 dahingehend abzuändern, dass das Ansuchen vom 2. April 1975 abgewiesen werde.

Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2000 brachte der Beschwerdeführer beim Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hinsichtlich seines Antrages auf Aufhebung der Rechtskraftbestätigung einen Devolutionsantrag ein.

Mit Bescheid vom 14. März 2001 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde

1. der Berufung gegen den Bescheid vom 11. April 1975 keine Folge gegeben und den bekämpften Bescheid bestätigt, und

2. den Antrag auf Aufhebung der Rechtskraftbestätigung hinsichtlich dieses Bescheides als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde insbesondere ausgeführt, gemäß § 10 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung LGBl. Nr. 166/1969 (kurz: NÖ BO 1969) habe die Grundabteilung (Teilung oder Vereinigung von Grundstücken oder jede sonstige Veränderung von Grundstücksgrenzen) einer Bewilligung der Baubehörde bedurft. Anders als nach § 10 Abs. 2 NÖ BO 1996 sei die Zustimmung der Eigentümer aller von der Grundabteilung betroffenen Grundstücke nicht schon dem Antrag an die Baubehörde, sondern erst dem Antrag an das Grundbuchsgericht anzuschließen gewesen. Weiters habe es keiner Unterfertigung des Teilungsplanes durch die Grundeigentümer bedurft.

Der Beschwerdeführer habe bereits in einem näher bezeichneten Zivilverfahren vor dem Bezirksgericht Herzogenburg die Behauptung aufgestellt, den Antrag vom 2. April 1975 auf Genehmigung der Veränderung der Grundstücksgrenzen niemals unterschrieben zu haben bzw. habe auch bestritten, dass die Unterschrift auf dem Plan vom 28. März 1975 von ihm stamme. Dessen ungeachtet habe das Bezirksgericht Herzogenburg mit dem erstinstanzlichen Urteil vom 5. Februar 1999 das Klagebegehren des Beschwerdeführers auf Rückabwicklung der den Nachbarn verkauften Grundstückstreifen kostenpflichtig abgewiesen und dazu unter anderem Folgendes ausgeführt:

Im Jahr 1976 sei zwischen der klagenden Partei (Beschwerdeführer) und den beklagten Parteien (Nachbarn) ein rechtswirksamer Kaufvertrag abgeschlossen worden. Der klagenden Partei sei sehr wohl bekannt gewesen, dass einerseits 5 m und andererseits je 2 m an die beklagten Parteien verkauft worden waren. Der Kläger habe auch die Teilungspläne durch nachfolgende Unterschrift des Kaufvertrages bei einem näher bezeichneten Notar zur Kenntnis genommen. Weiters sei der Kaufvertrag grundbücherlich am 1. April 1977 (zu einem Zeitpunkt, als sämtliche Unterlagen vorhanden gewesen seien) "vom Kläger bewilligt" und in der Folge auch grundbücherlich durchgeführt worden. Aus diesem Kaufvertrag sei auch ersichtlich, dass insgesamt 358 m2 verkauft worden seien. Dieser Kaufvertrag sei rechtswirksam geworden, die klagende Partei hätte damals allenfalls die Möglichkeit gehabt, ihn anzufechten. Dies sei aber nicht erfolgt. Auch habe die klagende Partei das Pflanzen von Thujen Ende der 70er Jahre widerspruchslos hingenommen.

Die Entscheidung des Gerichtes, so heißt im Bescheid weiter, beruhe somit zusammengefasst in rechtlicher Hinsicht darauf, dass zwischen den Parteien des Zivilverfahrens ein rechtswirksamer Kaufvertrag abgeschlossen worden sei.

Der dagegen eingebrachten Berufung habe das Landesgericht St. Pölten mit einem sehr ausführlich begründeten Berufungsurteil vom 11. Mai 1999 keine Folge gegeben. Zusammenfassend ergebe sich aus der Berufungsentscheidung, dass die Behauptungen des Beschwerdeführers, inwieweit beispielsweise "seine Unterschrift" (im Original unter Anführungszeichen) auf dem Teilungsplan vom 28. März 1975, auf dem Ansuchen um Bewilligung der Grundabteilung und auf einer Zahlungsquittung von seiner Hand stammten, unerheblich seien, weil auf Grund der langen Verfahrensdauer (Zeitraum November 1974 zu Beginn der Vermessungsarbeiten, bis zum 1. April 1977, Unterfertigung des Kaufvertrages) davon auszugehen gewesen sei, dass sich der Beschwerdeführer über den Inhalt der beiden Teilungspläne informiert habe. Diesbezüglich verweise das Berufungsgericht auf ein vom Beschwerdeführer unterfertigtes Ansuchen um Grundabteilung betreffend die Bewilligung des "zweiten" (im Original unter Anführungszeichen) Teilungsplanes vom 11. März 1976, weil diesbezüglich der Beschwerdeführer die Echtheit seiner Unterschrift nicht bestritten habe. Auch die Zustellung des Bewilligungsbescheides der Baubehörde an den Beschwerdeführer sei demnach aktenkundig. Rechtlich habe sodann das Berufungsgericht ausgeführt, dass das erstgerichtliche Urteil fehlerfrei sei und das Erstgericht auf Grund des gültigen Kaufvertrages die Löschungsklage zu Recht abgewiesen habe.

Der Gemeinderat als Berufungsbehörde schließe sich nach Einsichtnahme in den betreffenden Prozessakt des Bezirksgerichtes Herzogenburg den von den Zivilgerichten getroffenen Feststellungen dahingehend an, dass der Beschwerdeführer durch seine nachfolgende Unterschrift am Kaufvertrag, somit durch Abschluss eines rechtswirksamen Kaufvertrages die Teilungspläne zur Kenntnis genommen und dadurch die Zustimmung zu der mit Bescheid des Bürgermeisters vom 11. April 1975 bewilligten Grundabteilung erteilt habe. Der Gemeinderat sei zwar nicht an das Ergebnis des Zivilverfahrens gebunden, die Einsichtnahme in die Zivilakten habe jedoch in nachvollziehbarer Weise ergeben, dass sich sowohl das Gericht erster Instanz, wie auch das Berufungsgericht sehr ausführlich sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht mit den Behauptungen des Beschwerdeführers auseinander gesetzt hätten. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage und unter Berücksichtigung verfahrensökonomischer Gesichtspunkte sei es "für die Beurteilung der gegenständlichen Berufung" daher unerheblich, ob die Unterschriften auf dem Ansuchen auf Grundabteilung bzw. auf dem Teilungsplan vom 28. März 1975 vom Beschwerdeführer stammten oder nicht. Der Berufung sei daher keine Folge zu geben gewesen.

Damit sei auch der Antrag auf Aufhebung der Rechtskraftbestätigung als unbegründet abzuweisen gewesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

Nach Darstellung des Sachverhaltes und des Verfahrensganges sowie nach Wiedergabe insbesondere der §§ 10 bis 12 der NÖ BO 1969 führte die belangte Behörde aus, aus der Zusammenschau dieser Bestimmungen in Verbindung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1991, Zl. 86/05/0015) ergebe sich, dass das Erfordernis der ausdrücklichen Zustimmung aller betroffenen Miteigentümer zu einer beabsichtigten Grundabteilung nach der NÖ BO 1969 - im Gegensatz zur nunmehr geltenden Regelung des § 10 Abs. 3 und 5 NÖ BO 1996 - noch nicht normiert gewesen sei. Die Baubehörde hätte das Fehlen der Zustimmung eines Grundeigentümers, selbst wenn dies damals geltend gemacht worden wäre, gar nicht zum Anlass nehmen dürfen, eine (von einem anderen) begehrte Grundabteilungsbewilligung abzuweisen. Die Zustimmung aller betroffenen Grundeigentümer habe damals erst dem Grundbuchsgericht gegenüber nachgewiesen werden müssen.

Aus dem Umstand, dass dem Ansuchen auf baubehördliche Bewilligung ein höchstens sechs Monate alter Grundbuchsauszug anzuschließen gewesen sei und die Zahl der weiteren Ausfertigungen des Teilungsplanes von der Zahl der betroffenen Grundeigentümer abhängig gewesen sei, sei nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zu schließen (Anm.: gemeint ist sichtlich das zuvor genannte hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1991, Zl. 86/05/0015), dass die nicht als Antragsteller auftretenden Grundeigentümer als Beteiligte des Verfahrens gegolten hätten. Als solche habe ihnen (zum Unterschied von den Antragstellern) allerdings auch kein Rechtsmittelrecht zugestanden.

Aus den Eingaben des Beschwerdeführers sei nun nicht eindeutig nachzuvollziehen, welche Stellung er im Grundabteilungsbewilligungsverfahren tatsächlich eingenommen habe bzw. einnehmen habe wollen. Einerseits gebe er (in der Vorstellung) an, sein Teilungsansuchen zurückziehen zu wollen, andererseits bestreite er, dass von ihm jemals ein entsprechendes Ansuchen eingebracht worden sei. Im ersten Fall wäre der Beschwerdeführer selbst als Teilungswerber aufgetreten und es wäre der Bescheid vom 11. April 1975 ja ursprünglich auch in seinem Sinne ergangen. Die Möglichkeit der ersatzlosen Behebung des Bescheides infolge des Wegfalles des zunächst vorgelegten Ansuchens des Beschwerdeführers scheide insofern aus, als mangels des Erfordernisses seiner Zustimmung der Bürgermeisters die Grundabteilung allerdings auch auf Grund eines Ansuchens der Nachbarn hätte bewilligen müssen. Der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung bzw. der Zurückziehung seines Ansuchens stehe jedenfalls die zwischenzeitig erfolgte Verbücherung entgegen. Im zweiten Fall wäre die Berufung mangels Parteistellung des Beschwerdeführers im Teilungsverfahren als unzulässig zu beurteilen gewesen.

Zum Vorwurf, die im Jahr 1975 bewilligte Grundabteilung hätte 1978 auf Grund des zwischenzeitigen Verlustes ihrer Rechtswirksamkeit nicht mehr durchgeführt werden dürfen, sei festzuhalten, dass es Sache des Beschwerdeführers gewesen wäre, den entsprechenden Grundbuchsbeschluss zu bekämpfen. Nach dem ungenützten Verstreichen der Rekursfrist sei aber auch die Baubehörde an eine Grundbuchseintragung gebunden, selbst wenn diese rechtswidrig erfolgt sein sollte.

Da sich der Gemeinderat allerdings inhaltlich mit der Berufung des Beschwerdeführers auseinander gesetzt habe, sei er durch die Berufungsentscheidung nicht in den ihm vermeintlich zustehenden Rechten verletzt worden.

Zum Antrag auf Aufhebung der Rechtskraftbestätigung verweise die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1999, Zl. 99/12/0199. Danach handle es sich bei der Rechtskraftbestätigung um die bloße Beurkundung einer sich unmittelbar aus dem Gesetz selbst ergebenden, mit einer erlassenen Entscheidung verbundenen Rechtsfolge, die von der Erfüllung bestimmter Tatsachen (formelle und materielle Rechtskraft) abhänge und unabhängig von ihrer Beurkundung eintrete. Die Rechtskraftbestätigung selbst sei keine normativ verbindliche, der Rechtskraft zugängliche (Feststellungs-)Entscheidung. Sie sei ihrem Inhalt nach bloß eine von der Behörde bezeugte rechtserhebliche Tatsache, der auf Grund der Eigenschaft des bestätigenden Organes die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde nach § 292 Abs. 2 ZPO, der auch im Anwendungsbereich des AVG gelte, zukomme. Als solche mache sie vollen Beweis der rechtserheblichen Tatsache, dass heiße, sie begründe die Vermutung ihrer inhaltlichen Richtigkeit, die allerdings nach § 292 Abs. 2 ZPO widerlegt werden könne. Die Rechtskraftbestätigung der Behörde A bedeute also lediglich eine aus verfahrensökonomischer Sicht sinnvolle Verfahrenserleichterung für die Behörde B, ohne dass diese jedoch im Falle der behaupteten Gesetzwidrigkeit oder Unrichtigkeit der Bestätigung uneingeschränkt daran gebunden wäre.

Da der Gemeinderat auf Grund der im Jahr 1975 anzuwendenden Rechtslage sowie der daraufhin erfolgten Eintragung der bekämpften Grundabteilung ins Grundbuch zu Recht keinen Anlass gefunden habe, den Bescheid des Bürgermeisters vom 11. April 1975 zu beheben, werde der Beschwerdeführer auch durch die Abweisung seines Begehrens, die Rechtskraftbestätigung zu beseitigen, nicht in seinen Rechten verletzt, zumal diese ja keine unbeschränkte Bindungswirkung entfalte.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die §§ 10 bis 12 der Niederösterreichischen Bauordnung LGBl. Nr. 166/1969 lauteten:

"§ 10.

Grundabteilung.

(1) Im Bauland bedarf die Grundabteilung (Teilung von Grundstücken sowie jede Veränderung von Grundstücksgrenzen) einer Bewilligung der Baubehörde; hievon ausgenommen sind Veränderungen, welche gemäß § 15 Liegenschaftsteilungsgesetz, BGBl. Nr. 3/1930, in der Fassung BGBl. Nr. 166/1961, vorgenommen werden.

(2) Dem Ansuchen um die Bewilligung einer Grundabteilung sind ein höchstens sechs Monate alter Grundbuchsauszug und ein Teilungsplan in vierfacher Ausfertigung anzuschließen. Die Zahl der weiteren Ausfertigungen hängt von der Zahl der betroffenen Grundeigentümer ab.

(3) Der Teilungsplan hat die Straßenflucht- und Baufluchtlinien sowie in den Achsen der Verkehrsflächen Höhenkoten auszuweisen und muss im Übrigen den gesetzlichen Vorschriften über die Vermessung bei Grundabteilungen und die Verfassung von Teilungsplänen entsprechen. Der Teilungsplan ist ausdrücklich mit einem Hinweis auf die Bewilligungspflicht zu versehen.

§ 11.

Behandlung von Grundabteilungsansuchen.

(1) Das Grundabteilungsansuchen ist zu prüfen, erforderlichenfalls ist ein Lokalaugenschein vorzunehmen. Von der Aufnahme des Beweises durch Sachverständige kann nicht abgesehen werden.

(2) Nach Rechtskraft des Bewilligungsbescheides, ist auf allen Ausfertigungen des Teilungsplanes ein Bewilligungsvermerk anzubringen. Eine Ausfertigung des Teilungsplanes verbleibt bei der Baubehörde, die übrigen Ausfertigungen sind dem Bewilligungswerber zurückzumitteln.

(3) Die Baubehörde hat die Bewilligung zu versagen, wenn durch die Grundabteilung Bestimmungen dieses Gesetzes verletzt werden, insbesondere wenn

1. der Teilungsplan dem Flächenwidmungsplan oder dem Bebauungsplan zuwiderläuft;

2. durch die Grundabteilung eine vom übrigen verbauten Gebiet abgesonderte Ansiedlung entstehen könnte oder

3. die Erschließung des Abteilungsgebietes unwirtschaftliche Aufwendungen für öffentliche Einrichtungen auf dem Gebiet des Verkehrs, der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung zur Folge haben könnte.

§ 12.

Durchführung von Grundabteilungen.

(1) Die Bewilligung einer Grundabteilung verliert ihre Rechtswirksamkeit, wenn nicht binnen neun Monaten nach Rechtskraft des Bewilligungsbescheides die grundbücherliche Durchführung beantragt wird. Der Antrag darf frühestens drei Monate nach Rechtskraft des Bewilligungsbescheides beim Grundbuchsgericht eingebracht werden.

(2) Jeder Beschluss des Grundbuchgerichtes über die bücherliche Durchführung einer Grundabteilung im Bauland ist der Baubehörde zuzustellen. Hievon sind die im § 10 Abs. 1 angeführten Ausnahmen nicht betroffen.

(3) Gegen Beschlüsse des Grundbuchsgerichtes gemäß Abs. 2 steht der Gemeinde das Rechtsmittel des Rekurses zu, wenn sie den Bestimmungen dieses Gesetzes widersprechen."

Mit der Novelle vom 25. März 1976, LGBl. 8200-3, wurde § 12 Abs. 1 erster Satz geändert und hatte nunmehr zu lauten:

"Die Bewilligung einer Grundabteilung verliert ihre Rechtswirksamkeit, wenn nicht binnen zwei Jahren nach Rechtskraft des Bewilligungsbescheides die grundbücherliche Durchführung beantragt wird. Der Antrag darf frühestens drei Monate nach Rechtskraft des Bewilligungsbescheides beim Grundbuchsgericht eingebracht werden und muß auf die Durchführung der gesamten baubehördlich bewilligten Grundabteilung gerichtet sein."

Die Niederösterreichische Bauordnung LGBl. Nr. 166/1969 wurde in der Folge als NÖ BO 1976, LGBl. 8200-0, wiederverlautbart.

Für den Beschwerdefall bedeutsam erscheint die Neufassung des § 10 durch die Novelle LGBl. 8200-6 im Jahr 1988. Nach dem § 10 Abs. 2 erster Satz in der geänderten Fassung bedarf der Antrag auf Bewilligung einer Grundabteilung der Zustimmung der Eigentümer aller von ihr betroffenen Grundstücke.

Das Begehren des Beschwerdeführers ist nicht gerechtfertigt:

Die Änderung des § 10 Abs. 2 BO 1976 mit der Novelle LGBl. 8200-6 wurde damit begründet (zitiert nach der Wiedergabe der Motive in Hauer-Zaussinger, NÖ BO4, Seite 109), dass die Zustimmung der Eigentümer aller von der Grundabteilung betroffenen Grundstücke jetzt schon dem Antrag an die Baubehörde (und nicht erst dem an das Grundbuchsgericht) anzuschließen sei, damit nicht mehr so häufig wie früher die baubehördliche Bewilligung einer Grundabteilung wegen der zu langen Dauer der Einholung dieser Zustimmung erlösche (...). Auch seien bisher oft Streitigkeiten über Abgaben für Grundstücke entstanden, deren Eigentümer an deren Einbeziehung in die Grundabteilung nicht interessiert gewesen seien.

Die Auffassung der belangten Behörde wie auch der Berufungsbehörde, dass § 10 BO LGBl. Nr. 166/1969 die Zustimmung des Grundeigentümers eines betroffenen Grundstückes nicht vorgesehen habe, trifft zu. Das ergibt sich einerseits daraus, dass sie in den entsprechenden Bestimmungen über die Grundabteilung nicht vorgesehen ist, und wird andererseits auch durch die wiedergegebenen Motive zur Novelle LGBl. 8200-6 (womit das Erfordernis der Zustimmung normiert wurde) unterstrichen.

Dem Beschwerdevorbringen, welches dahin geht, die Bewilligung einer Grundabteilung ohne Zustimmung der betroffenen Eigentümer sei undenkbar, womit dieses Erfordernis auch schon - unausgesprochen - für § 10 NÖ BO 1969 gegolten habe, zumal auch § 96 NÖ BO 1969 die Zustimmung des Grundeigentümers zu einem Baugesuch vorgesehen habe, ist aus folgenden Gründen nicht beizutreten:

Zur Frage des Erfordernisses der Zustimmung des Eigentümers zu einem Baugesuch hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6. März 1997, VfSlg. 14783, ausgeführt, die Baubewilligung als Ergebnis der materiellen Prüfung eines Bauansuchens am Maßstab der öffentlich-rechtlichen Regelungen des Raumordnungsrechtes im Baurecht bedeute die Verleihung des subjektiven öffentlichen Rechtes, einen Bau nach Maßgabe der bewilligten Pläne zu errichten, und beinhalte lediglich die Feststellung, dass das geplante Vorhaben vom öffentlichrechtlichen Standpunkt des Raumordnungsrechts und des Baurechts her zulässig sei. Normativer Gehalt einer Baubewilligung sei nur der Ausspruch, dass dem zur Bewilligung beantragten Bau kein im öffentlichen Recht fußendes Hindernis entgegenstehe. Die Baubewilligung sage nichts darüber aus, ob der bewilligte Bau nicht etwa mit Mitteln des Privatrechtes verhindert werden könne. Die Baubewilligung sei daher schon an sich nicht geeignet, in das Eigentumsrecht des Grundeigentümers einzugreifen (...).

Der Grund, weshalb fast alle Bauordnungen der Länder als Formerfordernis eines Bauantrages die Zustimmung des "Bauwerbers" (richtig: Eigentümers) forderten, liege offenkundig einerseits darin, dass dadurch ein aufwändiges Verwaltungsverfahren bezüglich eines Vorhabens vermieden werde, das letztlich mangels Zustimmung des Grundeigentümers nicht realisiert werden könne. Andererseits könnten verschiedene Verpflichtungen, die sich an eine Baubewilligung knüpften (wie z.B. die Verpflichtung zur Grundabtretung) nur vom Grundeigentümer erfüllt werden. Dies seien aber rechtspolitische und verwaltungsökonomische Gründe, die nicht verfassungsrechtlich geboten seien. Dem Grundeigentümer, der gemäß § 354 ABGB jeden anderen vom Betreten seines Grundstückes und damit auch von Bauführungen auf seinem Grund auszuschließen berechtigt ist, bleibe es im Falle einer nach dem Privatrecht unzulässigen Bauführung nämlich unbenommen, eine derartige Bauführung mit den Mitteln des Privatrechtes (Eigentumsfreiheitsklage - § 523 ABGB) zu bekämpfen.

Der Verfassungsgerichtshof erachtete demnach die Bestimmungen der Tiroler Bauordnung, wonach bei bestimmten Bauführungen auf fremdem Grund auf die Beibringung der Zustimmung der Erklärung des Grundeigentümers verpflichtet wurde, nicht als verfassungswidrig.

Diese Grundsätze sind auch im Beschwerdefall sinngemäß anwendbar: Die baubehördliche Bewilligung einer Grundabteilung gemäß § 10 BO 1969 bedeutete "nur", dass das geplante Vorhaben aus dem Blickwinkel der von der Baubehörde zu wahrenden öffentlichrechtlichen Gesichtspunkte zulässig war, keineswegs aber einen Abspruch dahingehend, dass die Grundteilung auch zivilrechtlich zulässig sei, und vermochte insbesondere nicht, eine allenfalls fehlende Zustimmung des Grundeigentümers zu ersetzen. Folgerichtig ergibt sich daraus, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, dass dem Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Eigentümer einer betroffenen Liegenschaft kein subjektivöffentliches Recht auf Verweigerung der Bewilligung und damit auch kein Berufungsrecht gegen den über Antrag der Nachbarn ergangenen Bewilligungsbescheid vom 11. April 1975 zukam (nämlich, wie gesagt, mangels Erfordernisses seiner Zustimmung und mangels Eignung des Bewilligungsbescheides, in seine Rechte als Grundeigentümer einzugreifen). Seine Berufung war daher unzulässig (in diesem Sinne - mangels Erfordernisses der Zustimmung des Grundeigentümers - das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1991, Zl. 86/05/0015). Dadurch, dass die Berufung als unbegründet abgewiesen und nicht als unzulässig zurückgewiesen wurde, wurde der Beschwerdeführer aber in keinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

Aus dieser Unzulässigkeit seiner Berufung folgt weiters, dass (mangels Anordnung des Gesetzes) der Eintritt der Rechtskraft des Bescheides vom 11. April 1975 - hier - nur von der Zustellung an die Nachbarn, nicht aber auch von der Zustellung an den Beschwerdeführer abhängig war.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer den Antrag der Nachbarn unterfertigt hat oder nicht (ob die dort befindliche Unterschrift von ihm stammt oder nicht), und ob ihm dieser Bescheid zugestellt wurde oder nicht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Dies konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG ohne Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung erfolgen, zumal, wie dargelegt, die Grundabteilungsbewilligung nicht geeignet war, in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers an seinem Grundstück einzugreifen, und es ihm vielmehr unbenommen war, gegen allfällige Eingriffe im ordentlichen Rechtsweg vorzugehen. Der Umstand, dass hier die ordentlichen Gerichte gemäß den Feststellungen der Verwaltungsbehörden einen rechtswidrigen Eingriff in sein Eigentum sichtlich verneinten und die Klage des Beschwerdeführers abwiesen, vermag daran nichts zu ändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. Februar 2004

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des BerufungswerbersBauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Berufungsverfahren BauRallg11/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002050013.X00

Im RIS seit

17.03.2004

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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