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21/01 Handelsrecht;Norm
AktG 1965 §174 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der L Aktiengesellschaft in B, vertreten durch die Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 26. Juni 1998, Zl. RV-013.97/1-5/97, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1992 und 1. Jänner 1993, sowie Vermögensteuer und Erbschaftsteueräquivalent ab dem 1. Jänner 1992 und 1. Jänner 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft, deren Grundkapital 25 Mio. S beträgt, wies in ihren Erklärungen zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1992 und 1. Jänner 1993 "Verbindlichkeiten Genussscheininhaber" in Höhe von 30 Mio. S als Schuldposten aus.
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden die Verfahren hinsichtlich der zunächst erklärungsgemäß ergangenen Bescheide betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftsteueräquivalent zum bzw. ab dem 1. Jänner 1992 und 1993 wieder aufgenommen und die Verbindlichkeiten an Genussscheininhaber nicht als Schuldposten anerkannt. In Punkt 4 der Niederschrift über die Schlussbesprechung wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, "bei der vorliegenden Ausstattung der Genussscheine" sei aus bewertungsrechtlicher Sicht keine gemäß § 64 Bewertungsgesetz 1955 (im Folgenden: BewG) abzugsfähige Schuld gegeben. In Tz 29 des Betriebsprüfungsberichtes wird ergänzend angemerkt, dass die "Verbindlichkeit Genussscheininhaber" nicht als Schuld abzugsfähig sei, weil es sich hiebei um eine aufschiebend bedingte Last handeln würde. Dafür spreche, dass die Verbindlichkeit seitens der Genussscheininhaber nicht gekündigt werden könne und die Kündigung seitens der Gesellschaft "nur zu bestimmten Bedingungen erfolgen" könne, die bis zum Feststellungszeitpunkt nicht eingetreten seien.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung erwiderte die Beschwerdeführerin, die Abgabenbehörde unterliege einer Fehlinterpretation der §§ 6 und 8 BewG, wenn sie - auf diese Bestimmungen gestützt - die Verbindlichkeiten gegenüber den Genussscheinzeichnern nicht anerkenne. Mit den vorliegenden Gewinnscheinen sei die Gesellschaft nämlich sowohl die Verpflichtung eingegangen, die einbezahlten Beträge in Form von Gewinnbeteiligungen zu bedienen, als auch die Verpflichtung, die Beträge zurückzuzahlen. Der Umstand, dass die Beträge langfristig der Gesellschaft zur Verfügung stünden und eine Fälligkeit frühestens im Jahr 2001 eintreten könne, ändere nichts daran, dass die Schuld "bedingungslos" entstanden sei. Bedingungen im Sinne des Bewertungsgesetzes seien rechtsgeschäftliche Vereinbarungen, wonach ein bestimmtes Ereignis oder ein bestimmter Zeitpunkt dafür maßgebend sein soll, dass die Wirkung eines Rechtsgeschäftes eintrete oder wirksam werde. Diese Bedingungen könnten die Wirkung des Rechtsgeschäftes aufschieben oder auflösen. Bei aufschiebend bedingten Geschäften würden die Rechtswirkungen vorläufig nicht eintreten und der Berechtigte während dieses Schwebezustandes eine Anwartschaft besitzen. Würden die Bedingungen nicht eintreten, so verlöre das Rechtsgeschäft jede Wirksamkeit und das Anwartschaftsrecht erlösche. Diesen "Bedingungen" gemäß § 6 BewG würden gemäß § 8 BewG jene Fälle gleichgestellt, bei welchen die Entstehung einer Last von einem sicheren Ereignis zu einem ungewissen Zeitpunkt abhängig gemacht werde. Da die gegenständliche Verbindlichkeit jedoch mit der Einzahlung der Beträge entstanden und nur die Fälligkeit aufgeschoben sei, liege ein Anwendungsfall der §§ 6 und 8 BewG nicht vor. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn mit Einzahlung der Beträge lediglich Ansprüche auf zukünftige Gewinne erworben worden wären, wie dies üblicherweise bei Besserungsscheinverträgen der Fall wäre. Nur in einem solchen Fall würde die herrschende Literatur und Verwaltungsübung die Annahme eines ertragssteuerlichen bzw. bewertungsrechtlichen Passivums ablehnen. Im Beschwerdefall sei die Schuld bedingungslos entstanden und daher allein zu prüfen, ob über die Bestandsdauer eine angemessene Verzinsung vereinbart sei, widrigenfalls eine Abzinsung angenommen werden könne. Auf Grund der in der Vergangenheit an die Gewinnscheinberechtigten geflossenen Gewinnanteile stelle sich auch die Frage nach einer etwaigen Abzinsung im Sinne der bewertungsgesetzlichen Vorschriften nicht.
In seiner Stellungnahme zur Berufung verwies der Prüfer auf einen Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom 13. März 1987, mit welchem der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft die Emission von auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen (Gewinnscheinen) im Wege einer Privatplatzierung bewilligt worden sei. Nach diesem Bescheid könne die Beschwerdeführerin die Gewinnscheine unter Einhaltung einer fünfjährigen Kündigungsfrist frühestens zum 31. Dezember 2001 kündigen. Dass tatsächlich bereits eine Kündigung erfolgt sei, habe die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Zu beachten sei überdies, dass eine Kündigung seitens der Gewinnscheininhaber ausgeschlossen sei. Im Übrigen habe auch das Bundesministerium für Finanzen in einer Anfragebeantwortung vom 17. April 1984 die Abzugsfähigkeit der obligatorischen Genussrechte als Schuldposten ausdrücklich verneint.
Über Vorhalt dieser Stellungnahme erwiderte die Beschwerdeführerin, die erwähnte Anfragebeantwortung beziehe sich auf "Entwürfe", die in dieser Form nicht umgesetzt worden seien. Zweck der diesem Schreiben zu Grunde liegenden Besprechung vom 12. Dezember 1983 sei es gerade gewesen, steuerliche Risiken auszuloten, um sie zu entschärfen und "dieses Genussscheinmodell dadurch 'steuerlich haltbar' zu machen". Sachverhaltsbezogen sei festzuhalten, dass das Bundesministerium für Finanzen von einem einzigen Auflösungsgrund, nämlich der Beendigung der Gesellschaft ausgegangen sei, während nachträglich noch weitere Auflösungsgründe geschaffen worden seien. Eine Rückzahlungsverpflichtung habe vom Zeitpunkt der Vereinnahmung an und damit auch zum 1. Jänner 1992 und 1. Jänner 1993 dem Grunde nach bestanden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach einem Hinweis auf die Bestimmung des § 64 BewG wird im angefochtenen Bescheid sachverhaltsbezogen ausgeführt, laut den Angaben im Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1992 seien die streitgegenständlichen Genussrechte wie folgt gestaltet:
"Es handelt sich um Genussscheine im Sinne des § 174 Aktiengesetz.
Die Gewinnscheine verbriefen einen Anteil am Gewinn der Gesellschaft, welcher sich aus jenem Anteil am Jahresgewinn der Gesellschaft vor Steuern ermittelt, der dem Verhältnis des Gesamtbetrages aller Gewinnscheine zum Gesamtnennbetrag des jeweiligen Grundkapitals der Gesellschaft, zuzüglich der gesetzlichen Rücklage entspricht.
Die Ausschüttung auf die Gewinnscheine wird im Verhältnis der Nennwerte der Gewinnscheine verteilt.
Der Anspruch auf Auszahlung des Nennbetrages besteht nur im Falle der Liquidation der Gesellschaft oder im Falle der Kündigung der Gewinnscheine seitens der Gesellschaft. Der Anspruch auf Auszahlung besteht nur insoweit, als das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der sonstigen Gesellschaftsgläubiger ausreicht. Ist der Auszahlungsanspruch im Hinblick auf die sonstigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu kürzen, so wird der Auszahlungsbetrag durch einen von der Hauptversammlung zu bestellenden Sachverständigen ermittelt.
Eine Kündigung seitens der Gewinnscheininhaber ist ausgeschlossen.
Die Gesellschaft ist in folgenden Fällen berechtigt, die Gewinnscheine zu kündigen:
a) im Falle der Beendigung der Gesellschaft auf andere Weise als Liquidation
b) falls eine Rechtsvorschrift erlassen oder geändert oder auf Grund höchstrichterlicher Rechtsprechung anders als bisher angewendet wird mit der Folge, dass dies bei der Gesellschaft zu einer veränderten steuerlichen Behandlung der Gewinnscheine führt,
c) mit Ablauf des Jahres 2001, unter Einhaltung einer fünfjährigen Kündigungsfrist."
Im Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses der Beschwerdeführerin zum 31. Dezember 1991 werde das Genussscheinkapital zum Eigenkapital der Gesellschaft gezählt. Nach herrschender Lehre und Verwaltungspraxis sei das Eigenkapital einer Kapitalgesellschaft bewertungsrechtlich nicht als Schuldposten abziehbar. Dem Kommentar von Rössler/Troll zum deutschen Bewertungsrecht sei in diesem Zusammenhang zu entnehmen, dass auch das Genussrechtskapital nicht abzugsfähig sei, wenn mit dem Genussrecht eine Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös verbunden sei. Diese Ansicht vertrete auch Jann in "Kapitalertragsteuer und Endbesteuerung bei Genussrechten, Steuerfolgen von Genussrechtsgestaltungen", wenn dort ausgeführt werde, Genussrechte, die eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsgewinn gewährten, zählten ungeachtet der zivilrechtlichen Beurteilung als Gläubigerrecht zum ertragsteuerlichen Eigenkapital. Die Differenzierung innerhalb der Genussrechte in den Typus der Nominalgenussrechte und den Typus der Substanzgenussrechte, die in § 8 Abs. 3 Z. 1 KStG ihren gesetzlichen Niederschlag finde, gehe auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes zurück. Dieser habe - ohne eine entsprechende gesetzliche Vorschrift - die Abzugsfähigkeit der Ausschüttungen auf Substanzgenussrechte auf der Ebene der ausschüttenden Körperschaft verneint. Entsprechend der angeführten Literatur und Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes vertrete auch die belangte Behörde die Ansicht, dass das gegenständliche Genussrechtskapital im Nominalwert von 30 Mio. S steuerrechtlich Eigenkapital der Gesellschaft darstelle und daher ein Abzug als Schuldposten nicht in Frage komme. Ausschlaggebend für diese Beurteilung sei, dass die strittigen Genussscheine sowohl eine Beteiligung am laufenden Gewinn als auch am Liquidationsgewinn verbriefen und sie daher als Substanzgenussrechte anzusehen seien. Dass die Gewinnscheine seitens der Gesellschaft kündbar seien, hindere die Qualifizierung als Eigenkapital keineswegs. Die Gesellschaft habe jedenfalls die Dispositionsfreiheit, über das Genussscheinkapital wie über sonstiges Eigenkapital zu verfügen. Die Genussscheininhaber hätten wie die Aktionäre das Recht auf Gewinnbeteiligung und auf Beteiligung am Liquidationserlös, nicht aber das Recht auf Rückzahlung ihres eingesetzten Kapitals. Dieses Recht entstünde erst nach Kündigung der Gewinnscheine durch die Gesellschaft. Zu den strittigen Stichtagen sei eine Kündigung aber nicht vorgelegen. In wirtschaftlicher Hinsicht bestünde zu den strittigen Stichtagen seitens der Gesellschaft kein Unterschied zwischen Grundkapital einerseits und Genussrechtskapital andererseits. Da das Genussrechtskapital beim Einheitswert des Betriebsvermögens schon auf Grund seiner Qualifizierung als Eigenkapital der Kapitalgesellschaft nicht als Schuldposten abziehbar sei, könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Verbindlichkeit gegenüber den Genussscheininhabern um aufschiebend bedingte Lasten im Sinne des § 6 BewG handeln würde.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen zutreffend davon aus, dass Genussrechte im Sinne des § 174 Aktiengesetz handelsrechtlich weitgehend frei ausgestaltet werden können. Das Aktiengesetz setzt Genussrechte voraus, ohne sie zu definieren. Es handelt sich um vielfältig gestaltbare Rechte schuldrechtlichen Inhalts gegenüber Kapitalgesellschaften, die sowohl Gesellschaftern als auch Nichtgesellschaftern zustehen können. Gemeinsam ist ihnen, dass sie weniger Rechte als Gesellschaftsanteile, jedoch mehr Rechte als normales Fremdkapital vermitteln. Soweit die Ansprüche verbrieft werden, spricht man von Genussscheinen. In der Regel räumen Genussrechte nur einen Anteil am Gewinn ein, zum Teil aber auch eine Beteiligung am Liquidationserlös bzw. -gewinn (vgl. Ruppe in Bertl/Mandl/Mandl/Ruppe, Unternehmensfinanzierung und Kapitalanlage nach der Steuerreform, S. 115).
Bei der Einheitsbewertung stellt sich die Frage, ob das Genusskapital als Schuld gemäß § 64 BewG abgezogen werden kann.
§ 64 BewG sieht vor, dass zur Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens vom Rohvermögen die Schulden abgezogen werden. Soweit das Genussrechtskapital als Fremdkapital zu qualifizieren ist, führt es zu einem Abzug nach dieser Bestimmung.
Ob Genussrechtskapital als Verbindlichkeit oder als Eigenkapital angesehen wird, hängt davon ab, ob die Summe der Fremdkapitalkriterien oder jene der Eigenkapitalkriterien in Qualität und Quantität überwiegt. Für den Eigenmittelcharakter sprechen dabei etwa die unbegrenzte Laufzeit, die Gewinnabhängigkeit der vereinbarten Vergütung, die Beteiligung am Unternehmenswert und am Liquidationsgewinn, die Nachrangigkeit gegenüber Gesellschaftsgläubigern oder das Fehlen einer Besicherung. Fremdkapitalkriterien sind etwa die - mit anderen Gesellschaftsgläubigern gleichrangige - Rückzahlungsregelung und das Fehlen von Mitwirkungs- und Kontrollrechten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1997, 95/14/0151, VwSlg. 7.182/F). Weiters wäre als Fremdkapitalkriterium das Vorliegen einer (Mindest)Verzinsungsvereinbarung zu nennen.
Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft wirft der belangten Behörde vor, sie sei zu Unrecht vom Vorliegen eines so genannten Substanzgenussrechtes ausgegangen. Eine Beteiligung am Liquidationsgewinn liege gegenständlich nicht vor. Die gegenteilige Feststellung der belangten Behörde finde im Akteninhalt keine Deckung. Die Genussscheine vermittelten ein Recht auf Beteiligung am (laufenden) Gewinn, nicht jedoch am Liquidationsgewinn.
Die belangte Behörde hat den Eigenmittelcharakter des gegenständlichen Genussrechtskapitals bejaht und bei dieser Beurteilung den Umstand herangezogen, dass die strittigen Genussscheine als so genannte Substanzgenussrechte ausgestaltet seien und somit auch einen Anteil am Liquidationsgewinn vermittelten. Von einem Substanzgenussrecht spricht man, wenn der Genussrechtsinhaber auch an der Substanz des Unternehmens beteiligt ist. Eine derartige Beteiligung an der Substanz des Unternehmens erfordert, dass dem Genussrechtsinhaber ein Anteil am Gewinn und am Vermögen gewährt wird. Neben der Beteiligung am laufenden Gewinn wird für Substanzgenussrechte auch eine Beteiligung am Liquidationsgewinn vorausgesetzt. Dem Inhaber eines Substanzgenussrechtes muss daher zusätzlich zu der Rückgewähr des hingegebenen Kapitals eine anteilige Beteiligung am Vermögen in Form der stillen Reserven zustehen (vgl. Jann, Kapitalertragsteuer und Endbesteuerung bei Genussrechten, S. 40 ff).
Vor diesem Hintergrund trifft es zu, dass die Feststellung, die vorliegenden Gewinnscheine seien als Substanzgenussrechte ausgestaltet, im Akteninhalt keine Deckung findet. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid erwähnten Vereinbarungen wie sie dem Jahresabschluss der Beschwerdeführerin zu entnehmen seien, sprechen von einem "Anspruch auf Auszahlung des Nennbetrages" bei Liquidation der Gesellschaft und Kündigung der Gewinnscheine seitens der Beschwerdeführerin. Von einer Beteiligung an der Vermögenssubstanz ist darin keine Rede.
Der Beschwerdeführerin ist auch einzuräumen, dass die in den Erläuterungen zum Jahresabschluss vorgenommene Zuordnung des Genussscheinkapitals zum Eigenkapital keine Bindungswirkung in Bezug auf die bewertungsrechtliche Beurteilung entfaltet. Davon abgesehen, ist bei der Gewichtung der Eigen- und der Fremdkapitalkriterien auf das jeweilige Rechtsgebiet Bedacht zu nehmen ist. So stellt das Handelsrecht bei der Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital entscheidend auf die Haftungsfunktion gegenüber den Gläubigern ab. Erreicht das Genussrechtskapital die Haftungsqualität von Eigenkapital, so ist es innerhalb des Postens "Eigenkapital" auszuweisen (vgl. mit weiteren Nachweisen Hofians in Straube, HGB2, § 229, Tz. 10).
Gerade aus dieser, unter Bedachtnahme auf das jeweilige Rechtsgebiet vorzunehmenden Gewichtung der Kriterien für die Zuordnung von Genussrechtskapital zum Eigen- oder Fremdkapital ergibt sich allerdings auch, dass der angefochtene Bescheid im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden kann:
§ 64 Abs. 1 BewG erklärt nur "Schulden" als abzugsfähig. Dabei muss es sich um Verpflichtungen handeln, die am Bewertungsstichtag wenigstens dem Grunde nach vorliegen. Entscheidend ist, dass am Bewertungsstichtag bereits eine echte Verpflichtung bestanden hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2000, 95/15/0199).
Essenzielles Kriterium für die Berücksichtigung von Genussrechten als abziehbare Schuld im Sinne des § 64 BewG ist daher das Vorliegen einer Rückzahlungsverpflichtung. Von einer "Verpflichtung" kann im gegebenen Zusammenhang jedoch nur dann gesprochen werden, wenn dem die Berechtigung des Genussscheininhabers gegenüber steht - sei es auch unter Einhaltung bestimmter Kautelen (wie insbesondere Kündigungsfristen und -termine) - die Rückzahlung des hingegebenen Betrages zu verlangen. Dies trifft für den Beschwerdefall aber nicht zu. Das Genussrechtskapital ist gebunden und dem Abruf seitens der Genussscheinzeichner auf Dauer entzogen. Das der Beschwerdeführerin eingeräumte Kündigungsrecht verbunden mit der (grundsätzlichen) Verpflichtung, das erhaltene Genussrechtskapital zurückzuzahlen, entspricht der Möglichkeit, Eigenkapital (im Rahmen und unter Beachtung der gesetzlichen Beschränkungen) an die Gesellschafter zurückzuzahlen und begründet keine abzugsfähige Schuld im Sinne des § 64 BewG.
Auch die für den Fall der Liquidation der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft vereinbarte Rückzahlung bringt das Genussrechtskapital dem Fremdkapitalcharakter nicht näher. Die Widmung der geleisteten Beträge auf die Dauer der operativen Tätigkeit der Gesellschaft ist vielmehr ein Charakteristikum des Eigenkapitals. Dazu kommt, dass die Rückzahlung an die Genussscheinzeichner nur insoweit erfolgen kann, als das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der sonstigen Gesellschaftsgläubiger ausreicht. Das Genussrechtskapital ist demnach nachrangig zurückzuzahlen und solcherart - gleich den von den Aktionären erworbenen Gesellschaftsanteilen - mit dem wirtschaftlichen Schicksal der Gesellschaft eng verbunden.
Insgesamt durfte die belangte Behörde daher - ungeachtet der fehlenden Beteiligung an den stillen Reserven der Gesellschaft - zu Recht zur Feststellung gelangen, dass eine wirtschaftliche Belastung des Betriebsvermögens durch die Genussrechte zu den jeweiligen Bewertungsstichtagen nicht vorlag.
Soweit die Beschwerde die Festsetzung der Vermögensteuer und des Erbschaftsteueräquivalentes betrifft, ist sie schon deswegen unbegründet, weil ein Bescheid, dem Entscheidungen zu Grunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen wurden, gemäß § 252 Abs. 1 BAO nicht mit der Begründung angefochten werden kann, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.
Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. Februar 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:1998140131.X00Im RIS seit
18.03.2004Zuletzt aktualisiert am
23.06.2016