TE Vwgh Beschluss 2004/2/25 2003/03/0257

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Veröffentlicht am 25.02.2004
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Index

L10106 Stadtrecht Steiermark;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
Statut Graz 1967 §100 Abs1 Z1 idF 1995/059;
Statut Graz 1967 §100 Abs1 Z2 idF 1995/059;
Statut Graz 1967 §67b Abs1 idF 1995/059;
StVO 1960 §45 Abs2;
StVO 1960 §94d Z6 idF 1998/I/092;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Beschwerdesache des Dr. P in G, vertreten durch Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Alberstraße 9/I, gegen den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz auf Ersatz ihrer Aufwendungen wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte beim Magistrat Graz am 2. Oktober 2001 die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für das zeitlich unbeschränkte Parken in einer näher bezeichneten Kurzparkzone in Graz. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2001 wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz diesen Antrag ab. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Berufung, welche am 2. November 2001 beim Magistrat Graz einlangte.

Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2003 erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof. Im Rubrum dieses Schriftsatzes wird als belangte Behörde der "Gemeinderat der Stadt Graz, vertreten durch Magistrat Graz Baurechtsamt" bezeichnet. Der Beschwerde waren der vom Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz erlassene erstinstanzliche Bescheid und die dagegen erhobene (bei der Behörde erster Instanz eingebrachte) Berufung beigelegt.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG als belangte Behörde die oberste Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache verlangt wurde.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer den Gemeinderat der Stadt Graz als belangte Behörde bezeichnet. Weder aus der Beschwerde noch aus der ihr beigelegten Berufung ergibt sich, dass die Beschwerde sich gegen eine andere als die ausdrücklich bezeichnete Behörde richten sollte (vgl. zur Bezeichnung der belangten Behörde in Säumnisbeschwerdesachen etwa die hg. Beschlüsse vom 18. März 2002, Zl. 2001/17/0196, und vom 26. April 2001, Zl. 2001/16/0221, jeweils mwN).

Die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG setzt voraus, dass jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag (Parteibegehren) zu entscheiden (vgl. den Beschluss vom 26. April 2001, Zl. 2001/16/0221).

Die Entscheidung über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Bewilligung einer Ausnahme von den für die erwähnte Kurzparkzone erlassenen Beschränkungen und Verboten im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO war gemäß § 94d Z 6 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960 in der Fassung BGBl. I Nr. 92/1998, von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen. Nach § 67b Abs. 1 und § 100 Abs. 1 Z 1 und 2 des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. Nr. 130 in der anzuwendenden Fassung der angeführten Bestimmungen (Novelle LGBl. Nr. 59/1995), ist die Berufungskommission jenes Organ der Landeshauptstadt Graz, dem in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches die Entscheidung über Berufungen in zweiter Instanz und die Ausübung der in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse, sofern diese Verfügungen nicht ausdrücklich durch Gesetz dem Gemeinderat übertragen sind, obliegt.

Da die Entscheidung über die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung im vorliegenden Fall nicht dem Gemeinderat, sondern der Berufungskommission oblag, kann eine Säumigkeit des Gemeinderates, gegen den sich die Säumnisbeschwerde richtet, nicht vorliegen.

Da die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG voraussetzt, dass jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag (Parteibegehren) zu entscheiden, und nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine falsche Bezeichnung der belangten Behörde bei Erhebung einer Säumnisbeschwerde auch nicht verbesserungsfähig ist (vgl. dazu z.B. den schon zitierten Beschluss vom 26. April 2001), war die Beschwerde somit mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der Nichterledigung einer Berufung durch die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vor der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht der Gemeinderat im Devolutionsweg gemäß § 73 Abs. 2 AVG anzurufen gewesen wäre (vgl. die Beschlüsse vom 8. Mai 2003, Zl. 2003/06/0033, und vom 4. April 2002, Zl. 2001/06/0150).

Da die Gegenschrift im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht von der belangten Behörde (Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz), sondern durch die Berufungskommission erstattet wurde, war deren Antrag auf Kostenersatz - welcher gemäß § 47 Abs. 1 VwGG der obsiegenden Partei zustünde - zurückzuweisen.

Wien, am 25. Februar 2004

Schlagworte

Anrufung der obersten BehördeVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003030257.X00

Im RIS seit

26.04.2004

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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